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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

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Kleinere Mitteilungen.

Ludwig wußte sehr Wohl, wie mißlich es um das eigentlich dichterische Ver¬
dienst der zahlreichen politischen Dichter stand, die in den vierziger Jahren den
litterarischen Markt erfüllten. Mit anmutiger Wendung sucht er einen der kleinen
politischen Sänger -- wahrscheinlich einen Heimatsgenossen -- über seine Unbe-
bcdeutendheit mit dem Gedichte "Guter Rat" zu trösten:


Mein Freund, fehlt dir die rechte Kunst,
So leis von deinem Stoff dir Gunst!
Man kann, steht er am hohen Ort,
Den Kleinen weiter sehn.
Du stammelst? Immer stammte fort
Von Licht und Freiheit. Solch ein Wort
Klingt auch gestammelt schön.

Aber während er so für die Politischen Sänger, sofern sie nur eigne Empfindung
ausdrückten, milden Zuspruch hatte, erfüllte" die Weltschmerzler, die gespreizten und
eiteln Nachahmer des Dichterlords seine starke und schlichte Natur mit wachsender
Ungeduld, was sich in dem gleichfalls deu ersten vierziger Jahren angehörigen kurzen
Gedichte: "An manche neuere Dichter" kundgiebt:


Werdet Männer doch, bei Christ!
Bleibt nicht knabenhaft!
Unerschöpflich Bergwerk ist
Deutschen Sinnes Kraft.
Hängt euch nicht an fremdes Wort
Kehrt zu euch zurück;
Muthig schreitet fort und fort.
Vorgewandt den Blick.
Deutsch sei euer Thun und Buch,
Freunde, folget mir:
Bhron wart ihr lang genug,
Seid nun einmal ihr!

Der hier angeschlagene einfache, starke Ton war denn auch der, der fast durch alle
spätern Gedichte Otto Ludwigs hiudurchkliugt und des Dichters prächtigen Spruch
bewahrheitet:


Es spinnt sich der Tand
Von selber fort:
Die reichste Kunst
Such im ärmsten Wort!





Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig.
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. -- Druck von Carl Marquart in Leipzig.
Kleinere Mitteilungen.

Ludwig wußte sehr Wohl, wie mißlich es um das eigentlich dichterische Ver¬
dienst der zahlreichen politischen Dichter stand, die in den vierziger Jahren den
litterarischen Markt erfüllten. Mit anmutiger Wendung sucht er einen der kleinen
politischen Sänger — wahrscheinlich einen Heimatsgenossen — über seine Unbe-
bcdeutendheit mit dem Gedichte „Guter Rat" zu trösten:


Mein Freund, fehlt dir die rechte Kunst,
So leis von deinem Stoff dir Gunst!
Man kann, steht er am hohen Ort,
Den Kleinen weiter sehn.
Du stammelst? Immer stammte fort
Von Licht und Freiheit. Solch ein Wort
Klingt auch gestammelt schön.

Aber während er so für die Politischen Sänger, sofern sie nur eigne Empfindung
ausdrückten, milden Zuspruch hatte, erfüllte» die Weltschmerzler, die gespreizten und
eiteln Nachahmer des Dichterlords seine starke und schlichte Natur mit wachsender
Ungeduld, was sich in dem gleichfalls deu ersten vierziger Jahren angehörigen kurzen
Gedichte: „An manche neuere Dichter" kundgiebt:


Werdet Männer doch, bei Christ!
Bleibt nicht knabenhaft!
Unerschöpflich Bergwerk ist
Deutschen Sinnes Kraft.
Hängt euch nicht an fremdes Wort
Kehrt zu euch zurück;
Muthig schreitet fort und fort.
Vorgewandt den Blick.
Deutsch sei euer Thun und Buch,
Freunde, folget mir:
Bhron wart ihr lang genug,
Seid nun einmal ihr!

Der hier angeschlagene einfache, starke Ton war denn auch der, der fast durch alle
spätern Gedichte Otto Ludwigs hiudurchkliugt und des Dichters prächtigen Spruch
bewahrheitet:


Es spinnt sich der Tand
Von selber fort:
Die reichste Kunst
Such im ärmsten Wort!





Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig.
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig.
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[0248] Kleinere Mitteilungen. Ludwig wußte sehr Wohl, wie mißlich es um das eigentlich dichterische Ver¬ dienst der zahlreichen politischen Dichter stand, die in den vierziger Jahren den litterarischen Markt erfüllten. Mit anmutiger Wendung sucht er einen der kleinen politischen Sänger — wahrscheinlich einen Heimatsgenossen — über seine Unbe- bcdeutendheit mit dem Gedichte „Guter Rat" zu trösten: Mein Freund, fehlt dir die rechte Kunst, So leis von deinem Stoff dir Gunst! Man kann, steht er am hohen Ort, Den Kleinen weiter sehn. Du stammelst? Immer stammte fort Von Licht und Freiheit. Solch ein Wort Klingt auch gestammelt schön. Aber während er so für die Politischen Sänger, sofern sie nur eigne Empfindung ausdrückten, milden Zuspruch hatte, erfüllte» die Weltschmerzler, die gespreizten und eiteln Nachahmer des Dichterlords seine starke und schlichte Natur mit wachsender Ungeduld, was sich in dem gleichfalls deu ersten vierziger Jahren angehörigen kurzen Gedichte: „An manche neuere Dichter" kundgiebt: Werdet Männer doch, bei Christ! Bleibt nicht knabenhaft! Unerschöpflich Bergwerk ist Deutschen Sinnes Kraft. Hängt euch nicht an fremdes Wort Kehrt zu euch zurück; Muthig schreitet fort und fort. Vorgewandt den Blick. Deutsch sei euer Thun und Buch, Freunde, folget mir: Bhron wart ihr lang genug, Seid nun einmal ihr! Der hier angeschlagene einfache, starke Ton war denn auch der, der fast durch alle spätern Gedichte Otto Ludwigs hiudurchkliugt und des Dichters prächtigen Spruch bewahrheitet: Es spinnt sich der Tand Von selber fort: Die reichste Kunst Such im ärmsten Wort! Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig. Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/248>, abgerufen am 24.05.2024.