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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Joseph von Sonneufels.

Beistandes einer Maria Theresia und eines Joseph des Zweiten, zum Gegen¬
stande hat.*)

Verweilen wir im Anschluß an diese Schrift vor allem bei dem. was
Svuuenfels als dramaturgischer Schriftsteller geleistet hat. Dem: dies ist für
uus schließlich doch das interessanteste; es fesselt nicht bloß den, der geschicht¬
lich betrachtet, sondern hat zum Teil auch einen bleibenden Wert und wirkt
noch bellte mit unmittelbarer Frische.

Joseph von Svnnenfels, von jüdischer Abstammung, wurde 1733 zu Ni-
kolsburg in Mähren geboren. Sein Vater, ein eingewaudeter Rabbiner, hatte
Konnexionen mit dem Nikvlsburger Piaristeukollegium und mit dem Hause
Dietrichsteiu, dem die dortige Landschaft gehörte; er nahm bald den katholischen
Glauben an, erhielt spater das Adelsprädikat Edler von Sonnenfels und wurde
Lehrer der orientalischen Sprachen an der Wiener Hochschule. Der Sohn,
Joseph Wiener, wie er vor jener Nobilitirnng hieß, genoß zunächst einen ge¬
lehrten Unterricht, wurde dann aber, als sich die Verhältnisse der Familie eine
Zeit lang verschlechterten, Soldat und kam erst uach eiuer Reihe von Jahren,
die jedoch selbst für seine wissenschaftliche Ausbildung nicht eigentlich verloren
waren, durch die Vermittlung des Grafen Dietrichstein sowie einer fürstlichen
Gönnerin vom Heere los. Er bereitete sich dann zum Staatsdienste vor, bis
plötzlich die literarischen Bestrebungen, welche damals in Osterreich anhoben,
sein Interesse erweckten und ihn bestimmten, Schriftsteller zu werden. 1761
entstand die "Deutsche Gesellschaft" in Wien, ein Verein junger Streber, dem
das Ausland bald Aufmerksamkeit schenkte, sodaß eine Verbindung der öster¬
reichischen mit den fremde" Schriftstellern, insbesondre mit Nicolai, hergestellt
wurde und das Schriftdeutsch auch auf ungünstigem und abseits gelegenem
Boden Fortschritte machte. Souueufels spielte dabei eine Hauptrolle, nament¬
lich infolge seiner Abhandlung "Bon der Notwendigkeit, seine Muttersprache zu
bearbeiten." 1763 traf er es, nach mancherlei Bemühungen um ein passendes
Amt, sehr gut, in eine sichere Lebensstellung zu gelangen: er wurde Professor
der Polizei- und Caineralwissenschafteu an der Wiener Universität. Von dn an
begann seine reiche staatliche Wirksamkeit, die ihm aufangs manche Kämpfe, aber
vorwiegend Ansehen und schließlich Ehren aller Art einbrachte. Im Laufe der
Zeit bekam er auch die Funktion eines referirenden Rates bei der Studien- und
Zensurrommission. Alle seine übrigen Würden, politischen Missionen und Aus¬
zeichnungen übergehen wir hier. Es genüge zu sagen, daß Souueufels bis zum
Niedergange des Josephinismus eine der ersten Persönlichkeiten Wiens war/"")




Josef von Souueufels. Biographische Studie aus dem Zeitalter der Auf¬
klärung in Österreich. Vou Wilibald Müller. Mit Sonueufels' Bildnis. Wien, W. Brau-
müller, 1882.
Die Bemerkung, das; sein Name selbst unter deu Dedikationen Veethovenscher Werke vor¬
kommt, wird hier willkommen sein. Die schöne Pastoralsonate <>x. 28 ist Sonnenfels gewidmet.
Grenzboten IV. 1882, L2
Joseph von Sonneufels.

Beistandes einer Maria Theresia und eines Joseph des Zweiten, zum Gegen¬
stande hat.*)

Verweilen wir im Anschluß an diese Schrift vor allem bei dem. was
Svuuenfels als dramaturgischer Schriftsteller geleistet hat. Dem: dies ist für
uus schließlich doch das interessanteste; es fesselt nicht bloß den, der geschicht¬
lich betrachtet, sondern hat zum Teil auch einen bleibenden Wert und wirkt
noch bellte mit unmittelbarer Frische.

Joseph von Svnnenfels, von jüdischer Abstammung, wurde 1733 zu Ni-
kolsburg in Mähren geboren. Sein Vater, ein eingewaudeter Rabbiner, hatte
Konnexionen mit dem Nikvlsburger Piaristeukollegium und mit dem Hause
Dietrichsteiu, dem die dortige Landschaft gehörte; er nahm bald den katholischen
Glauben an, erhielt spater das Adelsprädikat Edler von Sonnenfels und wurde
Lehrer der orientalischen Sprachen an der Wiener Hochschule. Der Sohn,
Joseph Wiener, wie er vor jener Nobilitirnng hieß, genoß zunächst einen ge¬
lehrten Unterricht, wurde dann aber, als sich die Verhältnisse der Familie eine
Zeit lang verschlechterten, Soldat und kam erst uach eiuer Reihe von Jahren,
die jedoch selbst für seine wissenschaftliche Ausbildung nicht eigentlich verloren
waren, durch die Vermittlung des Grafen Dietrichstein sowie einer fürstlichen
Gönnerin vom Heere los. Er bereitete sich dann zum Staatsdienste vor, bis
plötzlich die literarischen Bestrebungen, welche damals in Osterreich anhoben,
sein Interesse erweckten und ihn bestimmten, Schriftsteller zu werden. 1761
entstand die „Deutsche Gesellschaft" in Wien, ein Verein junger Streber, dem
das Ausland bald Aufmerksamkeit schenkte, sodaß eine Verbindung der öster¬
reichischen mit den fremde« Schriftstellern, insbesondre mit Nicolai, hergestellt
wurde und das Schriftdeutsch auch auf ungünstigem und abseits gelegenem
Boden Fortschritte machte. Souueufels spielte dabei eine Hauptrolle, nament¬
lich infolge seiner Abhandlung „Bon der Notwendigkeit, seine Muttersprache zu
bearbeiten." 1763 traf er es, nach mancherlei Bemühungen um ein passendes
Amt, sehr gut, in eine sichere Lebensstellung zu gelangen: er wurde Professor
der Polizei- und Caineralwissenschafteu an der Wiener Universität. Von dn an
begann seine reiche staatliche Wirksamkeit, die ihm aufangs manche Kämpfe, aber
vorwiegend Ansehen und schließlich Ehren aller Art einbrachte. Im Laufe der
Zeit bekam er auch die Funktion eines referirenden Rates bei der Studien- und
Zensurrommission. Alle seine übrigen Würden, politischen Missionen und Aus¬
zeichnungen übergehen wir hier. Es genüge zu sagen, daß Souueufels bis zum
Niedergange des Josephinismus eine der ersten Persönlichkeiten Wiens war/"")




Josef von Souueufels. Biographische Studie aus dem Zeitalter der Auf¬
klärung in Österreich. Vou Wilibald Müller. Mit Sonueufels' Bildnis. Wien, W. Brau-
müller, 1882.
Die Bemerkung, das; sein Name selbst unter deu Dedikationen Veethovenscher Werke vor¬
kommt, wird hier willkommen sein. Die schöne Pastoralsonate <>x. 28 ist Sonnenfels gewidmet.
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[0653] Joseph von Sonneufels. Beistandes einer Maria Theresia und eines Joseph des Zweiten, zum Gegen¬ stande hat.*) Verweilen wir im Anschluß an diese Schrift vor allem bei dem. was Svuuenfels als dramaturgischer Schriftsteller geleistet hat. Dem: dies ist für uus schließlich doch das interessanteste; es fesselt nicht bloß den, der geschicht¬ lich betrachtet, sondern hat zum Teil auch einen bleibenden Wert und wirkt noch bellte mit unmittelbarer Frische. Joseph von Svnnenfels, von jüdischer Abstammung, wurde 1733 zu Ni- kolsburg in Mähren geboren. Sein Vater, ein eingewaudeter Rabbiner, hatte Konnexionen mit dem Nikvlsburger Piaristeukollegium und mit dem Hause Dietrichsteiu, dem die dortige Landschaft gehörte; er nahm bald den katholischen Glauben an, erhielt spater das Adelsprädikat Edler von Sonnenfels und wurde Lehrer der orientalischen Sprachen an der Wiener Hochschule. Der Sohn, Joseph Wiener, wie er vor jener Nobilitirnng hieß, genoß zunächst einen ge¬ lehrten Unterricht, wurde dann aber, als sich die Verhältnisse der Familie eine Zeit lang verschlechterten, Soldat und kam erst uach eiuer Reihe von Jahren, die jedoch selbst für seine wissenschaftliche Ausbildung nicht eigentlich verloren waren, durch die Vermittlung des Grafen Dietrichstein sowie einer fürstlichen Gönnerin vom Heere los. Er bereitete sich dann zum Staatsdienste vor, bis plötzlich die literarischen Bestrebungen, welche damals in Osterreich anhoben, sein Interesse erweckten und ihn bestimmten, Schriftsteller zu werden. 1761 entstand die „Deutsche Gesellschaft" in Wien, ein Verein junger Streber, dem das Ausland bald Aufmerksamkeit schenkte, sodaß eine Verbindung der öster¬ reichischen mit den fremde« Schriftstellern, insbesondre mit Nicolai, hergestellt wurde und das Schriftdeutsch auch auf ungünstigem und abseits gelegenem Boden Fortschritte machte. Souueufels spielte dabei eine Hauptrolle, nament¬ lich infolge seiner Abhandlung „Bon der Notwendigkeit, seine Muttersprache zu bearbeiten." 1763 traf er es, nach mancherlei Bemühungen um ein passendes Amt, sehr gut, in eine sichere Lebensstellung zu gelangen: er wurde Professor der Polizei- und Caineralwissenschafteu an der Wiener Universität. Von dn an begann seine reiche staatliche Wirksamkeit, die ihm aufangs manche Kämpfe, aber vorwiegend Ansehen und schließlich Ehren aller Art einbrachte. Im Laufe der Zeit bekam er auch die Funktion eines referirenden Rates bei der Studien- und Zensurrommission. Alle seine übrigen Würden, politischen Missionen und Aus¬ zeichnungen übergehen wir hier. Es genüge zu sagen, daß Souueufels bis zum Niedergange des Josephinismus eine der ersten Persönlichkeiten Wiens war/"") Josef von Souueufels. Biographische Studie aus dem Zeitalter der Auf¬ klärung in Österreich. Vou Wilibald Müller. Mit Sonueufels' Bildnis. Wien, W. Brau- müller, 1882. Die Bemerkung, das; sein Name selbst unter deu Dedikationen Veethovenscher Werke vor¬ kommt, wird hier willkommen sein. Die schöne Pastoralsonate <>x. 28 ist Sonnenfels gewidmet. Grenzboten IV. 1882, L2

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/653>, abgerufen am 27.05.2024.