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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Konkurrenzen in der Erklärung der deutschen Familiennamen.

mer, Heimer, Hilder, welche man in jener Weise zu erklären kein Bedenken
getragen hat.

Bei ziemlich vielen Familiennamen erhebt sich die Frage, ob sie aus dem
Deutschen stummen, oder zu den später eingeführten fremden (hebr., griech., lat.)
Namen gehören.

So bequem Hanne und Henning ans HÄMno und IlaMning- gedeutet
werden, und so zuverlässig es ist, daß Henning in Mecklenburg und Pommern
als Koseform von Heinrich gebraucht wird, ebenso bestimmt können beide Namen
mit Johannes in Verbindung stehn, insbesondre Henning (vgl. Johann in g),
welcher Name in Schleswig - holsteinischen Urkunden nicht selten mit Johann
für dieselbe Person wechselt. -- Während Vertel auf LeonwIÄ allem ange¬
wiesen ist, dürfen Barthol und Vartel auch zu Bartholomüus (Bartel-
Mehs, Bartelmus, Barthelme) gestellt werden, obgleich der Ursprung aus
dem Deutschen, zumal in Hinblick auf Barthold und Bartelt, den Vorzug
verdient. -- In der Schweiz gelten Debes und Debus als Kürzungen von
Matthäus, in Hessen von Tobias; das hindert nicht, die so lautende" Ge¬
schlechtsnamen zu den zweistämmigen Koseformen ans viol zu rechnen (vgl.
Dedo, Debe, Debke, Debben, Devens, Depping). -- Nachdem von acht¬
baren Forschern der niederdeutsche Name Harms aus Hieronymus erklärt
worden war, hat sich diese Deutung eine lauge Zeit zu behaupten vermocht und
im Publikum Anklang gefunden; sie ist lautlich kaum zu verstehn und überhaupt
grundfalsch: Harms ist wie Hermes aus Hermann entsprungen (vgl. Garms
aus Germar). -- Der aus KigiruÄr hervorgegangenen Koseform 8imo ent¬
spricht der Familienname Sie in, aber dieser Name kann vielleicht auch als
Kürzung von Simon betrachtet werden; sicher deutsch sind Seim, Seine,
Siemes, Siemers, Siemelink. -- Obgleich sich Valles gleich Baldes
als Geuetiv von Bälde, Bald (Lalclo) denken läßt, scheint die Erklärung aus
Balthasar doch richtiger zu sein. -- Sollen die anlandenden Konsonanten der
beiden Namen Fester und Bester ans einen Unterschied der Bedeutung hin¬
weisen, eine Annahme, welche freilich an sich und besonders bei Namen bedenklich
ist, so ließe sich fügen, daß Fester (vgl. Festersen) wie Faster dem Personen¬
namen I^stum-i entspreche, Bester aber aus Sylvester gekürzt sei. -- Für
Bcintel und Partei nebst Pautelmaun darf der Stamm IZiincl (vgl. Bärbel
und Paudel) in Anspruch genommen werden, obwohl übereinstimmende Formen
uicht zu Gebote stehn; oder die Namen sind aus I^mtülgon (vgl. Bautalion,
Vcintleon) entsprungen. -- Die aus Zusammensetzungen mit (^18^1 (Geisel,
ol)868) hervorgegangene Koseform Lrilo streitet nur den Ursprung ewiger Ge¬
schlechtsnamen mit ^s^law" (roman. cultes). Vielleicht wird es angemessen sein,
die mit einfachem l versehenen Namen Gick, Gleim als deutsch, Gilles,
Gillif dagegen als fremd zu betrachten, während wiederum Gille, Gilt eben
sowohl auf <Filo als auf ^<ZAicliu3 verweisen dürsten. Daß auch Ilgen, wie


Konkurrenzen in der Erklärung der deutschen Familiennamen.

mer, Heimer, Hilder, welche man in jener Weise zu erklären kein Bedenken
getragen hat.

Bei ziemlich vielen Familiennamen erhebt sich die Frage, ob sie aus dem
Deutschen stummen, oder zu den später eingeführten fremden (hebr., griech., lat.)
Namen gehören.

So bequem Hanne und Henning ans HÄMno und IlaMning- gedeutet
werden, und so zuverlässig es ist, daß Henning in Mecklenburg und Pommern
als Koseform von Heinrich gebraucht wird, ebenso bestimmt können beide Namen
mit Johannes in Verbindung stehn, insbesondre Henning (vgl. Johann in g),
welcher Name in Schleswig - holsteinischen Urkunden nicht selten mit Johann
für dieselbe Person wechselt. — Während Vertel auf LeonwIÄ allem ange¬
wiesen ist, dürfen Barthol und Vartel auch zu Bartholomüus (Bartel-
Mehs, Bartelmus, Barthelme) gestellt werden, obgleich der Ursprung aus
dem Deutschen, zumal in Hinblick auf Barthold und Bartelt, den Vorzug
verdient. — In der Schweiz gelten Debes und Debus als Kürzungen von
Matthäus, in Hessen von Tobias; das hindert nicht, die so lautende» Ge¬
schlechtsnamen zu den zweistämmigen Koseformen ans viol zu rechnen (vgl.
Dedo, Debe, Debke, Debben, Devens, Depping). — Nachdem von acht¬
baren Forschern der niederdeutsche Name Harms aus Hieronymus erklärt
worden war, hat sich diese Deutung eine lauge Zeit zu behaupten vermocht und
im Publikum Anklang gefunden; sie ist lautlich kaum zu verstehn und überhaupt
grundfalsch: Harms ist wie Hermes aus Hermann entsprungen (vgl. Garms
aus Germar). — Der aus KigiruÄr hervorgegangenen Koseform 8imo ent¬
spricht der Familienname Sie in, aber dieser Name kann vielleicht auch als
Kürzung von Simon betrachtet werden; sicher deutsch sind Seim, Seine,
Siemes, Siemers, Siemelink. — Obgleich sich Valles gleich Baldes
als Geuetiv von Bälde, Bald (Lalclo) denken läßt, scheint die Erklärung aus
Balthasar doch richtiger zu sein. — Sollen die anlandenden Konsonanten der
beiden Namen Fester und Bester ans einen Unterschied der Bedeutung hin¬
weisen, eine Annahme, welche freilich an sich und besonders bei Namen bedenklich
ist, so ließe sich fügen, daß Fester (vgl. Festersen) wie Faster dem Personen¬
namen I^stum-i entspreche, Bester aber aus Sylvester gekürzt sei. — Für
Bcintel und Partei nebst Pautelmaun darf der Stamm IZiincl (vgl. Bärbel
und Paudel) in Anspruch genommen werden, obwohl übereinstimmende Formen
uicht zu Gebote stehn; oder die Namen sind aus I^mtülgon (vgl. Bautalion,
Vcintleon) entsprungen. — Die aus Zusammensetzungen mit (^18^1 (Geisel,
ol)868) hervorgegangene Koseform Lrilo streitet nur den Ursprung ewiger Ge¬
schlechtsnamen mit ^s^law« (roman. cultes). Vielleicht wird es angemessen sein,
die mit einfachem l versehenen Namen Gick, Gleim als deutsch, Gilles,
Gillif dagegen als fremd zu betrachten, während wiederum Gille, Gilt eben
sowohl auf <Filo als auf ^<ZAicliu3 verweisen dürsten. Daß auch Ilgen, wie


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[0175] Konkurrenzen in der Erklärung der deutschen Familiennamen. mer, Heimer, Hilder, welche man in jener Weise zu erklären kein Bedenken getragen hat. Bei ziemlich vielen Familiennamen erhebt sich die Frage, ob sie aus dem Deutschen stummen, oder zu den später eingeführten fremden (hebr., griech., lat.) Namen gehören. So bequem Hanne und Henning ans HÄMno und IlaMning- gedeutet werden, und so zuverlässig es ist, daß Henning in Mecklenburg und Pommern als Koseform von Heinrich gebraucht wird, ebenso bestimmt können beide Namen mit Johannes in Verbindung stehn, insbesondre Henning (vgl. Johann in g), welcher Name in Schleswig - holsteinischen Urkunden nicht selten mit Johann für dieselbe Person wechselt. — Während Vertel auf LeonwIÄ allem ange¬ wiesen ist, dürfen Barthol und Vartel auch zu Bartholomüus (Bartel- Mehs, Bartelmus, Barthelme) gestellt werden, obgleich der Ursprung aus dem Deutschen, zumal in Hinblick auf Barthold und Bartelt, den Vorzug verdient. — In der Schweiz gelten Debes und Debus als Kürzungen von Matthäus, in Hessen von Tobias; das hindert nicht, die so lautende» Ge¬ schlechtsnamen zu den zweistämmigen Koseformen ans viol zu rechnen (vgl. Dedo, Debe, Debke, Debben, Devens, Depping). — Nachdem von acht¬ baren Forschern der niederdeutsche Name Harms aus Hieronymus erklärt worden war, hat sich diese Deutung eine lauge Zeit zu behaupten vermocht und im Publikum Anklang gefunden; sie ist lautlich kaum zu verstehn und überhaupt grundfalsch: Harms ist wie Hermes aus Hermann entsprungen (vgl. Garms aus Germar). — Der aus KigiruÄr hervorgegangenen Koseform 8imo ent¬ spricht der Familienname Sie in, aber dieser Name kann vielleicht auch als Kürzung von Simon betrachtet werden; sicher deutsch sind Seim, Seine, Siemes, Siemers, Siemelink. — Obgleich sich Valles gleich Baldes als Geuetiv von Bälde, Bald (Lalclo) denken läßt, scheint die Erklärung aus Balthasar doch richtiger zu sein. — Sollen die anlandenden Konsonanten der beiden Namen Fester und Bester ans einen Unterschied der Bedeutung hin¬ weisen, eine Annahme, welche freilich an sich und besonders bei Namen bedenklich ist, so ließe sich fügen, daß Fester (vgl. Festersen) wie Faster dem Personen¬ namen I^stum-i entspreche, Bester aber aus Sylvester gekürzt sei. — Für Bcintel und Partei nebst Pautelmaun darf der Stamm IZiincl (vgl. Bärbel und Paudel) in Anspruch genommen werden, obwohl übereinstimmende Formen uicht zu Gebote stehn; oder die Namen sind aus I^mtülgon (vgl. Bautalion, Vcintleon) entsprungen. — Die aus Zusammensetzungen mit (^18^1 (Geisel, ol)868) hervorgegangene Koseform Lrilo streitet nur den Ursprung ewiger Ge¬ schlechtsnamen mit ^s^law« (roman. cultes). Vielleicht wird es angemessen sein, die mit einfachem l versehenen Namen Gick, Gleim als deutsch, Gilles, Gillif dagegen als fremd zu betrachten, während wiederum Gille, Gilt eben sowohl auf <Filo als auf ^<ZAicliu3 verweisen dürsten. Daß auch Ilgen, wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/175>, abgerufen am 17.06.2024.