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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

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stitution und der schwersten Verbrechen werden. Es mag ja richtig sein, was
in der Begründung des Entwurfs gesagt ist, daß das zerstreute Wohnen der
Prostituirten eine hinreichende polizeiliche Aufsicht erschwere; das ist aber
sicherlich das kleinere Übel.

Eine Erhöhung der Strafe soll ferner in den Fällen des H 184 eintreten.
Dieser lautet jetzt so: "Wer unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Dar¬
stellungen verkauft, verteilt oder sonst verbreitet, oder an Orten, welche dem
Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt, wird mit Geldstrafe bis
zu dreihundert Mark oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft.
Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher aus Gerichtsverhandlungen, für welche
wegen Geführdung der Sittlichkeit die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, oder
aus deu diesen Verhandlungen zu Grunde liegenden amtlichen Schriftstücken
öffentlich Mitteilungen macht, welche geeignet sind, Ärgernis zu erregen."
Nach dem Entwurf soll künftig eine solche That mit Gefängnis bis zu sechs
Monaten und zugleich mit einer Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit
einer dieser beiden Strafen belegt werden. Die Erhöhung der Strafe besteht
also in der zulässigen Verbindung einer Gefängnis- und einer Geldstrafe und
in der Erhöhung der Geldstrafe bis zu dem Betrage von sechshundert Mark.
Neu ist auch der Vorschlag, daß, wenn eine solche Handlung gewerbsmäßig
begangen worden ist, Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten eintreten soll,
und daß daneben auch auf Geldstrafe bis zu fünfzehnhundert Mark, anf Ver¬
lust der bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht
soll erkannt werden können.

Auch mit diesen Straserhöhungen wird man sich aus den bereits ange¬
stellten Erwägungen nur einverstanden erklären können. Insbesondre erscheint
es gerechtfertigt, die gewerbsmäßige Verübung solcher Handlungen mit einer
härtern Strafe zu belegen, weil durch sie namentlich auf jugendliche Personen
in der verderblichsten Weise eingewirkt wird.

2. Das zweite Ziel des Entwurfs ist die Erweiterung des Kreises der
strafbaren Handlungen, d. h. es sollen bisher straflose Handlungen in Zukunft
mit Strafe bedroht werden. In erster Reihe wird hier die Einschiebung eines
neuen ^ 181a in folgender Fassung verlangt: "Eine männliche Person, welche,
ohne im gegebnen Falle einen gesetzlichen Anspruch ans Alimentation zu haben,
von einer Weibsperson, die gewerbsmäßig Unzucht treibt, ganz oder teilweise
den Lebensunterhalt bezieht, oder welche einer solchen Weibsperson gewohn¬
heitsmäßig oder aus Eigennutz in Bezug auf die Ausübung des unzüchtigen
Gewerbes Schutz gewährt oder sonst förderlich ist, wird wegen Zuhälterei mit
Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft. Die Bestimmung des § 180
Absatz 2 findet auch hier Anwendung. Ist der Zuhälter der Ehemann der
Weibsperson, oder hat der Zuhälter die Weibsperson unter Anwendung von
Gewalt oder Drohungen zur Ausübung des unzüchtigen Gewerbes angehalten,


Grenzboten I 1893 9

stitution und der schwersten Verbrechen werden. Es mag ja richtig sein, was
in der Begründung des Entwurfs gesagt ist, daß das zerstreute Wohnen der
Prostituirten eine hinreichende polizeiliche Aufsicht erschwere; das ist aber
sicherlich das kleinere Übel.

Eine Erhöhung der Strafe soll ferner in den Fällen des H 184 eintreten.
Dieser lautet jetzt so: „Wer unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Dar¬
stellungen verkauft, verteilt oder sonst verbreitet, oder an Orten, welche dem
Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt, wird mit Geldstrafe bis
zu dreihundert Mark oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft.
Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher aus Gerichtsverhandlungen, für welche
wegen Geführdung der Sittlichkeit die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, oder
aus deu diesen Verhandlungen zu Grunde liegenden amtlichen Schriftstücken
öffentlich Mitteilungen macht, welche geeignet sind, Ärgernis zu erregen."
Nach dem Entwurf soll künftig eine solche That mit Gefängnis bis zu sechs
Monaten und zugleich mit einer Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit
einer dieser beiden Strafen belegt werden. Die Erhöhung der Strafe besteht
also in der zulässigen Verbindung einer Gefängnis- und einer Geldstrafe und
in der Erhöhung der Geldstrafe bis zu dem Betrage von sechshundert Mark.
Neu ist auch der Vorschlag, daß, wenn eine solche Handlung gewerbsmäßig
begangen worden ist, Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten eintreten soll,
und daß daneben auch auf Geldstrafe bis zu fünfzehnhundert Mark, anf Ver¬
lust der bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht
soll erkannt werden können.

Auch mit diesen Straserhöhungen wird man sich aus den bereits ange¬
stellten Erwägungen nur einverstanden erklären können. Insbesondre erscheint
es gerechtfertigt, die gewerbsmäßige Verübung solcher Handlungen mit einer
härtern Strafe zu belegen, weil durch sie namentlich auf jugendliche Personen
in der verderblichsten Weise eingewirkt wird.

2. Das zweite Ziel des Entwurfs ist die Erweiterung des Kreises der
strafbaren Handlungen, d. h. es sollen bisher straflose Handlungen in Zukunft
mit Strafe bedroht werden. In erster Reihe wird hier die Einschiebung eines
neuen ^ 181a in folgender Fassung verlangt: „Eine männliche Person, welche,
ohne im gegebnen Falle einen gesetzlichen Anspruch ans Alimentation zu haben,
von einer Weibsperson, die gewerbsmäßig Unzucht treibt, ganz oder teilweise
den Lebensunterhalt bezieht, oder welche einer solchen Weibsperson gewohn¬
heitsmäßig oder aus Eigennutz in Bezug auf die Ausübung des unzüchtigen
Gewerbes Schutz gewährt oder sonst förderlich ist, wird wegen Zuhälterei mit
Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft. Die Bestimmung des § 180
Absatz 2 findet auch hier Anwendung. Ist der Zuhälter der Ehemann der
Weibsperson, oder hat der Zuhälter die Weibsperson unter Anwendung von
Gewalt oder Drohungen zur Ausübung des unzüchtigen Gewerbes angehalten,


Grenzboten I 1893 9
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[0075] stitution und der schwersten Verbrechen werden. Es mag ja richtig sein, was in der Begründung des Entwurfs gesagt ist, daß das zerstreute Wohnen der Prostituirten eine hinreichende polizeiliche Aufsicht erschwere; das ist aber sicherlich das kleinere Übel. Eine Erhöhung der Strafe soll ferner in den Fällen des H 184 eintreten. Dieser lautet jetzt so: „Wer unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Dar¬ stellungen verkauft, verteilt oder sonst verbreitet, oder an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher aus Gerichtsverhandlungen, für welche wegen Geführdung der Sittlichkeit die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, oder aus deu diesen Verhandlungen zu Grunde liegenden amtlichen Schriftstücken öffentlich Mitteilungen macht, welche geeignet sind, Ärgernis zu erregen." Nach dem Entwurf soll künftig eine solche That mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und zugleich mit einer Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit einer dieser beiden Strafen belegt werden. Die Erhöhung der Strafe besteht also in der zulässigen Verbindung einer Gefängnis- und einer Geldstrafe und in der Erhöhung der Geldstrafe bis zu dem Betrage von sechshundert Mark. Neu ist auch der Vorschlag, daß, wenn eine solche Handlung gewerbsmäßig begangen worden ist, Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten eintreten soll, und daß daneben auch auf Geldstrafe bis zu fünfzehnhundert Mark, anf Ver¬ lust der bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht soll erkannt werden können. Auch mit diesen Straserhöhungen wird man sich aus den bereits ange¬ stellten Erwägungen nur einverstanden erklären können. Insbesondre erscheint es gerechtfertigt, die gewerbsmäßige Verübung solcher Handlungen mit einer härtern Strafe zu belegen, weil durch sie namentlich auf jugendliche Personen in der verderblichsten Weise eingewirkt wird. 2. Das zweite Ziel des Entwurfs ist die Erweiterung des Kreises der strafbaren Handlungen, d. h. es sollen bisher straflose Handlungen in Zukunft mit Strafe bedroht werden. In erster Reihe wird hier die Einschiebung eines neuen ^ 181a in folgender Fassung verlangt: „Eine männliche Person, welche, ohne im gegebnen Falle einen gesetzlichen Anspruch ans Alimentation zu haben, von einer Weibsperson, die gewerbsmäßig Unzucht treibt, ganz oder teilweise den Lebensunterhalt bezieht, oder welche einer solchen Weibsperson gewohn¬ heitsmäßig oder aus Eigennutz in Bezug auf die Ausübung des unzüchtigen Gewerbes Schutz gewährt oder sonst förderlich ist, wird wegen Zuhälterei mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft. Die Bestimmung des § 180 Absatz 2 findet auch hier Anwendung. Ist der Zuhälter der Ehemann der Weibsperson, oder hat der Zuhälter die Weibsperson unter Anwendung von Gewalt oder Drohungen zur Ausübung des unzüchtigen Gewerbes angehalten, Grenzboten I 1893 9

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/75>, abgerufen am 06.06.2024.