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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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bares Interesse an dem mehr oder weniger guten Zustande der Feuerlösch-
einrichtnngen nicht hat. Wohl ist dieser Zustand von Einfluß ans die Höhe
des Versicherungspreises, unnötig oder schwieriger macht er die Feuerver¬
sicherung aber nicht. Das Interesse, daß jener Zustand ein möglichst guter
sei, liegt vielmehr ausschließlich bei den Einwohnern der einzelnen Orte und
Gemeinden, und zwar in viel höherem Grade bei den Unversicherten als bei
den Versicherten, denn letztere sind zwar ebenso wie erstere wegen des Schutzes
ihres Lebens und ihrer Gesundheit daran interessirt, nicht aber mehr wegen
der durch einen Brand zu befürchtenden Vermögensnachteile, für welche die
Feuerversicherungsaustalt den Versicherten auszukommen hat. Burdel man
also den Felierversichernngsunternehmnngen die .Kosten der Feuerwehr- und
Feuerlöschanstalten ganz oder teilweise ans, so besteuert man damit mittelbar
die Versicherten zu Gunsten der Unversicherten, weil die Fenerversichernngen
genötigt sind und durch kein Mittel verhindert werden können, den Preis der
Versicherung entsprechend den ihnen auferlegten Lasten zu erhöhen. Die
fragliche Besteuerungsart würde darnach als ungerecht überhaupt zu verwerfen
sein, wenn das eben gesagte nicht dennoch in einem Punkte eine Einschränkung
zuließe, nämlich da, wo eine plötzliche und erhebliche Verbesserung der Feuer-
löscheinrichtnngen eintritt. Hier haben diejenigen Anstalten, die in der be¬
treffenden Gemeinde eine mehr oder minder große Anzahl von Versicherungen
haben, deren Verträge vor dem Zeitpunkt der eingetretenen Verbesserung ge¬
schlossen worden sind und noch darüber hinaus laufen, thatsächlich einen ohne
ihr Zuthun entstandenen Vorteil dnrch Verminderung ihres Risikos, und es
erscheint zulässig und billig, daß sie einen diesem Vorteil entsprechenden ein¬
maligen Beitrag zu den .Kosten der eingetretenen Verbesserungen des Feuer¬
löschwesens leisten. Darüber hinaus ist aber jede Besteuerung der Fenerver-
sicherungsanstalten zu Feuerlöschzwecken ungerecht nud würde darauf hinauslaufen,
den wirtschaftlichen Leichtsinn, der in der Nichtverhinderung liegt, zu befördern
und das Gegenteil mit einer besondern Abgabe zu belasten.

Hierdurch ist also die Grenze und der Maßstab sür die in Rede stehende
Besteuerung gegeben. Das Recht der Gemeinden und Einzelstaaten, die Feuer¬
versicherungsanstalten zu den Kosten von Neueinrichtungen auf dem Gebiete
des Feuerlöschwesens heranzuziehen, könnte bestehen bleiben, aber es müßte
reichsgesetzlich dahin begrenzt werden, daß es erstens nnr einmal anläßlich jeder
solchen Neueinrichtung ausgeübt werdeu darf, und daß eine Mnximalgrenze, die
zweckmäßig in einem bestimmten Satze für jedes Tausend der in der betreffenden
Gemeinde geschlossenen Gesanrtversichernngssumme bestehen würde, für den Kvsten-
beitrag der Feuerversicheruugsallstalten festgesetzt wird, woran sie nach Ver¬
hältnis ihres Versicherungsbestandes in dem Orte oder der Gemeinde teilzu-
nehmen Hütten. Gegen unbillige Anforderungen der Gemeinden in dieser Hinsicht
würde den Fenerversichernngsanstalten die Beschwerde bei der betreffenden


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bares Interesse an dem mehr oder weniger guten Zustande der Feuerlösch-
einrichtnngen nicht hat. Wohl ist dieser Zustand von Einfluß ans die Höhe
des Versicherungspreises, unnötig oder schwieriger macht er die Feuerver¬
sicherung aber nicht. Das Interesse, daß jener Zustand ein möglichst guter
sei, liegt vielmehr ausschließlich bei den Einwohnern der einzelnen Orte und
Gemeinden, und zwar in viel höherem Grade bei den Unversicherten als bei
den Versicherten, denn letztere sind zwar ebenso wie erstere wegen des Schutzes
ihres Lebens und ihrer Gesundheit daran interessirt, nicht aber mehr wegen
der durch einen Brand zu befürchtenden Vermögensnachteile, für welche die
Feuerversicherungsaustalt den Versicherten auszukommen hat. Burdel man
also den Felierversichernngsunternehmnngen die .Kosten der Feuerwehr- und
Feuerlöschanstalten ganz oder teilweise ans, so besteuert man damit mittelbar
die Versicherten zu Gunsten der Unversicherten, weil die Fenerversichernngen
genötigt sind und durch kein Mittel verhindert werden können, den Preis der
Versicherung entsprechend den ihnen auferlegten Lasten zu erhöhen. Die
fragliche Besteuerungsart würde darnach als ungerecht überhaupt zu verwerfen
sein, wenn das eben gesagte nicht dennoch in einem Punkte eine Einschränkung
zuließe, nämlich da, wo eine plötzliche und erhebliche Verbesserung der Feuer-
löscheinrichtnngen eintritt. Hier haben diejenigen Anstalten, die in der be¬
treffenden Gemeinde eine mehr oder minder große Anzahl von Versicherungen
haben, deren Verträge vor dem Zeitpunkt der eingetretenen Verbesserung ge¬
schlossen worden sind und noch darüber hinaus laufen, thatsächlich einen ohne
ihr Zuthun entstandenen Vorteil dnrch Verminderung ihres Risikos, und es
erscheint zulässig und billig, daß sie einen diesem Vorteil entsprechenden ein¬
maligen Beitrag zu den .Kosten der eingetretenen Verbesserungen des Feuer¬
löschwesens leisten. Darüber hinaus ist aber jede Besteuerung der Fenerver-
sicherungsanstalten zu Feuerlöschzwecken ungerecht nud würde darauf hinauslaufen,
den wirtschaftlichen Leichtsinn, der in der Nichtverhinderung liegt, zu befördern
und das Gegenteil mit einer besondern Abgabe zu belasten.

Hierdurch ist also die Grenze und der Maßstab sür die in Rede stehende
Besteuerung gegeben. Das Recht der Gemeinden und Einzelstaaten, die Feuer¬
versicherungsanstalten zu den Kosten von Neueinrichtungen auf dem Gebiete
des Feuerlöschwesens heranzuziehen, könnte bestehen bleiben, aber es müßte
reichsgesetzlich dahin begrenzt werden, daß es erstens nnr einmal anläßlich jeder
solchen Neueinrichtung ausgeübt werdeu darf, und daß eine Mnximalgrenze, die
zweckmäßig in einem bestimmten Satze für jedes Tausend der in der betreffenden
Gemeinde geschlossenen Gesanrtversichernngssumme bestehen würde, für den Kvsten-
beitrag der Feuerversicheruugsallstalten festgesetzt wird, woran sie nach Ver¬
hältnis ihres Versicherungsbestandes in dem Orte oder der Gemeinde teilzu-
nehmen Hütten. Gegen unbillige Anforderungen der Gemeinden in dieser Hinsicht
würde den Fenerversichernngsanstalten die Beschwerde bei der betreffenden


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[0310] Weiteres zum Versicherungswesen bares Interesse an dem mehr oder weniger guten Zustande der Feuerlösch- einrichtnngen nicht hat. Wohl ist dieser Zustand von Einfluß ans die Höhe des Versicherungspreises, unnötig oder schwieriger macht er die Feuerver¬ sicherung aber nicht. Das Interesse, daß jener Zustand ein möglichst guter sei, liegt vielmehr ausschließlich bei den Einwohnern der einzelnen Orte und Gemeinden, und zwar in viel höherem Grade bei den Unversicherten als bei den Versicherten, denn letztere sind zwar ebenso wie erstere wegen des Schutzes ihres Lebens und ihrer Gesundheit daran interessirt, nicht aber mehr wegen der durch einen Brand zu befürchtenden Vermögensnachteile, für welche die Feuerversicherungsaustalt den Versicherten auszukommen hat. Burdel man also den Felierversichernngsunternehmnngen die .Kosten der Feuerwehr- und Feuerlöschanstalten ganz oder teilweise ans, so besteuert man damit mittelbar die Versicherten zu Gunsten der Unversicherten, weil die Fenerversichernngen genötigt sind und durch kein Mittel verhindert werden können, den Preis der Versicherung entsprechend den ihnen auferlegten Lasten zu erhöhen. Die fragliche Besteuerungsart würde darnach als ungerecht überhaupt zu verwerfen sein, wenn das eben gesagte nicht dennoch in einem Punkte eine Einschränkung zuließe, nämlich da, wo eine plötzliche und erhebliche Verbesserung der Feuer- löscheinrichtnngen eintritt. Hier haben diejenigen Anstalten, die in der be¬ treffenden Gemeinde eine mehr oder minder große Anzahl von Versicherungen haben, deren Verträge vor dem Zeitpunkt der eingetretenen Verbesserung ge¬ schlossen worden sind und noch darüber hinaus laufen, thatsächlich einen ohne ihr Zuthun entstandenen Vorteil dnrch Verminderung ihres Risikos, und es erscheint zulässig und billig, daß sie einen diesem Vorteil entsprechenden ein¬ maligen Beitrag zu den .Kosten der eingetretenen Verbesserungen des Feuer¬ löschwesens leisten. Darüber hinaus ist aber jede Besteuerung der Fenerver- sicherungsanstalten zu Feuerlöschzwecken ungerecht nud würde darauf hinauslaufen, den wirtschaftlichen Leichtsinn, der in der Nichtverhinderung liegt, zu befördern und das Gegenteil mit einer besondern Abgabe zu belasten. Hierdurch ist also die Grenze und der Maßstab sür die in Rede stehende Besteuerung gegeben. Das Recht der Gemeinden und Einzelstaaten, die Feuer¬ versicherungsanstalten zu den Kosten von Neueinrichtungen auf dem Gebiete des Feuerlöschwesens heranzuziehen, könnte bestehen bleiben, aber es müßte reichsgesetzlich dahin begrenzt werden, daß es erstens nnr einmal anläßlich jeder solchen Neueinrichtung ausgeübt werdeu darf, und daß eine Mnximalgrenze, die zweckmäßig in einem bestimmten Satze für jedes Tausend der in der betreffenden Gemeinde geschlossenen Gesanrtversichernngssumme bestehen würde, für den Kvsten- beitrag der Feuerversicheruugsallstalten festgesetzt wird, woran sie nach Ver¬ hältnis ihres Versicherungsbestandes in dem Orte oder der Gemeinde teilzu- nehmen Hütten. Gegen unbillige Anforderungen der Gemeinden in dieser Hinsicht würde den Fenerversichernngsanstalten die Beschwerde bei der betreffenden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/310>, abgerufen am 16.06.2024.