Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.Anhänger Luthers in diesem Lande festen Fuß faßte, und von den Fürsten, In Berlin, besonders bei Hofe, sieht man verschiedene Herren, die ein Sonnenburg.
Anhänger Luthers in diesem Lande festen Fuß faßte, und von den Fürsten, In Berlin, besonders bei Hofe, sieht man verschiedene Herren, die ein Sonnenburg.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0087" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/209320"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_228" prev="#ID_227"> Anhänger Luthers in diesem Lande festen Fuß faßte, und von den Fürsten,<lb/> den unumschränkten Patronen der kirchlichen Ämter, die katholischen Kirchen¬<lb/> güter eingezogen wurden. Dieses Schicksal hatten mich die Besitzungen des<lb/> Ordens der Malteserritter. Da nun der Kurfürst von Brandenburg diesen<lb/> in seinen Staaten so angesehenen Orden nicht aufheben wollte, so bildete er<lb/> ans ihm einen neuen unter dem Namen des Johanniterordens, dem er<lb/> ein Oberhaupt mit dem Titel „Großmeister" gab; diesen belehnte er mit<lb/> den zur Bailei Brandenburg gehörigen Ordensgütern und führte freiwillig<lb/> die von der Battel und den Komtureien zu zahlenden Abgaben an die<lb/> Kasse auf Malta ab, waS auch heute noch, obwohl nicht regelmäßig<lb/> jedes Jahr, geschieht. Die Meister- und Komturwürde können nur branden-<lb/> burgische Edelleute lutherischen oder calvinischen Bekenntnisses bekleiden. Ihr<lb/> Großmeister ist augenblicklich der Markgraf Albert; zu diesem Amte wird<lb/> der würdigste und fähigste unter den Konturen gewählt. Deren giebt es<lb/> fünf; früher war ihre Zahl größer, weil es in Pommern und Mecklenburg<lb/> ursprünglich noch zwei Komtureien gab, die aber infolge der Kriege ihre<lb/> Besitzungen eingebüßt haben. Der Großmeister wird von dem Großprior<lb/> Deutschlands belehnt, der diesen Akt als Schirmvogt von Brandenburg vor¬<lb/> nimmt und ihn darauf aufmerksam macht (?), daß die beiden einst ge¬<lb/> trennten Komtureien Mecklenburg und Pommern jetzt vereinigt sind. Diese<lb/> Battel hat ungefähr 12000, die fetteste Kommende 5000 Thaler Einkünfte.<lb/> Bei der Wahl des neuen Großmeisters werden die neuen Ritter geschlagen,<lb/> die aus Familien stammen müssen, welche der Anfncchme in den Orden wahr¬<lb/> haft würdig sind, weshalb sie auch nicht die Ahnenprobe abzulegen brauchen;<lb/> erst wenn sie das Dienstalter erreicht haben, in dem sie Kommenden erhalten<lb/> können, müssen sie sich ihr unterwerfen, und bei schlechtem Ausfall gehen sie<lb/> leer aus. Die Ritter verehelichen sich teils vor, teils nach Erlangung einer<lb/> Kommende; sie sind weder zur Teilnahme an den Unternehmungen des Ordens,<lb/> noch zu einem festen Wohnsitz verpflichtet, noch um sonstige Vorschriften ge¬<lb/> bunden. Sie tragen das achteckige, emaillirte goldne Krenz, das mit dem<lb/> eigentlichen Malteserkreuze gleich ist, jedoch nicht das leinene, das die Mit¬<lb/> glieder des Ordens kennzeichnet/ Der Großmeister hat seinen Sitz in Sunnen-<lb/> bcrg,^) einer Stadt in der Mark, die von Frankfurt a. d. Oder vier und von<lb/> Küstrin zwei Meilen entfernt ist; dort liegen anch, in einer schönen und frucht¬<lb/> baren Gegend, die Besitzungen der Battel. Der Baron Schicenltz s?) ist gegen¬<lb/> wärtig der zweite im Range der Ordensmitglieder und hat die einträglichste<lb/> Kommende.</p><lb/> <p xml:id="ID_229" next="#ID_230"> In Berlin, besonders bei Hofe, sieht man verschiedene Herren, die ein<lb/> achteckiges, blau emaillirtes und mit dinmanteuer Agraffe geschmücktes goldenes</p><lb/> <note xml:id="FID_21" place="foot"> Sonnenburg.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0087]
Anhänger Luthers in diesem Lande festen Fuß faßte, und von den Fürsten,
den unumschränkten Patronen der kirchlichen Ämter, die katholischen Kirchen¬
güter eingezogen wurden. Dieses Schicksal hatten mich die Besitzungen des
Ordens der Malteserritter. Da nun der Kurfürst von Brandenburg diesen
in seinen Staaten so angesehenen Orden nicht aufheben wollte, so bildete er
ans ihm einen neuen unter dem Namen des Johanniterordens, dem er
ein Oberhaupt mit dem Titel „Großmeister" gab; diesen belehnte er mit
den zur Bailei Brandenburg gehörigen Ordensgütern und führte freiwillig
die von der Battel und den Komtureien zu zahlenden Abgaben an die
Kasse auf Malta ab, waS auch heute noch, obwohl nicht regelmäßig
jedes Jahr, geschieht. Die Meister- und Komturwürde können nur branden-
burgische Edelleute lutherischen oder calvinischen Bekenntnisses bekleiden. Ihr
Großmeister ist augenblicklich der Markgraf Albert; zu diesem Amte wird
der würdigste und fähigste unter den Konturen gewählt. Deren giebt es
fünf; früher war ihre Zahl größer, weil es in Pommern und Mecklenburg
ursprünglich noch zwei Komtureien gab, die aber infolge der Kriege ihre
Besitzungen eingebüßt haben. Der Großmeister wird von dem Großprior
Deutschlands belehnt, der diesen Akt als Schirmvogt von Brandenburg vor¬
nimmt und ihn darauf aufmerksam macht (?), daß die beiden einst ge¬
trennten Komtureien Mecklenburg und Pommern jetzt vereinigt sind. Diese
Battel hat ungefähr 12000, die fetteste Kommende 5000 Thaler Einkünfte.
Bei der Wahl des neuen Großmeisters werden die neuen Ritter geschlagen,
die aus Familien stammen müssen, welche der Anfncchme in den Orden wahr¬
haft würdig sind, weshalb sie auch nicht die Ahnenprobe abzulegen brauchen;
erst wenn sie das Dienstalter erreicht haben, in dem sie Kommenden erhalten
können, müssen sie sich ihr unterwerfen, und bei schlechtem Ausfall gehen sie
leer aus. Die Ritter verehelichen sich teils vor, teils nach Erlangung einer
Kommende; sie sind weder zur Teilnahme an den Unternehmungen des Ordens,
noch zu einem festen Wohnsitz verpflichtet, noch um sonstige Vorschriften ge¬
bunden. Sie tragen das achteckige, emaillirte goldne Krenz, das mit dem
eigentlichen Malteserkreuze gleich ist, jedoch nicht das leinene, das die Mit¬
glieder des Ordens kennzeichnet/ Der Großmeister hat seinen Sitz in Sunnen-
bcrg,^) einer Stadt in der Mark, die von Frankfurt a. d. Oder vier und von
Küstrin zwei Meilen entfernt ist; dort liegen anch, in einer schönen und frucht¬
baren Gegend, die Besitzungen der Battel. Der Baron Schicenltz s?) ist gegen¬
wärtig der zweite im Range der Ordensmitglieder und hat die einträglichste
Kommende.
In Berlin, besonders bei Hofe, sieht man verschiedene Herren, die ein
achteckiges, blau emaillirtes und mit dinmanteuer Agraffe geschmücktes goldenes
Sonnenburg.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |