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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die Gngel auf Erden.
Roman von Viktor Bersezio.
Ans dem Italienischen,
(Fortsetzung,)

ehrere Tage waren vergangen, Rina war nicht von Guidos Bette
gewichen; Adele hatte sie zweimal täglich besucht, um ihr Gesell¬
schaft zu leisten, und jedesmal hatte der Kleine nach Paul, den
er sehr ins Herz geschlossen zu haben schien, verlangt, und hatte
gefragt, warum der Onkel ihn garnicht besuche.

Sage ihm, er soll kommen, sagte Nina ganz unbefangen zu Adele.

Und Paul erschien und kam jeden folgenden Tag. Und wie schön waren
die Stunden, welche Rina, Adele und Paul nun miteinander verlebten! Mit
der zunehmenden Vertraulichkeit öffnete Nina die herrlichen Eigenschaften ihrer
Seele immer mehr, und Paul legte ohne alle Ziererei die Lebhaftigkeit, Schlag-
fertigkeit und Herrschaft seines Verstandes an den Tag. Nie verstieg er sich
in Ninas Gegenwart zu jenen sarkastischen, ironischen und skeptischen Ausfällen,
welche er sich früher sogar in Gegenwart der Schwester erlaubt hatte. Es
schien, als ob er diese böse Angewohnheit für immer ablegen wollte.

Als Guido wieder ausgehen durfte, kam die Reihe an Rina, mit ihrem
Knaben Adelen zu besuchen. Sie traf dann sehr häufig mit Devcmnis zusammen,
und am Abend war fast immer auch Cerci zugegen; und alle diese miteinander
so wohlwollend und sympathisch gestimmten Personen verlebten die köstlichsten
Stunden in freundschaftlicher Unterhaltung, während die Knaben in der Nähe
spielten. Kein geringes Vergnügen aber war es, wenn der große Josef, welchem
der Doktor den Beinamen des Riesen Goliath gegeben hatte, sich herbeilassen
mußte, den lebhaftesten und hauptsächlichsten Anteil an diesen Spielen und diesem
Trubel zu nehmen.




Die Gngel auf Erden.
Roman von Viktor Bersezio.
Ans dem Italienischen,
(Fortsetzung,)

ehrere Tage waren vergangen, Rina war nicht von Guidos Bette
gewichen; Adele hatte sie zweimal täglich besucht, um ihr Gesell¬
schaft zu leisten, und jedesmal hatte der Kleine nach Paul, den
er sehr ins Herz geschlossen zu haben schien, verlangt, und hatte
gefragt, warum der Onkel ihn garnicht besuche.

Sage ihm, er soll kommen, sagte Nina ganz unbefangen zu Adele.

Und Paul erschien und kam jeden folgenden Tag. Und wie schön waren
die Stunden, welche Rina, Adele und Paul nun miteinander verlebten! Mit
der zunehmenden Vertraulichkeit öffnete Nina die herrlichen Eigenschaften ihrer
Seele immer mehr, und Paul legte ohne alle Ziererei die Lebhaftigkeit, Schlag-
fertigkeit und Herrschaft seines Verstandes an den Tag. Nie verstieg er sich
in Ninas Gegenwart zu jenen sarkastischen, ironischen und skeptischen Ausfällen,
welche er sich früher sogar in Gegenwart der Schwester erlaubt hatte. Es
schien, als ob er diese böse Angewohnheit für immer ablegen wollte.

Als Guido wieder ausgehen durfte, kam die Reihe an Rina, mit ihrem
Knaben Adelen zu besuchen. Sie traf dann sehr häufig mit Devcmnis zusammen,
und am Abend war fast immer auch Cerci zugegen; und alle diese miteinander
so wohlwollend und sympathisch gestimmten Personen verlebten die köstlichsten
Stunden in freundschaftlicher Unterhaltung, während die Knaben in der Nähe
spielten. Kein geringes Vergnügen aber war es, wenn der große Josef, welchem
der Doktor den Beinamen des Riesen Goliath gegeben hatte, sich herbeilassen
mußte, den lebhaftesten und hauptsächlichsten Anteil an diesen Spielen und diesem
Trubel zu nehmen.


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[0051] [Abbildung] Die Gngel auf Erden. Roman von Viktor Bersezio. Ans dem Italienischen, (Fortsetzung,) ehrere Tage waren vergangen, Rina war nicht von Guidos Bette gewichen; Adele hatte sie zweimal täglich besucht, um ihr Gesell¬ schaft zu leisten, und jedesmal hatte der Kleine nach Paul, den er sehr ins Herz geschlossen zu haben schien, verlangt, und hatte gefragt, warum der Onkel ihn garnicht besuche. Sage ihm, er soll kommen, sagte Nina ganz unbefangen zu Adele. Und Paul erschien und kam jeden folgenden Tag. Und wie schön waren die Stunden, welche Rina, Adele und Paul nun miteinander verlebten! Mit der zunehmenden Vertraulichkeit öffnete Nina die herrlichen Eigenschaften ihrer Seele immer mehr, und Paul legte ohne alle Ziererei die Lebhaftigkeit, Schlag- fertigkeit und Herrschaft seines Verstandes an den Tag. Nie verstieg er sich in Ninas Gegenwart zu jenen sarkastischen, ironischen und skeptischen Ausfällen, welche er sich früher sogar in Gegenwart der Schwester erlaubt hatte. Es schien, als ob er diese böse Angewohnheit für immer ablegen wollte. Als Guido wieder ausgehen durfte, kam die Reihe an Rina, mit ihrem Knaben Adelen zu besuchen. Sie traf dann sehr häufig mit Devcmnis zusammen, und am Abend war fast immer auch Cerci zugegen; und alle diese miteinander so wohlwollend und sympathisch gestimmten Personen verlebten die köstlichsten Stunden in freundschaftlicher Unterhaltung, während die Knaben in der Nähe spielten. Kein geringes Vergnügen aber war es, wenn der große Josef, welchem der Doktor den Beinamen des Riesen Goliath gegeben hatte, sich herbeilassen mußte, den lebhaftesten und hauptsächlichsten Anteil an diesen Spielen und diesem Trubel zu nehmen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/51>, abgerufen am 05.06.2024.