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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Der Aolonialrat und die Zukunft Ostafrikas

einer Stelle verwaltend thätig zu sein. An der ganzen Küste sind Häfen, die
mehr oder minder Endpunkte von Karawancnstraßen sind, und als solche zoll¬
amtlich bewacht werden müssen. Auch hier setzt die Thätigkeit der Truppe
ein. An solche Zollstationen wären kleine Detachements zu legen, deren Pflicht
es wäre, den Zollbeamten zur Seite zu stehen. Wir können sogar so weit
gehen, an größern Knotenpunkten von Karawanenstraßen kleine Forts mit
stehender Besatzung zu unterhalte"; doch wird eins in Tabara vielleicht schon
genügen. Seine Aufgabe könnte ja niemals sein, das Land in Schach, respektive
in Gehorsam zu halten, das wäre eine Maßnahme, die eine bedeutende Be¬
satzung des Forts erfordern würde und für unsre Verhältnisse gleich wieder
viel zu groß wäre; es würde vielmehr Aufgabe des Offiziers sein, als Be¬
obachter im Lande thätig zu sein, alle Bewegungen sofort an die Hauptstelle
zu berichten und möglichst großen persönlichen Einfluß im Lande zu gewinnen.
Das Gros der Truppe wird jedenfalls in dem abgegrenzten Gebiet, das wir
das Wirtschaftsgebiet nennen wollen, stationirt sein müssen, und von hier aus
würden die Detachements auf den Zollstationen und den Forts, wenn deren
durchaus mehrere sein müßten, abgelöst werden.

Noch eins. Zur Zeit besteht die Truppe aus Somalis, Zulus und
Sudanesen. Diese Leute erhalten einen bedeutenden Gehalt, und ihr Transport
von und zu ihrer Heimat verschlingt ebenfalls große Summen. Bei alledem
erheben sich Stimmen, als seien sie gar nicht einmal so vorzügliche Krieger,
als man anfänglich anzunehmen geneigt war. Ein einfaches Mittel, zwar
keine bessern Krieger zu erhalten, ihre Unterhaltungskosten aber wesentlich zu
verringern, bestünde darin, in die Truppe einen bestimmten Prozentsatz
Sansibaren oder Leute aus Usambara oder Unhamwezi oder immer die am
tauglichsten befundenen Einwohner unsrer Länder aufzunehmen und zum
Gendarmentum zu erziehen. Erhielten diese Leute dann wirklich ebenso viel
Gehalt wie Zulus oder Sudanesen, so fielen doch die Transportkosten auf dem
Dampfer weg, und damit wäre schon eine schöne Ersparnis geschaffen.

Mur wird zwar sagen, die Leute seien zu feig, ein wirkliches Gefecht zu
wagen, aber dies ist doch unerwiesen. Auf Stanleys Zügen haben sie sich
schließlich doch oft recht tapfer zeigen müssen, die Gelegenheit wurde ihnen oft
genug aufgedrängt. Kein Reisender, der größere Reisen gemacht hat und in
die Lage kam, die Sansibaren in die Enge getrieben zu sehen, spricht ihnen
den Mut ab, Paul Neichhard hat mit seinen Nuga Rugas sehr tapfere Thaten
verrichtet; schließlich ist Fechten ja nicht mehr ihre Aufgabe, sondern an ihren
Gefechtsmut würde doch nur im äußersten Notfalle appellirt werden, ihre
Thätigkeit ist ja in Zukunft ganz friedlich.

(Schluß folgt)




Der Aolonialrat und die Zukunft Ostafrikas

einer Stelle verwaltend thätig zu sein. An der ganzen Küste sind Häfen, die
mehr oder minder Endpunkte von Karawancnstraßen sind, und als solche zoll¬
amtlich bewacht werden müssen. Auch hier setzt die Thätigkeit der Truppe
ein. An solche Zollstationen wären kleine Detachements zu legen, deren Pflicht
es wäre, den Zollbeamten zur Seite zu stehen. Wir können sogar so weit
gehen, an größern Knotenpunkten von Karawanenstraßen kleine Forts mit
stehender Besatzung zu unterhalte»; doch wird eins in Tabara vielleicht schon
genügen. Seine Aufgabe könnte ja niemals sein, das Land in Schach, respektive
in Gehorsam zu halten, das wäre eine Maßnahme, die eine bedeutende Be¬
satzung des Forts erfordern würde und für unsre Verhältnisse gleich wieder
viel zu groß wäre; es würde vielmehr Aufgabe des Offiziers sein, als Be¬
obachter im Lande thätig zu sein, alle Bewegungen sofort an die Hauptstelle
zu berichten und möglichst großen persönlichen Einfluß im Lande zu gewinnen.
Das Gros der Truppe wird jedenfalls in dem abgegrenzten Gebiet, das wir
das Wirtschaftsgebiet nennen wollen, stationirt sein müssen, und von hier aus
würden die Detachements auf den Zollstationen und den Forts, wenn deren
durchaus mehrere sein müßten, abgelöst werden.

Noch eins. Zur Zeit besteht die Truppe aus Somalis, Zulus und
Sudanesen. Diese Leute erhalten einen bedeutenden Gehalt, und ihr Transport
von und zu ihrer Heimat verschlingt ebenfalls große Summen. Bei alledem
erheben sich Stimmen, als seien sie gar nicht einmal so vorzügliche Krieger,
als man anfänglich anzunehmen geneigt war. Ein einfaches Mittel, zwar
keine bessern Krieger zu erhalten, ihre Unterhaltungskosten aber wesentlich zu
verringern, bestünde darin, in die Truppe einen bestimmten Prozentsatz
Sansibaren oder Leute aus Usambara oder Unhamwezi oder immer die am
tauglichsten befundenen Einwohner unsrer Länder aufzunehmen und zum
Gendarmentum zu erziehen. Erhielten diese Leute dann wirklich ebenso viel
Gehalt wie Zulus oder Sudanesen, so fielen doch die Transportkosten auf dem
Dampfer weg, und damit wäre schon eine schöne Ersparnis geschaffen.

Mur wird zwar sagen, die Leute seien zu feig, ein wirkliches Gefecht zu
wagen, aber dies ist doch unerwiesen. Auf Stanleys Zügen haben sie sich
schließlich doch oft recht tapfer zeigen müssen, die Gelegenheit wurde ihnen oft
genug aufgedrängt. Kein Reisender, der größere Reisen gemacht hat und in
die Lage kam, die Sansibaren in die Enge getrieben zu sehen, spricht ihnen
den Mut ab, Paul Neichhard hat mit seinen Nuga Rugas sehr tapfere Thaten
verrichtet; schließlich ist Fechten ja nicht mehr ihre Aufgabe, sondern an ihren
Gefechtsmut würde doch nur im äußersten Notfalle appellirt werden, ihre
Thätigkeit ist ja in Zukunft ganz friedlich.

(Schluß folgt)




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[0451] Der Aolonialrat und die Zukunft Ostafrikas einer Stelle verwaltend thätig zu sein. An der ganzen Küste sind Häfen, die mehr oder minder Endpunkte von Karawancnstraßen sind, und als solche zoll¬ amtlich bewacht werden müssen. Auch hier setzt die Thätigkeit der Truppe ein. An solche Zollstationen wären kleine Detachements zu legen, deren Pflicht es wäre, den Zollbeamten zur Seite zu stehen. Wir können sogar so weit gehen, an größern Knotenpunkten von Karawanenstraßen kleine Forts mit stehender Besatzung zu unterhalte»; doch wird eins in Tabara vielleicht schon genügen. Seine Aufgabe könnte ja niemals sein, das Land in Schach, respektive in Gehorsam zu halten, das wäre eine Maßnahme, die eine bedeutende Be¬ satzung des Forts erfordern würde und für unsre Verhältnisse gleich wieder viel zu groß wäre; es würde vielmehr Aufgabe des Offiziers sein, als Be¬ obachter im Lande thätig zu sein, alle Bewegungen sofort an die Hauptstelle zu berichten und möglichst großen persönlichen Einfluß im Lande zu gewinnen. Das Gros der Truppe wird jedenfalls in dem abgegrenzten Gebiet, das wir das Wirtschaftsgebiet nennen wollen, stationirt sein müssen, und von hier aus würden die Detachements auf den Zollstationen und den Forts, wenn deren durchaus mehrere sein müßten, abgelöst werden. Noch eins. Zur Zeit besteht die Truppe aus Somalis, Zulus und Sudanesen. Diese Leute erhalten einen bedeutenden Gehalt, und ihr Transport von und zu ihrer Heimat verschlingt ebenfalls große Summen. Bei alledem erheben sich Stimmen, als seien sie gar nicht einmal so vorzügliche Krieger, als man anfänglich anzunehmen geneigt war. Ein einfaches Mittel, zwar keine bessern Krieger zu erhalten, ihre Unterhaltungskosten aber wesentlich zu verringern, bestünde darin, in die Truppe einen bestimmten Prozentsatz Sansibaren oder Leute aus Usambara oder Unhamwezi oder immer die am tauglichsten befundenen Einwohner unsrer Länder aufzunehmen und zum Gendarmentum zu erziehen. Erhielten diese Leute dann wirklich ebenso viel Gehalt wie Zulus oder Sudanesen, so fielen doch die Transportkosten auf dem Dampfer weg, und damit wäre schon eine schöne Ersparnis geschaffen. Mur wird zwar sagen, die Leute seien zu feig, ein wirkliches Gefecht zu wagen, aber dies ist doch unerwiesen. Auf Stanleys Zügen haben sie sich schließlich doch oft recht tapfer zeigen müssen, die Gelegenheit wurde ihnen oft genug aufgedrängt. Kein Reisender, der größere Reisen gemacht hat und in die Lage kam, die Sansibaren in die Enge getrieben zu sehen, spricht ihnen den Mut ab, Paul Neichhard hat mit seinen Nuga Rugas sehr tapfere Thaten verrichtet; schließlich ist Fechten ja nicht mehr ihre Aufgabe, sondern an ihren Gefechtsmut würde doch nur im äußersten Notfalle appellirt werden, ihre Thätigkeit ist ja in Zukunft ganz friedlich. (Schluß folgt)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/451>, abgerufen am 13.05.2024.