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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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ist, ein ästhetisches Urteil abgiebt, das keine andre Zeitschrift drucken zu lassen
wagen würde, ein gesellschaftliches Übel oder eine Modethorheit bekämpft, die
allgemein verbreitet ist und der daher alle Welt schmeicheln zu müssen glaubt,
was liegt daran, wer den Aufsatz geschrieben? Wenn er nur den Nagel auf
den Kopf trifft. Unsre bisherigen Freunde wissen recht gut, daß die Grenz¬
boten keine Lagerstätte von beliebigen Aufsätzen "berühmter" Autoren sind,
sondern daß sie einen festgeschlossenen Kreis von Mitarbeitern haben, die nicht
bloß in ihren politischen, sondern auch in ihren religiösen und sittlichen, ihren
wissenschaftlichen und ästhetischen Anschauungen in allem wesentlichen überein¬
stimmen, und unter die so leicht kein monro novruz Aufnahme findet. Wer es
im einzelnen Falle ist, der seine Stimme erhebt, ist ganz gleichgiltig; was gesagt
wird und daß es gesagt wird, ist die Hauptsache.

So bitten wir denn auch beim Jahreswechsel nicht, wie manche unsrer
verehrten Kolleginnen, um die "Gunst" des Publikums, um jene Gunst, die so
leicht zu erwerben ist, wenn man nur dem Publikum immer hübsch zeigt, wie
klug es ist und wie recht es hat, wenn man der öffentlichen Meinung gehörig
nach dem Munde redet und sich wohl hütet, den Liebhabereien und Schwächen,
den Irrtümern und Thorheiten der Menschen zu nahe treten. Alles, um was
wir bitte" und verständigerweise bitten können, ist nach wie vor: guter Wille
und Empfänglichkeit.


Die Verlagshandlung und die Redaktion
der Grenzboten.

Druck von Carl Marquart in Leipzig.

ist, ein ästhetisches Urteil abgiebt, das keine andre Zeitschrift drucken zu lassen
wagen würde, ein gesellschaftliches Übel oder eine Modethorheit bekämpft, die
allgemein verbreitet ist und der daher alle Welt schmeicheln zu müssen glaubt,
was liegt daran, wer den Aufsatz geschrieben? Wenn er nur den Nagel auf
den Kopf trifft. Unsre bisherigen Freunde wissen recht gut, daß die Grenz¬
boten keine Lagerstätte von beliebigen Aufsätzen „berühmter" Autoren sind,
sondern daß sie einen festgeschlossenen Kreis von Mitarbeitern haben, die nicht
bloß in ihren politischen, sondern auch in ihren religiösen und sittlichen, ihren
wissenschaftlichen und ästhetischen Anschauungen in allem wesentlichen überein¬
stimmen, und unter die so leicht kein monro novruz Aufnahme findet. Wer es
im einzelnen Falle ist, der seine Stimme erhebt, ist ganz gleichgiltig; was gesagt
wird und daß es gesagt wird, ist die Hauptsache.

So bitten wir denn auch beim Jahreswechsel nicht, wie manche unsrer
verehrten Kolleginnen, um die „Gunst" des Publikums, um jene Gunst, die so
leicht zu erwerben ist, wenn man nur dem Publikum immer hübsch zeigt, wie
klug es ist und wie recht es hat, wenn man der öffentlichen Meinung gehörig
nach dem Munde redet und sich wohl hütet, den Liebhabereien und Schwächen,
den Irrtümern und Thorheiten der Menschen zu nahe treten. Alles, um was
wir bitte» und verständigerweise bitten können, ist nach wie vor: guter Wille
und Empfänglichkeit.


Die Verlagshandlung und die Redaktion
der Grenzboten.

Druck von Carl Marquart in Leipzig.
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[0012] ist, ein ästhetisches Urteil abgiebt, das keine andre Zeitschrift drucken zu lassen wagen würde, ein gesellschaftliches Übel oder eine Modethorheit bekämpft, die allgemein verbreitet ist und der daher alle Welt schmeicheln zu müssen glaubt, was liegt daran, wer den Aufsatz geschrieben? Wenn er nur den Nagel auf den Kopf trifft. Unsre bisherigen Freunde wissen recht gut, daß die Grenz¬ boten keine Lagerstätte von beliebigen Aufsätzen „berühmter" Autoren sind, sondern daß sie einen festgeschlossenen Kreis von Mitarbeitern haben, die nicht bloß in ihren politischen, sondern auch in ihren religiösen und sittlichen, ihren wissenschaftlichen und ästhetischen Anschauungen in allem wesentlichen überein¬ stimmen, und unter die so leicht kein monro novruz Aufnahme findet. Wer es im einzelnen Falle ist, der seine Stimme erhebt, ist ganz gleichgiltig; was gesagt wird und daß es gesagt wird, ist die Hauptsache. So bitten wir denn auch beim Jahreswechsel nicht, wie manche unsrer verehrten Kolleginnen, um die „Gunst" des Publikums, um jene Gunst, die so leicht zu erwerben ist, wenn man nur dem Publikum immer hübsch zeigt, wie klug es ist und wie recht es hat, wenn man der öffentlichen Meinung gehörig nach dem Munde redet und sich wohl hütet, den Liebhabereien und Schwächen, den Irrtümern und Thorheiten der Menschen zu nahe treten. Alles, um was wir bitte» und verständigerweise bitten können, ist nach wie vor: guter Wille und Empfänglichkeit. Die Verlagshandlung und die Redaktion der Grenzboten. [Abbildung] Druck von Carl Marquart in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/12>, abgerufen am 22.05.2024.