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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Neue Photogravüren

erschienen sind. Ich meine das Haus Goupil u. Co. (jetzt Boussod, Valadon
n. Co.) in Paris. Seit ihrem Entstehen im Jahre 1827 hat diese Verlags-
nnstalt nicht nachgelassen, das Vorzüglichste zu leisten, was sich nur ermög¬
lichen ließ. Früher durch Herstellung guter Grabstichelblätter, neuerdings durch
Anfertigung fast unübertrefflicher Photogravüren hat sie es erreicht, daß sie in
dem Range der außerdeutschen Knnstinstitute obenan steht. Ja sie ist es recht
eigentlich, der die Photogravüre die Bedeutung verdankt, die ihr uuter deu
vervielfältigenden Künsten gegenwärtig zukommt. Als eine Erfindung, die in
den Werkstätten des Goupilschen Hauses selbst durch einen Herrn Rousfelon
gemacht worden ist, hat sie dort immer auch besondre Pflege gefunden; und wenn
auch anderwärts mancherlei ähnliche Verfahren in Anwendung gebracht werdeu,
so ist doch die Goupilsche Photvgravnrc unerreicht und wird es wohl auch
bleiben, so lange das Geheimnis ihrer Herstellung mit der bisherigen Strenge
gehütet wird. Was sich da den Augen des Publikums als fertiges Bild dar¬
stellt, ist das Erzeugnis einer Verschmelzung der Photographie mit dem Kupfer¬
druck. Bald vornehm kühl in schwärzlichem Grau, bald einfarbig in heitern
Tönen, bald in buntem Farbenschmucke, zeigen uns diese französischen Blätter
alles, was sich bis zur Stunde an Vervollkommnungen des Verfahrens hat
ersinnen lassen. Damit soll nicht gesagt sein, daß alles gleichwertig sei.
Meinem Geschmacke wenigstens und dein einiger Personen, deren Urteil mir
maßgebend ist, sagen die schwarzen nud einfarbig getonten Stücke mehr zu als
die bunten. Ich wühle den letzten Ausdruck mit Absicht, weil er die Eigen¬
schaft deutlich macht, die diesen Blättern einen höhern Kunstwert nimmt. So
schwierig ihre Ausführung sein mag und so gern ich zugebe, daß die Hersteller
auf diese Leistungen als auf etwas besondres hinweisen können, so wenig ge¬
nügen doch die bunten Photogravüren den Ansprüchen, die man an wahre
Schönheit der Farben stellen kann. Es bleibt eben ein Unterschied zwischen
einem Kunstwerk und einem bloßen Kunststück. Was geht es mich an, ob die
vielen Farben von einer oder von vielen Platten gedruckt siud, wenn die Har¬
monie der Farben zu wünschen läßt, wenn sie keinen Glanz haben und sich
am Ende nichts weiter darstellt als ein müßig kolvrirtes Bild? Die glück¬
licherweise heutzutage verschollenen bunten Aquatintablätter der englischen
Stecher waren ähnliche Erzeugnisse, und wie jene, werden much die bunten
Photogravüren allmählich wieder verschwinden -- sie müßten sich denn noch
wesentlich ändern.

Was die Gegenstünde auf den Blättern des Goupilschen Verlages be¬
trifft, so ist klar, daß sie nicht alle auf gleicher Stufe stehen können. sendet
doch die Firma zweimal jährlich eine Menge neuer Erzeugnisse in die Welt,
und wenn schon infolge dessen die stete Auswahl wirklich bedeutender Vorbilder
schwierig wird, so muß außerdem die Geschäftspraxiö des französischen Hauses
erwogen werden, das sich zwar ein vornehmes, dabei aber doch möglichst


Neue Photogravüren

erschienen sind. Ich meine das Haus Goupil u. Co. (jetzt Boussod, Valadon
n. Co.) in Paris. Seit ihrem Entstehen im Jahre 1827 hat diese Verlags-
nnstalt nicht nachgelassen, das Vorzüglichste zu leisten, was sich nur ermög¬
lichen ließ. Früher durch Herstellung guter Grabstichelblätter, neuerdings durch
Anfertigung fast unübertrefflicher Photogravüren hat sie es erreicht, daß sie in
dem Range der außerdeutschen Knnstinstitute obenan steht. Ja sie ist es recht
eigentlich, der die Photogravüre die Bedeutung verdankt, die ihr uuter deu
vervielfältigenden Künsten gegenwärtig zukommt. Als eine Erfindung, die in
den Werkstätten des Goupilschen Hauses selbst durch einen Herrn Rousfelon
gemacht worden ist, hat sie dort immer auch besondre Pflege gefunden; und wenn
auch anderwärts mancherlei ähnliche Verfahren in Anwendung gebracht werdeu,
so ist doch die Goupilsche Photvgravnrc unerreicht und wird es wohl auch
bleiben, so lange das Geheimnis ihrer Herstellung mit der bisherigen Strenge
gehütet wird. Was sich da den Augen des Publikums als fertiges Bild dar¬
stellt, ist das Erzeugnis einer Verschmelzung der Photographie mit dem Kupfer¬
druck. Bald vornehm kühl in schwärzlichem Grau, bald einfarbig in heitern
Tönen, bald in buntem Farbenschmucke, zeigen uns diese französischen Blätter
alles, was sich bis zur Stunde an Vervollkommnungen des Verfahrens hat
ersinnen lassen. Damit soll nicht gesagt sein, daß alles gleichwertig sei.
Meinem Geschmacke wenigstens und dein einiger Personen, deren Urteil mir
maßgebend ist, sagen die schwarzen nud einfarbig getonten Stücke mehr zu als
die bunten. Ich wühle den letzten Ausdruck mit Absicht, weil er die Eigen¬
schaft deutlich macht, die diesen Blättern einen höhern Kunstwert nimmt. So
schwierig ihre Ausführung sein mag und so gern ich zugebe, daß die Hersteller
auf diese Leistungen als auf etwas besondres hinweisen können, so wenig ge¬
nügen doch die bunten Photogravüren den Ansprüchen, die man an wahre
Schönheit der Farben stellen kann. Es bleibt eben ein Unterschied zwischen
einem Kunstwerk und einem bloßen Kunststück. Was geht es mich an, ob die
vielen Farben von einer oder von vielen Platten gedruckt siud, wenn die Har¬
monie der Farben zu wünschen läßt, wenn sie keinen Glanz haben und sich
am Ende nichts weiter darstellt als ein müßig kolvrirtes Bild? Die glück¬
licherweise heutzutage verschollenen bunten Aquatintablätter der englischen
Stecher waren ähnliche Erzeugnisse, und wie jene, werden much die bunten
Photogravüren allmählich wieder verschwinden — sie müßten sich denn noch
wesentlich ändern.

Was die Gegenstünde auf den Blättern des Goupilschen Verlages be¬
trifft, so ist klar, daß sie nicht alle auf gleicher Stufe stehen können. sendet
doch die Firma zweimal jährlich eine Menge neuer Erzeugnisse in die Welt,
und wenn schon infolge dessen die stete Auswahl wirklich bedeutender Vorbilder
schwierig wird, so muß außerdem die Geschäftspraxiö des französischen Hauses
erwogen werden, das sich zwar ein vornehmes, dabei aber doch möglichst


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[0126] Neue Photogravüren erschienen sind. Ich meine das Haus Goupil u. Co. (jetzt Boussod, Valadon n. Co.) in Paris. Seit ihrem Entstehen im Jahre 1827 hat diese Verlags- nnstalt nicht nachgelassen, das Vorzüglichste zu leisten, was sich nur ermög¬ lichen ließ. Früher durch Herstellung guter Grabstichelblätter, neuerdings durch Anfertigung fast unübertrefflicher Photogravüren hat sie es erreicht, daß sie in dem Range der außerdeutschen Knnstinstitute obenan steht. Ja sie ist es recht eigentlich, der die Photogravüre die Bedeutung verdankt, die ihr uuter deu vervielfältigenden Künsten gegenwärtig zukommt. Als eine Erfindung, die in den Werkstätten des Goupilschen Hauses selbst durch einen Herrn Rousfelon gemacht worden ist, hat sie dort immer auch besondre Pflege gefunden; und wenn auch anderwärts mancherlei ähnliche Verfahren in Anwendung gebracht werdeu, so ist doch die Goupilsche Photvgravnrc unerreicht und wird es wohl auch bleiben, so lange das Geheimnis ihrer Herstellung mit der bisherigen Strenge gehütet wird. Was sich da den Augen des Publikums als fertiges Bild dar¬ stellt, ist das Erzeugnis einer Verschmelzung der Photographie mit dem Kupfer¬ druck. Bald vornehm kühl in schwärzlichem Grau, bald einfarbig in heitern Tönen, bald in buntem Farbenschmucke, zeigen uns diese französischen Blätter alles, was sich bis zur Stunde an Vervollkommnungen des Verfahrens hat ersinnen lassen. Damit soll nicht gesagt sein, daß alles gleichwertig sei. Meinem Geschmacke wenigstens und dein einiger Personen, deren Urteil mir maßgebend ist, sagen die schwarzen nud einfarbig getonten Stücke mehr zu als die bunten. Ich wühle den letzten Ausdruck mit Absicht, weil er die Eigen¬ schaft deutlich macht, die diesen Blättern einen höhern Kunstwert nimmt. So schwierig ihre Ausführung sein mag und so gern ich zugebe, daß die Hersteller auf diese Leistungen als auf etwas besondres hinweisen können, so wenig ge¬ nügen doch die bunten Photogravüren den Ansprüchen, die man an wahre Schönheit der Farben stellen kann. Es bleibt eben ein Unterschied zwischen einem Kunstwerk und einem bloßen Kunststück. Was geht es mich an, ob die vielen Farben von einer oder von vielen Platten gedruckt siud, wenn die Har¬ monie der Farben zu wünschen läßt, wenn sie keinen Glanz haben und sich am Ende nichts weiter darstellt als ein müßig kolvrirtes Bild? Die glück¬ licherweise heutzutage verschollenen bunten Aquatintablätter der englischen Stecher waren ähnliche Erzeugnisse, und wie jene, werden much die bunten Photogravüren allmählich wieder verschwinden — sie müßten sich denn noch wesentlich ändern. Was die Gegenstünde auf den Blättern des Goupilschen Verlages be¬ trifft, so ist klar, daß sie nicht alle auf gleicher Stufe stehen können. sendet doch die Firma zweimal jährlich eine Menge neuer Erzeugnisse in die Welt, und wenn schon infolge dessen die stete Auswahl wirklich bedeutender Vorbilder schwierig wird, so muß außerdem die Geschäftspraxiö des französischen Hauses erwogen werden, das sich zwar ein vornehmes, dabei aber doch möglichst

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/126>, abgerufen am 13.05.2024.