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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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den Pelio" thürmen, und bei diesem Unternehmen fand er seinen frühen Tod,
Die Wiener Professur war ihm, der sich sein Leben lang keine Schranken ge¬
setzt hatte, eine drückende Fessel geworden, die er zu seinem Schaden bald wieder
abwarf. Im Herbste 1879 ging er nach Venedig, und im Januar des fol¬
genden Jahres kam die Kunde von seinem Tode ans der Stadt, die er so sehr
geliebt, "Ein Herzleiden, schreibt Schack, das unter dem Einflüsse aufregender
Gemüthsbewegungen rasch zugenommen, hatte seinem Leben ein Ende gemacht."
Nun ruht er in Nürnberg ans dem Jvhauniskirchhvfe neben Albrecht Dürer, der
rücksichtslose Idealist neben dein klugen, praktischen Idealisten!

Auch von Feuerbachs Werken ist eine Anzahl von der "Gesellschaft für
vervielfältigende Kunst" publicirt worden. Ich muß gestehe", daß diese Radi-
rungen und Stiche auf mich einen viel reineren und erhebenderen Eindruck
machen als die Originale, nur weil die Farbe nicht das störende Medium ist,
dnrch welches ich die großgedachten und in großem Stile ausgeführten Compo-
sitionen zu genießen habe. Und so wie mir, ist es vielen laufenden ergangen,
denen man deshalb keine gehässigen Motive unterschieben wird.

Mit rückhaltloser Bewunderung wird sich jedermann dem Genuß der zweiten
Abtheilung der Schackschen Galerie hingeben, der unvergleichlichen Sammlung
von Copien classischer Meisterwerke. Graf Schack hat das Glück gehabt, in
Lenbach, Liphart, Penther, Karl Schwarzer und vor allein in August Wolf
Künstler zu finde", welche eine Reihe der herrlichsten Italiener, insbesondre Ve-
netianer, i" nahezu vollendeter Weise copirt habe". Schack hat vollkommen
Recht, wenn er diesen Copien für die Zukunft eine hohe kunstgeschichtliche und
künstlerische Bedeutung vindicirt. Meisterwerke wie die Deckengemälde Michel¬
angelos in der Sixtinischen Cnpclle können an Ort und Stelle kaum gesehen,
geschweige denn vollkommen gewürdigt werden. Tizians Madonna der Familie
Pesaro wird über kurz oder lang zu Grunde gehen. Palmas herrliches Altar¬
bild in San Stefano in Vieenza und Giorgioncs Madonna mit Heiligen in
Eastelfraneo werden nur von wenigen gesehen. Schack hat diese Perlen vielen
zugänglich gemacht und sich dadurch ein Verdienst erworben, um deswillen wir
ihm alle Erbitterung vergeben, die er ans seine undankbaren Zeitgenosse,, aus¬
geschüttet hat.


Adolf Rosonberg.


den Pelio» thürmen, und bei diesem Unternehmen fand er seinen frühen Tod,
Die Wiener Professur war ihm, der sich sein Leben lang keine Schranken ge¬
setzt hatte, eine drückende Fessel geworden, die er zu seinem Schaden bald wieder
abwarf. Im Herbste 1879 ging er nach Venedig, und im Januar des fol¬
genden Jahres kam die Kunde von seinem Tode ans der Stadt, die er so sehr
geliebt, „Ein Herzleiden, schreibt Schack, das unter dem Einflüsse aufregender
Gemüthsbewegungen rasch zugenommen, hatte seinem Leben ein Ende gemacht."
Nun ruht er in Nürnberg ans dem Jvhauniskirchhvfe neben Albrecht Dürer, der
rücksichtslose Idealist neben dein klugen, praktischen Idealisten!

Auch von Feuerbachs Werken ist eine Anzahl von der „Gesellschaft für
vervielfältigende Kunst" publicirt worden. Ich muß gestehe», daß diese Radi-
rungen und Stiche auf mich einen viel reineren und erhebenderen Eindruck
machen als die Originale, nur weil die Farbe nicht das störende Medium ist,
dnrch welches ich die großgedachten und in großem Stile ausgeführten Compo-
sitionen zu genießen habe. Und so wie mir, ist es vielen laufenden ergangen,
denen man deshalb keine gehässigen Motive unterschieben wird.

Mit rückhaltloser Bewunderung wird sich jedermann dem Genuß der zweiten
Abtheilung der Schackschen Galerie hingeben, der unvergleichlichen Sammlung
von Copien classischer Meisterwerke. Graf Schack hat das Glück gehabt, in
Lenbach, Liphart, Penther, Karl Schwarzer und vor allein in August Wolf
Künstler zu finde», welche eine Reihe der herrlichsten Italiener, insbesondre Ve-
netianer, i» nahezu vollendeter Weise copirt habe». Schack hat vollkommen
Recht, wenn er diesen Copien für die Zukunft eine hohe kunstgeschichtliche und
künstlerische Bedeutung vindicirt. Meisterwerke wie die Deckengemälde Michel¬
angelos in der Sixtinischen Cnpclle können an Ort und Stelle kaum gesehen,
geschweige denn vollkommen gewürdigt werden. Tizians Madonna der Familie
Pesaro wird über kurz oder lang zu Grunde gehen. Palmas herrliches Altar¬
bild in San Stefano in Vieenza und Giorgioncs Madonna mit Heiligen in
Eastelfraneo werden nur von wenigen gesehen. Schack hat diese Perlen vielen
zugänglich gemacht und sich dadurch ein Verdienst erworben, um deswillen wir
ihm alle Erbitterung vergeben, die er ans seine undankbaren Zeitgenosse,, aus¬
geschüttet hat.


Adolf Rosonberg.


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[0381] den Pelio» thürmen, und bei diesem Unternehmen fand er seinen frühen Tod, Die Wiener Professur war ihm, der sich sein Leben lang keine Schranken ge¬ setzt hatte, eine drückende Fessel geworden, die er zu seinem Schaden bald wieder abwarf. Im Herbste 1879 ging er nach Venedig, und im Januar des fol¬ genden Jahres kam die Kunde von seinem Tode ans der Stadt, die er so sehr geliebt, „Ein Herzleiden, schreibt Schack, das unter dem Einflüsse aufregender Gemüthsbewegungen rasch zugenommen, hatte seinem Leben ein Ende gemacht." Nun ruht er in Nürnberg ans dem Jvhauniskirchhvfe neben Albrecht Dürer, der rücksichtslose Idealist neben dein klugen, praktischen Idealisten! Auch von Feuerbachs Werken ist eine Anzahl von der „Gesellschaft für vervielfältigende Kunst" publicirt worden. Ich muß gestehe», daß diese Radi- rungen und Stiche auf mich einen viel reineren und erhebenderen Eindruck machen als die Originale, nur weil die Farbe nicht das störende Medium ist, dnrch welches ich die großgedachten und in großem Stile ausgeführten Compo- sitionen zu genießen habe. Und so wie mir, ist es vielen laufenden ergangen, denen man deshalb keine gehässigen Motive unterschieben wird. Mit rückhaltloser Bewunderung wird sich jedermann dem Genuß der zweiten Abtheilung der Schackschen Galerie hingeben, der unvergleichlichen Sammlung von Copien classischer Meisterwerke. Graf Schack hat das Glück gehabt, in Lenbach, Liphart, Penther, Karl Schwarzer und vor allein in August Wolf Künstler zu finde», welche eine Reihe der herrlichsten Italiener, insbesondre Ve- netianer, i» nahezu vollendeter Weise copirt habe». Schack hat vollkommen Recht, wenn er diesen Copien für die Zukunft eine hohe kunstgeschichtliche und künstlerische Bedeutung vindicirt. Meisterwerke wie die Deckengemälde Michel¬ angelos in der Sixtinischen Cnpclle können an Ort und Stelle kaum gesehen, geschweige denn vollkommen gewürdigt werden. Tizians Madonna der Familie Pesaro wird über kurz oder lang zu Grunde gehen. Palmas herrliches Altar¬ bild in San Stefano in Vieenza und Giorgioncs Madonna mit Heiligen in Eastelfraneo werden nur von wenigen gesehen. Schack hat diese Perlen vielen zugänglich gemacht und sich dadurch ein Verdienst erworben, um deswillen wir ihm alle Erbitterung vergeben, die er ans seine undankbaren Zeitgenosse,, aus¬ geschüttet hat. Adolf Rosonberg.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/381>, abgerufen am 14.05.2024.