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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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und so ist es Pflicht, die Veranlassung, die eine neue vermehrte und verbesserte
Auflage des Buches giebt,'") zu benutzen, um durch Hervorhebung einiger Haupt¬
punkte desselben darauf hinzuweisen, welch eine reiche Quelle gesunder Belehrung
und Aufklärung wir in ihm vor uns haben.

England hat sich seit dem Erscheinen der ersten Auflage von Buchers Schrift
weniger geändert als Deutschland, und insofern treffen die Urtheile der letztern
im wesentlichen uoch heute zu. Hat er inzwischen hinzuzulernen und manches
von der andern Seite zu sehen Gelegenheit gehabt, gleichwohl aber nicht Zeit
gefunden, die betreffenden Stellen umzuarbeiten, so ist das zwar zu bedauern,
thut dem Werthe der neuen Auflage aber keinen sehr erheblichen Eintrag, da
es sich beinahe nur um Nebensächliches handelt.

Das Buch zerfällt in eine Einleitung und zehn Capitel: "ommon I^av,
ÄÄwts I^no, das Parlament, die Parteien, Gesetzfabrikation, richterliche Gewalt,
Selfgovernement und Centralisation, auswärtige Politik, Presse und öffentliche
Meinung, Schlußbemerkungeu, endlich einen Anhang, der die Lili ot UiMs und
die Beschlüsse der Chartisteueonferenz von 1851 enthält. Wir geben im nach¬
stehenden die Quintessenz der fünf ersten Capitel, einige Bemerkungen des Ab¬
schnittes über die auswärtige Politik und die Hauptgedanken des Verfassers über
die Presse und schalten dabei einige Stellen aus Beacvusfields Roman, wo Nur
frappanter Uebereinstimmung desselben mit Bnchers Behauptungen begegnen,
sowie etliche charakteristische Aeußerungen Kinglakcs ein.

Die Rechtsgewohnheiten der Angelsachsen bilden uoch jetzt das Ooinmon
I-Mo, das gemeine Recht von England. Dieses enthält aber nicht wie bei uns
bloß das Privatrecht, die Normen für Mein und Dein, für das Verhältniß
Mischen Mann und Frau, Eltern und Kindern, sondern auch die für die Be¬
sorgung aller gemeinsamen Angelegenheiten, für'die ganze Staatsgesellschaft.
Es umfaßt in wenigen einfachen Sätzen, die aber einer unendlichen Entwicklung
fähig sind, die Grundzüge des Staatsrechts, der Rechtspflege, der Verwaltung,
des Heerwesens und der Vertretung des Volkes uach außen hin und dazu die
Organe zur richtigen Entwicklung und zur Bewahrung der Harmonie des Ganzen.
Das gemeine Recht Englands ist ein lebendiger Organismus. "Die Organe
wirke" ans das Volk, und das Volk schafft sich die Organe in unablässiger stetiger
Wechselwirkung, wie die Organe des thierischen Körpers der Ernährung dienen
und die Ernährung die Organe schafft."

"DaS gemeine Recht oder, was dasselbe ist, die angelsächsische Verfassung
'se wirthschaftlich, aus dem Bedürfniß erwachsen. Die Einheit des Staates ist



") Dii'sklbe ist !n StutlMtt bei Kurt KmtM s>'b"'ii evschii'in'n,

und so ist es Pflicht, die Veranlassung, die eine neue vermehrte und verbesserte
Auflage des Buches giebt,'") zu benutzen, um durch Hervorhebung einiger Haupt¬
punkte desselben darauf hinzuweisen, welch eine reiche Quelle gesunder Belehrung
und Aufklärung wir in ihm vor uns haben.

England hat sich seit dem Erscheinen der ersten Auflage von Buchers Schrift
weniger geändert als Deutschland, und insofern treffen die Urtheile der letztern
im wesentlichen uoch heute zu. Hat er inzwischen hinzuzulernen und manches
von der andern Seite zu sehen Gelegenheit gehabt, gleichwohl aber nicht Zeit
gefunden, die betreffenden Stellen umzuarbeiten, so ist das zwar zu bedauern,
thut dem Werthe der neuen Auflage aber keinen sehr erheblichen Eintrag, da
es sich beinahe nur um Nebensächliches handelt.

Das Buch zerfällt in eine Einleitung und zehn Capitel: «ommon I^av,
ÄÄwts I^no, das Parlament, die Parteien, Gesetzfabrikation, richterliche Gewalt,
Selfgovernement und Centralisation, auswärtige Politik, Presse und öffentliche
Meinung, Schlußbemerkungeu, endlich einen Anhang, der die Lili ot UiMs und
die Beschlüsse der Chartisteueonferenz von 1851 enthält. Wir geben im nach¬
stehenden die Quintessenz der fünf ersten Capitel, einige Bemerkungen des Ab¬
schnittes über die auswärtige Politik und die Hauptgedanken des Verfassers über
die Presse und schalten dabei einige Stellen aus Beacvusfields Roman, wo Nur
frappanter Uebereinstimmung desselben mit Bnchers Behauptungen begegnen,
sowie etliche charakteristische Aeußerungen Kinglakcs ein.

Die Rechtsgewohnheiten der Angelsachsen bilden uoch jetzt das Ooinmon
I-Mo, das gemeine Recht von England. Dieses enthält aber nicht wie bei uns
bloß das Privatrecht, die Normen für Mein und Dein, für das Verhältniß
Mischen Mann und Frau, Eltern und Kindern, sondern auch die für die Be¬
sorgung aller gemeinsamen Angelegenheiten, für'die ganze Staatsgesellschaft.
Es umfaßt in wenigen einfachen Sätzen, die aber einer unendlichen Entwicklung
fähig sind, die Grundzüge des Staatsrechts, der Rechtspflege, der Verwaltung,
des Heerwesens und der Vertretung des Volkes uach außen hin und dazu die
Organe zur richtigen Entwicklung und zur Bewahrung der Harmonie des Ganzen.
Das gemeine Recht Englands ist ein lebendiger Organismus. „Die Organe
wirke» ans das Volk, und das Volk schafft sich die Organe in unablässiger stetiger
Wechselwirkung, wie die Organe des thierischen Körpers der Ernährung dienen
und die Ernährung die Organe schafft."

„DaS gemeine Recht oder, was dasselbe ist, die angelsächsische Verfassung
'se wirthschaftlich, aus dem Bedürfniß erwachsen. Die Einheit des Staates ist



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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/195>, abgerufen am 09.06.2024.