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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Deutsche pcMstmafcchrton,

ÜÄ88 min unä i<ZQ alö^ ansehn ir la-onsn. Mein gnädiger Herr sagte,
wir wären wohl zu Haus, und nahmen unsere Hemden und wuschen sie, denn
sie waren schwarz und wimmelten von Ungeziefer, Indem öffnete sich die Thür
und Heiden stürzten herein, hoben ihre Fäuste gegen uns, blickten grimmig auf
uus und riefen zornig: lliMr, uiMr, markus room roolr! das hieß soviel als:
"Ihr schnödestell, bösesten Menschen, hebt Euch von dannen, oder Euch werden
tüchtige Schläge bereitet." Wir erhoben uns sehr bald und fanden unsern Juden
weinend auf unser" Kleidern sitzen, denn die Heiden hatten ihm sein Haar
herausgerissen und ihn geschlagen, daß ihm Mund und Nase bluteten; auch
hatten sie ihm zwei Münzen genommen, die wir ihn: zum Aufheben gegeben
hatten, da wir damit das Badgeld bezahlen wollten, Sie hatten dem Juden
auch unsere Kleider genommen und nach Geld untersucht, doch nichts gefunden,
da wir es unsern Knechten übergeben hatten. Der Jude sagte auch noch, daß
ihm der Badmeister das Geld genommen Hütte. Auf die Frage, ob er damit
zufrieden sei, wenn er es als Badgeld behalte, antwortete er: Ja. Wir aber
gingen eilends nach dem Haus, wo unsere Brüder lagen; die heidnischen Bilden
liefen uns nach und warfen uns mit Steinen."

Hatte nach vielen Fährlichkeiten der Pilger alles gesehen, was sein Herz
erstrebt hatte, so bestieg er sein Schiff und fuhr denselben Weg, den er ge¬
kommen, nach Venedig zurück; Unglück auf der Fahrt führte deu Reisenden
bisweilen nach einer andern Gegend, aber selten wurde durch eignen Willen eine
andre Route gewählt. So besuchte der schon oben erwähnte Felix Fabri Sieilien
und ganz Italien, ehe er über die Alpen nach Hause reiste. Er macht dabei
über den Aetna eine Bemerkung, die recht deutlich den Kampf der beiden sich
damals gegcnübertretenden Weltanschauungen ausdrückt: Hinter der Stadt
Catania, sagt er, ist der grausmnliche Berg Aetna, der hat zu oberst auf der
Spitze zwei Schlunde, zwei große Löcher, aus deuen zu Zeiten große Feuer-
flammen Stiche". Ehe das anfangen will, entsteht ein Gemurmel und ein Getöse
in dem Berg, dann schlägt es heraus und läuft wie ein Wasser herab und
verdirbt alles, was es ergreift. Man meint, die Hölle sei unter dem Berg
und die Löcher seien clsr nett roedlvotiör; absr alö ng,til'llob.W irmistsr saMnt
Aräsrs äg,room, as," lass im sin. Man sieht, die Zeit ist nicht mehr fern,
wo an Stelle des religiös gestimmten Reisenden der "natürliche Meister" in
ferne Länder zieht, nicht um zu beten und sich zu kasteien, sondern um seine,
der Mit- und Nachwelt Kenntnisse zu vermehren.

Höchst lehrreich ist in dieser Beziehung die reichhaltige Bibliographie in
Röhrichts Buche, die alle bis 1876 erschienenen Berichte über Palästinareisen
aufführt. Die wissenschaftlichen Interessen überwiegen, und nicht ohne Stolz
durchblättert der Deutsche diesen Katalog, in dem so mancher berühmte Lands¬
mann neben Schriftstellern aus allen Kulturvölkern Europas genannt ist.


Deutsche pcMstmafcchrton,

ÜÄ88 min unä i<ZQ alö^ ansehn ir la-onsn. Mein gnädiger Herr sagte,
wir wären wohl zu Haus, und nahmen unsere Hemden und wuschen sie, denn
sie waren schwarz und wimmelten von Ungeziefer, Indem öffnete sich die Thür
und Heiden stürzten herein, hoben ihre Fäuste gegen uns, blickten grimmig auf
uus und riefen zornig: lliMr, uiMr, markus room roolr! das hieß soviel als:
„Ihr schnödestell, bösesten Menschen, hebt Euch von dannen, oder Euch werden
tüchtige Schläge bereitet." Wir erhoben uns sehr bald und fanden unsern Juden
weinend auf unser» Kleidern sitzen, denn die Heiden hatten ihm sein Haar
herausgerissen und ihn geschlagen, daß ihm Mund und Nase bluteten; auch
hatten sie ihm zwei Münzen genommen, die wir ihn: zum Aufheben gegeben
hatten, da wir damit das Badgeld bezahlen wollten, Sie hatten dem Juden
auch unsere Kleider genommen und nach Geld untersucht, doch nichts gefunden,
da wir es unsern Knechten übergeben hatten. Der Jude sagte auch noch, daß
ihm der Badmeister das Geld genommen Hütte. Auf die Frage, ob er damit
zufrieden sei, wenn er es als Badgeld behalte, antwortete er: Ja. Wir aber
gingen eilends nach dem Haus, wo unsere Brüder lagen; die heidnischen Bilden
liefen uns nach und warfen uns mit Steinen."

Hatte nach vielen Fährlichkeiten der Pilger alles gesehen, was sein Herz
erstrebt hatte, so bestieg er sein Schiff und fuhr denselben Weg, den er ge¬
kommen, nach Venedig zurück; Unglück auf der Fahrt führte deu Reisenden
bisweilen nach einer andern Gegend, aber selten wurde durch eignen Willen eine
andre Route gewählt. So besuchte der schon oben erwähnte Felix Fabri Sieilien
und ganz Italien, ehe er über die Alpen nach Hause reiste. Er macht dabei
über den Aetna eine Bemerkung, die recht deutlich den Kampf der beiden sich
damals gegcnübertretenden Weltanschauungen ausdrückt: Hinter der Stadt
Catania, sagt er, ist der grausmnliche Berg Aetna, der hat zu oberst auf der
Spitze zwei Schlunde, zwei große Löcher, aus deuen zu Zeiten große Feuer-
flammen Stiche». Ehe das anfangen will, entsteht ein Gemurmel und ein Getöse
in dem Berg, dann schlägt es heraus und läuft wie ein Wasser herab und
verdirbt alles, was es ergreift. Man meint, die Hölle sei unter dem Berg
und die Löcher seien clsr nett roedlvotiör; absr alö ng,til'llob.W irmistsr saMnt
Aräsrs äg,room, as,« lass im sin. Man sieht, die Zeit ist nicht mehr fern,
wo an Stelle des religiös gestimmten Reisenden der „natürliche Meister" in
ferne Länder zieht, nicht um zu beten und sich zu kasteien, sondern um seine,
der Mit- und Nachwelt Kenntnisse zu vermehren.

Höchst lehrreich ist in dieser Beziehung die reichhaltige Bibliographie in
Röhrichts Buche, die alle bis 1876 erschienenen Berichte über Palästinareisen
aufführt. Die wissenschaftlichen Interessen überwiegen, und nicht ohne Stolz
durchblättert der Deutsche diesen Katalog, in dem so mancher berühmte Lands¬
mann neben Schriftstellern aus allen Kulturvölkern Europas genannt ist.


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[0288] Deutsche pcMstmafcchrton, ÜÄ88 min unä i<ZQ alö^ ansehn ir la-onsn. Mein gnädiger Herr sagte, wir wären wohl zu Haus, und nahmen unsere Hemden und wuschen sie, denn sie waren schwarz und wimmelten von Ungeziefer, Indem öffnete sich die Thür und Heiden stürzten herein, hoben ihre Fäuste gegen uns, blickten grimmig auf uus und riefen zornig: lliMr, uiMr, markus room roolr! das hieß soviel als: „Ihr schnödestell, bösesten Menschen, hebt Euch von dannen, oder Euch werden tüchtige Schläge bereitet." Wir erhoben uns sehr bald und fanden unsern Juden weinend auf unser» Kleidern sitzen, denn die Heiden hatten ihm sein Haar herausgerissen und ihn geschlagen, daß ihm Mund und Nase bluteten; auch hatten sie ihm zwei Münzen genommen, die wir ihn: zum Aufheben gegeben hatten, da wir damit das Badgeld bezahlen wollten, Sie hatten dem Juden auch unsere Kleider genommen und nach Geld untersucht, doch nichts gefunden, da wir es unsern Knechten übergeben hatten. Der Jude sagte auch noch, daß ihm der Badmeister das Geld genommen Hütte. Auf die Frage, ob er damit zufrieden sei, wenn er es als Badgeld behalte, antwortete er: Ja. Wir aber gingen eilends nach dem Haus, wo unsere Brüder lagen; die heidnischen Bilden liefen uns nach und warfen uns mit Steinen." Hatte nach vielen Fährlichkeiten der Pilger alles gesehen, was sein Herz erstrebt hatte, so bestieg er sein Schiff und fuhr denselben Weg, den er ge¬ kommen, nach Venedig zurück; Unglück auf der Fahrt führte deu Reisenden bisweilen nach einer andern Gegend, aber selten wurde durch eignen Willen eine andre Route gewählt. So besuchte der schon oben erwähnte Felix Fabri Sieilien und ganz Italien, ehe er über die Alpen nach Hause reiste. Er macht dabei über den Aetna eine Bemerkung, die recht deutlich den Kampf der beiden sich damals gegcnübertretenden Weltanschauungen ausdrückt: Hinter der Stadt Catania, sagt er, ist der grausmnliche Berg Aetna, der hat zu oberst auf der Spitze zwei Schlunde, zwei große Löcher, aus deuen zu Zeiten große Feuer- flammen Stiche». Ehe das anfangen will, entsteht ein Gemurmel und ein Getöse in dem Berg, dann schlägt es heraus und läuft wie ein Wasser herab und verdirbt alles, was es ergreift. Man meint, die Hölle sei unter dem Berg und die Löcher seien clsr nett roedlvotiör; absr alö ng,til'llob.W irmistsr saMnt Aräsrs äg,room, as,« lass im sin. Man sieht, die Zeit ist nicht mehr fern, wo an Stelle des religiös gestimmten Reisenden der „natürliche Meister" in ferne Länder zieht, nicht um zu beten und sich zu kasteien, sondern um seine, der Mit- und Nachwelt Kenntnisse zu vermehren. Höchst lehrreich ist in dieser Beziehung die reichhaltige Bibliographie in Röhrichts Buche, die alle bis 1876 erschienenen Berichte über Palästinareisen aufführt. Die wissenschaftlichen Interessen überwiegen, und nicht ohne Stolz durchblättert der Deutsche diesen Katalog, in dem so mancher berühmte Lands¬ mann neben Schriftstellern aus allen Kulturvölkern Europas genannt ist.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/288>, abgerufen am 14.05.2024.