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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Zu Stöckers Entlassung

Einstweilen freilich scheint das noch fern zu sein. Die Juden haben es
verstanden, sich in de" Organen unsrer öffentlichen Meinung eine Vertretung
zu schaffen, die Millionen von Deutschen mundtot macht, als Teilnehmer und
Mitschuldige an einem Treiben zeigt, das ihnen innerlich zuwider ist, dessen
Raum sie sich aber nicht mehr zu entziehen wissen.

So kommt es, daß Stöcker heute in vieler Augen als das dasteht, was
seine Gegner sind; daß er als "Sündenbock" in die Wüste gejagt wird,
während die wahren Feinde unsers Volkes sich als dessen Wohlthäter geberden
und überall auf eine zarte Rücksicht treffen, die dem Gehorsam feiger Sklaven
gleicht.

An diesem furchtbaren Gegensatze zwischen der Außenseite der Dinge und
ihrem innern Gehalt droht alles zu Grunde zu gehen. Wir wollen unser
öffentliches Leben aus der Tiefe heraus erneuern und fangen damit um, daß
wir seinen Verderbern schmeicheln!

Freilich sind die Verhältnisse so verwickelt geworden, daß man dem
Einzelnen kaum einen Vorwurf mehr daraus machen kann, wenn er sich von
dem Strome treiben läßt. Für Unzählige steht bei dein ersten Versuche des
Widerstandes alles auf dem Spiel, während die Staatsgewalt sich durch das
formelle Recht, das sie zu schlitzen verpflichtet ist, gebunden sieht, die Folgerung
eines Standes der Dinge ziehen muß, den sie, von falschen Voraussetzungen
ausgehend, dereinst selbst geschaffen hat.

Wer ändert das? Auch der Stärkste nicht, wenn ihm nicht Schicksals¬
fügungen zu Hilfe kommen. Das ist um letzten Ende die Moral davon, daß
Stöcker jetzt hat gehen müssen.

Aber nicht immer heißt es: Wer gegangen ist, kommt nicht wieder. Die
Macht des Judentums ist einstweilen noch im Wachsen; allein auch die Gegen-
bewegung nimmt sichtlich zu. Jene von außen herein, diese von innen
heraus. Jeder Schritt weiter auf dem Wege zur gesetzlichen Organisation der
Arbeit bedeutet eine grundsätzliche Minderung der Jndenmacht, die von der
Organisationslosigkeit lebt, mit ihr steht und fällt.

In diesem Sinne wird Stöcker, ob nun im Leibe oder im Geiste, wieder¬
kommen. Vielleicht erst, wenn das Wort, das Herwegh, obschon in einem
andern Sinne als wir, von der deutschen Freiheit gesprochen hat, wahr
geworden ist:


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Zu Stöckers Entlassung

Einstweilen freilich scheint das noch fern zu sein. Die Juden haben es
verstanden, sich in de» Organen unsrer öffentlichen Meinung eine Vertretung
zu schaffen, die Millionen von Deutschen mundtot macht, als Teilnehmer und
Mitschuldige an einem Treiben zeigt, das ihnen innerlich zuwider ist, dessen
Raum sie sich aber nicht mehr zu entziehen wissen.

So kommt es, daß Stöcker heute in vieler Augen als das dasteht, was
seine Gegner sind; daß er als „Sündenbock" in die Wüste gejagt wird,
während die wahren Feinde unsers Volkes sich als dessen Wohlthäter geberden
und überall auf eine zarte Rücksicht treffen, die dem Gehorsam feiger Sklaven
gleicht.

An diesem furchtbaren Gegensatze zwischen der Außenseite der Dinge und
ihrem innern Gehalt droht alles zu Grunde zu gehen. Wir wollen unser
öffentliches Leben aus der Tiefe heraus erneuern und fangen damit um, daß
wir seinen Verderbern schmeicheln!

Freilich sind die Verhältnisse so verwickelt geworden, daß man dem
Einzelnen kaum einen Vorwurf mehr daraus machen kann, wenn er sich von
dem Strome treiben läßt. Für Unzählige steht bei dein ersten Versuche des
Widerstandes alles auf dem Spiel, während die Staatsgewalt sich durch das
formelle Recht, das sie zu schlitzen verpflichtet ist, gebunden sieht, die Folgerung
eines Standes der Dinge ziehen muß, den sie, von falschen Voraussetzungen
ausgehend, dereinst selbst geschaffen hat.

Wer ändert das? Auch der Stärkste nicht, wenn ihm nicht Schicksals¬
fügungen zu Hilfe kommen. Das ist um letzten Ende die Moral davon, daß
Stöcker jetzt hat gehen müssen.

Aber nicht immer heißt es: Wer gegangen ist, kommt nicht wieder. Die
Macht des Judentums ist einstweilen noch im Wachsen; allein auch die Gegen-
bewegung nimmt sichtlich zu. Jene von außen herein, diese von innen
heraus. Jeder Schritt weiter auf dem Wege zur gesetzlichen Organisation der
Arbeit bedeutet eine grundsätzliche Minderung der Jndenmacht, die von der
Organisationslosigkeit lebt, mit ihr steht und fällt.

In diesem Sinne wird Stöcker, ob nun im Leibe oder im Geiste, wieder¬
kommen. Vielleicht erst, wenn das Wort, das Herwegh, obschon in einem
andern Sinne als wir, von der deutschen Freiheit gesprochen hat, wahr
geworden ist:


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[0384] Zu Stöckers Entlassung Einstweilen freilich scheint das noch fern zu sein. Die Juden haben es verstanden, sich in de» Organen unsrer öffentlichen Meinung eine Vertretung zu schaffen, die Millionen von Deutschen mundtot macht, als Teilnehmer und Mitschuldige an einem Treiben zeigt, das ihnen innerlich zuwider ist, dessen Raum sie sich aber nicht mehr zu entziehen wissen. So kommt es, daß Stöcker heute in vieler Augen als das dasteht, was seine Gegner sind; daß er als „Sündenbock" in die Wüste gejagt wird, während die wahren Feinde unsers Volkes sich als dessen Wohlthäter geberden und überall auf eine zarte Rücksicht treffen, die dem Gehorsam feiger Sklaven gleicht. An diesem furchtbaren Gegensatze zwischen der Außenseite der Dinge und ihrem innern Gehalt droht alles zu Grunde zu gehen. Wir wollen unser öffentliches Leben aus der Tiefe heraus erneuern und fangen damit um, daß wir seinen Verderbern schmeicheln! Freilich sind die Verhältnisse so verwickelt geworden, daß man dem Einzelnen kaum einen Vorwurf mehr daraus machen kann, wenn er sich von dem Strome treiben läßt. Für Unzählige steht bei dein ersten Versuche des Widerstandes alles auf dem Spiel, während die Staatsgewalt sich durch das formelle Recht, das sie zu schlitzen verpflichtet ist, gebunden sieht, die Folgerung eines Standes der Dinge ziehen muß, den sie, von falschen Voraussetzungen ausgehend, dereinst selbst geschaffen hat. Wer ändert das? Auch der Stärkste nicht, wenn ihm nicht Schicksals¬ fügungen zu Hilfe kommen. Das ist um letzten Ende die Moral davon, daß Stöcker jetzt hat gehen müssen. Aber nicht immer heißt es: Wer gegangen ist, kommt nicht wieder. Die Macht des Judentums ist einstweilen noch im Wachsen; allein auch die Gegen- bewegung nimmt sichtlich zu. Jene von außen herein, diese von innen heraus. Jeder Schritt weiter auf dem Wege zur gesetzlichen Organisation der Arbeit bedeutet eine grundsätzliche Minderung der Jndenmacht, die von der Organisationslosigkeit lebt, mit ihr steht und fällt. In diesem Sinne wird Stöcker, ob nun im Leibe oder im Geiste, wieder¬ kommen. Vielleicht erst, wenn das Wort, das Herwegh, obschon in einem andern Sinne als wir, von der deutschen Freiheit gesprochen hat, wahr geworden ist: "

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/384>, abgerufen am 13.05.2024.