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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die Geschäftssprache des elsaß - lothringischen Landesausschusses.

schaften, der dieselbe Sprache wie unsre Feinde redet, und der sich mehr für
den Bruder und Mitbürger von jenen hält, als für den Mitbürger der Fran¬
zosen, die eine andre Sprache reden und andre Gewohnheiten haben. Die
Macht der Gleichheit der Sprache war so groß, daß bei dem Rückzüge der
Deutschen mehr als 25000 Landleute aus dem Niederrhein ausgewandert sind.
Die Macht der Sprache und des Einverständnisses, welche zwischen unsern deut¬
schen Feinden und unsern Mitbürgern des Departements vom Niederrhein
herrschte, ist so unbestreitbar, daß die letztern von ihren Auswanderungen nicht
zurückgehalten wurden durch alles, was dem Menschen das teuerste ist, durch
den Boden, der sie zur Welt kommen sah, durch ihre Penaten und die Felder,
die sie fruchtbar gemacht hatten. Die Verschiedenheit der Stände, der Stolz
hat die erste Auswanderung hervorgerufen; die Verschiedenheit der Sprache, der
Mangel an Erziehung, die Unwissenheit hat die zweite Auswanderung zustande
gebracht, welche fast ein ganzes Departement ohne Bebauer zurückläßt. So
setzt sich die Gegenrevolution fest auf einigen Grenzen."

Der Redner geht dann über auf die Basken und auf die Korsen. "Wir
sind dem Volke die Erziehung schuldig, die es in den Stand setzt, die Stimme
des Gesetzgebers zu vernehmen. Welche Widersprüche stellen aber dem ent¬
gegen die Departements des Ober- und Niederrheins, an NordinM, an ?iiüs-
tsrrs, ä'Ils se Vilnius, as I^oirs iutsriöui's, ass Oötss, an Mrä, ass Ls-ssss-
I^rsusss se as Lorss! -- Bürger! Die Sprache eines freien Volkes muß
eine und dieselbe für alle sein! Wir müssen den Stolz haben, den die über¬
ragende Vorzüglichkeit der französischen Sprache einflößen muß, seitdem sie eine
republikanische Sprache ist; wir müssen eine Pflicht erfüllen. Wir können die deutsche
Sprache, die für fremde Völker gar nicht paßt, ihrem Schicksal überlassen, bis
die feudale und militärische Regierung, deren würdiges Organ sie ist, vernichtet
sein wird."

Hierauf erhalten die spanische und die englische Sprache ähnliche Abfer¬
tigungen. "Es gebührt nur einer Sprache, die ihre Laute der Freiheit und
Gleichheit geliehen, einer Sprache, die eine gesetzgebende Tribüne und 2000
Volkstribunen besitzt, die große Kreise hat, um ungeheure Versammlungen zu
erschüttern, und Theater, um den Patriotismus zu verherrlichen, es gebührt
nur der Sprache, die seit vier Jahren von allen Völkern gelesen wird, die ganz
Europa die Tapferkeit von 14 Armeen empfinden läßt, die als Werkzeug des
Ruhmes dient bei der Einnahme von Toulon, von Landau, vom Fort Vaubcm
und bei der Vernichtung der königlichen Armeen -- nur ihr gebührt es, die
universelle Sprache zu werden!"

An diese Rede schließt sich dann der Vorschlag, ein Dekret zu erlassen,
wonach in den genannten Departements in jeder Gemeinde ein institutsur as
iMßus trÄnsaiss angestellt werden soll, der die französische Sprache allen jungen
vno^Ws männlichen und weiblichen Geschlechts zu lehren hat; die Eltern und


Die Geschäftssprache des elsaß - lothringischen Landesausschusses.

schaften, der dieselbe Sprache wie unsre Feinde redet, und der sich mehr für
den Bruder und Mitbürger von jenen hält, als für den Mitbürger der Fran¬
zosen, die eine andre Sprache reden und andre Gewohnheiten haben. Die
Macht der Gleichheit der Sprache war so groß, daß bei dem Rückzüge der
Deutschen mehr als 25000 Landleute aus dem Niederrhein ausgewandert sind.
Die Macht der Sprache und des Einverständnisses, welche zwischen unsern deut¬
schen Feinden und unsern Mitbürgern des Departements vom Niederrhein
herrschte, ist so unbestreitbar, daß die letztern von ihren Auswanderungen nicht
zurückgehalten wurden durch alles, was dem Menschen das teuerste ist, durch
den Boden, der sie zur Welt kommen sah, durch ihre Penaten und die Felder,
die sie fruchtbar gemacht hatten. Die Verschiedenheit der Stände, der Stolz
hat die erste Auswanderung hervorgerufen; die Verschiedenheit der Sprache, der
Mangel an Erziehung, die Unwissenheit hat die zweite Auswanderung zustande
gebracht, welche fast ein ganzes Departement ohne Bebauer zurückläßt. So
setzt sich die Gegenrevolution fest auf einigen Grenzen."

Der Redner geht dann über auf die Basken und auf die Korsen. „Wir
sind dem Volke die Erziehung schuldig, die es in den Stand setzt, die Stimme
des Gesetzgebers zu vernehmen. Welche Widersprüche stellen aber dem ent¬
gegen die Departements des Ober- und Niederrheins, an NordinM, an ?iiüs-
tsrrs, ä'Ils se Vilnius, as I^oirs iutsriöui's, ass Oötss, an Mrä, ass Ls-ssss-
I^rsusss se as Lorss! — Bürger! Die Sprache eines freien Volkes muß
eine und dieselbe für alle sein! Wir müssen den Stolz haben, den die über¬
ragende Vorzüglichkeit der französischen Sprache einflößen muß, seitdem sie eine
republikanische Sprache ist; wir müssen eine Pflicht erfüllen. Wir können die deutsche
Sprache, die für fremde Völker gar nicht paßt, ihrem Schicksal überlassen, bis
die feudale und militärische Regierung, deren würdiges Organ sie ist, vernichtet
sein wird."

Hierauf erhalten die spanische und die englische Sprache ähnliche Abfer¬
tigungen. „Es gebührt nur einer Sprache, die ihre Laute der Freiheit und
Gleichheit geliehen, einer Sprache, die eine gesetzgebende Tribüne und 2000
Volkstribunen besitzt, die große Kreise hat, um ungeheure Versammlungen zu
erschüttern, und Theater, um den Patriotismus zu verherrlichen, es gebührt
nur der Sprache, die seit vier Jahren von allen Völkern gelesen wird, die ganz
Europa die Tapferkeit von 14 Armeen empfinden läßt, die als Werkzeug des
Ruhmes dient bei der Einnahme von Toulon, von Landau, vom Fort Vaubcm
und bei der Vernichtung der königlichen Armeen — nur ihr gebührt es, die
universelle Sprache zu werden!"

An diese Rede schließt sich dann der Vorschlag, ein Dekret zu erlassen,
wonach in den genannten Departements in jeder Gemeinde ein institutsur as
iMßus trÄnsaiss angestellt werden soll, der die französische Sprache allen jungen
vno^Ws männlichen und weiblichen Geschlechts zu lehren hat; die Eltern und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/420>, abgerufen am 26.05.2024.