Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.Die Grafen von Altcnschwerdt. In Dorothea aber hatte das Gespräch, welches sie mit dem Grafen führte, Als Eberhardt von seiner Besteigung der Ruine zurückkehrte und von der Sie war ungewöhnlich schweigsam auf dem Heimwege. Es war, als hätte Da zog Dorothea den Zügel straffer an. Haben die Waldungen am Hudson Die Waldungen am Hudson, entgegnete Eberhard:, haben viel Hickory- und Ihrer Abreise? fragte Dorothea ruhig. Sie konnte ruhig fragen, obwohl Eberhard: hatte diesem Augenblicke seit gestern mit Beklemmung entgegen¬ Die Grafen von Altcnschwerdt. In Dorothea aber hatte das Gespräch, welches sie mit dem Grafen führte, Als Eberhardt von seiner Besteigung der Ruine zurückkehrte und von der Sie war ungewöhnlich schweigsam auf dem Heimwege. Es war, als hätte Da zog Dorothea den Zügel straffer an. Haben die Waldungen am Hudson Die Waldungen am Hudson, entgegnete Eberhard:, haben viel Hickory- und Ihrer Abreise? fragte Dorothea ruhig. Sie konnte ruhig fragen, obwohl Eberhard: hatte diesem Augenblicke seit gestern mit Beklemmung entgegen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0547" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/152404"/> <fw type="header" place="top"> Die Grafen von Altcnschwerdt.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2066"> In Dorothea aber hatte das Gespräch, welches sie mit dem Grafen führte,<lb/> eine Flut von Gedanken aufgeregt, welche sich nicht in Worten erschöpfen ließen,<lb/> und welche ihr selbst auch nicht in ihrer ganzen Bedeutung und Folge klar<lb/> wurden. Sie bemerkte mir, daß eine Veränderung in ihr vorging, und daß<lb/> eine ihr bis jetzt unbekannt gebliebene Macht in ihrem Innern erstanden war,<lb/> deren Zuge ihre Nerve» gehorsam folgten, sodaß ihre Stimmung eine andre<lb/> war als auf dem Ritte hierher.</p><lb/> <p xml:id="ID_2067"> Als Eberhardt von seiner Besteigung der Ruine zurückkehrte und von der<lb/> schönen Rundsicht erzählte, die sich dort oben bei dem plötzlichen Durchdringen<lb/> der Sonne ergeben habe, hörte sie wohl den Klang seiner angenehmen, tiefen<lb/> Stimme, aber vernahm nicht ganz deutlich die Beschreibung selbst und war ver¬<lb/> tieft in ein Studium, ob wirklich, wie der Graf behauptet hatte, der Ausdruck<lb/> seiner Züge ein heiterer geworden sei. Als sie dabei in seine dunkelblauen,<lb/> tiefen und sanften Augen sah, fühlte sie ein eigenartiges Flammen von diesen<lb/> Sternen in ihr eignes Ich herüberleuchten, als ginge ein elektrischer Strom hier<lb/> von Seele zu Seele.</p><lb/> <p xml:id="ID_2068"> Sie war ungewöhnlich schweigsam auf dem Heimwege. Es war, als hätte<lb/> sie viel in der umgebenden Natur zu beobachten, was ihr früher entgangen<lb/> wäre. Die Tiefen des Waldes, wo sich die zitternden Lichtstrahlen verloren,<lb/> schienen besondre Geheimnisse zu enthalten, und die Stille des Mittags mit dem<lb/> Summen der Millionen Insekten in den blütenschweren Lindenzweigen schienen<lb/> Träume zu erwecken. In langsamem Schritt ging der Schimmel und nötigte<lb/> auch den Hellbraunen, sein Tempo zu mäßigen. Ja er hatte fo viel Freiheit,<lb/> daß er den Kopf zur Seite wandte, wie zu einer freundschaftlichen Begrüßung<lb/> des Gefährten.</p><lb/> <p xml:id="ID_2069"> Da zog Dorothea den Zügel straffer an. Haben die Waldungen am Hudson<lb/> auch den friedlichen und anmutigen Charakter unsrer norddeutschen Tiefebne?<lb/> fragte sie, oder sind sie wild und finster?</p><lb/> <p xml:id="ID_2070"> Die Waldungen am Hudson, entgegnete Eberhard:, haben viel Hickory- und<lb/> Ahornbäume, die ihnen manche Unterschiede von den deutschen Wäldern geben.<lb/> Was ihren besondern Charakter betrifft, so wird es mir in der That schwer,<lb/> mir irgend eine Landschaft zu denken, sowohl am Hudson als auch sonst in der<lb/> Welt, die mir so anziehend vorkäme wie dieser Küstenstrich. Ich sehe daher<lb/> meiner Abreise von hier nicht mit Vergnügen entgegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2071"> Ihrer Abreise? fragte Dorothea ruhig. Sie konnte ruhig fragen, obwohl<lb/> dies Wort bei ihrer jetzigen Stimmung einen so schärfen und schneidenden Ton<lb/> für sie hatte, daß sie einen Schmerz in der Brust davon zu verspüren glaubte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2072" next="#ID_2073"> Eberhard: hatte diesem Augenblicke seit gestern mit Beklemmung entgegen¬<lb/> gesehen. Seit gestern war er entschlossen, seinen Aufenthalt in den Gärten der<lb/> Armida nicht länger fortzusetzen. Seit Wochen schon war er zweifelhaft gewesen,<lb/> ob er klug daran handle, sich der Anziehungskraft des alten Schlosses hinzu-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0547]
Die Grafen von Altcnschwerdt.
In Dorothea aber hatte das Gespräch, welches sie mit dem Grafen führte,
eine Flut von Gedanken aufgeregt, welche sich nicht in Worten erschöpfen ließen,
und welche ihr selbst auch nicht in ihrer ganzen Bedeutung und Folge klar
wurden. Sie bemerkte mir, daß eine Veränderung in ihr vorging, und daß
eine ihr bis jetzt unbekannt gebliebene Macht in ihrem Innern erstanden war,
deren Zuge ihre Nerve» gehorsam folgten, sodaß ihre Stimmung eine andre
war als auf dem Ritte hierher.
Als Eberhardt von seiner Besteigung der Ruine zurückkehrte und von der
schönen Rundsicht erzählte, die sich dort oben bei dem plötzlichen Durchdringen
der Sonne ergeben habe, hörte sie wohl den Klang seiner angenehmen, tiefen
Stimme, aber vernahm nicht ganz deutlich die Beschreibung selbst und war ver¬
tieft in ein Studium, ob wirklich, wie der Graf behauptet hatte, der Ausdruck
seiner Züge ein heiterer geworden sei. Als sie dabei in seine dunkelblauen,
tiefen und sanften Augen sah, fühlte sie ein eigenartiges Flammen von diesen
Sternen in ihr eignes Ich herüberleuchten, als ginge ein elektrischer Strom hier
von Seele zu Seele.
Sie war ungewöhnlich schweigsam auf dem Heimwege. Es war, als hätte
sie viel in der umgebenden Natur zu beobachten, was ihr früher entgangen
wäre. Die Tiefen des Waldes, wo sich die zitternden Lichtstrahlen verloren,
schienen besondre Geheimnisse zu enthalten, und die Stille des Mittags mit dem
Summen der Millionen Insekten in den blütenschweren Lindenzweigen schienen
Träume zu erwecken. In langsamem Schritt ging der Schimmel und nötigte
auch den Hellbraunen, sein Tempo zu mäßigen. Ja er hatte fo viel Freiheit,
daß er den Kopf zur Seite wandte, wie zu einer freundschaftlichen Begrüßung
des Gefährten.
Da zog Dorothea den Zügel straffer an. Haben die Waldungen am Hudson
auch den friedlichen und anmutigen Charakter unsrer norddeutschen Tiefebne?
fragte sie, oder sind sie wild und finster?
Die Waldungen am Hudson, entgegnete Eberhard:, haben viel Hickory- und
Ahornbäume, die ihnen manche Unterschiede von den deutschen Wäldern geben.
Was ihren besondern Charakter betrifft, so wird es mir in der That schwer,
mir irgend eine Landschaft zu denken, sowohl am Hudson als auch sonst in der
Welt, die mir so anziehend vorkäme wie dieser Küstenstrich. Ich sehe daher
meiner Abreise von hier nicht mit Vergnügen entgegen.
Ihrer Abreise? fragte Dorothea ruhig. Sie konnte ruhig fragen, obwohl
dies Wort bei ihrer jetzigen Stimmung einen so schärfen und schneidenden Ton
für sie hatte, daß sie einen Schmerz in der Brust davon zu verspüren glaubte.
Eberhard: hatte diesem Augenblicke seit gestern mit Beklemmung entgegen¬
gesehen. Seit gestern war er entschlossen, seinen Aufenthalt in den Gärten der
Armida nicht länger fortzusetzen. Seit Wochen schon war er zweifelhaft gewesen,
ob er klug daran handle, sich der Anziehungskraft des alten Schlosses hinzu-
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