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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Deutsche Rolonialpolitik.

daß unsre Postsendungen und unsre Matrosen, wenn sie zur Kompletiruug der
Mannschaften der im Gelben Meere und in der Siidsee stationirten Kriegsschiffe
abgingen, ans die Beförderung durch Dampfer fremder Nationen angewiesen
waren, so gehört in Wahrheit nicht allzuviel Vaterlandsliebe dazu, um zu
begreifen, daß die Regierung mit der betreffenden Vorlage nur einer dringenden
Pflicht nachkam. Die Regierungen und Kammern aller großen seefahrenden
Völker unsers Erdteils haben schon seit Jahrzehnten eine Subvention ihrer
Handelsmarine zur Herbeiführung einer regelmäßigen Verbindung mit den über¬
seeischen Ländern und zur Herstellung eines wohlgeordneten und rasch wirkenden
Postdienstes in bezug auf dieselben für unbedingt notwendig angesehen. Sehr
große Summen werden von feiten Frankreichs zu diesem Zwecke aufgewendet:
dasselbe gab zur Unterstützung der Postdampfschifffahrt nach Korsika, Algier
und Tunis, Newyork und den Antillen, Brasilien und Ostasien jährlich nicht
weniger als 24 Millionen Franken aus, wozu vor kurzem noch eine Beihilfe
von drei Millionen trat, mit welcher der Staat der NsssgMrie raaritiinö regel¬
mäßige Fahrten nach Australien ermöglichte. Während ferner das Königreich
Italien für derartige Zwecke jährlich acht Millionen Lire verwendet, beträgt
die von der englischen Regierung den überseeischen Dampferlinien bewilligte
jährliche Subvention 589 400 Pfund Sterling oder 11 738 000 Mark, also
fast dreimal soviel als der Reichskanzler vom Reichstage für unsre Postdmnpfer
nach China, Japan und Australien haben wollte. Die gesamten Interessen des
heutigen Verkehrs, allen voran die des Geld- und Kreditverkehrs, wirken auf
möglichste Verkürzung der Transportzeit der Güter hin, es sind also ebenso
volkswirtschaftliche wie spezifisch politische Machtfragen, die zur Verminderung
der großen überseeischen Entfernungen auffordern. Die wertvollsten Waren,
sowie der Post- und Personenverkehr haben das höchste Interesse an schnellster
und unmittelbarster Beförderung, und da dieser Verkehr imstande ist, erhebliche
Frachtraten zu zahlen, so wird durch ihn die Feststellung eines Frachtdurch¬
schnittes möglich gemacht, der anch minder wertvollen Gütern die Benutzung
der Dampferlinien erlaubt. In den über die drei größten Dampfschifffahrts-
Gesellschaften Großbritanniens (?6iM8u1a,r -ma 0risnt>g,1 -- ?iuzill<z Ltsain
^iaviAg-lion -- MM KtsainI^eKst) vorliegenden Berichten finde"? wir
eingehende Angaben über diese Verhältnisse. Die Einnahmen derselben ergeben
sich aus Frachten mit 51,2, aus der Passagierbeförderung mit 33,3, den Post¬
sendungen mit 15,0 und sonstigen Eingängen mit 0,5 Prozent. Hiernach sind
die Einnahmen aus dem Fracht- und Passagierverkehr bei weitem die wichtigsten.
Die aus der Beförderung der Poststücke fließenden treten dem gegenüber sehr
zurück, und es ergiebt sich, daß ohne starke Entwicklung des Güter- und Personen¬
verkehrs die von der Post gezählten Beiträge nicht imstande sein würden, einen
regelmäßigen PostVerkehr zwischen den britischen Inseln und den großen über¬
seeischen Plätzen zu unterhalten; sie stützen und fördern aber den transmarineu


Deutsche Rolonialpolitik.

daß unsre Postsendungen und unsre Matrosen, wenn sie zur Kompletiruug der
Mannschaften der im Gelben Meere und in der Siidsee stationirten Kriegsschiffe
abgingen, ans die Beförderung durch Dampfer fremder Nationen angewiesen
waren, so gehört in Wahrheit nicht allzuviel Vaterlandsliebe dazu, um zu
begreifen, daß die Regierung mit der betreffenden Vorlage nur einer dringenden
Pflicht nachkam. Die Regierungen und Kammern aller großen seefahrenden
Völker unsers Erdteils haben schon seit Jahrzehnten eine Subvention ihrer
Handelsmarine zur Herbeiführung einer regelmäßigen Verbindung mit den über¬
seeischen Ländern und zur Herstellung eines wohlgeordneten und rasch wirkenden
Postdienstes in bezug auf dieselben für unbedingt notwendig angesehen. Sehr
große Summen werden von feiten Frankreichs zu diesem Zwecke aufgewendet:
dasselbe gab zur Unterstützung der Postdampfschifffahrt nach Korsika, Algier
und Tunis, Newyork und den Antillen, Brasilien und Ostasien jährlich nicht
weniger als 24 Millionen Franken aus, wozu vor kurzem noch eine Beihilfe
von drei Millionen trat, mit welcher der Staat der NsssgMrie raaritiinö regel¬
mäßige Fahrten nach Australien ermöglichte. Während ferner das Königreich
Italien für derartige Zwecke jährlich acht Millionen Lire verwendet, beträgt
die von der englischen Regierung den überseeischen Dampferlinien bewilligte
jährliche Subvention 589 400 Pfund Sterling oder 11 738 000 Mark, also
fast dreimal soviel als der Reichskanzler vom Reichstage für unsre Postdmnpfer
nach China, Japan und Australien haben wollte. Die gesamten Interessen des
heutigen Verkehrs, allen voran die des Geld- und Kreditverkehrs, wirken auf
möglichste Verkürzung der Transportzeit der Güter hin, es sind also ebenso
volkswirtschaftliche wie spezifisch politische Machtfragen, die zur Verminderung
der großen überseeischen Entfernungen auffordern. Die wertvollsten Waren,
sowie der Post- und Personenverkehr haben das höchste Interesse an schnellster
und unmittelbarster Beförderung, und da dieser Verkehr imstande ist, erhebliche
Frachtraten zu zahlen, so wird durch ihn die Feststellung eines Frachtdurch¬
schnittes möglich gemacht, der anch minder wertvollen Gütern die Benutzung
der Dampferlinien erlaubt. In den über die drei größten Dampfschifffahrts-
Gesellschaften Großbritanniens (?6iM8u1a,r -ma 0risnt>g,1 — ?iuzill<z Ltsain
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eingehende Angaben über diese Verhältnisse. Die Einnahmen derselben ergeben
sich aus Frachten mit 51,2, aus der Passagierbeförderung mit 33,3, den Post¬
sendungen mit 15,0 und sonstigen Eingängen mit 0,5 Prozent. Hiernach sind
die Einnahmen aus dem Fracht- und Passagierverkehr bei weitem die wichtigsten.
Die aus der Beförderung der Poststücke fließenden treten dem gegenüber sehr
zurück, und es ergiebt sich, daß ohne starke Entwicklung des Güter- und Personen¬
verkehrs die von der Post gezählten Beiträge nicht imstande sein würden, einen
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seeischen Plätzen zu unterhalten; sie stützen und fördern aber den transmarineu


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[0168] Deutsche Rolonialpolitik. daß unsre Postsendungen und unsre Matrosen, wenn sie zur Kompletiruug der Mannschaften der im Gelben Meere und in der Siidsee stationirten Kriegsschiffe abgingen, ans die Beförderung durch Dampfer fremder Nationen angewiesen waren, so gehört in Wahrheit nicht allzuviel Vaterlandsliebe dazu, um zu begreifen, daß die Regierung mit der betreffenden Vorlage nur einer dringenden Pflicht nachkam. Die Regierungen und Kammern aller großen seefahrenden Völker unsers Erdteils haben schon seit Jahrzehnten eine Subvention ihrer Handelsmarine zur Herbeiführung einer regelmäßigen Verbindung mit den über¬ seeischen Ländern und zur Herstellung eines wohlgeordneten und rasch wirkenden Postdienstes in bezug auf dieselben für unbedingt notwendig angesehen. Sehr große Summen werden von feiten Frankreichs zu diesem Zwecke aufgewendet: dasselbe gab zur Unterstützung der Postdampfschifffahrt nach Korsika, Algier und Tunis, Newyork und den Antillen, Brasilien und Ostasien jährlich nicht weniger als 24 Millionen Franken aus, wozu vor kurzem noch eine Beihilfe von drei Millionen trat, mit welcher der Staat der NsssgMrie raaritiinö regel¬ mäßige Fahrten nach Australien ermöglichte. Während ferner das Königreich Italien für derartige Zwecke jährlich acht Millionen Lire verwendet, beträgt die von der englischen Regierung den überseeischen Dampferlinien bewilligte jährliche Subvention 589 400 Pfund Sterling oder 11 738 000 Mark, also fast dreimal soviel als der Reichskanzler vom Reichstage für unsre Postdmnpfer nach China, Japan und Australien haben wollte. Die gesamten Interessen des heutigen Verkehrs, allen voran die des Geld- und Kreditverkehrs, wirken auf möglichste Verkürzung der Transportzeit der Güter hin, es sind also ebenso volkswirtschaftliche wie spezifisch politische Machtfragen, die zur Verminderung der großen überseeischen Entfernungen auffordern. Die wertvollsten Waren, sowie der Post- und Personenverkehr haben das höchste Interesse an schnellster und unmittelbarster Beförderung, und da dieser Verkehr imstande ist, erhebliche Frachtraten zu zahlen, so wird durch ihn die Feststellung eines Frachtdurch¬ schnittes möglich gemacht, der anch minder wertvollen Gütern die Benutzung der Dampferlinien erlaubt. In den über die drei größten Dampfschifffahrts- Gesellschaften Großbritanniens (?6iM8u1a,r -ma 0risnt>g,1 — ?iuzill<z Ltsain ^iaviAg-lion — MM KtsainI^eKst) vorliegenden Berichten finde»? wir eingehende Angaben über diese Verhältnisse. Die Einnahmen derselben ergeben sich aus Frachten mit 51,2, aus der Passagierbeförderung mit 33,3, den Post¬ sendungen mit 15,0 und sonstigen Eingängen mit 0,5 Prozent. Hiernach sind die Einnahmen aus dem Fracht- und Passagierverkehr bei weitem die wichtigsten. Die aus der Beförderung der Poststücke fließenden treten dem gegenüber sehr zurück, und es ergiebt sich, daß ohne starke Entwicklung des Güter- und Personen¬ verkehrs die von der Post gezählten Beiträge nicht imstande sein würden, einen regelmäßigen PostVerkehr zwischen den britischen Inseln und den großen über¬ seeischen Plätzen zu unterhalten; sie stützen und fördern aber den transmarineu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/168>, abgerufen am 15.06.2024.