Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.herein sehr im Argen gelegen, und erst seitdem man nach den Niederlagen von Während die Erziehung der Mädchen bis zum zweiten Kaiserreiche größten¬ Wie die Knabenerziehung, so hat anch die Heranbildung des weiblichen herein sehr im Argen gelegen, und erst seitdem man nach den Niederlagen von Während die Erziehung der Mädchen bis zum zweiten Kaiserreiche größten¬ Wie die Knabenerziehung, so hat anch die Heranbildung des weiblichen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0325" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/208904"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_920" prev="#ID_919"> herein sehr im Argen gelegen, und erst seitdem man nach den Niederlagen von<lb/> 1870 der Fran einen wesentlichen Anteil bei der Ausführung der Revanche-<lb/> Pläne zugedacht hat, insofern man von ihr die ersten Umfange einer Wieder¬<lb/> geburt der Nation in physischer wie geistiger Beziehung erwartet, hat man der<lb/> Mädchemrziehuug, insbesondre der höhern, eine größere Sorgfalt zugewandt.<lb/> An den heranwachsenden Mädchen soll sich vor allem das nous L-rim in on-i»um<lb/> »iuw bewähren, damit sie später nicht nur einem kräftigen Geschlecht das<lb/> Dasein geben können, sondern vor allem auch bereit sind, ähnlich den sparta¬<lb/> nische!? Müttern dein Vaterlande das Teuerste zu opfern, ja im Notfalle gleich<lb/> jenen Jungfrauen von Saragoza das „Süß und ehrenvoll ists, fürs Vater¬<lb/> land zu sterben" zur That werden zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_921"> Während die Erziehung der Mädchen bis zum zweiten Kaiserreiche größten¬<lb/> teils in den Händen der Geistlichkeit und den zu ihrem Gefolge gehörigen<lb/> religiösen Kongregationen lag, ist man unter dem neue» Regiment bemüht, wie<lb/> das heranwachsende männliche Geschlecht, so mich die Töchter des Landes dem<lb/> Einfluß des Klerus zu entziehen. Nach § 17 des Gesetzes von? Oktober<lb/> 188«! dürfen die weiblichen Mitglieder der Kongregationen nicht mehr an öffent¬<lb/> lichen Mädchenschulen angestellt werden. Gleichwohl ist ihr Einfluß auf die<lb/> Mädchenerziehung !u deu Privatinstituten und Klosterpeusionaten insofern be¬<lb/> deutend, als diese Bildungsstätten von der Aristokratie bevorzugt werden.<lb/> Selbstverständlich müssen die Lehrerinnen, wenn sie schulpflichtige Mädchen<lb/> unterrichten wollen, ein Zeugnis auf Grund der vorgeschriebenen Prüfung er¬<lb/> worben haben. Ordenszengnisse (Ivttre« ä'oboäimn«!) genügen nicht mehr. Es<lb/> gehörte bisher in Frankreich zu den alltäglichen Erscheinungen, daß während<lb/> der im I^ovo oder vollöxv erzogene Man» dein Atheismus oder im beseelt<lb/> Falle dem religiöse» Indifferentismus huldigte, die Frau des Hauses, im<lb/> Banne der Geistlichkeit stehend, deu strengsten religiösen Standpunkt einnahm.<lb/> Wenn der Klerus auch wie jeder andre Stand in Frankreich national gesinnt<lb/> ist, so ist er doch kein Freund der Republik und des von ihren Paladinen ver¬<lb/> tretenen Radikalismus; daher das Bestreben der gegenwärtigen Regierung,<lb/> durch Begründung von höher» öffentlichen Mädchenschulen und Pensionaten<lb/> der geistlichen Erziehung Konkurrenz zu macheu. Insbesondre soll dies durch<lb/> die Sekundärschule für junge Mädchen (I^oso national se ooUvM oouunmml<lb/> «><M MMV« M««), der eigensten Schöpfung der dritten Republik, geschehe».<lb/> Um die Stellung dieser Schule in dem gegenwärtigen französischen Schul-<lb/> organismus zu kennzeichnen, ist es nötig, einen Blick ans die Geschichte der<lb/> frmizösischeu Mädchenerziehung zu werfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_922" next="#ID_923"> Wie die Knabenerziehung, so hat anch die Heranbildung des weiblichen<lb/> Geschlechts die Gesetzgeber der erstell Republik wiederholt beschäftigt. Tnlleyrand<lb/> und Condorcet spreche» i» ihren Nnterrichtspläueu von Mädchenschulen, und der<lb/> Name Lehrerin (iuLtiwww-es wird zu derselben Zeit geschaffen, wie der Name Lehrer</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0325]
herein sehr im Argen gelegen, und erst seitdem man nach den Niederlagen von
1870 der Fran einen wesentlichen Anteil bei der Ausführung der Revanche-
Pläne zugedacht hat, insofern man von ihr die ersten Umfange einer Wieder¬
geburt der Nation in physischer wie geistiger Beziehung erwartet, hat man der
Mädchemrziehuug, insbesondre der höhern, eine größere Sorgfalt zugewandt.
An den heranwachsenden Mädchen soll sich vor allem das nous L-rim in on-i»um
»iuw bewähren, damit sie später nicht nur einem kräftigen Geschlecht das
Dasein geben können, sondern vor allem auch bereit sind, ähnlich den sparta¬
nische!? Müttern dein Vaterlande das Teuerste zu opfern, ja im Notfalle gleich
jenen Jungfrauen von Saragoza das „Süß und ehrenvoll ists, fürs Vater¬
land zu sterben" zur That werden zu lassen.
Während die Erziehung der Mädchen bis zum zweiten Kaiserreiche größten¬
teils in den Händen der Geistlichkeit und den zu ihrem Gefolge gehörigen
religiösen Kongregationen lag, ist man unter dem neue» Regiment bemüht, wie
das heranwachsende männliche Geschlecht, so mich die Töchter des Landes dem
Einfluß des Klerus zu entziehen. Nach § 17 des Gesetzes von? Oktober
188«! dürfen die weiblichen Mitglieder der Kongregationen nicht mehr an öffent¬
lichen Mädchenschulen angestellt werden. Gleichwohl ist ihr Einfluß auf die
Mädchenerziehung !u deu Privatinstituten und Klosterpeusionaten insofern be¬
deutend, als diese Bildungsstätten von der Aristokratie bevorzugt werden.
Selbstverständlich müssen die Lehrerinnen, wenn sie schulpflichtige Mädchen
unterrichten wollen, ein Zeugnis auf Grund der vorgeschriebenen Prüfung er¬
worben haben. Ordenszengnisse (Ivttre« ä'oboäimn«!) genügen nicht mehr. Es
gehörte bisher in Frankreich zu den alltäglichen Erscheinungen, daß während
der im I^ovo oder vollöxv erzogene Man» dein Atheismus oder im beseelt
Falle dem religiöse» Indifferentismus huldigte, die Frau des Hauses, im
Banne der Geistlichkeit stehend, deu strengsten religiösen Standpunkt einnahm.
Wenn der Klerus auch wie jeder andre Stand in Frankreich national gesinnt
ist, so ist er doch kein Freund der Republik und des von ihren Paladinen ver¬
tretenen Radikalismus; daher das Bestreben der gegenwärtigen Regierung,
durch Begründung von höher» öffentlichen Mädchenschulen und Pensionaten
der geistlichen Erziehung Konkurrenz zu macheu. Insbesondre soll dies durch
die Sekundärschule für junge Mädchen (I^oso national se ooUvM oouunmml
«><M MMV« M««), der eigensten Schöpfung der dritten Republik, geschehe».
Um die Stellung dieser Schule in dem gegenwärtigen französischen Schul-
organismus zu kennzeichnen, ist es nötig, einen Blick ans die Geschichte der
frmizösischeu Mädchenerziehung zu werfen.
Wie die Knabenerziehung, so hat anch die Heranbildung des weiblichen
Geschlechts die Gesetzgeber der erstell Republik wiederholt beschäftigt. Tnlleyrand
und Condorcet spreche» i» ihren Nnterrichtspläueu von Mädchenschulen, und der
Name Lehrerin (iuLtiwww-es wird zu derselben Zeit geschaffen, wie der Name Lehrer
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