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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Lakchen und ThyrsostrLger,

ihrem Bräutigam hinüber. Es entging ihrem Kennerblick nicht, daß dies ein
Pferd sei, welches schwer zu beherrschen sein mußte.

Die schwarze Stute stand ganz ruhig, aber ihre Ohren waren sehr be¬
weglich, und ihre großen wunderschönen Augen rollten mit einem feurigen Glanz.
Sie war kohlschwarz, kein weißes Härchen war an ihr, und sie glänzte wie in
Seide gekleidet. Der Bau ihrer Glieder war vollendet, sie hatte den arabischen
Schnitt mit Beimischung englischer Zucht, unter der feinen Haut war das Ge¬
webe der Adern zu sehen, der lange Schweif, den sie in stolzer Weise trug,
peitschte ihr die Flanken.

Das ist das schönste Pferd in der ganzen Stadt, rief Hhazinth bewun¬
dernd aus. Ich gratulire dir zu der Acquisition. Aber difficile ist es, fügte
sie hinzu.

Ich habe gern ein difficiles Pferd, erwiederte der junge Freiherr, die ruhigen
Tiere werden bald langweilig.

Dies wird Ihnen wohl Kurzweil genug bereiten, sagte der Rittmeister mit
Nachdruck.

Lassen Sie sich nicht ängstlich machen, lieber Baron, sagte der Prinz.
Denken Sie nur daran, wie ich Ihnen gesagt habe: Eine recht leichte Hand
und absolut ruhigen Sitz, ohne daß auch nur der Schatten eines Unterschenkels
fühlbar wird. Sie werden glauben einen Vogel zu reiten, so geht der Gaul.

Der junge Freiherr hatte ein unbehagliches Gefühl bei diesen Worten.
Weshalb sprach man mit ihm, als sei er ein Reitschüler? Er antwortete nicht,
half seiner Braut in den Sattel, schwang sich selber hinein und ließ die schwarze
Stute neben dem Dvppelpony gehen. Der Prinz und der Graf schlössen sich
rechts und links an, die beiden Reitknechte folgten. Es war eine äußerst ele¬
gante Kavalkade, und alle einigermaßen sachverständigen Leute blieben auf der
Straße stehen, um sich den Zug genau zu betrachten.

Comtesse Hyazinth sah im Reithut und Reitkleid auf den: Rücken des
Pferdes ausnehmend gut aus. Sie saß mit vornehmem Anstand und mit
nachlässiger Sicherheit im Sattel, so daß niemand, der sie sah, bezweifeln konnte,
sie sei eine geborne Amazone. Der junge Freiherr blickte sie bewundernd an,
so oft ihm sein Pferd Muße dazu ließ. Es ging ruhig seinen Weg, ohne irgend¬
welche Sprünge zu machen, aber es zeigte große Aufmerksamkeit nicht nur für
die ganze umgebende Welt, sondern auch für die geringste Bewegung seines
Reiters. Ein leichtes Schnauben verkündete seine Teilnahme an den Ereignissen
über ihm. Es schien sich erst an den Gedanken gewöhnen zu müssen, daß es
einen neuen Herrn habe, und ließ diesen denken, daß es gut sei, jede Sekunde
auf irgend etwas Unerwartetes gefaßt zu sein. Solange man auf dem Pflaster
war, ging es einen gleichmäßigen elastischen Schritt, schob gleichsam, wie es
seinem Reiter vorkam, die Vorderbeine aus den Schultern behutsam vor und
setzte die kleinen Hufe vorsichtig nieder, um das Getragenwerden möglichst an-


Lakchen und ThyrsostrLger,

ihrem Bräutigam hinüber. Es entging ihrem Kennerblick nicht, daß dies ein
Pferd sei, welches schwer zu beherrschen sein mußte.

Die schwarze Stute stand ganz ruhig, aber ihre Ohren waren sehr be¬
weglich, und ihre großen wunderschönen Augen rollten mit einem feurigen Glanz.
Sie war kohlschwarz, kein weißes Härchen war an ihr, und sie glänzte wie in
Seide gekleidet. Der Bau ihrer Glieder war vollendet, sie hatte den arabischen
Schnitt mit Beimischung englischer Zucht, unter der feinen Haut war das Ge¬
webe der Adern zu sehen, der lange Schweif, den sie in stolzer Weise trug,
peitschte ihr die Flanken.

Das ist das schönste Pferd in der ganzen Stadt, rief Hhazinth bewun¬
dernd aus. Ich gratulire dir zu der Acquisition. Aber difficile ist es, fügte
sie hinzu.

Ich habe gern ein difficiles Pferd, erwiederte der junge Freiherr, die ruhigen
Tiere werden bald langweilig.

Dies wird Ihnen wohl Kurzweil genug bereiten, sagte der Rittmeister mit
Nachdruck.

Lassen Sie sich nicht ängstlich machen, lieber Baron, sagte der Prinz.
Denken Sie nur daran, wie ich Ihnen gesagt habe: Eine recht leichte Hand
und absolut ruhigen Sitz, ohne daß auch nur der Schatten eines Unterschenkels
fühlbar wird. Sie werden glauben einen Vogel zu reiten, so geht der Gaul.

Der junge Freiherr hatte ein unbehagliches Gefühl bei diesen Worten.
Weshalb sprach man mit ihm, als sei er ein Reitschüler? Er antwortete nicht,
half seiner Braut in den Sattel, schwang sich selber hinein und ließ die schwarze
Stute neben dem Dvppelpony gehen. Der Prinz und der Graf schlössen sich
rechts und links an, die beiden Reitknechte folgten. Es war eine äußerst ele¬
gante Kavalkade, und alle einigermaßen sachverständigen Leute blieben auf der
Straße stehen, um sich den Zug genau zu betrachten.

Comtesse Hyazinth sah im Reithut und Reitkleid auf den: Rücken des
Pferdes ausnehmend gut aus. Sie saß mit vornehmem Anstand und mit
nachlässiger Sicherheit im Sattel, so daß niemand, der sie sah, bezweifeln konnte,
sie sei eine geborne Amazone. Der junge Freiherr blickte sie bewundernd an,
so oft ihm sein Pferd Muße dazu ließ. Es ging ruhig seinen Weg, ohne irgend¬
welche Sprünge zu machen, aber es zeigte große Aufmerksamkeit nicht nur für
die ganze umgebende Welt, sondern auch für die geringste Bewegung seines
Reiters. Ein leichtes Schnauben verkündete seine Teilnahme an den Ereignissen
über ihm. Es schien sich erst an den Gedanken gewöhnen zu müssen, daß es
einen neuen Herrn habe, und ließ diesen denken, daß es gut sei, jede Sekunde
auf irgend etwas Unerwartetes gefaßt zu sein. Solange man auf dem Pflaster
war, ging es einen gleichmäßigen elastischen Schritt, schob gleichsam, wie es
seinem Reiter vorkam, die Vorderbeine aus den Schultern behutsam vor und
setzte die kleinen Hufe vorsichtig nieder, um das Getragenwerden möglichst an-


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[0626] Lakchen und ThyrsostrLger, ihrem Bräutigam hinüber. Es entging ihrem Kennerblick nicht, daß dies ein Pferd sei, welches schwer zu beherrschen sein mußte. Die schwarze Stute stand ganz ruhig, aber ihre Ohren waren sehr be¬ weglich, und ihre großen wunderschönen Augen rollten mit einem feurigen Glanz. Sie war kohlschwarz, kein weißes Härchen war an ihr, und sie glänzte wie in Seide gekleidet. Der Bau ihrer Glieder war vollendet, sie hatte den arabischen Schnitt mit Beimischung englischer Zucht, unter der feinen Haut war das Ge¬ webe der Adern zu sehen, der lange Schweif, den sie in stolzer Weise trug, peitschte ihr die Flanken. Das ist das schönste Pferd in der ganzen Stadt, rief Hhazinth bewun¬ dernd aus. Ich gratulire dir zu der Acquisition. Aber difficile ist es, fügte sie hinzu. Ich habe gern ein difficiles Pferd, erwiederte der junge Freiherr, die ruhigen Tiere werden bald langweilig. Dies wird Ihnen wohl Kurzweil genug bereiten, sagte der Rittmeister mit Nachdruck. Lassen Sie sich nicht ängstlich machen, lieber Baron, sagte der Prinz. Denken Sie nur daran, wie ich Ihnen gesagt habe: Eine recht leichte Hand und absolut ruhigen Sitz, ohne daß auch nur der Schatten eines Unterschenkels fühlbar wird. Sie werden glauben einen Vogel zu reiten, so geht der Gaul. Der junge Freiherr hatte ein unbehagliches Gefühl bei diesen Worten. Weshalb sprach man mit ihm, als sei er ein Reitschüler? Er antwortete nicht, half seiner Braut in den Sattel, schwang sich selber hinein und ließ die schwarze Stute neben dem Dvppelpony gehen. Der Prinz und der Graf schlössen sich rechts und links an, die beiden Reitknechte folgten. Es war eine äußerst ele¬ gante Kavalkade, und alle einigermaßen sachverständigen Leute blieben auf der Straße stehen, um sich den Zug genau zu betrachten. Comtesse Hyazinth sah im Reithut und Reitkleid auf den: Rücken des Pferdes ausnehmend gut aus. Sie saß mit vornehmem Anstand und mit nachlässiger Sicherheit im Sattel, so daß niemand, der sie sah, bezweifeln konnte, sie sei eine geborne Amazone. Der junge Freiherr blickte sie bewundernd an, so oft ihm sein Pferd Muße dazu ließ. Es ging ruhig seinen Weg, ohne irgend¬ welche Sprünge zu machen, aber es zeigte große Aufmerksamkeit nicht nur für die ganze umgebende Welt, sondern auch für die geringste Bewegung seines Reiters. Ein leichtes Schnauben verkündete seine Teilnahme an den Ereignissen über ihm. Es schien sich erst an den Gedanken gewöhnen zu müssen, daß es einen neuen Herrn habe, und ließ diesen denken, daß es gut sei, jede Sekunde auf irgend etwas Unerwartetes gefaßt zu sein. Solange man auf dem Pflaster war, ging es einen gleichmäßigen elastischen Schritt, schob gleichsam, wie es seinem Reiter vorkam, die Vorderbeine aus den Schultern behutsam vor und setzte die kleinen Hufe vorsichtig nieder, um das Getragenwerden möglichst an-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/626>, abgerufen am 26.05.2024.