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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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curvpas aufwiegen sollte. Noch andre erblickten darin eine Verschwörung der
Russen und Engländer zur Durchkreuzung der französischen Pläne in Hinter-
indien. Das ^cmriM ass Dsdats sagt: "Das Haupt des britische" Kabinets
hat nach Kopenhagen keine diplomatischen Pläne mitgenommen, welche bestimmt
wären, das Gleichgewicht in Europa wiederherzustellen. Aber während wir
zugeben, daß in den Bemerkungen, zu denen die Unterhaltungen auf dem Pem-
broke Castle Veranlassung wurden, viel Chimärisches liegt, können wir doch die
Reise des englischen Premierministers nicht für politisch bedeutungslos erachten.
Wenn es unverständig ist, zu vermuten, der englische Staatsmann sei nach
Kopenhagen gegaugen, um eine Koalition zur Aufwiegung des österreichisch-
deutschen Bündnisses vorzubereiten, so würde es ebenso unverständig sein, in
seinem Besuche beim Kaiser Alexander III. nur einen Akt der Höflichkeit zu
sehen. Herr Gladstone ist vielleicht auf die Übeln Folgen aufmerksam geworden,
welche gegenwärtig eine Rivalität zwischen Rußland und England für den Frieden
Europas haben würde, und hat versucht, die Ursachen des Übelwollens zu
beseitigen, die zwischen den beiden Großmächteu in Mittelasien und Armenien
bestehen mögen. Ohne den Wunsch nach einer unnötigen Allianz zwischen der
Petersburger und der Londoner Negierung zu hegen, hat er sich bemüht, alle
Hindernisse wegzuräumen, welche sie hindern könnten, gemeinsam ihren Einfluß
zu Gunsten des Friedens auf dem Festlande anzuwenden." Der Isuixs kennt
andre Beweggründe zu dem Besuche Gladstones in Kopenhagen. Er meint: '
"Es ist schwerlich zuzugeben, daß der englische Premier sich mit dem Zaren
nicht über die neuerdings in Bulgarien und Ostrumelien hervorgetretenen Schwierig¬
keiten unterhalten habe. Der Zusammenbruch des bulgarischen Ministeriums und
die ^antirussisch^ Haltung der konservativen Partei haben eine Bewegung zur
Folge gehabt, die sich noch nicht gelegt hat . . . Rußland ist bei der Erhaltung
der Ordnung und des jetzigen Standes der Dinge in Bulgarien mehr interessier
als irgendeine andre Macht . .. Andrerseits weiß jedermann, daß Herr Gladstone
immer lebhafte Sympathien für die christlichen Stämme bekundet hat, die durch
Rußland vom ottomanischen Joche befreit worden sind. Ferner ist der König
von Dänemark das erste Opfer der deutsch-österreichischen Politik gewesen,
diese Politik ist am politischen Horizonte wieder aufgetaucht und wendet
sich diesmal nach Osten. Unter diesen Umständen würde es ganz ebenso
unklug sein, dem Besuche des Zaren eine ungewöhnliche Bedeutung zuzu¬
schreiben, als ihm jede politische Wichtigkeit abzusprechen. Es handelt sich
nicht bloß um die persönlichen Sympathien des Herrn Gladstone. England,
welches die Erhaltung des europäischen Friedens wünscht, würde mit Befriedigung
das Zustandekommen der Föderation der Balkanstaaten sehen, da sie ein Gegen¬
gewicht gegen das österreichisch-deutsche Bündnis wäre. Diese Vermutungen
werden bis zu einem gewissen Grade durch die russischen Blätter bestätigt. Die
Mehrheit derselben geben die Möglichkeit eines Einverständnisses zwischen Ruß-


curvpas aufwiegen sollte. Noch andre erblickten darin eine Verschwörung der
Russen und Engländer zur Durchkreuzung der französischen Pläne in Hinter-
indien. Das ^cmriM ass Dsdats sagt: „Das Haupt des britische» Kabinets
hat nach Kopenhagen keine diplomatischen Pläne mitgenommen, welche bestimmt
wären, das Gleichgewicht in Europa wiederherzustellen. Aber während wir
zugeben, daß in den Bemerkungen, zu denen die Unterhaltungen auf dem Pem-
broke Castle Veranlassung wurden, viel Chimärisches liegt, können wir doch die
Reise des englischen Premierministers nicht für politisch bedeutungslos erachten.
Wenn es unverständig ist, zu vermuten, der englische Staatsmann sei nach
Kopenhagen gegaugen, um eine Koalition zur Aufwiegung des österreichisch-
deutschen Bündnisses vorzubereiten, so würde es ebenso unverständig sein, in
seinem Besuche beim Kaiser Alexander III. nur einen Akt der Höflichkeit zu
sehen. Herr Gladstone ist vielleicht auf die Übeln Folgen aufmerksam geworden,
welche gegenwärtig eine Rivalität zwischen Rußland und England für den Frieden
Europas haben würde, und hat versucht, die Ursachen des Übelwollens zu
beseitigen, die zwischen den beiden Großmächteu in Mittelasien und Armenien
bestehen mögen. Ohne den Wunsch nach einer unnötigen Allianz zwischen der
Petersburger und der Londoner Negierung zu hegen, hat er sich bemüht, alle
Hindernisse wegzuräumen, welche sie hindern könnten, gemeinsam ihren Einfluß
zu Gunsten des Friedens auf dem Festlande anzuwenden." Der Isuixs kennt
andre Beweggründe zu dem Besuche Gladstones in Kopenhagen. Er meint: '
„Es ist schwerlich zuzugeben, daß der englische Premier sich mit dem Zaren
nicht über die neuerdings in Bulgarien und Ostrumelien hervorgetretenen Schwierig¬
keiten unterhalten habe. Der Zusammenbruch des bulgarischen Ministeriums und
die ^antirussisch^ Haltung der konservativen Partei haben eine Bewegung zur
Folge gehabt, die sich noch nicht gelegt hat . . . Rußland ist bei der Erhaltung
der Ordnung und des jetzigen Standes der Dinge in Bulgarien mehr interessier
als irgendeine andre Macht . .. Andrerseits weiß jedermann, daß Herr Gladstone
immer lebhafte Sympathien für die christlichen Stämme bekundet hat, die durch
Rußland vom ottomanischen Joche befreit worden sind. Ferner ist der König
von Dänemark das erste Opfer der deutsch-österreichischen Politik gewesen,
diese Politik ist am politischen Horizonte wieder aufgetaucht und wendet
sich diesmal nach Osten. Unter diesen Umständen würde es ganz ebenso
unklug sein, dem Besuche des Zaren eine ungewöhnliche Bedeutung zuzu¬
schreiben, als ihm jede politische Wichtigkeit abzusprechen. Es handelt sich
nicht bloß um die persönlichen Sympathien des Herrn Gladstone. England,
welches die Erhaltung des europäischen Friedens wünscht, würde mit Befriedigung
das Zustandekommen der Föderation der Balkanstaaten sehen, da sie ein Gegen¬
gewicht gegen das österreichisch-deutsche Bündnis wäre. Diese Vermutungen
werden bis zu einem gewissen Grade durch die russischen Blätter bestätigt. Die
Mehrheit derselben geben die Möglichkeit eines Einverständnisses zwischen Ruß-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/14>, abgerufen am 12.06.2024.