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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.

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Äberschlesien und seine Germanisirung.

Händen. Obwohl nun diese deutschen Besitzer schlechterdings keine Sympathie
für das Polnische haben, ja obwohl ihnen dieses vielfach sogar unbequem und
lästig ist, so wird doch merkwürdigerweise von den Beamten derselben, die
wieder fast ausnahmslos Deutsche sind, mit den Arbeitern in der Regel
nur polnisch gesprochen. Daß dadurch die deutsche Sprache nicht gefördert
werden kann, liegt auf der Hand. Es mag ja unter Umständen für den be¬
treffenden Beamten bequemer sein, seine Befehle kurz polnisch zu geben, als sie
deutsch zu umschreiben. Aber soll es mit der deutschen Sprache weiter vor¬
wärts gehen, so wird auch hier Wandel geschaffen werden müssen. Der Anfang
hierzu mag ja etwas anstrengend sein, aber wenn beharrlich deutsch gesprochen
wird, so werden die Arbeiter, bei dem angebornen Geschick, das alle Nach¬
kommen slawischer Nationalität für fremde Sprachen haben, und bei der Unter¬
stützung, die jetzt hierin die Schule gewährt, bald deutsche Befehle ebenso leicht
verstehen wie polnische. Ganz ebenso verhält es sich mit den deutschen Ge¬
schäftstreibenden, Fabrikbesitzern und Handwerkern. Auch diese müßten im Ver¬
kehr mit ihren polnisch sprechenden Arbeitern und Dienstboten immer nur die
deutsche Sprache gebrauchen. Auch bei der Eisenbahnverwaltung, beim Forst¬
fach und in der Bergwerks- und Hüttenverwaltung müßte dieser Gebrauch streng
durchgeführt werden. Wie sorglos in dieser Beziehung oft verfahren worden
ist, wollen wir nur an einem Beispiele zeigen. Bis vor kurzer Zeit ist, wie bei
Gelegenheit amtlich zur Kenntnis gekommen ist, selbst in einer Anzahl fiskalischer
Berg- und Hüttenwerke von einigen königlichen Beamten gegenüber den Ar¬
beitern vielfach die polnische Sprache gebraucht worden, obwohl es doch eigentlich
selbstverständlich gewesen wäre, daß dort deutsch gesprochen und hierdurch das
Bestreben der Regierung, die deutsche Sprache weiter zu verbreiten, unter¬
stützt worden wäre.

Kämen die angeführten Maßnahmen in Kirche, Schule und Verkehr streng
und allseitig zur Durchführung, so würde spätestens in einem Menschenalter in
Oberschlesien wohl kaum noch ein Mensch gefunden werden, der des Deutschen
nicht mächtig wäre. Aber nur durch Anwendung der von uns angeführten
Mittel und auf keine andre Weise ist es möglich, Oberschlesien in friedlicher
Weise und ohne jede Anwendung von Zwangsmitteln dauernd und sicher für
die deutsche Sprache und das Deutschtum zu gewinnen.




Grenzboten III. 1887.34
Äberschlesien und seine Germanisirung.

Händen. Obwohl nun diese deutschen Besitzer schlechterdings keine Sympathie
für das Polnische haben, ja obwohl ihnen dieses vielfach sogar unbequem und
lästig ist, so wird doch merkwürdigerweise von den Beamten derselben, die
wieder fast ausnahmslos Deutsche sind, mit den Arbeitern in der Regel
nur polnisch gesprochen. Daß dadurch die deutsche Sprache nicht gefördert
werden kann, liegt auf der Hand. Es mag ja unter Umständen für den be¬
treffenden Beamten bequemer sein, seine Befehle kurz polnisch zu geben, als sie
deutsch zu umschreiben. Aber soll es mit der deutschen Sprache weiter vor¬
wärts gehen, so wird auch hier Wandel geschaffen werden müssen. Der Anfang
hierzu mag ja etwas anstrengend sein, aber wenn beharrlich deutsch gesprochen
wird, so werden die Arbeiter, bei dem angebornen Geschick, das alle Nach¬
kommen slawischer Nationalität für fremde Sprachen haben, und bei der Unter¬
stützung, die jetzt hierin die Schule gewährt, bald deutsche Befehle ebenso leicht
verstehen wie polnische. Ganz ebenso verhält es sich mit den deutschen Ge¬
schäftstreibenden, Fabrikbesitzern und Handwerkern. Auch diese müßten im Ver¬
kehr mit ihren polnisch sprechenden Arbeitern und Dienstboten immer nur die
deutsche Sprache gebrauchen. Auch bei der Eisenbahnverwaltung, beim Forst¬
fach und in der Bergwerks- und Hüttenverwaltung müßte dieser Gebrauch streng
durchgeführt werden. Wie sorglos in dieser Beziehung oft verfahren worden
ist, wollen wir nur an einem Beispiele zeigen. Bis vor kurzer Zeit ist, wie bei
Gelegenheit amtlich zur Kenntnis gekommen ist, selbst in einer Anzahl fiskalischer
Berg- und Hüttenwerke von einigen königlichen Beamten gegenüber den Ar¬
beitern vielfach die polnische Sprache gebraucht worden, obwohl es doch eigentlich
selbstverständlich gewesen wäre, daß dort deutsch gesprochen und hierdurch das
Bestreben der Regierung, die deutsche Sprache weiter zu verbreiten, unter¬
stützt worden wäre.

Kämen die angeführten Maßnahmen in Kirche, Schule und Verkehr streng
und allseitig zur Durchführung, so würde spätestens in einem Menschenalter in
Oberschlesien wohl kaum noch ein Mensch gefunden werden, der des Deutschen
nicht mächtig wäre. Aber nur durch Anwendung der von uns angeführten
Mittel und auf keine andre Weise ist es möglich, Oberschlesien in friedlicher
Weise und ohne jede Anwendung von Zwangsmitteln dauernd und sicher für
die deutsche Sprache und das Deutschtum zu gewinnen.




Grenzboten III. 1887.34
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[0273] Äberschlesien und seine Germanisirung. Händen. Obwohl nun diese deutschen Besitzer schlechterdings keine Sympathie für das Polnische haben, ja obwohl ihnen dieses vielfach sogar unbequem und lästig ist, so wird doch merkwürdigerweise von den Beamten derselben, die wieder fast ausnahmslos Deutsche sind, mit den Arbeitern in der Regel nur polnisch gesprochen. Daß dadurch die deutsche Sprache nicht gefördert werden kann, liegt auf der Hand. Es mag ja unter Umständen für den be¬ treffenden Beamten bequemer sein, seine Befehle kurz polnisch zu geben, als sie deutsch zu umschreiben. Aber soll es mit der deutschen Sprache weiter vor¬ wärts gehen, so wird auch hier Wandel geschaffen werden müssen. Der Anfang hierzu mag ja etwas anstrengend sein, aber wenn beharrlich deutsch gesprochen wird, so werden die Arbeiter, bei dem angebornen Geschick, das alle Nach¬ kommen slawischer Nationalität für fremde Sprachen haben, und bei der Unter¬ stützung, die jetzt hierin die Schule gewährt, bald deutsche Befehle ebenso leicht verstehen wie polnische. Ganz ebenso verhält es sich mit den deutschen Ge¬ schäftstreibenden, Fabrikbesitzern und Handwerkern. Auch diese müßten im Ver¬ kehr mit ihren polnisch sprechenden Arbeitern und Dienstboten immer nur die deutsche Sprache gebrauchen. Auch bei der Eisenbahnverwaltung, beim Forst¬ fach und in der Bergwerks- und Hüttenverwaltung müßte dieser Gebrauch streng durchgeführt werden. Wie sorglos in dieser Beziehung oft verfahren worden ist, wollen wir nur an einem Beispiele zeigen. Bis vor kurzer Zeit ist, wie bei Gelegenheit amtlich zur Kenntnis gekommen ist, selbst in einer Anzahl fiskalischer Berg- und Hüttenwerke von einigen königlichen Beamten gegenüber den Ar¬ beitern vielfach die polnische Sprache gebraucht worden, obwohl es doch eigentlich selbstverständlich gewesen wäre, daß dort deutsch gesprochen und hierdurch das Bestreben der Regierung, die deutsche Sprache weiter zu verbreiten, unter¬ stützt worden wäre. Kämen die angeführten Maßnahmen in Kirche, Schule und Verkehr streng und allseitig zur Durchführung, so würde spätestens in einem Menschenalter in Oberschlesien wohl kaum noch ein Mensch gefunden werden, der des Deutschen nicht mächtig wäre. Aber nur durch Anwendung der von uns angeführten Mittel und auf keine andre Weise ist es möglich, Oberschlesien in friedlicher Weise und ohne jede Anwendung von Zwangsmitteln dauernd und sicher für die deutsche Sprache und das Deutschtum zu gewinnen. Grenzboten III. 1887.34

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200778/273>, abgerufen am 14.05.2024.