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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Zu Goethes Leipziger Studentenzeit.

der Unter OKloier begegnet hatte, und verlangten diesfals 8-itiL5!NZtion, welche
er ihnen auch verspricht.

Den folgenden Morgen als den 29ten gehen sie wieder zu dem Ooninreu-
clanten und erkundigen sich wegen der versprochenen Ladis^Llion. Da will er
von nichts mehr wißen und spricht, er wolte sie schon abstraften laßen.

An eben diesen Tage wurde die Raths-Wahl gehalten, und der Bürger¬
meister Hr. Hvffrath Schubert hatte die Regierung angetreten. Dieserwegen
wollten Ihm 2. junge swclLnten ein Lolknnks Vivi>.t. bringen und schlugen es
an das schwartze Bret. Es wurde aber auf dem Mnrckte dnrch 200. nicht ge¬
billiget, daß kein eintziger mit gehen solte. Deßen ohn geachtet haben sich
5v. stuäeuten zusannnen rottiret, diese giengen zu dem Bürgermeister und rufften
ein schlechtes Viv-it. Wie sie fortgehe" wollten, so kamen die Stadt Knechte
Und ihren Stangen und trieben sie aus einander.

Diesen Nachmittag rückten 50. Mann Feld Soldaten in das Peters Thor
ZU denen Stadt Soldaten auf die Wache."

So weit unsre Chronik. Der Rat hatte schon unterm 12. Angust dnrch
Aianeranschläge dazu aufgefordert, deu polizeiwidrigen Unfug einzustellen. Am
^1. August veröffentlichte der Rektor der Universität einen von dem Prinzen Xaver
a" die Professoren gerichteten Erlaß, den er mit Bitten und Beschwörungen in
lateinischer Zunge begleitete, nachdem schon tags zuvor eine kurfürstliche Kom¬
mission von Dresden eingetroffen war, die zur Untersuchung und Bestrafung der
Ausschreitungen abgesandt war. Die Kommissarien entledigten sich ihres Auftrages
in den ersten Septembertagen, und am 7. September kann der Chronist berichten:
"Die Ruhe und Ordnung ist wieder hergestellt, und hoffet man selbige durch die
genommenen Maaßregeln auch in der Folge zu erhalten." An: 5. Oktober kehrte
Kommission nach Dresden zurück, und ein von: 23. Oktober datirter Erlaß
an die Studentenschaft, vom Rektor wieder mit einigen beweglichen lateinischen
Ansätzen begleitet, machte den Schluß dieser denkwürdigen Ereignisse.

Vergleicht man die Aufzeichnungen unsrer Chronik mit Goethes Darstellung,
!v sieht man, daß ihm vor allem die Episode in der Erinnerung geblieben war,
^e er selbst mit angesehen hatte: der Angriff auf das Fregische Haus; alles
übrige hat er in eine Art von poetischem Extrakt zusammengefaßt. Auch die
Ursache der studentischen Erbitterung auf Frege hatte er im Gedächtnis behalten,
^cum wenn er schreibt, man habe erzählt, "es hätten angesehene Personen wegen
Opferer Widerstandes die Obsiegenden gelobt und belohnt," so giebt er augen¬
scheinlich ein Gerücht wieder, das sich infolge der aus Freges Tasche an die
Stadtsvldaten gelangten Geldspende gebildet hatte.

Noch eine Zugabe. Sie betrifft ein Erzeugnis studentischen Witzes, das
Upar erst einige Jahre nach Goethes Weggange von Leipzig entstanden ist,
"ber doch mit ein paar Kleinigkeiten aus seinen eignen Mitteilungen sich
berührt.


Grenzlwten IV. 1882. , 17
Zu Goethes Leipziger Studentenzeit.

der Unter OKloier begegnet hatte, und verlangten diesfals 8-itiL5!NZtion, welche
er ihnen auch verspricht.

Den folgenden Morgen als den 29ten gehen sie wieder zu dem Ooninreu-
clanten und erkundigen sich wegen der versprochenen Ladis^Llion. Da will er
von nichts mehr wißen und spricht, er wolte sie schon abstraften laßen.

An eben diesen Tage wurde die Raths-Wahl gehalten, und der Bürger¬
meister Hr. Hvffrath Schubert hatte die Regierung angetreten. Dieserwegen
wollten Ihm 2. junge swclLnten ein Lolknnks Vivi>.t. bringen und schlugen es
an das schwartze Bret. Es wurde aber auf dem Mnrckte dnrch 200. nicht ge¬
billiget, daß kein eintziger mit gehen solte. Deßen ohn geachtet haben sich
5v. stuäeuten zusannnen rottiret, diese giengen zu dem Bürgermeister und rufften
ein schlechtes Viv-it. Wie sie fortgehe» wollten, so kamen die Stadt Knechte
Und ihren Stangen und trieben sie aus einander.

Diesen Nachmittag rückten 50. Mann Feld Soldaten in das Peters Thor
ZU denen Stadt Soldaten auf die Wache."

So weit unsre Chronik. Der Rat hatte schon unterm 12. Angust dnrch
Aianeranschläge dazu aufgefordert, deu polizeiwidrigen Unfug einzustellen. Am
^1. August veröffentlichte der Rektor der Universität einen von dem Prinzen Xaver
a» die Professoren gerichteten Erlaß, den er mit Bitten und Beschwörungen in
lateinischer Zunge begleitete, nachdem schon tags zuvor eine kurfürstliche Kom¬
mission von Dresden eingetroffen war, die zur Untersuchung und Bestrafung der
Ausschreitungen abgesandt war. Die Kommissarien entledigten sich ihres Auftrages
in den ersten Septembertagen, und am 7. September kann der Chronist berichten:
«Die Ruhe und Ordnung ist wieder hergestellt, und hoffet man selbige durch die
genommenen Maaßregeln auch in der Folge zu erhalten." An: 5. Oktober kehrte
Kommission nach Dresden zurück, und ein von: 23. Oktober datirter Erlaß
an die Studentenschaft, vom Rektor wieder mit einigen beweglichen lateinischen
Ansätzen begleitet, machte den Schluß dieser denkwürdigen Ereignisse.

Vergleicht man die Aufzeichnungen unsrer Chronik mit Goethes Darstellung,
!v sieht man, daß ihm vor allem die Episode in der Erinnerung geblieben war,
^e er selbst mit angesehen hatte: der Angriff auf das Fregische Haus; alles
übrige hat er in eine Art von poetischem Extrakt zusammengefaßt. Auch die
Ursache der studentischen Erbitterung auf Frege hatte er im Gedächtnis behalten,
^cum wenn er schreibt, man habe erzählt, „es hätten angesehene Personen wegen
Opferer Widerstandes die Obsiegenden gelobt und belohnt," so giebt er augen¬
scheinlich ein Gerücht wieder, das sich infolge der aus Freges Tasche an die
Stadtsvldaten gelangten Geldspende gebildet hatte.

Noch eine Zugabe. Sie betrifft ein Erzeugnis studentischen Witzes, das
Upar erst einige Jahre nach Goethes Weggange von Leipzig entstanden ist,
"ber doch mit ein paar Kleinigkeiten aus seinen eignen Mitteilungen sich
berührt.


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[0133] Zu Goethes Leipziger Studentenzeit. der Unter OKloier begegnet hatte, und verlangten diesfals 8-itiL5!NZtion, welche er ihnen auch verspricht. Den folgenden Morgen als den 29ten gehen sie wieder zu dem Ooninreu- clanten und erkundigen sich wegen der versprochenen Ladis^Llion. Da will er von nichts mehr wißen und spricht, er wolte sie schon abstraften laßen. An eben diesen Tage wurde die Raths-Wahl gehalten, und der Bürger¬ meister Hr. Hvffrath Schubert hatte die Regierung angetreten. Dieserwegen wollten Ihm 2. junge swclLnten ein Lolknnks Vivi>.t. bringen und schlugen es an das schwartze Bret. Es wurde aber auf dem Mnrckte dnrch 200. nicht ge¬ billiget, daß kein eintziger mit gehen solte. Deßen ohn geachtet haben sich 5v. stuäeuten zusannnen rottiret, diese giengen zu dem Bürgermeister und rufften ein schlechtes Viv-it. Wie sie fortgehe» wollten, so kamen die Stadt Knechte Und ihren Stangen und trieben sie aus einander. Diesen Nachmittag rückten 50. Mann Feld Soldaten in das Peters Thor ZU denen Stadt Soldaten auf die Wache." So weit unsre Chronik. Der Rat hatte schon unterm 12. Angust dnrch Aianeranschläge dazu aufgefordert, deu polizeiwidrigen Unfug einzustellen. Am ^1. August veröffentlichte der Rektor der Universität einen von dem Prinzen Xaver a» die Professoren gerichteten Erlaß, den er mit Bitten und Beschwörungen in lateinischer Zunge begleitete, nachdem schon tags zuvor eine kurfürstliche Kom¬ mission von Dresden eingetroffen war, die zur Untersuchung und Bestrafung der Ausschreitungen abgesandt war. Die Kommissarien entledigten sich ihres Auftrages in den ersten Septembertagen, und am 7. September kann der Chronist berichten: «Die Ruhe und Ordnung ist wieder hergestellt, und hoffet man selbige durch die genommenen Maaßregeln auch in der Folge zu erhalten." An: 5. Oktober kehrte Kommission nach Dresden zurück, und ein von: 23. Oktober datirter Erlaß an die Studentenschaft, vom Rektor wieder mit einigen beweglichen lateinischen Ansätzen begleitet, machte den Schluß dieser denkwürdigen Ereignisse. Vergleicht man die Aufzeichnungen unsrer Chronik mit Goethes Darstellung, !v sieht man, daß ihm vor allem die Episode in der Erinnerung geblieben war, ^e er selbst mit angesehen hatte: der Angriff auf das Fregische Haus; alles übrige hat er in eine Art von poetischem Extrakt zusammengefaßt. Auch die Ursache der studentischen Erbitterung auf Frege hatte er im Gedächtnis behalten, ^cum wenn er schreibt, man habe erzählt, „es hätten angesehene Personen wegen Opferer Widerstandes die Obsiegenden gelobt und belohnt," so giebt er augen¬ scheinlich ein Gerücht wieder, das sich infolge der aus Freges Tasche an die Stadtsvldaten gelangten Geldspende gebildet hatte. Noch eine Zugabe. Sie betrifft ein Erzeugnis studentischen Witzes, das Upar erst einige Jahre nach Goethes Weggange von Leipzig entstanden ist, "ber doch mit ein paar Kleinigkeiten aus seinen eignen Mitteilungen sich berührt. Grenzlwten IV. 1882. , 17

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/133>, abgerufen am 17.06.2024.