Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.Rokokostndien 581 überhaupt standen in dem Rufe der Galanterie,*) unter ihnen aber sind die Seinen reichsten und besten Inhalt hat das Wesen artiger und galanter
so ertönt der weltflüchtige Geist mittelalterlicher Askese in Walthers Krenz-
das war das hohe Ziel, das sich im Überschwang des Krastgesühls das neue ^) In dein Buche I," L-i-xs Mlantv holst es von dem sächsischen Minister Hohn: I.v ministro cüiorctwit äsxnis lonZtiZMxs uns tsinmo: it no vonloit xoini av 8-i.xoiiu", cjuoi^i'it Kik L^xon; it clisait <in'ollvs otoisnt trop gulümtss se trop civpvnsiürus. Der vorsichtige Mann heiratete eine Auswärtige -- die spätere Maitresse Augnsis des Starken, die Gräfin Cosel. Grenzboten et 189,74
Rokokostndien 581 überhaupt standen in dem Rufe der Galanterie,*) unter ihnen aber sind die Seinen reichsten und besten Inhalt hat das Wesen artiger und galanter
so ertönt der weltflüchtige Geist mittelalterlicher Askese in Walthers Krenz-
das war das hohe Ziel, das sich im Überschwang des Krastgesühls das neue ^) In dein Buche I,» L-i-xs Mlantv holst es von dem sächsischen Minister Hohn: I.v ministro cüiorctwit äsxnis lonZtiZMxs uns tsinmo: it no vonloit xoini av 8-i.xoiiu«, cjuoi^i'it Kik L^xon; it clisait <in'ollvs otoisnt trop gulümtss se trop civpvnsiürus. Der vorsichtige Mann heiratete eine Auswärtige — die spätere Maitresse Augnsis des Starken, die Gräfin Cosel. Grenzboten et 189,74
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Rokokostndien
581
überhaupt standen in dem Rufe der Galanterie,*) unter ihnen aber sind die
Leipzigerinnen alle Zeit am meisten verherrlicht worden. Sie waren die Ver¬
treterinnen der bürgerlichen Galanterie, die Zierden der vielgerühmten Leipziger
Geselligkeit, das Orakel des guten Geschmacks für weite Kreise.
Seinen reichsten und besten Inhalt hat das Wesen artiger und galanter
Bildung in der Welt des bessern Bürgertums gewonnen, in der „Breite der
Mittelklassen," wie Goethe sich ausdrückt. Aber so anmutig und gefällig sich
auch in vielen kleinen Zügen das Leben darstellte, es mußte das Gepräge der
Beschränktheit und Einförmigkeit tragen. Die Vielgestaltigkeit menschlichen
Strebens und Empfindens, die in der Tiefe nach Befreiung rang, verbarg
sich hinter der glatten Oberfläche des Daseins. Die Stunde kam, wo unter
schmerzlichen Wehen ein neuer Geist die Fesseln zerbrach und aus der Enge
hinaustrat in eine für den trunkner Blick zunächst unabsehbare Weite.
schrankenloser Individualismus, das Gefühl „der jüngsten, reinsten Mensch¬
heit" forderten mit prometheischem Trotze ihre Rechte. „O Schicksal,
v Menschheit" ruft Werther — welche Fülle vou Keimen trieb dieses Wort
in der schwellenden Kraft des neuen Geisteslenzes, nachdem es lange in der
Sprache wie erstorben geruht hatte. Alles, was die Zeit in ihren Tiefen
erregte, in Freud und Leid erbeben machte, „das tiefe schmerzenvolle Glück"
drängte sich in dieses Wort.
Dill mvnsdioit inuox vorciorvon,
füllt wir bon ISn grwoi-thu —
so ertönt der weltflüchtige Geist mittelalterlicher Askese in Walthers Krenz-
zugslied. Dieses Demutsgewand hatte das Wort ganz abgestreift.
Der Menschheit Krone zu erringen,
Nach der sich alle Sinne dringen.
das war das hohe Ziel, das sich im Überschwang des Krastgesühls das neue
Geschlecht setzte. Es war die Absage an das Bildungsideal des Rokoko.
^) In dein Buche I,» L-i-xs Mlantv holst es von dem sächsischen Minister Hohn: I.v
ministro cüiorctwit äsxnis lonZtiZMxs uns tsinmo: it no vonloit xoini av 8-i.xoiiu«,
cjuoi^i'it Kik L^xon; it clisait <in'ollvs otoisnt trop gulümtss se trop civpvnsiürus. Der
vorsichtige Mann heiratete eine Auswärtige — die spätere Maitresse Augnsis des Starken,
die Gräfin Cosel.
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