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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Die österreichischen Auponprocesse.

Die Erkenntnisse in Deutschland sind daher nach Better wenig befriedigend,
weder die des Neichsoberhandelsgerichtes noch die im großen und ganzen damit
identischen des Reichsgerichtes. "Das Reichsgericht mußte wissen, daß der Satz
von der allgemein verbindlichen Kraft des Rechts des Erfüllungsortes von seinen
besten Vertretern, Savigny, Bostan, doch nur ungenügend vertheidigt worden war,
daß derselbe in der deutschen Theorie und Praxis viele Gegner gefunden hatte,
und auch in der internationalen Praxis (auf die es hier vorzüglich ankam) bisher
nichts weniger als allgemein angenommen war ... Und wenn das Reichsgericht
uach einer Prüfung, wie sie die Schwierigkeit und die Wichtigkeit dieser Sache
erheischten, in der That zu einem eigenen Gedanken nicht gelangt ist, sondern
alles Erforderliche in den Gründen des Reichsoberhandelsgerichts-Erkenntnisses
bereits gesagt und bewiesen zu sehen vermeint hat, so entspricht dies nicht den
Erwartungen, die wir an die Einsetzung eines deutschen Reichsgerichts zu knüpfen
berechtigt waren."

Better stimmt also den Österreichern darin bei, daß ihre Versprechen und
Zusagen nicht so weit gegangen seien, wie die deutschen Gläubiger behauptet
und die Gerichte erkannt haben. Mit den Gerichten des deutschen Reiches aber
ist er der Meinung, daß die bei den Emissionen abgegebenen und zum größten
Teil den Papieren aufgedruckten Erklärungen nicht nur unmaßgebliche Urteile,
nicht Belehrungen, sondern allerdings Versprechen gewesen seien. "Die Auszahlung
geschieht mit 300 Franes," das heiße nach österreichischer Interpretation: Die
Auszahlung geschieht nicht mit 500 Franes; auch bezögen sich die Worte gar
nicht auf die Auszahlung, sondern auf die Entlehnung, und auf dasjenige, was
man damals, bei der Entlehnung dem Entlehnten gleich gehalten. Außerdem
werde diese Auffassung durch die Praxis der Eisenbahngesellschaften selbst Lügen
gestraft, diese hätten früher nicht zu wechselnden Tageskurs, sondern zu festen
Kurs ausgezahlt, obwohl sie sich dadurch eine Mehrbelastung auferlegten. Die
Österreicher haben aber, wie er zugesteht, uur eine bestimmte Quantität Silber
versprochen, zahlbar in der Währung des Platzes, wo die Zahlung zu fordern
ist; sie haben aber nicht zugesagt, bestimmte Quantitäten Goldes zu zahlen, auch
nicht ihren Gläubigen oder dem Gesetzgeber, unter welchem ihre Gläubiger
stehen, zu gestatten, das Objekt der zugesagten Leistung einseitig zu ändern. Sie
schulden also auch jetzt noch die ursprünglich zugesagten Quantitäten Silbers,
ohne Abzug zahlbar in der Währung des Landes, wo die Zahlung zugesagt ist.
Darnach sind die Ansprüche der deutschen Gläubiger, die sich auf das deutsche
Neichsmünzgesetz stützen, unbegründet; die österreichischen Gesellschaften kommen
aber doch den von ihnen übernommenen Verpflichtungen gegenwärtig auch uicht
in vollem Maße nach. Sie zahlen so viel, wie sie zu zahlen haben würden,
wenn sie ihre Zahlungen ausschließlich in österreichischer Silbcrwährnng zuge¬
sagt hätten, und ignoriren den Zuschlag, zu dem sie sich durch das Versprechen
der Einlösung zu festem Kurse an ausländischen Börsenplätzen verpflichtet hatten.


Ärmzboten 1. 1332, z>.
Die österreichischen Auponprocesse.

Die Erkenntnisse in Deutschland sind daher nach Better wenig befriedigend,
weder die des Neichsoberhandelsgerichtes noch die im großen und ganzen damit
identischen des Reichsgerichtes. „Das Reichsgericht mußte wissen, daß der Satz
von der allgemein verbindlichen Kraft des Rechts des Erfüllungsortes von seinen
besten Vertretern, Savigny, Bostan, doch nur ungenügend vertheidigt worden war,
daß derselbe in der deutschen Theorie und Praxis viele Gegner gefunden hatte,
und auch in der internationalen Praxis (auf die es hier vorzüglich ankam) bisher
nichts weniger als allgemein angenommen war ... Und wenn das Reichsgericht
uach einer Prüfung, wie sie die Schwierigkeit und die Wichtigkeit dieser Sache
erheischten, in der That zu einem eigenen Gedanken nicht gelangt ist, sondern
alles Erforderliche in den Gründen des Reichsoberhandelsgerichts-Erkenntnisses
bereits gesagt und bewiesen zu sehen vermeint hat, so entspricht dies nicht den
Erwartungen, die wir an die Einsetzung eines deutschen Reichsgerichts zu knüpfen
berechtigt waren."

Better stimmt also den Österreichern darin bei, daß ihre Versprechen und
Zusagen nicht so weit gegangen seien, wie die deutschen Gläubiger behauptet
und die Gerichte erkannt haben. Mit den Gerichten des deutschen Reiches aber
ist er der Meinung, daß die bei den Emissionen abgegebenen und zum größten
Teil den Papieren aufgedruckten Erklärungen nicht nur unmaßgebliche Urteile,
nicht Belehrungen, sondern allerdings Versprechen gewesen seien. „Die Auszahlung
geschieht mit 300 Franes," das heiße nach österreichischer Interpretation: Die
Auszahlung geschieht nicht mit 500 Franes; auch bezögen sich die Worte gar
nicht auf die Auszahlung, sondern auf die Entlehnung, und auf dasjenige, was
man damals, bei der Entlehnung dem Entlehnten gleich gehalten. Außerdem
werde diese Auffassung durch die Praxis der Eisenbahngesellschaften selbst Lügen
gestraft, diese hätten früher nicht zu wechselnden Tageskurs, sondern zu festen
Kurs ausgezahlt, obwohl sie sich dadurch eine Mehrbelastung auferlegten. Die
Österreicher haben aber, wie er zugesteht, uur eine bestimmte Quantität Silber
versprochen, zahlbar in der Währung des Platzes, wo die Zahlung zu fordern
ist; sie haben aber nicht zugesagt, bestimmte Quantitäten Goldes zu zahlen, auch
nicht ihren Gläubigen oder dem Gesetzgeber, unter welchem ihre Gläubiger
stehen, zu gestatten, das Objekt der zugesagten Leistung einseitig zu ändern. Sie
schulden also auch jetzt noch die ursprünglich zugesagten Quantitäten Silbers,
ohne Abzug zahlbar in der Währung des Landes, wo die Zahlung zugesagt ist.
Darnach sind die Ansprüche der deutschen Gläubiger, die sich auf das deutsche
Neichsmünzgesetz stützen, unbegründet; die österreichischen Gesellschaften kommen
aber doch den von ihnen übernommenen Verpflichtungen gegenwärtig auch uicht
in vollem Maße nach. Sie zahlen so viel, wie sie zu zahlen haben würden,
wenn sie ihre Zahlungen ausschließlich in österreichischer Silbcrwährnng zuge¬
sagt hätten, und ignoriren den Zuschlag, zu dem sie sich durch das Versprechen
der Einlösung zu festem Kurse an ausländischen Börsenplätzen verpflichtet hatten.


Ärmzboten 1. 1332, z>.
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[0025] Die österreichischen Auponprocesse. Die Erkenntnisse in Deutschland sind daher nach Better wenig befriedigend, weder die des Neichsoberhandelsgerichtes noch die im großen und ganzen damit identischen des Reichsgerichtes. „Das Reichsgericht mußte wissen, daß der Satz von der allgemein verbindlichen Kraft des Rechts des Erfüllungsortes von seinen besten Vertretern, Savigny, Bostan, doch nur ungenügend vertheidigt worden war, daß derselbe in der deutschen Theorie und Praxis viele Gegner gefunden hatte, und auch in der internationalen Praxis (auf die es hier vorzüglich ankam) bisher nichts weniger als allgemein angenommen war ... Und wenn das Reichsgericht uach einer Prüfung, wie sie die Schwierigkeit und die Wichtigkeit dieser Sache erheischten, in der That zu einem eigenen Gedanken nicht gelangt ist, sondern alles Erforderliche in den Gründen des Reichsoberhandelsgerichts-Erkenntnisses bereits gesagt und bewiesen zu sehen vermeint hat, so entspricht dies nicht den Erwartungen, die wir an die Einsetzung eines deutschen Reichsgerichts zu knüpfen berechtigt waren." Better stimmt also den Österreichern darin bei, daß ihre Versprechen und Zusagen nicht so weit gegangen seien, wie die deutschen Gläubiger behauptet und die Gerichte erkannt haben. Mit den Gerichten des deutschen Reiches aber ist er der Meinung, daß die bei den Emissionen abgegebenen und zum größten Teil den Papieren aufgedruckten Erklärungen nicht nur unmaßgebliche Urteile, nicht Belehrungen, sondern allerdings Versprechen gewesen seien. „Die Auszahlung geschieht mit 300 Franes," das heiße nach österreichischer Interpretation: Die Auszahlung geschieht nicht mit 500 Franes; auch bezögen sich die Worte gar nicht auf die Auszahlung, sondern auf die Entlehnung, und auf dasjenige, was man damals, bei der Entlehnung dem Entlehnten gleich gehalten. Außerdem werde diese Auffassung durch die Praxis der Eisenbahngesellschaften selbst Lügen gestraft, diese hätten früher nicht zu wechselnden Tageskurs, sondern zu festen Kurs ausgezahlt, obwohl sie sich dadurch eine Mehrbelastung auferlegten. Die Österreicher haben aber, wie er zugesteht, uur eine bestimmte Quantität Silber versprochen, zahlbar in der Währung des Platzes, wo die Zahlung zu fordern ist; sie haben aber nicht zugesagt, bestimmte Quantitäten Goldes zu zahlen, auch nicht ihren Gläubigen oder dem Gesetzgeber, unter welchem ihre Gläubiger stehen, zu gestatten, das Objekt der zugesagten Leistung einseitig zu ändern. Sie schulden also auch jetzt noch die ursprünglich zugesagten Quantitäten Silbers, ohne Abzug zahlbar in der Währung des Landes, wo die Zahlung zugesagt ist. Darnach sind die Ansprüche der deutschen Gläubiger, die sich auf das deutsche Neichsmünzgesetz stützen, unbegründet; die österreichischen Gesellschaften kommen aber doch den von ihnen übernommenen Verpflichtungen gegenwärtig auch uicht in vollem Maße nach. Sie zahlen so viel, wie sie zu zahlen haben würden, wenn sie ihre Zahlungen ausschließlich in österreichischer Silbcrwährnng zuge¬ sagt hätten, und ignoriren den Zuschlag, zu dem sie sich durch das Versprechen der Einlösung zu festem Kurse an ausländischen Börsenplätzen verpflichtet hatten. Ärmzboten 1. 1332, z>.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/25>, abgerufen am 18.05.2024.