Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Lrmäßiguug der Anwaltsgebühren.

kvmmcnsfrcige die Ehrenfahue entfaltet und der heilige Krieg gepredigt. Die
Menschen sind doch überall gleich!

Man mag den Gerichten nachsagen, was man will, so wird man doch
schwerlich unser Volk von der Absicht abbringen, daß bei der Frage der Anwalts-
gebnhren sie doch immerhin die berufensten Urteiler seien, und daß es weniger
fehlerhaft sei, hier eine denkbare Einseitigkeit in Kauf zu nehmen, als sich einfach
bei der Ansicht der Anwälte selbst zu beruhigen. Es ist gewiß richtig, daß der
Gesichtspunkt, von welchem der Anwalt und der Richter die Gebühren des
Urwalds betrachten, verschieden ist, aber wenn es richtig wäre, daß die Richter
allgemein den Gebühreuforderungen der Anwälte wenig günstig seien, so könnte
der Grund hierfür nur in schlechten Erfahrungen gefunden werden, welche vielleicht
bei einzelnen Anwälten gemacht worden wären. Aber einerseits müßte man
doch Bedenken tragen, diesem Umstände eine Beeinträchtigung der Fähigkeit der
Richter zur unbefangenen Würdigung beizumessen, und anderseits würde, selbst
wenn dies als möglich zugegeben wäre, immerhin keine andre Instanz ge¬
sunden werden können, welche außer den Anwälten selbst eine ausreichende
Sachkenntnis besitzt, um in die Geheimnisse der Gebnhrenrechnung einzudringen
und über die in Betracht kommenden Fragen ein maßgebendes Urteil ab¬
zugeben.

Eine Befragung der Gerichte über ihre Erfahrungen auf dem Gebiete der
Auwaltsgebühren kaun nur dem krankhaften Selbstgefühl als eine Herabsetzung
des Auwaltstaudes erscheinen. Denn so wenig bis jetzt bekannt geworden ist,
daß im geselligen Verkehr ein Gegensatz zwischen Richtern und Anwälten und
insbesondre ein Anspruch der ersteren auf Bevorzugung sich geltend gemacht
habe, und so wenig dies dadurch hervorgerufen ist, daß in der beiderseitigen
geschäftlichen Thätigkeit der Richter in der bevorzugten Stellung desjenigen
erscheint, dem die Entscheidung anvertraut ist, so wenig kann der Anwaltstand
dadurch in seiner Ehre sich beeinträchtigt fühlen, daß man über eine durchaus
in den Kreis der geschäftlichen Angelegenheiten fallende Frage das Urteil der
Gerichte herbeizieht.

Diese einleitenden Bemerkungen schienen erforderlich, um für den Unter¬
zeichneten als richterlichen Beamten gewissermaßen die Befugnis zu einem eignen
Urteile zu erstreiten und den durch die bezeichneten mehr leidenschaftlichen als
durchdachten Angriffe aufgewühlten Boden wieder soweit zu ebnen, daß eine
ruhige Erwägung des Für und Wider eine Unterlage findet. Daß bei letz¬
terer, unbeschadet der energische" Abwehr unbegründeter Ansprüche, kein den
Anwälten grundsätzlich abgeneigter Standpunkt vertreten wird, dürfte aus den
nachfolgenden Erörterungen sich ergebe".

Was den für die Bemessung der Auwaltsgebühren maßgebenden Gesichts¬
punkt betrifft, so bezeichnet die Begründung des Gesetzentwurfes denselben nur
negativ, indem sie ausspricht, es könne, nachdem durch Freigebung der Anwalt-


Die Lrmäßiguug der Anwaltsgebühren.

kvmmcnsfrcige die Ehrenfahue entfaltet und der heilige Krieg gepredigt. Die
Menschen sind doch überall gleich!

Man mag den Gerichten nachsagen, was man will, so wird man doch
schwerlich unser Volk von der Absicht abbringen, daß bei der Frage der Anwalts-
gebnhren sie doch immerhin die berufensten Urteiler seien, und daß es weniger
fehlerhaft sei, hier eine denkbare Einseitigkeit in Kauf zu nehmen, als sich einfach
bei der Ansicht der Anwälte selbst zu beruhigen. Es ist gewiß richtig, daß der
Gesichtspunkt, von welchem der Anwalt und der Richter die Gebühren des
Urwalds betrachten, verschieden ist, aber wenn es richtig wäre, daß die Richter
allgemein den Gebühreuforderungen der Anwälte wenig günstig seien, so könnte
der Grund hierfür nur in schlechten Erfahrungen gefunden werden, welche vielleicht
bei einzelnen Anwälten gemacht worden wären. Aber einerseits müßte man
doch Bedenken tragen, diesem Umstände eine Beeinträchtigung der Fähigkeit der
Richter zur unbefangenen Würdigung beizumessen, und anderseits würde, selbst
wenn dies als möglich zugegeben wäre, immerhin keine andre Instanz ge¬
sunden werden können, welche außer den Anwälten selbst eine ausreichende
Sachkenntnis besitzt, um in die Geheimnisse der Gebnhrenrechnung einzudringen
und über die in Betracht kommenden Fragen ein maßgebendes Urteil ab¬
zugeben.

Eine Befragung der Gerichte über ihre Erfahrungen auf dem Gebiete der
Auwaltsgebühren kaun nur dem krankhaften Selbstgefühl als eine Herabsetzung
des Auwaltstaudes erscheinen. Denn so wenig bis jetzt bekannt geworden ist,
daß im geselligen Verkehr ein Gegensatz zwischen Richtern und Anwälten und
insbesondre ein Anspruch der ersteren auf Bevorzugung sich geltend gemacht
habe, und so wenig dies dadurch hervorgerufen ist, daß in der beiderseitigen
geschäftlichen Thätigkeit der Richter in der bevorzugten Stellung desjenigen
erscheint, dem die Entscheidung anvertraut ist, so wenig kann der Anwaltstand
dadurch in seiner Ehre sich beeinträchtigt fühlen, daß man über eine durchaus
in den Kreis der geschäftlichen Angelegenheiten fallende Frage das Urteil der
Gerichte herbeizieht.

Diese einleitenden Bemerkungen schienen erforderlich, um für den Unter¬
zeichneten als richterlichen Beamten gewissermaßen die Befugnis zu einem eignen
Urteile zu erstreiten und den durch die bezeichneten mehr leidenschaftlichen als
durchdachten Angriffe aufgewühlten Boden wieder soweit zu ebnen, daß eine
ruhige Erwägung des Für und Wider eine Unterlage findet. Daß bei letz¬
terer, unbeschadet der energische» Abwehr unbegründeter Ansprüche, kein den
Anwälten grundsätzlich abgeneigter Standpunkt vertreten wird, dürfte aus den
nachfolgenden Erörterungen sich ergebe«.

Was den für die Bemessung der Auwaltsgebühren maßgebenden Gesichts¬
punkt betrifft, so bezeichnet die Begründung des Gesetzentwurfes denselben nur
negativ, indem sie ausspricht, es könne, nachdem durch Freigebung der Anwalt-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0322" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/201101"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Lrmäßiguug der Anwaltsgebühren.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_924" prev="#ID_923"> kvmmcnsfrcige die Ehrenfahue entfaltet und der heilige Krieg gepredigt. Die<lb/>
Menschen sind doch überall gleich!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_925"> Man mag den Gerichten nachsagen, was man will, so wird man doch<lb/>
schwerlich unser Volk von der Absicht abbringen, daß bei der Frage der Anwalts-<lb/>
gebnhren sie doch immerhin die berufensten Urteiler seien, und daß es weniger<lb/>
fehlerhaft sei, hier eine denkbare Einseitigkeit in Kauf zu nehmen, als sich einfach<lb/>
bei der Ansicht der Anwälte selbst zu beruhigen. Es ist gewiß richtig, daß der<lb/>
Gesichtspunkt, von welchem der Anwalt und der Richter die Gebühren des<lb/>
Urwalds betrachten, verschieden ist, aber wenn es richtig wäre, daß die Richter<lb/>
allgemein den Gebühreuforderungen der Anwälte wenig günstig seien, so könnte<lb/>
der Grund hierfür nur in schlechten Erfahrungen gefunden werden, welche vielleicht<lb/>
bei einzelnen Anwälten gemacht worden wären. Aber einerseits müßte man<lb/>
doch Bedenken tragen, diesem Umstände eine Beeinträchtigung der Fähigkeit der<lb/>
Richter zur unbefangenen Würdigung beizumessen, und anderseits würde, selbst<lb/>
wenn dies als möglich zugegeben wäre, immerhin keine andre Instanz ge¬<lb/>
sunden werden können, welche außer den Anwälten selbst eine ausreichende<lb/>
Sachkenntnis besitzt, um in die Geheimnisse der Gebnhrenrechnung einzudringen<lb/>
und über die in Betracht kommenden Fragen ein maßgebendes Urteil ab¬<lb/>
zugeben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_926"> Eine Befragung der Gerichte über ihre Erfahrungen auf dem Gebiete der<lb/>
Auwaltsgebühren kaun nur dem krankhaften Selbstgefühl als eine Herabsetzung<lb/>
des Auwaltstaudes erscheinen. Denn so wenig bis jetzt bekannt geworden ist,<lb/>
daß im geselligen Verkehr ein Gegensatz zwischen Richtern und Anwälten und<lb/>
insbesondre ein Anspruch der ersteren auf Bevorzugung sich geltend gemacht<lb/>
habe, und so wenig dies dadurch hervorgerufen ist, daß in der beiderseitigen<lb/>
geschäftlichen Thätigkeit der Richter in der bevorzugten Stellung desjenigen<lb/>
erscheint, dem die Entscheidung anvertraut ist, so wenig kann der Anwaltstand<lb/>
dadurch in seiner Ehre sich beeinträchtigt fühlen, daß man über eine durchaus<lb/>
in den Kreis der geschäftlichen Angelegenheiten fallende Frage das Urteil der<lb/>
Gerichte herbeizieht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_927"> Diese einleitenden Bemerkungen schienen erforderlich, um für den Unter¬<lb/>
zeichneten als richterlichen Beamten gewissermaßen die Befugnis zu einem eignen<lb/>
Urteile zu erstreiten und den durch die bezeichneten mehr leidenschaftlichen als<lb/>
durchdachten Angriffe aufgewühlten Boden wieder soweit zu ebnen, daß eine<lb/>
ruhige Erwägung des Für und Wider eine Unterlage findet. Daß bei letz¬<lb/>
terer, unbeschadet der energische» Abwehr unbegründeter Ansprüche, kein den<lb/>
Anwälten grundsätzlich abgeneigter Standpunkt vertreten wird, dürfte aus den<lb/>
nachfolgenden Erörterungen sich ergebe«.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_928" next="#ID_929"> Was den für die Bemessung der Auwaltsgebühren maßgebenden Gesichts¬<lb/>
punkt betrifft, so bezeichnet die Begründung des Gesetzentwurfes denselben nur<lb/>
negativ, indem sie ausspricht, es könne, nachdem durch Freigebung der Anwalt-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0322] Die Lrmäßiguug der Anwaltsgebühren. kvmmcnsfrcige die Ehrenfahue entfaltet und der heilige Krieg gepredigt. Die Menschen sind doch überall gleich! Man mag den Gerichten nachsagen, was man will, so wird man doch schwerlich unser Volk von der Absicht abbringen, daß bei der Frage der Anwalts- gebnhren sie doch immerhin die berufensten Urteiler seien, und daß es weniger fehlerhaft sei, hier eine denkbare Einseitigkeit in Kauf zu nehmen, als sich einfach bei der Ansicht der Anwälte selbst zu beruhigen. Es ist gewiß richtig, daß der Gesichtspunkt, von welchem der Anwalt und der Richter die Gebühren des Urwalds betrachten, verschieden ist, aber wenn es richtig wäre, daß die Richter allgemein den Gebühreuforderungen der Anwälte wenig günstig seien, so könnte der Grund hierfür nur in schlechten Erfahrungen gefunden werden, welche vielleicht bei einzelnen Anwälten gemacht worden wären. Aber einerseits müßte man doch Bedenken tragen, diesem Umstände eine Beeinträchtigung der Fähigkeit der Richter zur unbefangenen Würdigung beizumessen, und anderseits würde, selbst wenn dies als möglich zugegeben wäre, immerhin keine andre Instanz ge¬ sunden werden können, welche außer den Anwälten selbst eine ausreichende Sachkenntnis besitzt, um in die Geheimnisse der Gebnhrenrechnung einzudringen und über die in Betracht kommenden Fragen ein maßgebendes Urteil ab¬ zugeben. Eine Befragung der Gerichte über ihre Erfahrungen auf dem Gebiete der Auwaltsgebühren kaun nur dem krankhaften Selbstgefühl als eine Herabsetzung des Auwaltstaudes erscheinen. Denn so wenig bis jetzt bekannt geworden ist, daß im geselligen Verkehr ein Gegensatz zwischen Richtern und Anwälten und insbesondre ein Anspruch der ersteren auf Bevorzugung sich geltend gemacht habe, und so wenig dies dadurch hervorgerufen ist, daß in der beiderseitigen geschäftlichen Thätigkeit der Richter in der bevorzugten Stellung desjenigen erscheint, dem die Entscheidung anvertraut ist, so wenig kann der Anwaltstand dadurch in seiner Ehre sich beeinträchtigt fühlen, daß man über eine durchaus in den Kreis der geschäftlichen Angelegenheiten fallende Frage das Urteil der Gerichte herbeizieht. Diese einleitenden Bemerkungen schienen erforderlich, um für den Unter¬ zeichneten als richterlichen Beamten gewissermaßen die Befugnis zu einem eignen Urteile zu erstreiten und den durch die bezeichneten mehr leidenschaftlichen als durchdachten Angriffe aufgewühlten Boden wieder soweit zu ebnen, daß eine ruhige Erwägung des Für und Wider eine Unterlage findet. Daß bei letz¬ terer, unbeschadet der energische» Abwehr unbegründeter Ansprüche, kein den Anwälten grundsätzlich abgeneigter Standpunkt vertreten wird, dürfte aus den nachfolgenden Erörterungen sich ergebe«. Was den für die Bemessung der Auwaltsgebühren maßgebenden Gesichts¬ punkt betrifft, so bezeichnet die Begründung des Gesetzentwurfes denselben nur negativ, indem sie ausspricht, es könne, nachdem durch Freigebung der Anwalt-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200778/322
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200778/322>, abgerufen am 28.05.2024.