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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Der Porträtmaler unsrer Klassiker.

diensten Umgang der Graffschen Familie, und auch mit Schiller selbst, der bald
nach der Hochzeit Körners diesem nach Dresden nachreiste, kam Graff in Be¬
rührung. Daneben blieb er auch mit der Schweiz in regem Verkehr. Im
Mai 1784 bezog ein Sohn Geßners die Dresdener Akademie, und als dieser
1786 nach Hause zurückkehrte, benutzte Graff die Gelegenheit, wiederum die
Heimat auf mehrere Monate aufzusuchen.

Das Jahr 1788 hätte Graff beinahe abermals Dresden abspenstig gemacht.
Er weilte damals in Berlin, wo die Kunstakademie, an der Chodowiecki eine
der ersten Stellen einnahm, neu organisirt worden war, und der Minister von
Heinitz machte ihm den Vorschlag, für 1200 Thaler jährliche Besoldung an die
Berliner Akademie überzusiedeln. Trotz dieses günstigen Vorschlags aber ver¬
hielt sich Graff zögernd, wodurch er sich die höchste Zufriedenheit des sächsischen
Gesandten in Berlin erwarb, und benutzte schießlich den Berliner Antrag nur
dazu, seine Lage in Dresden zu verbessern, wozu Marcolini hilfreiche Hand bot.
Ein Gesuch um Gehaltszulage, welches Graff in Dresden einreichte, befürwortete
Marcolini aufs wärmste und beantragte auch, ihm nun die eigentliche Professor¬
stelle für Porträtmalerei an der Akademie zu übertragen. Beides wurde im
Juni 1789 genehmigt, und Graff bezog fortan in Dresden als Professor an
der Kunstakademie einen Gehalt von 700 Thalern und 50 Thaler Quartiergeld.
Aber auch dem Publieum gegenüber glaubte er sich um etwas besser stellen zu
dürfen. Während er in Augsburg anfangs für ein Bild 20, später 30 Gulden
gefordert hatte, in Dresden seither sich 30 Thaler für jedes Porträt hatte zahlen
lassen, erhöhte er von jetzt an den Preis eines Bildes auf 50 Thaler.

Die nächsten Jahre und Jahrzehnte seines Lebens verflossen ohne sonderlich
hervorstechende Ereignisse, unter fleißiger und einträglicher Arbeit und mannichfachen
Reisen, darunter nochmals einer Reise nach der Schweiz, die dem vielbegehrten
Künstler gleichfalls Arbeit und Lohn in Menge eintrugen. Allmühlich machte
sich aber doch das Alter fühlbar. Schon die Ernte, die der Tod im Laufe der
Jahre unter seinen Freunden gehalten, ließ ihn empfinden, daß auch er alt ge¬
worden. Sein Schwiegervater Sulzer war schon 1779, 1786 Geßner, 1801
Ehodowiecki und einer seiner intimsten Dresdner Freunde, der Capellmeister
Johann Gottlieb Naumann, aus dem Lebe" geschieden. Mit der Zeit empfand
er auch an der zunehmenden Schwäche feiner Augen, daß er zurückging. Trotz¬
dem war er noch immer unermüdlich thätig, wiewohl er schließlich nnr noch mit
Hilfe eines großen Brennglases malen konnte. Noch einmal, zum viertenmale
seit seiner Berufung nach Dresden, reifte er im Herbste 1810 auf ein halbes
Jahr nach der Schweiz. Doch war er damals schon fast blind und wußte sich
nur noch durch Tasten in den Zimmern zurechtzufinden. Nachdem er mit schwerem
Herzen zurückgekehrt war, wurden ihm die letzten Jahre seines Lebens noch mannich-
fach getrübt. Im April 1812 wurde ihm nach vierzigjähriger glücklicher Ehe
seine Frau durch den Tod entrissen; seinen zweiten Sohn Georg, dessen herr>


Der Porträtmaler unsrer Klassiker.

diensten Umgang der Graffschen Familie, und auch mit Schiller selbst, der bald
nach der Hochzeit Körners diesem nach Dresden nachreiste, kam Graff in Be¬
rührung. Daneben blieb er auch mit der Schweiz in regem Verkehr. Im
Mai 1784 bezog ein Sohn Geßners die Dresdener Akademie, und als dieser
1786 nach Hause zurückkehrte, benutzte Graff die Gelegenheit, wiederum die
Heimat auf mehrere Monate aufzusuchen.

Das Jahr 1788 hätte Graff beinahe abermals Dresden abspenstig gemacht.
Er weilte damals in Berlin, wo die Kunstakademie, an der Chodowiecki eine
der ersten Stellen einnahm, neu organisirt worden war, und der Minister von
Heinitz machte ihm den Vorschlag, für 1200 Thaler jährliche Besoldung an die
Berliner Akademie überzusiedeln. Trotz dieses günstigen Vorschlags aber ver¬
hielt sich Graff zögernd, wodurch er sich die höchste Zufriedenheit des sächsischen
Gesandten in Berlin erwarb, und benutzte schießlich den Berliner Antrag nur
dazu, seine Lage in Dresden zu verbessern, wozu Marcolini hilfreiche Hand bot.
Ein Gesuch um Gehaltszulage, welches Graff in Dresden einreichte, befürwortete
Marcolini aufs wärmste und beantragte auch, ihm nun die eigentliche Professor¬
stelle für Porträtmalerei an der Akademie zu übertragen. Beides wurde im
Juni 1789 genehmigt, und Graff bezog fortan in Dresden als Professor an
der Kunstakademie einen Gehalt von 700 Thalern und 50 Thaler Quartiergeld.
Aber auch dem Publieum gegenüber glaubte er sich um etwas besser stellen zu
dürfen. Während er in Augsburg anfangs für ein Bild 20, später 30 Gulden
gefordert hatte, in Dresden seither sich 30 Thaler für jedes Porträt hatte zahlen
lassen, erhöhte er von jetzt an den Preis eines Bildes auf 50 Thaler.

Die nächsten Jahre und Jahrzehnte seines Lebens verflossen ohne sonderlich
hervorstechende Ereignisse, unter fleißiger und einträglicher Arbeit und mannichfachen
Reisen, darunter nochmals einer Reise nach der Schweiz, die dem vielbegehrten
Künstler gleichfalls Arbeit und Lohn in Menge eintrugen. Allmühlich machte
sich aber doch das Alter fühlbar. Schon die Ernte, die der Tod im Laufe der
Jahre unter seinen Freunden gehalten, ließ ihn empfinden, daß auch er alt ge¬
worden. Sein Schwiegervater Sulzer war schon 1779, 1786 Geßner, 1801
Ehodowiecki und einer seiner intimsten Dresdner Freunde, der Capellmeister
Johann Gottlieb Naumann, aus dem Lebe» geschieden. Mit der Zeit empfand
er auch an der zunehmenden Schwäche feiner Augen, daß er zurückging. Trotz¬
dem war er noch immer unermüdlich thätig, wiewohl er schließlich nnr noch mit
Hilfe eines großen Brennglases malen konnte. Noch einmal, zum viertenmale
seit seiner Berufung nach Dresden, reifte er im Herbste 1810 auf ein halbes
Jahr nach der Schweiz. Doch war er damals schon fast blind und wußte sich
nur noch durch Tasten in den Zimmern zurechtzufinden. Nachdem er mit schwerem
Herzen zurückgekehrt war, wurden ihm die letzten Jahre seines Lebens noch mannich-
fach getrübt. Im April 1812 wurde ihm nach vierzigjähriger glücklicher Ehe
seine Frau durch den Tod entrissen; seinen zweiten Sohn Georg, dessen herr>


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[0163] Der Porträtmaler unsrer Klassiker. diensten Umgang der Graffschen Familie, und auch mit Schiller selbst, der bald nach der Hochzeit Körners diesem nach Dresden nachreiste, kam Graff in Be¬ rührung. Daneben blieb er auch mit der Schweiz in regem Verkehr. Im Mai 1784 bezog ein Sohn Geßners die Dresdener Akademie, und als dieser 1786 nach Hause zurückkehrte, benutzte Graff die Gelegenheit, wiederum die Heimat auf mehrere Monate aufzusuchen. Das Jahr 1788 hätte Graff beinahe abermals Dresden abspenstig gemacht. Er weilte damals in Berlin, wo die Kunstakademie, an der Chodowiecki eine der ersten Stellen einnahm, neu organisirt worden war, und der Minister von Heinitz machte ihm den Vorschlag, für 1200 Thaler jährliche Besoldung an die Berliner Akademie überzusiedeln. Trotz dieses günstigen Vorschlags aber ver¬ hielt sich Graff zögernd, wodurch er sich die höchste Zufriedenheit des sächsischen Gesandten in Berlin erwarb, und benutzte schießlich den Berliner Antrag nur dazu, seine Lage in Dresden zu verbessern, wozu Marcolini hilfreiche Hand bot. Ein Gesuch um Gehaltszulage, welches Graff in Dresden einreichte, befürwortete Marcolini aufs wärmste und beantragte auch, ihm nun die eigentliche Professor¬ stelle für Porträtmalerei an der Akademie zu übertragen. Beides wurde im Juni 1789 genehmigt, und Graff bezog fortan in Dresden als Professor an der Kunstakademie einen Gehalt von 700 Thalern und 50 Thaler Quartiergeld. Aber auch dem Publieum gegenüber glaubte er sich um etwas besser stellen zu dürfen. Während er in Augsburg anfangs für ein Bild 20, später 30 Gulden gefordert hatte, in Dresden seither sich 30 Thaler für jedes Porträt hatte zahlen lassen, erhöhte er von jetzt an den Preis eines Bildes auf 50 Thaler. Die nächsten Jahre und Jahrzehnte seines Lebens verflossen ohne sonderlich hervorstechende Ereignisse, unter fleißiger und einträglicher Arbeit und mannichfachen Reisen, darunter nochmals einer Reise nach der Schweiz, die dem vielbegehrten Künstler gleichfalls Arbeit und Lohn in Menge eintrugen. Allmühlich machte sich aber doch das Alter fühlbar. Schon die Ernte, die der Tod im Laufe der Jahre unter seinen Freunden gehalten, ließ ihn empfinden, daß auch er alt ge¬ worden. Sein Schwiegervater Sulzer war schon 1779, 1786 Geßner, 1801 Ehodowiecki und einer seiner intimsten Dresdner Freunde, der Capellmeister Johann Gottlieb Naumann, aus dem Lebe» geschieden. Mit der Zeit empfand er auch an der zunehmenden Schwäche feiner Augen, daß er zurückging. Trotz¬ dem war er noch immer unermüdlich thätig, wiewohl er schließlich nnr noch mit Hilfe eines großen Brennglases malen konnte. Noch einmal, zum viertenmale seit seiner Berufung nach Dresden, reifte er im Herbste 1810 auf ein halbes Jahr nach der Schweiz. Doch war er damals schon fast blind und wußte sich nur noch durch Tasten in den Zimmern zurechtzufinden. Nachdem er mit schwerem Herzen zurückgekehrt war, wurden ihm die letzten Jahre seines Lebens noch mannich- fach getrübt. Im April 1812 wurde ihm nach vierzigjähriger glücklicher Ehe seine Frau durch den Tod entrissen; seinen zweiten Sohn Georg, dessen herr>

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/163>, abgerufen am 03.06.2024.