Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die akademische Aunstansstellnug in Berlin.

zeichnetstcn Coloristen. Bisweilen nimmt seine starke Vorliebe für graue Töne
eine" sehr einseitigen und einförmigen Charakter an, wie auf seinem "Wirths¬
haus in der Steppe," das fast aussieht, wie grau in grau geniale. Desto leb¬
hafter in der Farbe, entsprechend der äußerst lebendige" Compositio", ist da¬
gegen der Ueberfall eines türkischen Vorpostens durch zwei polnische Reiter, welche
deu Ahmmgslosen mit einen: Lasso vom Pferde gerissen habe", el"c Seene aus
den Kämpfen in: Anfange des 17. Jahrhunderts, welche dem Künstler schon
den Stoff für mehrere feiner stets dnrch originelle Charakteristik fesselnden Bilder
geliefert haben. Werner Schund, der auf verwandtem Gebiete thätig ist, legt
bei seinen Reiterbildern den Hauptaceent ans die Landschaft, in welcher sich ent¬
weder ein Gefecht entwickelt oder in welcher, wie auf zwei Bildern unsrer Aus¬
stellung, Werber und Krönten ihr Wesen treiben. N"r Eugen Bracht hat sich
so tief wie er in den Charakter der Haidelandschaft versenkt. Aber am Ende
wirkt dieses öde Einerlei abspannend, und was früher eine willkommene Eigenart
war, wird allmählich zur Manier.

Wenn wir noch Haus Dahls norwegische Fischermädchen, welche einen
jungen Burschen in einem Kahn wider seinen Willen ans Land zu ziehen suche",
el" Bild voll kecker Lebenslust, nur immer noch zu hart gemalt, und Meyers
"vn Bremen junge Mutter, die mit ihren: Erstgebornen bei der Lampe einge¬
schlafen ist, ein wahres Juwel deutscher GenMhlichkeit, realen, so ist der Kreis
der Genrebilder, welche eine ernsthafte Beachtung verdienen, geschlossen.

Alexander Wagners Mazeppci -- das wilde Pferd ist mit seiner Last eben
Zusammengestürzt -- ist ebenso roh und oberflächlich in der Farbe wie in der
Mvdellirnng, der alte Fehler, der von jeher an Wagners Bildern gerügt worden
ist- Bei Arthur Fitgers Hexenfahrt leidet die poetische Composition unter
dem Maß des Könnens: ein phantastischer Zug von jungen Mädchen und alten
Trauen, theils in reichen Gewändern, theils unbekleidet, untermischt mit ver¬
mummte" Männern, mit Schweinen und sonstigen Teufelsthieren, alles in der
Luft schwebend, mehr possirlich als schreckenerregend anzuschauen. Im Fleisch
der nackten Leiber bemerkt man Makartsche Verwesungstöue. Auch Makartsches
Purpurroth kommt zum Vorschein. Der Malerpoet ist in ein bedenkliches
Schwanken gerathen. Ob er sich wohl vor diesem Bilde einer seiner eignen
Strophen erinnert haben mag, die trefflich darauf Paßt:


Was ich da mit sel'gen Brausen,
Ach, so hoffnnngskühn begann,
Nun vollbracht' ich's; doch mit Grausen
Das Vollbrachte starr' ich an.

Auch unter den Landschafte" ist die Zahl der Treffer eine eng begrenzte.
Andreas Ueberhand sehlt, und Oswald singt das alte Lied von der Herrlichkeit
°es italienischen Himmels. Albert Flaum aecompagnirt ihn. Graf Kalck-


Die akademische Aunstansstellnug in Berlin.

zeichnetstcn Coloristen. Bisweilen nimmt seine starke Vorliebe für graue Töne
eine» sehr einseitigen und einförmigen Charakter an, wie auf seinem „Wirths¬
haus in der Steppe," das fast aussieht, wie grau in grau geniale. Desto leb¬
hafter in der Farbe, entsprechend der äußerst lebendige» Compositio», ist da¬
gegen der Ueberfall eines türkischen Vorpostens durch zwei polnische Reiter, welche
deu Ahmmgslosen mit einen: Lasso vom Pferde gerissen habe», el»c Seene aus
den Kämpfen in: Anfange des 17. Jahrhunderts, welche dem Künstler schon
den Stoff für mehrere feiner stets dnrch originelle Charakteristik fesselnden Bilder
geliefert haben. Werner Schund, der auf verwandtem Gebiete thätig ist, legt
bei seinen Reiterbildern den Hauptaceent ans die Landschaft, in welcher sich ent¬
weder ein Gefecht entwickelt oder in welcher, wie auf zwei Bildern unsrer Aus¬
stellung, Werber und Krönten ihr Wesen treiben. N»r Eugen Bracht hat sich
so tief wie er in den Charakter der Haidelandschaft versenkt. Aber am Ende
wirkt dieses öde Einerlei abspannend, und was früher eine willkommene Eigenart
war, wird allmählich zur Manier.

Wenn wir noch Haus Dahls norwegische Fischermädchen, welche einen
jungen Burschen in einem Kahn wider seinen Willen ans Land zu ziehen suche»,
el» Bild voll kecker Lebenslust, nur immer noch zu hart gemalt, und Meyers
"vn Bremen junge Mutter, die mit ihren: Erstgebornen bei der Lampe einge¬
schlafen ist, ein wahres Juwel deutscher GenMhlichkeit, realen, so ist der Kreis
der Genrebilder, welche eine ernsthafte Beachtung verdienen, geschlossen.

Alexander Wagners Mazeppci — das wilde Pferd ist mit seiner Last eben
Zusammengestürzt — ist ebenso roh und oberflächlich in der Farbe wie in der
Mvdellirnng, der alte Fehler, der von jeher an Wagners Bildern gerügt worden
ist- Bei Arthur Fitgers Hexenfahrt leidet die poetische Composition unter
dem Maß des Könnens: ein phantastischer Zug von jungen Mädchen und alten
Trauen, theils in reichen Gewändern, theils unbekleidet, untermischt mit ver¬
mummte» Männern, mit Schweinen und sonstigen Teufelsthieren, alles in der
Luft schwebend, mehr possirlich als schreckenerregend anzuschauen. Im Fleisch
der nackten Leiber bemerkt man Makartsche Verwesungstöue. Auch Makartsches
Purpurroth kommt zum Vorschein. Der Malerpoet ist in ein bedenkliches
Schwanken gerathen. Ob er sich wohl vor diesem Bilde einer seiner eignen
Strophen erinnert haben mag, die trefflich darauf Paßt:


Was ich da mit sel'gen Brausen,
Ach, so hoffnnngskühn begann,
Nun vollbracht' ich's; doch mit Grausen
Das Vollbrachte starr' ich an.

Auch unter den Landschafte» ist die Zahl der Treffer eine eng begrenzte.
Andreas Ueberhand sehlt, und Oswald singt das alte Lied von der Herrlichkeit
°es italienischen Himmels. Albert Flaum aecompagnirt ihn. Graf Kalck-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0049" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150771"/>
          <fw type="header" place="top"> Die akademische Aunstansstellnug in Berlin.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_118" prev="#ID_117"> zeichnetstcn Coloristen. Bisweilen nimmt seine starke Vorliebe für graue Töne<lb/>
eine» sehr einseitigen und einförmigen Charakter an, wie auf seinem &#x201E;Wirths¬<lb/>
haus in der Steppe," das fast aussieht, wie grau in grau geniale. Desto leb¬<lb/>
hafter in der Farbe, entsprechend der äußerst lebendige» Compositio», ist da¬<lb/>
gegen der Ueberfall eines türkischen Vorpostens durch zwei polnische Reiter, welche<lb/>
deu Ahmmgslosen mit einen: Lasso vom Pferde gerissen habe», el»c Seene aus<lb/>
den Kämpfen in: Anfange des 17. Jahrhunderts, welche dem Künstler schon<lb/>
den Stoff für mehrere feiner stets dnrch originelle Charakteristik fesselnden Bilder<lb/>
geliefert haben. Werner Schund, der auf verwandtem Gebiete thätig ist, legt<lb/>
bei seinen Reiterbildern den Hauptaceent ans die Landschaft, in welcher sich ent¬<lb/>
weder ein Gefecht entwickelt oder in welcher, wie auf zwei Bildern unsrer Aus¬<lb/>
stellung, Werber und Krönten ihr Wesen treiben. N»r Eugen Bracht hat sich<lb/>
so tief wie er in den Charakter der Haidelandschaft versenkt. Aber am Ende<lb/>
wirkt dieses öde Einerlei abspannend, und was früher eine willkommene Eigenart<lb/>
war, wird allmählich zur Manier.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_119"> Wenn wir noch Haus Dahls norwegische Fischermädchen, welche einen<lb/>
jungen Burschen in einem Kahn wider seinen Willen ans Land zu ziehen suche»,<lb/>
el» Bild voll kecker Lebenslust, nur immer noch zu hart gemalt, und Meyers<lb/>
"vn Bremen junge Mutter, die mit ihren: Erstgebornen bei der Lampe einge¬<lb/>
schlafen ist, ein wahres Juwel deutscher GenMhlichkeit, realen, so ist der Kreis<lb/>
der Genrebilder, welche eine ernsthafte Beachtung verdienen, geschlossen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_120"> Alexander Wagners Mazeppci &#x2014; das wilde Pferd ist mit seiner Last eben<lb/>
Zusammengestürzt &#x2014; ist ebenso roh und oberflächlich in der Farbe wie in der<lb/>
Mvdellirnng, der alte Fehler, der von jeher an Wagners Bildern gerügt worden<lb/>
ist- Bei Arthur Fitgers Hexenfahrt leidet die poetische Composition unter<lb/>
dem Maß des Könnens: ein phantastischer Zug von jungen Mädchen und alten<lb/>
Trauen, theils in reichen Gewändern, theils unbekleidet, untermischt mit ver¬<lb/>
mummte» Männern, mit Schweinen und sonstigen Teufelsthieren, alles in der<lb/>
Luft schwebend, mehr possirlich als schreckenerregend anzuschauen. Im Fleisch<lb/>
der nackten Leiber bemerkt man Makartsche Verwesungstöue. Auch Makartsches<lb/>
Purpurroth kommt zum Vorschein. Der Malerpoet ist in ein bedenkliches<lb/>
Schwanken gerathen. Ob er sich wohl vor diesem Bilde einer seiner eignen<lb/>
Strophen erinnert haben mag, die trefflich darauf Paßt:</p><lb/>
          <quote>
            <lg xml:id="POEMID_2" type="poem">
              <l> Was ich da mit sel'gen Brausen,<lb/>
Ach, so hoffnnngskühn begann,<lb/>
Nun vollbracht' ich's; doch mit Grausen<lb/>
Das Vollbrachte starr' ich an.</l>
            </lg>
          </quote><lb/>
          <p xml:id="ID_121" next="#ID_122"> Auch unter den Landschafte» ist die Zahl der Treffer eine eng begrenzte.<lb/>
Andreas Ueberhand sehlt, und Oswald singt das alte Lied von der Herrlichkeit<lb/>
°es italienischen Himmels. Albert Flaum aecompagnirt ihn.  Graf Kalck-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0049] Die akademische Aunstansstellnug in Berlin. zeichnetstcn Coloristen. Bisweilen nimmt seine starke Vorliebe für graue Töne eine» sehr einseitigen und einförmigen Charakter an, wie auf seinem „Wirths¬ haus in der Steppe," das fast aussieht, wie grau in grau geniale. Desto leb¬ hafter in der Farbe, entsprechend der äußerst lebendige» Compositio», ist da¬ gegen der Ueberfall eines türkischen Vorpostens durch zwei polnische Reiter, welche deu Ahmmgslosen mit einen: Lasso vom Pferde gerissen habe», el»c Seene aus den Kämpfen in: Anfange des 17. Jahrhunderts, welche dem Künstler schon den Stoff für mehrere feiner stets dnrch originelle Charakteristik fesselnden Bilder geliefert haben. Werner Schund, der auf verwandtem Gebiete thätig ist, legt bei seinen Reiterbildern den Hauptaceent ans die Landschaft, in welcher sich ent¬ weder ein Gefecht entwickelt oder in welcher, wie auf zwei Bildern unsrer Aus¬ stellung, Werber und Krönten ihr Wesen treiben. N»r Eugen Bracht hat sich so tief wie er in den Charakter der Haidelandschaft versenkt. Aber am Ende wirkt dieses öde Einerlei abspannend, und was früher eine willkommene Eigenart war, wird allmählich zur Manier. Wenn wir noch Haus Dahls norwegische Fischermädchen, welche einen jungen Burschen in einem Kahn wider seinen Willen ans Land zu ziehen suche», el» Bild voll kecker Lebenslust, nur immer noch zu hart gemalt, und Meyers "vn Bremen junge Mutter, die mit ihren: Erstgebornen bei der Lampe einge¬ schlafen ist, ein wahres Juwel deutscher GenMhlichkeit, realen, so ist der Kreis der Genrebilder, welche eine ernsthafte Beachtung verdienen, geschlossen. Alexander Wagners Mazeppci — das wilde Pferd ist mit seiner Last eben Zusammengestürzt — ist ebenso roh und oberflächlich in der Farbe wie in der Mvdellirnng, der alte Fehler, der von jeher an Wagners Bildern gerügt worden ist- Bei Arthur Fitgers Hexenfahrt leidet die poetische Composition unter dem Maß des Könnens: ein phantastischer Zug von jungen Mädchen und alten Trauen, theils in reichen Gewändern, theils unbekleidet, untermischt mit ver¬ mummte» Männern, mit Schweinen und sonstigen Teufelsthieren, alles in der Luft schwebend, mehr possirlich als schreckenerregend anzuschauen. Im Fleisch der nackten Leiber bemerkt man Makartsche Verwesungstöue. Auch Makartsches Purpurroth kommt zum Vorschein. Der Malerpoet ist in ein bedenkliches Schwanken gerathen. Ob er sich wohl vor diesem Bilde einer seiner eignen Strophen erinnert haben mag, die trefflich darauf Paßt: Was ich da mit sel'gen Brausen, Ach, so hoffnnngskühn begann, Nun vollbracht' ich's; doch mit Grausen Das Vollbrachte starr' ich an. Auch unter den Landschafte» ist die Zahl der Treffer eine eng begrenzte. Andreas Ueberhand sehlt, und Oswald singt das alte Lied von der Herrlichkeit °es italienischen Himmels. Albert Flaum aecompagnirt ihn. Graf Kalck-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/49
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/49>, abgerufen am 15.05.2024.