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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

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nicht, denn ich habe sie nicht. Anders in den 1040, 1339, wo mit Recht
von Zurückbehaltung gesprochen wird. Die "Motive" zu ß 233 (Bd. 2,
S. 209) sprechen übrigens richtig von Zurückhaltung.

In 8 514 ist das Wort außerdem unrichtig gebraucht, denn es handelt
sich dort nicht um ein gleichzeitig zustehendes zweites Recht, sondern um ein
Wahlrecht.

Mehrfach findet sich die Wendung: auf den Betrag kommt in Abzug,
auf den Betrag ist abzurechnen. Dem Sprachgebrauche wie dem Sinne würde
besser entsprechen: von dem Betrage kommt in Abzug, von dem Betrage ist
abzurechnen; oder auf den Betrag ist zu verrechnen oder anzurechnen. Aber
man sagt nicht und kann nicht sagen: abziehen auf einen Betrag.

Der Entwurf ist überhaupt öfter unglücklich in der Wahl der Verhältnis¬
wörter (Präpositionen). Ausnahmslos sagt er: der Zeitpunkt, in (statt zu)
welchem etwas geschieht ^noch besser: wo! D. Red.). Er spricht von Ver¬
wendungen des Ehemanns in (statt auf) sein Vorbehaltsgut (richtig in § 936),
von Ausdrücken, die in (statt bei) einem Rechtsgeschäfte gebraucht >wordenj
siud. Ganz wider den Sprachgebrauch, zuweilen sogar sinnwidrig, wird das
Verhältniswort wegen angewendet. Wegen hat stets eine ursächliche Bedeu¬
tung, wenn sie auch nicht immer die Hauptbedeutung ist. Der Entwurf aber
wendet wegen oft rein gegenständlich an, also in Fällen, wo farblose Ver¬
hältniswörter wie auf, für, aus am Platze wären. So heißt es in K 741:
"Auch finden wegen Herausgabe der Nutzungen und wegen Haftung für
Erhaltung und Verwahrung die Vorschriften Anwendung, welche" u.s. w.; und
in 1141: "Der Anspruch wegen rückständiger Grnndschuldziuseu ist nach
den Vorschriften zu beurtheilen, welche für den Anspruch wegen rückständiger
Hypothekenzinsen gelten." In beiden Fällen muß es auf heißen. Es scheint,
als wären die Verfasser der Meinung, man könnte dann aus der Fassung
schon eine Bejahung der Herausgabe- und Haftpflicht, des Bestehens eines
Zinseuanspruchs herauslesen; aber das wird niemand thun. Jedenfalls kann
man ein solches Mißverständnis bei 867 nicht befürchten, wo es gleichwohl
heißt: "Der Eigenthümer hat, wenn ein solcher Schaden zu besorgen ist,
wegen Ersatzes desselben Sicherheit zu leisten." Nein, die Sicherheit ist
wegen der Besorgnis, aber für den Ersatz zu leisten. (So richtig in § 988
Abs. 2.) Unrichtig ist auch die Wendung des H 720: Bereicherung wegen
verwerflichen Empfanges. Man spricht von einer Bereicherung aus ver¬
werflichen Empfang oder durch ihn. Ganz verfehlt ist das wegen in
H 516 angewendet: "Überläßt der Miether den Gebrauch (der Mietsache) an
einen Anderen, so haftet er dem Vermietbar in Ansehung >!) der Erfüllung
seiner Verpflichtungen wegen des Verschuldens des Anderen." Der Mieter
soll doch nicht haften, weil der andre etwas verschuldet, sondern er wird
vom Gesetzgeber haftbar gemacht, obgleich nur der andre etwas verschuldet.


nicht, denn ich habe sie nicht. Anders in den 1040, 1339, wo mit Recht
von Zurückbehaltung gesprochen wird. Die „Motive" zu ß 233 (Bd. 2,
S. 209) sprechen übrigens richtig von Zurückhaltung.

In 8 514 ist das Wort außerdem unrichtig gebraucht, denn es handelt
sich dort nicht um ein gleichzeitig zustehendes zweites Recht, sondern um ein
Wahlrecht.

Mehrfach findet sich die Wendung: auf den Betrag kommt in Abzug,
auf den Betrag ist abzurechnen. Dem Sprachgebrauche wie dem Sinne würde
besser entsprechen: von dem Betrage kommt in Abzug, von dem Betrage ist
abzurechnen; oder auf den Betrag ist zu verrechnen oder anzurechnen. Aber
man sagt nicht und kann nicht sagen: abziehen auf einen Betrag.

Der Entwurf ist überhaupt öfter unglücklich in der Wahl der Verhältnis¬
wörter (Präpositionen). Ausnahmslos sagt er: der Zeitpunkt, in (statt zu)
welchem etwas geschieht ^noch besser: wo! D. Red.). Er spricht von Ver¬
wendungen des Ehemanns in (statt auf) sein Vorbehaltsgut (richtig in § 936),
von Ausdrücken, die in (statt bei) einem Rechtsgeschäfte gebraucht >wordenj
siud. Ganz wider den Sprachgebrauch, zuweilen sogar sinnwidrig, wird das
Verhältniswort wegen angewendet. Wegen hat stets eine ursächliche Bedeu¬
tung, wenn sie auch nicht immer die Hauptbedeutung ist. Der Entwurf aber
wendet wegen oft rein gegenständlich an, also in Fällen, wo farblose Ver¬
hältniswörter wie auf, für, aus am Platze wären. So heißt es in K 741:
„Auch finden wegen Herausgabe der Nutzungen und wegen Haftung für
Erhaltung und Verwahrung die Vorschriften Anwendung, welche" u.s. w.; und
in 1141: „Der Anspruch wegen rückständiger Grnndschuldziuseu ist nach
den Vorschriften zu beurtheilen, welche für den Anspruch wegen rückständiger
Hypothekenzinsen gelten." In beiden Fällen muß es auf heißen. Es scheint,
als wären die Verfasser der Meinung, man könnte dann aus der Fassung
schon eine Bejahung der Herausgabe- und Haftpflicht, des Bestehens eines
Zinseuanspruchs herauslesen; aber das wird niemand thun. Jedenfalls kann
man ein solches Mißverständnis bei 867 nicht befürchten, wo es gleichwohl
heißt: „Der Eigenthümer hat, wenn ein solcher Schaden zu besorgen ist,
wegen Ersatzes desselben Sicherheit zu leisten." Nein, die Sicherheit ist
wegen der Besorgnis, aber für den Ersatz zu leisten. (So richtig in § 988
Abs. 2.) Unrichtig ist auch die Wendung des H 720: Bereicherung wegen
verwerflichen Empfanges. Man spricht von einer Bereicherung aus ver¬
werflichen Empfang oder durch ihn. Ganz verfehlt ist das wegen in
H 516 angewendet: „Überläßt der Miether den Gebrauch (der Mietsache) an
einen Anderen, so haftet er dem Vermietbar in Ansehung >!) der Erfüllung
seiner Verpflichtungen wegen des Verschuldens des Anderen." Der Mieter
soll doch nicht haften, weil der andre etwas verschuldet, sondern er wird
vom Gesetzgeber haftbar gemacht, obgleich nur der andre etwas verschuldet.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/236>, abgerufen am 06.06.2024.