Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Gneisenau in den Jahren ^3^5 bis l^ZI.. die Art der Rheinprovinzen die Meinung scharf beobachtender und unpartheiischer Als im Jahre 1820 in einer Anwandlung hypochondrischer Stimmung der Das irdische Glück, welches Clausewitz beschieden war, war beschlossen in Gneisenau in den Jahren ^3^5 bis l^ZI.. die Art der Rheinprovinzen die Meinung scharf beobachtender und unpartheiischer Als im Jahre 1820 in einer Anwandlung hypochondrischer Stimmung der Das irdische Glück, welches Clausewitz beschieden war, war beschlossen in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0335" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149319"/> <fw type="header" place="top"> Gneisenau in den Jahren ^3^5 bis l^ZI..</fw><lb/> <p xml:id="ID_924" prev="#ID_923"> die Art der Rheinprovinzen die Meinung scharf beobachtender und unpartheiischer<lb/> Männer zu vernehmen, so nuiß ich Ihnen rathen bei Ihrer Ankunft am Rhein<lb/> sofort den Obristen von Clausewitz zu sich zu berufen. Es ist dies einer der<lb/> allerscharfsinnigsten Beobachter. Wegen seiner ungemeinen Talente verdiente der<lb/> Mann im Mittelpunkte der Monarchie und im Staatsrath zu sitzen. Wenn<lb/> meine Kräfte mir nicht mehr gestatten eine der ersteren Stellen der Armee zu<lb/> verwalten, so würde ich unbedenklich unter ihm dienen, so groß ist meine Meinung<lb/> von ihm und mein Vertrauen in ihn. Man lasse dnrch seine anscheinende Kälte<lb/> sich nicht abschrecken, sein Herz ist warm und edel, sein Geist mit tiefen Kennt¬<lb/> nissen geschmückt. In seine Geschäfte bringt er Ordnung und Klarheit und die<lb/> Untergebenen behandelt er mit Milde Ernst und Festigkeit zugleich. Was Ew.<lb/> Durchlaucht zur Erhebung dieses Mannes thun können, thun Sie für des Königs<lb/> Dienst und das Wohl des Staates, und Früchte soll eine solche Wahl wohl<lb/> tragen, dafür verbürge ich mich."</p><lb/> <p xml:id="ID_925"> Als im Jahre 1820 in einer Anwandlung hypochondrischer Stimmung der<lb/> General in Zweifel zieht, ob er im Falle eines Krieges den Oberbefehl übernehmen<lb/> könne, da wendet er sich, um sich Beruhigung zu verschaffen, an den treuen Ge¬<lb/> fährten, zu dessen edlem und starkem Charakter er das Zutrauen hat, daß er<lb/> unfähig sei, etwas anderes als die reine Wahrheit und seine unverhohlene Ansicht<lb/> zu sagen. Halte ihn aber Clausewitz noch für fähig, ein Heer zu befehligen,<lb/> dann müsse der Freund Chef des Genernlstabes werden. „So würden wir<lb/> Freundschaft, Schicksal, Ruhm oder Ungunst des Glückes theilen. Fällt aber<lb/> Ihre Meinung für die Negative aus, so mache ich einen etwaigen Krieg als<lb/> Freiwilliger mit, und zwar in derjenigen Armee, worinnen Sie angestellt werden,<lb/> wirkend für das Beste des Dienstes, wo ich kann, durch Wort und Beispiel."<lb/> Die Stunde sollte noch kommen, wo Clausewitz als Generalstabschef Gneisenau<lb/> zur Seite trat, aber wenige Wochen, nachdem Gneisenau als Oberbefehlshaber<lb/> der preußischen Armee in Posen durch die Cholera dahingerafft worden war,<lb/> fiel auch der getreue Clausewitz derselben Seuche zum Opfer.</p><lb/> <p xml:id="ID_926" next="#ID_927"> Das irdische Glück, welches Clausewitz beschieden war, war beschlossen in<lb/> seiner Ehe mit der Gräfin Marie Brühl; der Segen der Kinder blieb ihnen<lb/> versagt, aber die feinsinnige, edle Frau lebte mit in der Gedankenwelt des Mannes,<lb/> und als er starb, war sie es, die sein Werk „Vom Kriege" der Mit- und Nach¬<lb/> welt übergab. Mit unwandelbarer Verehrung und Freundschaft hat der General<lb/> an ihr gehangen. „Gott erhalte Sie, brave deutsche Frauen, für solche Frauen<lb/> schlägt man sich gern," hatte einst Gneisenau nach der Schlacht von Belle-Alliance<lb/> an Frau von Clausewitz geschrieben. Durch die innige Theilnahme, die sie in<lb/> allen ihren Briefen dem hochverehrten Freunde zeigt, hat sie solche Gesinnung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0335]
Gneisenau in den Jahren ^3^5 bis l^ZI..
die Art der Rheinprovinzen die Meinung scharf beobachtender und unpartheiischer
Männer zu vernehmen, so nuiß ich Ihnen rathen bei Ihrer Ankunft am Rhein
sofort den Obristen von Clausewitz zu sich zu berufen. Es ist dies einer der
allerscharfsinnigsten Beobachter. Wegen seiner ungemeinen Talente verdiente der
Mann im Mittelpunkte der Monarchie und im Staatsrath zu sitzen. Wenn
meine Kräfte mir nicht mehr gestatten eine der ersteren Stellen der Armee zu
verwalten, so würde ich unbedenklich unter ihm dienen, so groß ist meine Meinung
von ihm und mein Vertrauen in ihn. Man lasse dnrch seine anscheinende Kälte
sich nicht abschrecken, sein Herz ist warm und edel, sein Geist mit tiefen Kennt¬
nissen geschmückt. In seine Geschäfte bringt er Ordnung und Klarheit und die
Untergebenen behandelt er mit Milde Ernst und Festigkeit zugleich. Was Ew.
Durchlaucht zur Erhebung dieses Mannes thun können, thun Sie für des Königs
Dienst und das Wohl des Staates, und Früchte soll eine solche Wahl wohl
tragen, dafür verbürge ich mich."
Als im Jahre 1820 in einer Anwandlung hypochondrischer Stimmung der
General in Zweifel zieht, ob er im Falle eines Krieges den Oberbefehl übernehmen
könne, da wendet er sich, um sich Beruhigung zu verschaffen, an den treuen Ge¬
fährten, zu dessen edlem und starkem Charakter er das Zutrauen hat, daß er
unfähig sei, etwas anderes als die reine Wahrheit und seine unverhohlene Ansicht
zu sagen. Halte ihn aber Clausewitz noch für fähig, ein Heer zu befehligen,
dann müsse der Freund Chef des Genernlstabes werden. „So würden wir
Freundschaft, Schicksal, Ruhm oder Ungunst des Glückes theilen. Fällt aber
Ihre Meinung für die Negative aus, so mache ich einen etwaigen Krieg als
Freiwilliger mit, und zwar in derjenigen Armee, worinnen Sie angestellt werden,
wirkend für das Beste des Dienstes, wo ich kann, durch Wort und Beispiel."
Die Stunde sollte noch kommen, wo Clausewitz als Generalstabschef Gneisenau
zur Seite trat, aber wenige Wochen, nachdem Gneisenau als Oberbefehlshaber
der preußischen Armee in Posen durch die Cholera dahingerafft worden war,
fiel auch der getreue Clausewitz derselben Seuche zum Opfer.
Das irdische Glück, welches Clausewitz beschieden war, war beschlossen in
seiner Ehe mit der Gräfin Marie Brühl; der Segen der Kinder blieb ihnen
versagt, aber die feinsinnige, edle Frau lebte mit in der Gedankenwelt des Mannes,
und als er starb, war sie es, die sein Werk „Vom Kriege" der Mit- und Nach¬
welt übergab. Mit unwandelbarer Verehrung und Freundschaft hat der General
an ihr gehangen. „Gott erhalte Sie, brave deutsche Frauen, für solche Frauen
schlägt man sich gern," hatte einst Gneisenau nach der Schlacht von Belle-Alliance
an Frau von Clausewitz geschrieben. Durch die innige Theilnahme, die sie in
allen ihren Briefen dem hochverehrten Freunde zeigt, hat sie solche Gesinnung
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