Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die österreichischen Uuponprocesse.

vorausgesetzt -- das Erkenntnis unangreifbar sein würde; es läge dann eben der
Fall "freiwilliger Unterwerfung" unter das Recht des Erfüllungsortes vor.
Aber die Wahrheit obiger Behauptung erscheint ihm nicht sicher verbürgt, " Sie
involvirt den Vorwurf eines Mangels an Ehrlichkeit, wenigstens an Rechtschaffen¬
heit gegen die Direktion der Elisabethbahn: vor einigen Jahren habt ihr das ge¬
wollt, jetzt erklärt ihr, von euerm eigenen Wollen, von dem Sinn eurer Erklärung
nichts mehr zu wissen. Das klingt beinahe, als ob der Vorwurf darauf ginge,
von vornherein in der Absicht zu täuschen, gehandelt zu haben. Der Vorwurf
ist ja schwer, um leichthin über ihn abzuurteilen. Weder besitze ich eine genügende
.Kenntnis der entscheidenden Thatsachen, noch weiß ich mir dieselbe zu verschaffen,
muß es darum dahingestellt sein lassen, ob der Vorwurf die Elisabethbahn trifft
oder nicht trifft."

Wie sollen nun in Zukunft ähnliche Unzuträglichsten wie diese Konflikte
zwischen Schuldnern und Gläubigern vermieden werden? Die Frage ist nicht
leicht zu lösen. Bekker hat ohne Zweifel Recht, daß die Goldprioritäten -- die
Sache von rein juristischem Standpunkte aus betrachtet -- den Konflikten für die
Zukunft auch nicht vorbeugen, wie dies wohl gar angenommen wird. Die Rechte
der Gläubiger sind hier von vornherein ganz unbestimmt gelassen. Bestimmt
zugesichert wird z. B. bei der Goldanlcihe der Kaschau-Oderberger Eisenbahn¬
gesellschaft nur die Zahlung von Goldmünzen in Budapest. Es heißt da unter 1)
nur:


Die Auszahlung dieser Zinsen erfolgt ohne allen Abzug gegen Rückstellung des
entsprechenden Zinskupons entweder an der Hnuptkassa der k, k, priv. Kaschau-Oder¬
berger Eisenbnhn-Gesellschaft in Budapest oder bei deu vou ihrer Verwaltung even>
duckt zu bestimmenden und öffentlich bekannt zu gebenden Zahlstellen des In-und
Auslandes.

und unter 3)


Die Rückzahlung der verkosten Obligationen erfolgt am 1. Immer nach der Ziehung
und zwar entweder an der Hauptknssa der k. k, Priv. Kaschau-Oderberger Eisenbnhn-
gesellschaft in Budapest oder bei den von ihrer Verwaltung eventuell zu bestimmenden
und öffentlich bekannt zu gebenden Zahlstellen im In- und Auslande, mit 20V si.
ö. W. 500 Franks 40S Mark deutscher Reichswährung in effektiven Gold per
Stück an den Überbringer.

Der Schuldner ist also bei diesen Goldprioritüten weder verpflichtet, im Aus¬
lande zu zahlen, noch anch in ausländischer Währung nach obigen festen Kursen
zu zahlen. Das alles steht in seinem Belieben. Gezwungen ist er nur betreffs
der Zahlstelle in Budapest und der Zahlung in österreichischer Goldwährung.
Wie aber, wenn Österreich zum Bimetallismus übergeht? Dann muß der Gläubiger
mit der betreffenden Summe von Silberguldeu oder ihrem Äquivalent zufrieden
sein, erst recht natürlich bei Silberwährung, und anch die Annahme von Papier¬
geld mit Zwangskurs darf er nicht verweigern. Wo ist dann die vielgerühmte
Sicherheit der Goldparitäten? Der Gläubiger vermeint hier etwas rechtlich


Die österreichischen Uuponprocesse.

vorausgesetzt — das Erkenntnis unangreifbar sein würde; es läge dann eben der
Fall „freiwilliger Unterwerfung" unter das Recht des Erfüllungsortes vor.
Aber die Wahrheit obiger Behauptung erscheint ihm nicht sicher verbürgt, „ Sie
involvirt den Vorwurf eines Mangels an Ehrlichkeit, wenigstens an Rechtschaffen¬
heit gegen die Direktion der Elisabethbahn: vor einigen Jahren habt ihr das ge¬
wollt, jetzt erklärt ihr, von euerm eigenen Wollen, von dem Sinn eurer Erklärung
nichts mehr zu wissen. Das klingt beinahe, als ob der Vorwurf darauf ginge,
von vornherein in der Absicht zu täuschen, gehandelt zu haben. Der Vorwurf
ist ja schwer, um leichthin über ihn abzuurteilen. Weder besitze ich eine genügende
.Kenntnis der entscheidenden Thatsachen, noch weiß ich mir dieselbe zu verschaffen,
muß es darum dahingestellt sein lassen, ob der Vorwurf die Elisabethbahn trifft
oder nicht trifft."

Wie sollen nun in Zukunft ähnliche Unzuträglichsten wie diese Konflikte
zwischen Schuldnern und Gläubigern vermieden werden? Die Frage ist nicht
leicht zu lösen. Bekker hat ohne Zweifel Recht, daß die Goldprioritäten — die
Sache von rein juristischem Standpunkte aus betrachtet — den Konflikten für die
Zukunft auch nicht vorbeugen, wie dies wohl gar angenommen wird. Die Rechte
der Gläubiger sind hier von vornherein ganz unbestimmt gelassen. Bestimmt
zugesichert wird z. B. bei der Goldanlcihe der Kaschau-Oderberger Eisenbahn¬
gesellschaft nur die Zahlung von Goldmünzen in Budapest. Es heißt da unter 1)
nur:


Die Auszahlung dieser Zinsen erfolgt ohne allen Abzug gegen Rückstellung des
entsprechenden Zinskupons entweder an der Hnuptkassa der k, k, priv. Kaschau-Oder¬
berger Eisenbnhn-Gesellschaft in Budapest oder bei deu vou ihrer Verwaltung even>
duckt zu bestimmenden und öffentlich bekannt zu gebenden Zahlstellen des In-und
Auslandes.

und unter 3)


Die Rückzahlung der verkosten Obligationen erfolgt am 1. Immer nach der Ziehung
und zwar entweder an der Hauptknssa der k. k, Priv. Kaschau-Oderberger Eisenbnhn-
gesellschaft in Budapest oder bei den von ihrer Verwaltung eventuell zu bestimmenden
und öffentlich bekannt zu gebenden Zahlstellen im In- und Auslande, mit 20V si.
ö. W. 500 Franks 40S Mark deutscher Reichswährung in effektiven Gold per
Stück an den Überbringer.

Der Schuldner ist also bei diesen Goldprioritüten weder verpflichtet, im Aus¬
lande zu zahlen, noch anch in ausländischer Währung nach obigen festen Kursen
zu zahlen. Das alles steht in seinem Belieben. Gezwungen ist er nur betreffs
der Zahlstelle in Budapest und der Zahlung in österreichischer Goldwährung.
Wie aber, wenn Österreich zum Bimetallismus übergeht? Dann muß der Gläubiger
mit der betreffenden Summe von Silberguldeu oder ihrem Äquivalent zufrieden
sein, erst recht natürlich bei Silberwährung, und anch die Annahme von Papier¬
geld mit Zwangskurs darf er nicht verweigern. Wo ist dann die vielgerühmte
Sicherheit der Goldparitäten? Der Gläubiger vermeint hier etwas rechtlich


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0028" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86149"/>
          <fw type="header" place="top"> Die österreichischen Uuponprocesse.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_64" prev="#ID_63"> vorausgesetzt &#x2014; das Erkenntnis unangreifbar sein würde; es läge dann eben der<lb/>
Fall &#x201E;freiwilliger Unterwerfung" unter das Recht des Erfüllungsortes vor.<lb/>
Aber die Wahrheit obiger Behauptung erscheint ihm nicht sicher verbürgt, &#x201E; Sie<lb/>
involvirt den Vorwurf eines Mangels an Ehrlichkeit, wenigstens an Rechtschaffen¬<lb/>
heit gegen die Direktion der Elisabethbahn: vor einigen Jahren habt ihr das ge¬<lb/>
wollt, jetzt erklärt ihr, von euerm eigenen Wollen, von dem Sinn eurer Erklärung<lb/>
nichts mehr zu wissen. Das klingt beinahe, als ob der Vorwurf darauf ginge,<lb/>
von vornherein in der Absicht zu täuschen, gehandelt zu haben. Der Vorwurf<lb/>
ist ja schwer, um leichthin über ihn abzuurteilen. Weder besitze ich eine genügende<lb/>
.Kenntnis der entscheidenden Thatsachen, noch weiß ich mir dieselbe zu verschaffen,<lb/>
muß es darum dahingestellt sein lassen, ob der Vorwurf die Elisabethbahn trifft<lb/>
oder nicht trifft."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_65" next="#ID_66"> Wie sollen nun in Zukunft ähnliche Unzuträglichsten wie diese Konflikte<lb/>
zwischen Schuldnern und Gläubigern vermieden werden? Die Frage ist nicht<lb/>
leicht zu lösen. Bekker hat ohne Zweifel Recht, daß die Goldprioritäten &#x2014; die<lb/>
Sache von rein juristischem Standpunkte aus betrachtet &#x2014; den Konflikten für die<lb/>
Zukunft auch nicht vorbeugen, wie dies wohl gar angenommen wird. Die Rechte<lb/>
der Gläubiger sind hier von vornherein ganz unbestimmt gelassen. Bestimmt<lb/>
zugesichert wird z. B. bei der Goldanlcihe der Kaschau-Oderberger Eisenbahn¬<lb/>
gesellschaft nur die Zahlung von Goldmünzen in Budapest. Es heißt da unter 1)<lb/>
nur:</p><lb/>
          <quote> Die Auszahlung dieser Zinsen erfolgt ohne allen Abzug gegen Rückstellung des<lb/>
entsprechenden Zinskupons entweder an der Hnuptkassa der k, k, priv. Kaschau-Oder¬<lb/>
berger Eisenbnhn-Gesellschaft in Budapest oder bei deu vou ihrer Verwaltung even&gt;<lb/>
duckt zu bestimmenden und öffentlich bekannt zu gebenden Zahlstellen des In-und<lb/>
Auslandes.</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_66" prev="#ID_65" next="#ID_67"> und unter 3)</p><lb/>
          <quote> Die Rückzahlung der verkosten Obligationen erfolgt am 1. Immer nach der Ziehung<lb/>
und zwar entweder an der Hauptknssa der k. k, Priv. Kaschau-Oderberger Eisenbnhn-<lb/>
gesellschaft in Budapest oder bei den von ihrer Verwaltung eventuell zu bestimmenden<lb/>
und öffentlich bekannt zu gebenden Zahlstellen im In- und Auslande, mit 20V si.<lb/>
ö. W. 500 Franks 40S Mark deutscher Reichswährung in effektiven Gold per<lb/>
Stück an den Überbringer.</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_67" prev="#ID_66" next="#ID_68"> Der Schuldner ist also bei diesen Goldprioritüten weder verpflichtet, im Aus¬<lb/>
lande zu zahlen, noch anch in ausländischer Währung nach obigen festen Kursen<lb/>
zu zahlen. Das alles steht in seinem Belieben. Gezwungen ist er nur betreffs<lb/>
der Zahlstelle in Budapest und der Zahlung in österreichischer Goldwährung.<lb/>
Wie aber, wenn Österreich zum Bimetallismus übergeht? Dann muß der Gläubiger<lb/>
mit der betreffenden Summe von Silberguldeu oder ihrem Äquivalent zufrieden<lb/>
sein, erst recht natürlich bei Silberwährung, und anch die Annahme von Papier¬<lb/>
geld mit Zwangskurs darf er nicht verweigern. Wo ist dann die vielgerühmte<lb/>
Sicherheit der Goldparitäten?  Der Gläubiger vermeint hier etwas rechtlich</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0028] Die österreichischen Uuponprocesse. vorausgesetzt — das Erkenntnis unangreifbar sein würde; es läge dann eben der Fall „freiwilliger Unterwerfung" unter das Recht des Erfüllungsortes vor. Aber die Wahrheit obiger Behauptung erscheint ihm nicht sicher verbürgt, „ Sie involvirt den Vorwurf eines Mangels an Ehrlichkeit, wenigstens an Rechtschaffen¬ heit gegen die Direktion der Elisabethbahn: vor einigen Jahren habt ihr das ge¬ wollt, jetzt erklärt ihr, von euerm eigenen Wollen, von dem Sinn eurer Erklärung nichts mehr zu wissen. Das klingt beinahe, als ob der Vorwurf darauf ginge, von vornherein in der Absicht zu täuschen, gehandelt zu haben. Der Vorwurf ist ja schwer, um leichthin über ihn abzuurteilen. Weder besitze ich eine genügende .Kenntnis der entscheidenden Thatsachen, noch weiß ich mir dieselbe zu verschaffen, muß es darum dahingestellt sein lassen, ob der Vorwurf die Elisabethbahn trifft oder nicht trifft." Wie sollen nun in Zukunft ähnliche Unzuträglichsten wie diese Konflikte zwischen Schuldnern und Gläubigern vermieden werden? Die Frage ist nicht leicht zu lösen. Bekker hat ohne Zweifel Recht, daß die Goldprioritäten — die Sache von rein juristischem Standpunkte aus betrachtet — den Konflikten für die Zukunft auch nicht vorbeugen, wie dies wohl gar angenommen wird. Die Rechte der Gläubiger sind hier von vornherein ganz unbestimmt gelassen. Bestimmt zugesichert wird z. B. bei der Goldanlcihe der Kaschau-Oderberger Eisenbahn¬ gesellschaft nur die Zahlung von Goldmünzen in Budapest. Es heißt da unter 1) nur: Die Auszahlung dieser Zinsen erfolgt ohne allen Abzug gegen Rückstellung des entsprechenden Zinskupons entweder an der Hnuptkassa der k, k, priv. Kaschau-Oder¬ berger Eisenbnhn-Gesellschaft in Budapest oder bei deu vou ihrer Verwaltung even> duckt zu bestimmenden und öffentlich bekannt zu gebenden Zahlstellen des In-und Auslandes. und unter 3) Die Rückzahlung der verkosten Obligationen erfolgt am 1. Immer nach der Ziehung und zwar entweder an der Hauptknssa der k. k, Priv. Kaschau-Oderberger Eisenbnhn- gesellschaft in Budapest oder bei den von ihrer Verwaltung eventuell zu bestimmenden und öffentlich bekannt zu gebenden Zahlstellen im In- und Auslande, mit 20V si. ö. W. 500 Franks 40S Mark deutscher Reichswährung in effektiven Gold per Stück an den Überbringer. Der Schuldner ist also bei diesen Goldprioritüten weder verpflichtet, im Aus¬ lande zu zahlen, noch anch in ausländischer Währung nach obigen festen Kursen zu zahlen. Das alles steht in seinem Belieben. Gezwungen ist er nur betreffs der Zahlstelle in Budapest und der Zahlung in österreichischer Goldwährung. Wie aber, wenn Österreich zum Bimetallismus übergeht? Dann muß der Gläubiger mit der betreffenden Summe von Silberguldeu oder ihrem Äquivalent zufrieden sein, erst recht natürlich bei Silberwährung, und anch die Annahme von Papier¬ geld mit Zwangskurs darf er nicht verweigern. Wo ist dann die vielgerühmte Sicherheit der Goldparitäten? Der Gläubiger vermeint hier etwas rechtlich

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/28
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/28>, abgerufen am 18.05.2024.