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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Dontscho Kolonialpolitik.

Dampferverkehr und sind ohne Zweifel eine den englischen Handelsinteressen
dienende sehr vorteilhafte Ausgabe.

Diese und ähnliche Betrachtungen lagen den deutsch-freisinnigen Rednern,
welche die Regierungsvorlage bekämpften, ganz ebenso fern wie jeder wirklich
nationale Gedanke, jeder frische, mutige Glaube und jede Fähigkeit, Großes groß
zu erfassen. Sie machten, wie fast immer, durchgehends den Eindruck philister¬
hafter Parteipolitiker, seichter Besserwisser und rechthaberischer Sophisten, und
die hauptsächlichsten Gründe, die sie gegen die Vorlage ausspielten, gemähnten
mehr an die Denkweise eines engherzigen Buchhalters als an die eines weit-
schauendcn Staatmauues. Für Herrn Richter war der Gesetzentwurf -- natürlich,
er urteilte nach seiner Art zu Verfahren -- nichts als ein Wahlmauövcr.
Sein Parteifreund Bcunberger aber hantierte mit Rechenexempeln, die vielleicht
überzeugen würden, wenn sich nicht bald herausgestellt hätte, daß sie samt und
sonders auf unrichtigen Annahmen beruhten. Er hatte mit seiner Behauptung,
die Dampfersubvention stünde mit der deutschen Handels- und Plantagen¬
gesellschaft der Südseeinseln (Samocigesellschaft) im Zusammenhange, entschiedenes
Unglück. Seine Abneigung gegen alle deutsche Kolouicilpolitik bewog ihn ge¬
radezu, sich in Verleumdungen zu ergehen. Nachdem ihn zunächst die "Ham¬
burger Börsenhalle" dementirt hatte, that die Direktion der Diskontvgesellschaft
desgleichen, und zuletzt mußte er sich vom Vorsitzenden des Verwaltungsrates
jener Gesellschaft auf seine Behauptungen in der Budgetkommission und in der
Neichstagssitzung vom 26. Juni folgendes in öffentlichen Blättern ins Gesicht
erklären lassen: "Es ist unwahr und erfunden, daß Herr von Hansemann oder
Herr von Ohlendorsf bei dem Ankaufe der Baringschen ^Samoa-) Aktien irgend¬
wie beteiligt ist. Es ist weder ein Hamburger noch ein Berliner Bankinstitut
noch Bankier dabei interessirt, sondern nur genannten Kreisen ganz fernstehende
Personen. Der Ankauf der Aktien war in den ersten Tagen des Mai gesichert,
nachdem die Verhandlungen mit Barinas bereits Monate lang gedauert hatten.
Die Dampfersubveutiousvorlage hat das Konsortium uicht beeinflußt, konnte
es auch garnicht, da sie erst später vorgelegt wurde. Es ist unwahr, daß
sür die Baringschen Aktien 20 000 Pfund Sterling bezahlt worden sind. Es
ist unwahr und erfunden, daß der Samocigesellschaft . . . von irgend einer
Person, Bank oder Gesellschaft ein Vorschuß von 40000 Pfund Sterling oder
von irgendeinem andern Betrage -- die gewöhnlichen Vorschüsse auf Waren-
ladnngen ausgenommen -- geleistet oder daß ein solcher anch nur geplant ist.
Die Behauptung des Herrn Bamberger,... die Veranschlagung des Ackerlandes,
^auf Samoa^, das niemand anbauen oder gar kaufen will, werde in der Bilanz
zu immer höhern Aktivsätzen angenommen, mit dem Zusätze, sonst könne man
kein nennenswertes Kapital mehr auf die Aktivseite setzen, mit andern Worten,
die Direktion fabrizire und der Verwaltungsrat genehmige Abschlüsse mit der
Absicht, die Situation der Gesellschaft besser erscheinen zu lassen, als sie ist,


Grenzboten III. 1884. 21
Dontscho Kolonialpolitik.

Dampferverkehr und sind ohne Zweifel eine den englischen Handelsinteressen
dienende sehr vorteilhafte Ausgabe.

Diese und ähnliche Betrachtungen lagen den deutsch-freisinnigen Rednern,
welche die Regierungsvorlage bekämpften, ganz ebenso fern wie jeder wirklich
nationale Gedanke, jeder frische, mutige Glaube und jede Fähigkeit, Großes groß
zu erfassen. Sie machten, wie fast immer, durchgehends den Eindruck philister¬
hafter Parteipolitiker, seichter Besserwisser und rechthaberischer Sophisten, und
die hauptsächlichsten Gründe, die sie gegen die Vorlage ausspielten, gemähnten
mehr an die Denkweise eines engherzigen Buchhalters als an die eines weit-
schauendcn Staatmauues. Für Herrn Richter war der Gesetzentwurf — natürlich,
er urteilte nach seiner Art zu Verfahren — nichts als ein Wahlmauövcr.
Sein Parteifreund Bcunberger aber hantierte mit Rechenexempeln, die vielleicht
überzeugen würden, wenn sich nicht bald herausgestellt hätte, daß sie samt und
sonders auf unrichtigen Annahmen beruhten. Er hatte mit seiner Behauptung,
die Dampfersubvention stünde mit der deutschen Handels- und Plantagen¬
gesellschaft der Südseeinseln (Samocigesellschaft) im Zusammenhange, entschiedenes
Unglück. Seine Abneigung gegen alle deutsche Kolouicilpolitik bewog ihn ge¬
radezu, sich in Verleumdungen zu ergehen. Nachdem ihn zunächst die „Ham¬
burger Börsenhalle" dementirt hatte, that die Direktion der Diskontvgesellschaft
desgleichen, und zuletzt mußte er sich vom Vorsitzenden des Verwaltungsrates
jener Gesellschaft auf seine Behauptungen in der Budgetkommission und in der
Neichstagssitzung vom 26. Juni folgendes in öffentlichen Blättern ins Gesicht
erklären lassen: „Es ist unwahr und erfunden, daß Herr von Hansemann oder
Herr von Ohlendorsf bei dem Ankaufe der Baringschen ^Samoa-) Aktien irgend¬
wie beteiligt ist. Es ist weder ein Hamburger noch ein Berliner Bankinstitut
noch Bankier dabei interessirt, sondern nur genannten Kreisen ganz fernstehende
Personen. Der Ankauf der Aktien war in den ersten Tagen des Mai gesichert,
nachdem die Verhandlungen mit Barinas bereits Monate lang gedauert hatten.
Die Dampfersubveutiousvorlage hat das Konsortium uicht beeinflußt, konnte
es auch garnicht, da sie erst später vorgelegt wurde. Es ist unwahr, daß
sür die Baringschen Aktien 20 000 Pfund Sterling bezahlt worden sind. Es
ist unwahr und erfunden, daß der Samocigesellschaft . . . von irgend einer
Person, Bank oder Gesellschaft ein Vorschuß von 40000 Pfund Sterling oder
von irgendeinem andern Betrage — die gewöhnlichen Vorschüsse auf Waren-
ladnngen ausgenommen — geleistet oder daß ein solcher anch nur geplant ist.
Die Behauptung des Herrn Bamberger,... die Veranschlagung des Ackerlandes,
^auf Samoa^, das niemand anbauen oder gar kaufen will, werde in der Bilanz
zu immer höhern Aktivsätzen angenommen, mit dem Zusätze, sonst könne man
kein nennenswertes Kapital mehr auf die Aktivseite setzen, mit andern Worten,
die Direktion fabrizire und der Verwaltungsrat genehmige Abschlüsse mit der
Absicht, die Situation der Gesellschaft besser erscheinen zu lassen, als sie ist,


Grenzboten III. 1884. 21
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[0169] Dontscho Kolonialpolitik. Dampferverkehr und sind ohne Zweifel eine den englischen Handelsinteressen dienende sehr vorteilhafte Ausgabe. Diese und ähnliche Betrachtungen lagen den deutsch-freisinnigen Rednern, welche die Regierungsvorlage bekämpften, ganz ebenso fern wie jeder wirklich nationale Gedanke, jeder frische, mutige Glaube und jede Fähigkeit, Großes groß zu erfassen. Sie machten, wie fast immer, durchgehends den Eindruck philister¬ hafter Parteipolitiker, seichter Besserwisser und rechthaberischer Sophisten, und die hauptsächlichsten Gründe, die sie gegen die Vorlage ausspielten, gemähnten mehr an die Denkweise eines engherzigen Buchhalters als an die eines weit- schauendcn Staatmauues. Für Herrn Richter war der Gesetzentwurf — natürlich, er urteilte nach seiner Art zu Verfahren — nichts als ein Wahlmauövcr. Sein Parteifreund Bcunberger aber hantierte mit Rechenexempeln, die vielleicht überzeugen würden, wenn sich nicht bald herausgestellt hätte, daß sie samt und sonders auf unrichtigen Annahmen beruhten. Er hatte mit seiner Behauptung, die Dampfersubvention stünde mit der deutschen Handels- und Plantagen¬ gesellschaft der Südseeinseln (Samocigesellschaft) im Zusammenhange, entschiedenes Unglück. Seine Abneigung gegen alle deutsche Kolouicilpolitik bewog ihn ge¬ radezu, sich in Verleumdungen zu ergehen. Nachdem ihn zunächst die „Ham¬ burger Börsenhalle" dementirt hatte, that die Direktion der Diskontvgesellschaft desgleichen, und zuletzt mußte er sich vom Vorsitzenden des Verwaltungsrates jener Gesellschaft auf seine Behauptungen in der Budgetkommission und in der Neichstagssitzung vom 26. Juni folgendes in öffentlichen Blättern ins Gesicht erklären lassen: „Es ist unwahr und erfunden, daß Herr von Hansemann oder Herr von Ohlendorsf bei dem Ankaufe der Baringschen ^Samoa-) Aktien irgend¬ wie beteiligt ist. Es ist weder ein Hamburger noch ein Berliner Bankinstitut noch Bankier dabei interessirt, sondern nur genannten Kreisen ganz fernstehende Personen. Der Ankauf der Aktien war in den ersten Tagen des Mai gesichert, nachdem die Verhandlungen mit Barinas bereits Monate lang gedauert hatten. Die Dampfersubveutiousvorlage hat das Konsortium uicht beeinflußt, konnte es auch garnicht, da sie erst später vorgelegt wurde. Es ist unwahr, daß sür die Baringschen Aktien 20 000 Pfund Sterling bezahlt worden sind. Es ist unwahr und erfunden, daß der Samocigesellschaft . . . von irgend einer Person, Bank oder Gesellschaft ein Vorschuß von 40000 Pfund Sterling oder von irgendeinem andern Betrage — die gewöhnlichen Vorschüsse auf Waren- ladnngen ausgenommen — geleistet oder daß ein solcher anch nur geplant ist. Die Behauptung des Herrn Bamberger,... die Veranschlagung des Ackerlandes, ^auf Samoa^, das niemand anbauen oder gar kaufen will, werde in der Bilanz zu immer höhern Aktivsätzen angenommen, mit dem Zusätze, sonst könne man kein nennenswertes Kapital mehr auf die Aktivseite setzen, mit andern Worten, die Direktion fabrizire und der Verwaltungsrat genehmige Abschlüsse mit der Absicht, die Situation der Gesellschaft besser erscheinen zu lassen, als sie ist, Grenzboten III. 1884. 21

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/169>, abgerufen am 15.06.2024.