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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die Pflege der Monumentalmalerei in Preußen.

Wachsfarbe die Krönung Friedrichs I. in Königsberg, den "Aufruf an mein
Volk" in Vreslau und die Kaiserproklamation in Versailles auf die Wand gemalt.
Ein viertes Bild, die Huldigung Friedrichs des Großen in Vreslau, steht noch
aus, da noch kein Künstler dafür bestimmt worden ist. In der Kuppel malt
Geselschap, ein für die Malerei großen Stils besonders begabter.Künstler, einen
römischen Triumphzug. Derselbe Künstler hatte auch im Verein mit Vleibtreu
in der Konkurrenz um die Ausschmückung des Kaiserhauses in Goslar eiuen
zweiten Preis errungen, während der erste dem Maler Wislieenns zufiel, welcher
bereits seit mehreren Jahren an einer Reihe von Wandgemälden arbeitet, die
den große>? Saal zieren soll. Das Hauptstück derselben bildet auch hier die
Errichtung des neuen deutscheu Kaiserreichs. In jeuer Konkurrenz war ein
dritter Preis einem jungen Düsseldorfer Künstler, Namens Knackfnß, erteilt
worden, den man dadurch entschädigte, daß man ihm die Ausschmückung der
Aula des Gymnasiums in Wohlan und im Verein mit Kötitz und Scheurenberg
die des Treppenhauses im Regierungsgebäude in Kassel übertrug, wo er und
Kötitz als Lehrer an der Akademie thätig sind.

Die Ausschmückung von Gymnasial-Arten spielt in dein Programm der
Landesknnstkommission eine sehr hervorragende Rolle, weil man die pädagogische
Wirkung der bildenden Künste ans die heranwachsende Jugend in vollem Um¬
fange zu schützen weiß. Früher war nach dieser Richtung nicht das mindeste
geschehen. Die Süle der Gymnasien machten denselben nüchternen und traurigen
Eindruck wie die Gerichtssäle und die Amtsstuben. Wenn es hoch kam, eine
Büste oder ein Bild des Hcrrscherpaares, im günstigsten Falle noch der Abguß
eiuer Antike. Jetzt sollen der die Gymnasien und Realschulen besuchenden
Jugend an der Stelle, an welcher sie sich bei feierlichen Gelegenheiten ver¬
sammelt, edle Gebilde der Kunst entgegentreten. Frühzeitig soll in ihr das
Kunstgefühl und das Bewußtsein geweckt werden, daß es außer der einförmigen,
grauen Alltagswelt noch eine heitere, farbige Welt der Ideale giebt, in welche
sich der ermüdete Geist hincinflüchteu kann, um sich an diesen Idealen zu er¬
heben und neue Kräfte zu sammeln. Von den Wände" der Schulsäle werden
die Heldengestalten des klassischen Altertums auf die Knaben und Jünglinge
herabblicken, werde" die Großthaten der Geschichte zu ihnen reden und sie zur
Nacheiferung entflammen. Bis jetzt sind die Säle folgender höhern Schule"
teils ausgeschmückt, teils zur Dekoration ausersehen worden: Wilhelmsgymnasinm
in Berlin durch Hertel, Friedrich-Wilhelmsgymnasium in Köln, Wilhelmsgymnasinm
in Königsberg durch Steffeck und Knorr, Bromberg durch Brauselvetter, Minden
durch Thumnnn, Osnabrück durch L. Geh, Bielefeld. Altona, Essen, Elbing, Rends¬
burg durch Tischendvrff, und Jnsterburg durch Hehdeck, Max Schmidt und Neide.

Von höhern Unterrichtsanstalten sind ferner bedacht worden: das Treppen¬
haus der Universitätsbibliothek dnrch vier friesartige Gemälde von Knille, von
denen drei, das Altertum, das Zeitalter der scholastische" Wissenschaft, die


Die Pflege der Monumentalmalerei in Preußen.

Wachsfarbe die Krönung Friedrichs I. in Königsberg, den „Aufruf an mein
Volk" in Vreslau und die Kaiserproklamation in Versailles auf die Wand gemalt.
Ein viertes Bild, die Huldigung Friedrichs des Großen in Vreslau, steht noch
aus, da noch kein Künstler dafür bestimmt worden ist. In der Kuppel malt
Geselschap, ein für die Malerei großen Stils besonders begabter.Künstler, einen
römischen Triumphzug. Derselbe Künstler hatte auch im Verein mit Vleibtreu
in der Konkurrenz um die Ausschmückung des Kaiserhauses in Goslar eiuen
zweiten Preis errungen, während der erste dem Maler Wislieenns zufiel, welcher
bereits seit mehreren Jahren an einer Reihe von Wandgemälden arbeitet, die
den große>? Saal zieren soll. Das Hauptstück derselben bildet auch hier die
Errichtung des neuen deutscheu Kaiserreichs. In jeuer Konkurrenz war ein
dritter Preis einem jungen Düsseldorfer Künstler, Namens Knackfnß, erteilt
worden, den man dadurch entschädigte, daß man ihm die Ausschmückung der
Aula des Gymnasiums in Wohlan und im Verein mit Kötitz und Scheurenberg
die des Treppenhauses im Regierungsgebäude in Kassel übertrug, wo er und
Kötitz als Lehrer an der Akademie thätig sind.

Die Ausschmückung von Gymnasial-Arten spielt in dein Programm der
Landesknnstkommission eine sehr hervorragende Rolle, weil man die pädagogische
Wirkung der bildenden Künste ans die heranwachsende Jugend in vollem Um¬
fange zu schützen weiß. Früher war nach dieser Richtung nicht das mindeste
geschehen. Die Süle der Gymnasien machten denselben nüchternen und traurigen
Eindruck wie die Gerichtssäle und die Amtsstuben. Wenn es hoch kam, eine
Büste oder ein Bild des Hcrrscherpaares, im günstigsten Falle noch der Abguß
eiuer Antike. Jetzt sollen der die Gymnasien und Realschulen besuchenden
Jugend an der Stelle, an welcher sie sich bei feierlichen Gelegenheiten ver¬
sammelt, edle Gebilde der Kunst entgegentreten. Frühzeitig soll in ihr das
Kunstgefühl und das Bewußtsein geweckt werden, daß es außer der einförmigen,
grauen Alltagswelt noch eine heitere, farbige Welt der Ideale giebt, in welche
sich der ermüdete Geist hincinflüchteu kann, um sich an diesen Idealen zu er¬
heben und neue Kräfte zu sammeln. Von den Wände» der Schulsäle werden
die Heldengestalten des klassischen Altertums auf die Knaben und Jünglinge
herabblicken, werde» die Großthaten der Geschichte zu ihnen reden und sie zur
Nacheiferung entflammen. Bis jetzt sind die Säle folgender höhern Schule»
teils ausgeschmückt, teils zur Dekoration ausersehen worden: Wilhelmsgymnasinm
in Berlin durch Hertel, Friedrich-Wilhelmsgymnasium in Köln, Wilhelmsgymnasinm
in Königsberg durch Steffeck und Knorr, Bromberg durch Brauselvetter, Minden
durch Thumnnn, Osnabrück durch L. Geh, Bielefeld. Altona, Essen, Elbing, Rends¬
burg durch Tischendvrff, und Jnsterburg durch Hehdeck, Max Schmidt und Neide.

Von höhern Unterrichtsanstalten sind ferner bedacht worden: das Treppen¬
haus der Universitätsbibliothek dnrch vier friesartige Gemälde von Knille, von
denen drei, das Altertum, das Zeitalter der scholastische» Wissenschaft, die


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[0035] Die Pflege der Monumentalmalerei in Preußen. Wachsfarbe die Krönung Friedrichs I. in Königsberg, den „Aufruf an mein Volk" in Vreslau und die Kaiserproklamation in Versailles auf die Wand gemalt. Ein viertes Bild, die Huldigung Friedrichs des Großen in Vreslau, steht noch aus, da noch kein Künstler dafür bestimmt worden ist. In der Kuppel malt Geselschap, ein für die Malerei großen Stils besonders begabter.Künstler, einen römischen Triumphzug. Derselbe Künstler hatte auch im Verein mit Vleibtreu in der Konkurrenz um die Ausschmückung des Kaiserhauses in Goslar eiuen zweiten Preis errungen, während der erste dem Maler Wislieenns zufiel, welcher bereits seit mehreren Jahren an einer Reihe von Wandgemälden arbeitet, die den große>? Saal zieren soll. Das Hauptstück derselben bildet auch hier die Errichtung des neuen deutscheu Kaiserreichs. In jeuer Konkurrenz war ein dritter Preis einem jungen Düsseldorfer Künstler, Namens Knackfnß, erteilt worden, den man dadurch entschädigte, daß man ihm die Ausschmückung der Aula des Gymnasiums in Wohlan und im Verein mit Kötitz und Scheurenberg die des Treppenhauses im Regierungsgebäude in Kassel übertrug, wo er und Kötitz als Lehrer an der Akademie thätig sind. Die Ausschmückung von Gymnasial-Arten spielt in dein Programm der Landesknnstkommission eine sehr hervorragende Rolle, weil man die pädagogische Wirkung der bildenden Künste ans die heranwachsende Jugend in vollem Um¬ fange zu schützen weiß. Früher war nach dieser Richtung nicht das mindeste geschehen. Die Süle der Gymnasien machten denselben nüchternen und traurigen Eindruck wie die Gerichtssäle und die Amtsstuben. Wenn es hoch kam, eine Büste oder ein Bild des Hcrrscherpaares, im günstigsten Falle noch der Abguß eiuer Antike. Jetzt sollen der die Gymnasien und Realschulen besuchenden Jugend an der Stelle, an welcher sie sich bei feierlichen Gelegenheiten ver¬ sammelt, edle Gebilde der Kunst entgegentreten. Frühzeitig soll in ihr das Kunstgefühl und das Bewußtsein geweckt werden, daß es außer der einförmigen, grauen Alltagswelt noch eine heitere, farbige Welt der Ideale giebt, in welche sich der ermüdete Geist hincinflüchteu kann, um sich an diesen Idealen zu er¬ heben und neue Kräfte zu sammeln. Von den Wände» der Schulsäle werden die Heldengestalten des klassischen Altertums auf die Knaben und Jünglinge herabblicken, werde» die Großthaten der Geschichte zu ihnen reden und sie zur Nacheiferung entflammen. Bis jetzt sind die Säle folgender höhern Schule» teils ausgeschmückt, teils zur Dekoration ausersehen worden: Wilhelmsgymnasinm in Berlin durch Hertel, Friedrich-Wilhelmsgymnasium in Köln, Wilhelmsgymnasinm in Königsberg durch Steffeck und Knorr, Bromberg durch Brauselvetter, Minden durch Thumnnn, Osnabrück durch L. Geh, Bielefeld. Altona, Essen, Elbing, Rends¬ burg durch Tischendvrff, und Jnsterburg durch Hehdeck, Max Schmidt und Neide. Von höhern Unterrichtsanstalten sind ferner bedacht worden: das Treppen¬ haus der Universitätsbibliothek dnrch vier friesartige Gemälde von Knille, von denen drei, das Altertum, das Zeitalter der scholastische» Wissenschaft, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/35>, abgerufen am 18.05.2024.