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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die Gngel auf Grden.
Ronicin von Viktor Bersezio. Aus dem Italienischen,
(Fortsetzung.)

er Graf begleitete das verführerische Geschöpf mit einem Blicke
und Seufzer, welcher bedeuten sollte: Ach, wenn ich zwanzig Jahre
jünger wäre!
Sie will also, ich soll diesen Menschen zu ihr führen, sagte
er zu sich. Warum? Um ihn von neuem zu ihrem Gimpel zu
machen. Meinetwegen. Es sind Komödienszeneu, die mich amüsucn.

Und er ging hustend davon, um sein Mineralbad zu nehmen.

Nun also, so fuhr der Graf fort, als er Paul, wie gesagt, an der Thür
des Kurhauses begegnet war, da ich das Vergnügen habe, Sie hier zu treffen,
Herr Amardi, so lasse ich Sie nicht eher los, als bis ich meine Sache zu Ende
geführt habe. Thun Sie mir den Gefallen und gehen Sie mit zu meiner Frau.
Sie erweisen ihr mit Ihrem Besuche eine wahre Gunst. Die Aermste! Sie be¬
findet sich schon seit zwei Tagen garnicht Wohl. Sie hat das Zimmer nicht
verlassen, liegt auf dem Sofa und empfängt nnr die allerintimsten Freunde.
Sie gehörten ja früher zu diesen, und es würde ihr Freude machen, wenn Sie
sich wieder dazu rechnen wollten; ich bin überzeugt, die Gräfin wird mir dankbar
sein, wenn ich Sie zu ihr führe.

Paul sah in diesem Vorschlage bei dem Seelenzustande, in welchem er sich
befand, eine Zerstreuung, und dachte im stillen, er würde Gelegenheit haben,
das bittere Gefühl, welches sich seiner bemächtigt hatte, auszuschütten; er
willigte durch eine Verbeugung ein und folgte dem Grafen in die Zimmer
der Gräfin.




8.

Die Gräfin befand sich in einem jener Zustände der Abspannung, die wir
aus der Schilderung, des Doktors kennen. Sie hatte sich auf das Sofa aus¬
gestreckt und ihren Leib auf eine Masse von aufgetürmten Kissen gestützt. Die
geschlossenen Fensterläden und die herabgelassenen Gardinen verbreiteten ein




Die Gngel auf Grden.
Ronicin von Viktor Bersezio. Aus dem Italienischen,
(Fortsetzung.)

er Graf begleitete das verführerische Geschöpf mit einem Blicke
und Seufzer, welcher bedeuten sollte: Ach, wenn ich zwanzig Jahre
jünger wäre!
Sie will also, ich soll diesen Menschen zu ihr führen, sagte
er zu sich. Warum? Um ihn von neuem zu ihrem Gimpel zu
machen. Meinetwegen. Es sind Komödienszeneu, die mich amüsucn.

Und er ging hustend davon, um sein Mineralbad zu nehmen.

Nun also, so fuhr der Graf fort, als er Paul, wie gesagt, an der Thür
des Kurhauses begegnet war, da ich das Vergnügen habe, Sie hier zu treffen,
Herr Amardi, so lasse ich Sie nicht eher los, als bis ich meine Sache zu Ende
geführt habe. Thun Sie mir den Gefallen und gehen Sie mit zu meiner Frau.
Sie erweisen ihr mit Ihrem Besuche eine wahre Gunst. Die Aermste! Sie be¬
findet sich schon seit zwei Tagen garnicht Wohl. Sie hat das Zimmer nicht
verlassen, liegt auf dem Sofa und empfängt nnr die allerintimsten Freunde.
Sie gehörten ja früher zu diesen, und es würde ihr Freude machen, wenn Sie
sich wieder dazu rechnen wollten; ich bin überzeugt, die Gräfin wird mir dankbar
sein, wenn ich Sie zu ihr führe.

Paul sah in diesem Vorschlage bei dem Seelenzustande, in welchem er sich
befand, eine Zerstreuung, und dachte im stillen, er würde Gelegenheit haben,
das bittere Gefühl, welches sich seiner bemächtigt hatte, auszuschütten; er
willigte durch eine Verbeugung ein und folgte dem Grafen in die Zimmer
der Gräfin.




8.

Die Gräfin befand sich in einem jener Zustände der Abspannung, die wir
aus der Schilderung, des Doktors kennen. Sie hatte sich auf das Sofa aus¬
gestreckt und ihren Leib auf eine Masse von aufgetürmten Kissen gestützt. Die
geschlossenen Fensterläden und die herabgelassenen Gardinen verbreiteten ein


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[0104] [Abbildung] Die Gngel auf Grden. Ronicin von Viktor Bersezio. Aus dem Italienischen, (Fortsetzung.) er Graf begleitete das verführerische Geschöpf mit einem Blicke und Seufzer, welcher bedeuten sollte: Ach, wenn ich zwanzig Jahre jünger wäre! Sie will also, ich soll diesen Menschen zu ihr führen, sagte er zu sich. Warum? Um ihn von neuem zu ihrem Gimpel zu machen. Meinetwegen. Es sind Komödienszeneu, die mich amüsucn. Und er ging hustend davon, um sein Mineralbad zu nehmen. Nun also, so fuhr der Graf fort, als er Paul, wie gesagt, an der Thür des Kurhauses begegnet war, da ich das Vergnügen habe, Sie hier zu treffen, Herr Amardi, so lasse ich Sie nicht eher los, als bis ich meine Sache zu Ende geführt habe. Thun Sie mir den Gefallen und gehen Sie mit zu meiner Frau. Sie erweisen ihr mit Ihrem Besuche eine wahre Gunst. Die Aermste! Sie be¬ findet sich schon seit zwei Tagen garnicht Wohl. Sie hat das Zimmer nicht verlassen, liegt auf dem Sofa und empfängt nnr die allerintimsten Freunde. Sie gehörten ja früher zu diesen, und es würde ihr Freude machen, wenn Sie sich wieder dazu rechnen wollten; ich bin überzeugt, die Gräfin wird mir dankbar sein, wenn ich Sie zu ihr führe. Paul sah in diesem Vorschlage bei dem Seelenzustande, in welchem er sich befand, eine Zerstreuung, und dachte im stillen, er würde Gelegenheit haben, das bittere Gefühl, welches sich seiner bemächtigt hatte, auszuschütten; er willigte durch eine Verbeugung ein und folgte dem Grafen in die Zimmer der Gräfin. 8. Die Gräfin befand sich in einem jener Zustände der Abspannung, die wir aus der Schilderung, des Doktors kennen. Sie hatte sich auf das Sofa aus¬ gestreckt und ihren Leib auf eine Masse von aufgetürmten Kissen gestützt. Die geschlossenen Fensterläden und die herabgelassenen Gardinen verbreiteten ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/104>, abgerufen am 16.06.2024.