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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Der jüngste Tag.
von Edward Gggleston.

(Fortsetzung.)

v geschah es dein?, das; Bruder Hall, als Bruder Gvshvru ihn
benachrichtigte, daß Schwester Cyuthy Ann Dyke heiraten und
zwar einen Mann heiraten wolle, der ein Newlight wäre, das; sie
ihn um seine Meinung in der Sache gebeten habe, und daß er
nicht gewiß wüßte, ob Newlights zu deu Gläubigen gerechnet
werden dürften oder uicht, sich nicht damit aufhielt, nachzufragen,
was für ein Mensch Jonas persönlich wäre. Er machte ein sehr feierliches Ge¬
sicht und war in der That auch feierlich gestimmt und sagte, es wäre schade,
wenn eine Christin sich mit einem Newlight verheiratete. Es wäre offenbar eine
blinde; denn ein Newlight wäre eine Arianer. Und ein Arianer wäre dasselbe
wie ein Ungläubiger. Der Arianer beraube Christum seiner göttlichen Natur,
und da er die Dreieinigkeit nicht im orthodoxen Sinne anbete, müsse er einen
falschen Gott anbeten. Er wäre folglich ein Götzendiener, und es wäre eine
Sünde, sich mit einem solchen in ein Joch spannen zu lassen.

Viele Leute, die gelehrter waren als der unreife, aber fromme und auf¬
richtige Bruder Hall, haben uns ganz ebensolche Deduktionen gedruckt hinter¬
lassen.

Als diese Entscheidung der gewissenhaften Cynthy Ann mitgeteilt wurde,
faltete sie ihre Hoffnungen zusammen, wie mau das Gewand eines gestorbenen
Freundes beiseite legt, ging in ihr Stübchen und betete. Sie brachte Gott ein
Opfer dar, das nicht weniger köstlich als das Opfer Abrahams war und iii gleich
erhabenem Geiste vollzogen wurde. Sie begoß das Pflänzchen in der alten zer¬
brochenen blau und weißen Theekanne, sie bemerkte, daß es eben ausblühen
wollte, und da ließ sie eine Thräne darauf fallen, und weil sie es in ihrem
Herzen irgendewie mit Jonas in Verbindung brachte, warf sie es weg. ent¬
schlossen, in ihrem Herzen keinen Abgott zu dulden. Und ohne Zweifel nahm
Gott ihr Opfer, so mißverständlich und unnötig es auch war, als ein Zeichen
der Treue ihres Herzens gegen ihre Pflicht an, wie sie dieselbe verstand.

Cynthy Ann setzte das alles Jonas in strenger und unwiderruflicher Weise
auseinander. Jonas blickte sie einen Augenblick verblüfft an.




Der jüngste Tag.
von Edward Gggleston.

(Fortsetzung.)

v geschah es dein?, das; Bruder Hall, als Bruder Gvshvru ihn
benachrichtigte, daß Schwester Cyuthy Ann Dyke heiraten und
zwar einen Mann heiraten wolle, der ein Newlight wäre, das; sie
ihn um seine Meinung in der Sache gebeten habe, und daß er
nicht gewiß wüßte, ob Newlights zu deu Gläubigen gerechnet
werden dürften oder uicht, sich nicht damit aufhielt, nachzufragen,
was für ein Mensch Jonas persönlich wäre. Er machte ein sehr feierliches Ge¬
sicht und war in der That auch feierlich gestimmt und sagte, es wäre schade,
wenn eine Christin sich mit einem Newlight verheiratete. Es wäre offenbar eine
blinde; denn ein Newlight wäre eine Arianer. Und ein Arianer wäre dasselbe
wie ein Ungläubiger. Der Arianer beraube Christum seiner göttlichen Natur,
und da er die Dreieinigkeit nicht im orthodoxen Sinne anbete, müsse er einen
falschen Gott anbeten. Er wäre folglich ein Götzendiener, und es wäre eine
Sünde, sich mit einem solchen in ein Joch spannen zu lassen.

Viele Leute, die gelehrter waren als der unreife, aber fromme und auf¬
richtige Bruder Hall, haben uns ganz ebensolche Deduktionen gedruckt hinter¬
lassen.

Als diese Entscheidung der gewissenhaften Cynthy Ann mitgeteilt wurde,
faltete sie ihre Hoffnungen zusammen, wie mau das Gewand eines gestorbenen
Freundes beiseite legt, ging in ihr Stübchen und betete. Sie brachte Gott ein
Opfer dar, das nicht weniger köstlich als das Opfer Abrahams war und iii gleich
erhabenem Geiste vollzogen wurde. Sie begoß das Pflänzchen in der alten zer¬
brochenen blau und weißen Theekanne, sie bemerkte, daß es eben ausblühen
wollte, und da ließ sie eine Thräne darauf fallen, und weil sie es in ihrem
Herzen irgendewie mit Jonas in Verbindung brachte, warf sie es weg. ent¬
schlossen, in ihrem Herzen keinen Abgott zu dulden. Und ohne Zweifel nahm
Gott ihr Opfer, so mißverständlich und unnötig es auch war, als ein Zeichen
der Treue ihres Herzens gegen ihre Pflicht an, wie sie dieselbe verstand.

Cynthy Ann setzte das alles Jonas in strenger und unwiderruflicher Weise
auseinander. Jonas blickte sie einen Augenblick verblüfft an.


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[0148] [Abbildung] Der jüngste Tag. von Edward Gggleston. (Fortsetzung.) v geschah es dein?, das; Bruder Hall, als Bruder Gvshvru ihn benachrichtigte, daß Schwester Cyuthy Ann Dyke heiraten und zwar einen Mann heiraten wolle, der ein Newlight wäre, das; sie ihn um seine Meinung in der Sache gebeten habe, und daß er nicht gewiß wüßte, ob Newlights zu deu Gläubigen gerechnet werden dürften oder uicht, sich nicht damit aufhielt, nachzufragen, was für ein Mensch Jonas persönlich wäre. Er machte ein sehr feierliches Ge¬ sicht und war in der That auch feierlich gestimmt und sagte, es wäre schade, wenn eine Christin sich mit einem Newlight verheiratete. Es wäre offenbar eine blinde; denn ein Newlight wäre eine Arianer. Und ein Arianer wäre dasselbe wie ein Ungläubiger. Der Arianer beraube Christum seiner göttlichen Natur, und da er die Dreieinigkeit nicht im orthodoxen Sinne anbete, müsse er einen falschen Gott anbeten. Er wäre folglich ein Götzendiener, und es wäre eine Sünde, sich mit einem solchen in ein Joch spannen zu lassen. Viele Leute, die gelehrter waren als der unreife, aber fromme und auf¬ richtige Bruder Hall, haben uns ganz ebensolche Deduktionen gedruckt hinter¬ lassen. Als diese Entscheidung der gewissenhaften Cynthy Ann mitgeteilt wurde, faltete sie ihre Hoffnungen zusammen, wie mau das Gewand eines gestorbenen Freundes beiseite legt, ging in ihr Stübchen und betete. Sie brachte Gott ein Opfer dar, das nicht weniger köstlich als das Opfer Abrahams war und iii gleich erhabenem Geiste vollzogen wurde. Sie begoß das Pflänzchen in der alten zer¬ brochenen blau und weißen Theekanne, sie bemerkte, daß es eben ausblühen wollte, und da ließ sie eine Thräne darauf fallen, und weil sie es in ihrem Herzen irgendewie mit Jonas in Verbindung brachte, warf sie es weg. ent¬ schlossen, in ihrem Herzen keinen Abgott zu dulden. Und ohne Zweifel nahm Gott ihr Opfer, so mißverständlich und unnötig es auch war, als ein Zeichen der Treue ihres Herzens gegen ihre Pflicht an, wie sie dieselbe verstand. Cynthy Ann setzte das alles Jonas in strenger und unwiderruflicher Weise auseinander. Jonas blickte sie einen Augenblick verblüfft an.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/148>, abgerufen am 17.06.2024.