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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Litteratur

Grundriß des Systems der Philosophie als Bestimmnngslehre. Bon Ludwig
Fischer. Mit graphischen Darstellungen. Wiesbaden, I. F. Bergmann, 1890

Das Uitgliick der Philosophie, hat nach Fischer bisher darin bestanden, daß es
ihr an einem sichern, allgemeingiltigen Forschungsprinzip, einer gesetzmäßigen Me¬
thode fehlte, und an einem geeigneten Verständigungsmittel. "Die Sprache reicht
nicht ans; die Philosophen verstehen einander nicht." Daß die Philosophen ein¬
ander nicht verstehen, und daß wir andern Menschen hierdurch von der Verpflichtung
entbunden werden, die Philosophen zu verstehen, ist allerdings richtig; aber vielleicht
ist daran weniger die Mangelhaftigkeit der Sprache schuld, als der Mißbrauch, den
man mit ihr treibt. Fischer null dein vermeintlichen Mangel dadurch abhelfen, daß
er ein Formelsystem für die Philosophie erfindet, wie die Mathematik eins hat.
Die Grnndformel der Philosophie besteht in einem n, das mit einem zweispitzigen
Pfeile links nach einer 1 und rechts nach einer 2 hinweist. Das erfüllt uns mit
neuem Respekt gegen eiuen alte" längst verstorbene" Pfarrer, der in alle" Schwierig¬
keiten des Lebens mit dem einen Satze anstaun "Jedes Ding hat seine zwei Seiten."
(Doch, daß ich nicht lüge, er besaß zwei Weisheitssprüche; wo der erste nicht paßte,
da übte der andre seine unfehlbare Wirkung: "'s ist alles bloß Geldschneiderei!")
Eine Formel ist sehr nützlich zur Veranschaulichung und bequemern Handhabung
dessen, was man schon weiß, aber was man nicht weiß, das offenbart sie nicht,
sogar in der Mathematik nicht. Den, ersten "systematischen" Teile, als dessen
Hauptvorzug wir seinen geringen Umfang ansehen, soll ein zweiter,, mehr historischer"
folgen.


Die römische Kirche, ihre Einwirkung ans die germanischen Stämme und daS deutsche
Volk. Bon Michel. Halle, Max Niemeyer, 1889

Das Buch kommt einige Jahre zu spät oder zu früh, indem es den Kriegs¬
zustand zwischen dein deutschen Reiche und der rinnischen Kirche voraussetzt und
alle Deutsche", namentlich die katholischen, bewegen will, sich auf die Seite des
Staates zu stellen. Zu diesem 'Zwecke werden die Hanptbegebenheiten der .Kirchen¬
geschichte und der Geschichte des deutschen Volkes in der Weise gruppirt und be¬
leuchtet, wie das in den Schriften der Altkatholite" und in den .Kundgebungen des
Evangelischen Bundes zu geschehen pflegt. Wer sich in der Tagespresse oder in
Vortrügen an dieser Kriegführung beteiligen will, der findel i" dem Buche Waffen
und Munition gesammelt "ut beqnem angeordnet. Der Name Michel scheint ein
Pseudonym z" sein.






Für die Redaktion veraiitwvrllich: Johannes Griniow in Leipzig
Verlag von Fr. Will). Gruuow in Leipzig -- Druck von Carl Mnrqnnrt in Leipzig
Litteratur

Grundriß des Systems der Philosophie als Bestimmnngslehre. Bon Ludwig
Fischer. Mit graphischen Darstellungen. Wiesbaden, I. F. Bergmann, 1890

Das Uitgliick der Philosophie, hat nach Fischer bisher darin bestanden, daß es
ihr an einem sichern, allgemeingiltigen Forschungsprinzip, einer gesetzmäßigen Me¬
thode fehlte, und an einem geeigneten Verständigungsmittel. „Die Sprache reicht
nicht ans; die Philosophen verstehen einander nicht." Daß die Philosophen ein¬
ander nicht verstehen, und daß wir andern Menschen hierdurch von der Verpflichtung
entbunden werden, die Philosophen zu verstehen, ist allerdings richtig; aber vielleicht
ist daran weniger die Mangelhaftigkeit der Sprache schuld, als der Mißbrauch, den
man mit ihr treibt. Fischer null dein vermeintlichen Mangel dadurch abhelfen, daß
er ein Formelsystem für die Philosophie erfindet, wie die Mathematik eins hat.
Die Grnndformel der Philosophie besteht in einem n, das mit einem zweispitzigen
Pfeile links nach einer 1 und rechts nach einer 2 hinweist. Das erfüllt uns mit
neuem Respekt gegen eiuen alte» längst verstorbene» Pfarrer, der in alle» Schwierig¬
keiten des Lebens mit dem einen Satze anstaun „Jedes Ding hat seine zwei Seiten."
(Doch, daß ich nicht lüge, er besaß zwei Weisheitssprüche; wo der erste nicht paßte,
da übte der andre seine unfehlbare Wirkung: „'s ist alles bloß Geldschneiderei!")
Eine Formel ist sehr nützlich zur Veranschaulichung und bequemern Handhabung
dessen, was man schon weiß, aber was man nicht weiß, das offenbart sie nicht,
sogar in der Mathematik nicht. Den, ersten „systematischen" Teile, als dessen
Hauptvorzug wir seinen geringen Umfang ansehen, soll ein zweiter,, mehr historischer"
folgen.


Die römische Kirche, ihre Einwirkung ans die germanischen Stämme und daS deutsche
Volk. Bon Michel. Halle, Max Niemeyer, 1889

Das Buch kommt einige Jahre zu spät oder zu früh, indem es den Kriegs¬
zustand zwischen dein deutschen Reiche und der rinnischen Kirche voraussetzt und
alle Deutsche», namentlich die katholischen, bewegen will, sich auf die Seite des
Staates zu stellen. Zu diesem 'Zwecke werden die Hanptbegebenheiten der .Kirchen¬
geschichte und der Geschichte des deutschen Volkes in der Weise gruppirt und be¬
leuchtet, wie das in den Schriften der Altkatholite» und in den .Kundgebungen des
Evangelischen Bundes zu geschehen pflegt. Wer sich in der Tagespresse oder in
Vortrügen an dieser Kriegführung beteiligen will, der findel i» dem Buche Waffen
und Munition gesammelt »ut beqnem angeordnet. Der Name Michel scheint ein
Pseudonym z» sein.






Für die Redaktion veraiitwvrllich: Johannes Griniow in Leipzig
Verlag von Fr. Will). Gruuow in Leipzig — Druck von Carl Mnrqnnrt in Leipzig
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[0256] Litteratur Grundriß des Systems der Philosophie als Bestimmnngslehre. Bon Ludwig Fischer. Mit graphischen Darstellungen. Wiesbaden, I. F. Bergmann, 1890 Das Uitgliick der Philosophie, hat nach Fischer bisher darin bestanden, daß es ihr an einem sichern, allgemeingiltigen Forschungsprinzip, einer gesetzmäßigen Me¬ thode fehlte, und an einem geeigneten Verständigungsmittel. „Die Sprache reicht nicht ans; die Philosophen verstehen einander nicht." Daß die Philosophen ein¬ ander nicht verstehen, und daß wir andern Menschen hierdurch von der Verpflichtung entbunden werden, die Philosophen zu verstehen, ist allerdings richtig; aber vielleicht ist daran weniger die Mangelhaftigkeit der Sprache schuld, als der Mißbrauch, den man mit ihr treibt. Fischer null dein vermeintlichen Mangel dadurch abhelfen, daß er ein Formelsystem für die Philosophie erfindet, wie die Mathematik eins hat. Die Grnndformel der Philosophie besteht in einem n, das mit einem zweispitzigen Pfeile links nach einer 1 und rechts nach einer 2 hinweist. Das erfüllt uns mit neuem Respekt gegen eiuen alte» längst verstorbene» Pfarrer, der in alle» Schwierig¬ keiten des Lebens mit dem einen Satze anstaun „Jedes Ding hat seine zwei Seiten." (Doch, daß ich nicht lüge, er besaß zwei Weisheitssprüche; wo der erste nicht paßte, da übte der andre seine unfehlbare Wirkung: „'s ist alles bloß Geldschneiderei!") Eine Formel ist sehr nützlich zur Veranschaulichung und bequemern Handhabung dessen, was man schon weiß, aber was man nicht weiß, das offenbart sie nicht, sogar in der Mathematik nicht. Den, ersten „systematischen" Teile, als dessen Hauptvorzug wir seinen geringen Umfang ansehen, soll ein zweiter,, mehr historischer" folgen. Die römische Kirche, ihre Einwirkung ans die germanischen Stämme und daS deutsche Volk. Bon Michel. Halle, Max Niemeyer, 1889 Das Buch kommt einige Jahre zu spät oder zu früh, indem es den Kriegs¬ zustand zwischen dein deutschen Reiche und der rinnischen Kirche voraussetzt und alle Deutsche», namentlich die katholischen, bewegen will, sich auf die Seite des Staates zu stellen. Zu diesem 'Zwecke werden die Hanptbegebenheiten der .Kirchen¬ geschichte und der Geschichte des deutschen Volkes in der Weise gruppirt und be¬ leuchtet, wie das in den Schriften der Altkatholite» und in den .Kundgebungen des Evangelischen Bundes zu geschehen pflegt. Wer sich in der Tagespresse oder in Vortrügen an dieser Kriegführung beteiligen will, der findel i» dem Buche Waffen und Munition gesammelt »ut beqnem angeordnet. Der Name Michel scheint ein Pseudonym z» sein. Für die Redaktion veraiitwvrllich: Johannes Griniow in Leipzig Verlag von Fr. Will). Gruuow in Leipzig — Druck von Carl Mnrqnnrt in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/256>, abgerufen am 17.06.2024.