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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Deutsche palÄslmafahrten,

solchen erbaulichen Mahnungen brach man nach Jerusalem auf, das mit "zäh-
renden Augen" begrüßt wurde.

Wir können hier die Pilger weder auf ihren Processionen in Jerusalem
noch auf ihren weitere" Reisen in Palästina, Syrien oder Aeghpten begleiten.
Nur die Schilderung eines türkischen Bades wollen wir noch geben, das der
Ritter Conrad Grünemberg aus Konstanz im Jahre 1486 in der heiligen Stadt
vorfand. Er erzählt: "Item darnach sagte zu mir mein gnädiger Graf Sieg¬
mund von Lupffen, ob ich mit ihm zu Jerusalem in das Bad gehen wollte.
Ich sagte ja, und also gingen wir mit einander, nahmen mit uns einen Juden-
jungen, der sowohl deutsch als heidnisch konnte und nahmen kein Geleit. Und
als wir hinkamen, so sitzt neben der Thür auf einem Gestühl etliche Stufen
hoch ein Heide mit einer großen Hülle und einer langen weißen Schaube. Der
Jude führte uns in ein Gewölbe, welches mit einem Strohsack bedeckt war,
auf welcher ein schöner Teppich lag. Wir setzten uns darauf, zogen uns aus
und freuten uns über das lustige und herrliche Wesen, sahen im obersten Ge¬
wölbe ein großes rundes Loch, das diesem Saal Tag gab; und grad darunter
stand mitten drin ein zierlicher Bruuneutrog von gefärbtem Marmelstein. In
diesem stand eine herrliche steinerne Säule, die zwei Röhren mit Mäulern hatte,
aus denen ein starker Strom klaren Wassers lief. Die Wände im Saal waren
mit viel heidnischer Schrift bedeckt; ich fragte den Juden, was solcher Schrift
Meinung wäre, und er sagte, es wäre Lob Gottes. Der Jude saß auf unseren
Kleidern, um sie zu hüten; also gingen wir nackend gar einen krummen Weg
in das Bad. Und als wir also hinein kamen, besahen wir die Gewölbe. Da
war in der Mitte des großen mittleren Gewölbes ein Loch, das war mit einem
kleinen Gewölbe überzogen, das wieder von kleinen runden Löchern durchbrochen
war. Dahinein waren kleine Glasscheiben aller Farben gesetzt, was ein sehr
hübsches Licht gab. Da waren auch vier Gewölblein; in zweien standen zwei
zinnerne Kessel, in welche man aus zwei Messiughähncn warmes und kaltes
Wasser lassen konnte. Dabei standen zwei Geschirre voll brauner und weißer
Seife und sonst mancherlei Arten von Becken. Diese Geschirre waren alle mit
heidnischer Schrift durchgraben und glänzten so lustig, als wenn sie nen wären.
Der Estrich war mit bunten Marmorplatten bedeckt, darüber aber lagen dünne
Bretter von Cedern- und Chpressenholz, auf denen man kühl ging. Wenn einer
auf den Estrich ging, verbrannte er sich die Füße, da von unter geheizt wurde.
Zum Bade gehörten zwei Heiden, welche unser sehr gut pflegten. Zuerst nahmen
sie Eier, schlugen sie klar und legten Hanf hinein. Dann rieben sie uns, die
wir auf dem Rücken lagen, die Brust mit dem Schaum tüchtig ein. Hierauf
nahmen sie Seife und strichen uns damit den ganzen Leib ein und ließen uns
eine Weile liegen. Nachher rieben sie uns mit einem Handschuh, der voll rauher
Knöpfe war, gar tüchtig, worauf uns Haut und Leib gewaschen wurden.
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Deutsche palÄslmafahrten,

solchen erbaulichen Mahnungen brach man nach Jerusalem auf, das mit „zäh-
renden Augen" begrüßt wurde.

Wir können hier die Pilger weder auf ihren Processionen in Jerusalem
noch auf ihren weitere» Reisen in Palästina, Syrien oder Aeghpten begleiten.
Nur die Schilderung eines türkischen Bades wollen wir noch geben, das der
Ritter Conrad Grünemberg aus Konstanz im Jahre 1486 in der heiligen Stadt
vorfand. Er erzählt: „Item darnach sagte zu mir mein gnädiger Graf Sieg¬
mund von Lupffen, ob ich mit ihm zu Jerusalem in das Bad gehen wollte.
Ich sagte ja, und also gingen wir mit einander, nahmen mit uns einen Juden-
jungen, der sowohl deutsch als heidnisch konnte und nahmen kein Geleit. Und
als wir hinkamen, so sitzt neben der Thür auf einem Gestühl etliche Stufen
hoch ein Heide mit einer großen Hülle und einer langen weißen Schaube. Der
Jude führte uns in ein Gewölbe, welches mit einem Strohsack bedeckt war,
auf welcher ein schöner Teppich lag. Wir setzten uns darauf, zogen uns aus
und freuten uns über das lustige und herrliche Wesen, sahen im obersten Ge¬
wölbe ein großes rundes Loch, das diesem Saal Tag gab; und grad darunter
stand mitten drin ein zierlicher Bruuneutrog von gefärbtem Marmelstein. In
diesem stand eine herrliche steinerne Säule, die zwei Röhren mit Mäulern hatte,
aus denen ein starker Strom klaren Wassers lief. Die Wände im Saal waren
mit viel heidnischer Schrift bedeckt; ich fragte den Juden, was solcher Schrift
Meinung wäre, und er sagte, es wäre Lob Gottes. Der Jude saß auf unseren
Kleidern, um sie zu hüten; also gingen wir nackend gar einen krummen Weg
in das Bad. Und als wir also hinein kamen, besahen wir die Gewölbe. Da
war in der Mitte des großen mittleren Gewölbes ein Loch, das war mit einem
kleinen Gewölbe überzogen, das wieder von kleinen runden Löchern durchbrochen
war. Dahinein waren kleine Glasscheiben aller Farben gesetzt, was ein sehr
hübsches Licht gab. Da waren auch vier Gewölblein; in zweien standen zwei
zinnerne Kessel, in welche man aus zwei Messiughähncn warmes und kaltes
Wasser lassen konnte. Dabei standen zwei Geschirre voll brauner und weißer
Seife und sonst mancherlei Arten von Becken. Diese Geschirre waren alle mit
heidnischer Schrift durchgraben und glänzten so lustig, als wenn sie nen wären.
Der Estrich war mit bunten Marmorplatten bedeckt, darüber aber lagen dünne
Bretter von Cedern- und Chpressenholz, auf denen man kühl ging. Wenn einer
auf den Estrich ging, verbrannte er sich die Füße, da von unter geheizt wurde.
Zum Bade gehörten zwei Heiden, welche unser sehr gut pflegten. Zuerst nahmen
sie Eier, schlugen sie klar und legten Hanf hinein. Dann rieben sie uns, die
wir auf dem Rücken lagen, die Brust mit dem Schaum tüchtig ein. Hierauf
nahmen sie Seife und strichen uns damit den ganzen Leib ein und ließen uns
eine Weile liegen. Nachher rieben sie uns mit einem Handschuh, der voll rauher
Knöpfe war, gar tüchtig, worauf uns Haut und Leib gewaschen wurden.
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[0287] Deutsche palÄslmafahrten, solchen erbaulichen Mahnungen brach man nach Jerusalem auf, das mit „zäh- renden Augen" begrüßt wurde. Wir können hier die Pilger weder auf ihren Processionen in Jerusalem noch auf ihren weitere» Reisen in Palästina, Syrien oder Aeghpten begleiten. Nur die Schilderung eines türkischen Bades wollen wir noch geben, das der Ritter Conrad Grünemberg aus Konstanz im Jahre 1486 in der heiligen Stadt vorfand. Er erzählt: „Item darnach sagte zu mir mein gnädiger Graf Sieg¬ mund von Lupffen, ob ich mit ihm zu Jerusalem in das Bad gehen wollte. Ich sagte ja, und also gingen wir mit einander, nahmen mit uns einen Juden- jungen, der sowohl deutsch als heidnisch konnte und nahmen kein Geleit. Und als wir hinkamen, so sitzt neben der Thür auf einem Gestühl etliche Stufen hoch ein Heide mit einer großen Hülle und einer langen weißen Schaube. Der Jude führte uns in ein Gewölbe, welches mit einem Strohsack bedeckt war, auf welcher ein schöner Teppich lag. Wir setzten uns darauf, zogen uns aus und freuten uns über das lustige und herrliche Wesen, sahen im obersten Ge¬ wölbe ein großes rundes Loch, das diesem Saal Tag gab; und grad darunter stand mitten drin ein zierlicher Bruuneutrog von gefärbtem Marmelstein. In diesem stand eine herrliche steinerne Säule, die zwei Röhren mit Mäulern hatte, aus denen ein starker Strom klaren Wassers lief. Die Wände im Saal waren mit viel heidnischer Schrift bedeckt; ich fragte den Juden, was solcher Schrift Meinung wäre, und er sagte, es wäre Lob Gottes. Der Jude saß auf unseren Kleidern, um sie zu hüten; also gingen wir nackend gar einen krummen Weg in das Bad. Und als wir also hinein kamen, besahen wir die Gewölbe. Da war in der Mitte des großen mittleren Gewölbes ein Loch, das war mit einem kleinen Gewölbe überzogen, das wieder von kleinen runden Löchern durchbrochen war. Dahinein waren kleine Glasscheiben aller Farben gesetzt, was ein sehr hübsches Licht gab. Da waren auch vier Gewölblein; in zweien standen zwei zinnerne Kessel, in welche man aus zwei Messiughähncn warmes und kaltes Wasser lassen konnte. Dabei standen zwei Geschirre voll brauner und weißer Seife und sonst mancherlei Arten von Becken. Diese Geschirre waren alle mit heidnischer Schrift durchgraben und glänzten so lustig, als wenn sie nen wären. Der Estrich war mit bunten Marmorplatten bedeckt, darüber aber lagen dünne Bretter von Cedern- und Chpressenholz, auf denen man kühl ging. Wenn einer auf den Estrich ging, verbrannte er sich die Füße, da von unter geheizt wurde. Zum Bade gehörten zwei Heiden, welche unser sehr gut pflegten. Zuerst nahmen sie Eier, schlugen sie klar und legten Hanf hinein. Dann rieben sie uns, die wir auf dem Rücken lagen, die Brust mit dem Schaum tüchtig ein. Hierauf nahmen sie Seife und strichen uns damit den ganzen Leib ein und ließen uns eine Weile liegen. Nachher rieben sie uns mit einem Handschuh, der voll rauher Knöpfe war, gar tüchtig, worauf uns Haut und Leib gewaschen wurden. Lollion irr lzaelMZ umolit, an inn vit sWWMör dossen unä MlZMäeu, ^so

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/287>, abgerufen am 30.05.2024.