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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr.

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Hans Sachs und sein Kätzchen

bestimmung trägt auch die von Jobst Amman entweder nach dem Nürnberger
oder nach dem Nciglerschen Bilde hergestellte bekannte Radirung. Dennoch
muß, wie sich noch ergeben wird, der Maler dieser Bilder Hans Sachs schon
einmal, und zwar im Jahre 1574 abkonterfeit haben. Dieser Maler war
Andreas (Enders) Herneisen (Herneyssen, Herreisen, auch wohl Horneiser
genannt), ein Nürnberger von Geburt und mit Hans Sachs, seinem Lands¬
mann, eng befreundet.

Soweit man seine künstlerische Thätigkeit verfolgen kann, erstreckt sie sich
über die Zeit von 1570 bis 1613. Ein Bild von ihm, das einen Gegenstand
aus der Leidensgeschichte Christi darstellt, wird von Nagler erwähnt. Sonst
wissen wir von ihm, daß seine Kunst hauptsächlich zum Schmuck von Kirchen
und andern Baudenkmälern in Anspruch genommen worden ist. Im Jahre
1576 war er mit der Ausmalung der Klosterkirche von Aldersbach bei Vils-
hvfen in Niederbaiern beschäftigt, 1580 beauftragte ihn das Domkapitel zu
Würzburg mit der Herstellung der Deckengemälde im dortigen Dom, und im
Jahre 1587, als die Erneuerung des "schönen Brunnens" in Nürnberg statt¬
fand, hat er im Auftrage seiner Vaterstadt diesen und die ihn schmückenden
Schonhoferschen Figuren bemalt. Die letzte Arbeit, die von ihm bekannt ge¬
worden ist, war die Erneuerung der Malerei des großen Altars in der Se. Se-
balduskirche zu Nürnberg, die er im Jahre 1613 im Auftrage der Stadt aus¬
geführt hat.

Als Porträtmaler ist Herneisen mir durch die Bildnisse von Hans Sachs
bekannt geworden. Wie er dazu kam, den Dichter noch kurz vor dessen Tode,
nachdem er ihn bereits 1574 gemalt hatte, noch einmal abzukonterfeien, darüber
giebt ein Einblattdruck in Folioformat aus dem Jahre 1576*) Auskunft, der
ein Spruchgedicht von Hans Sachs an Herneisen und die gleichfalls gereimte
Antwort des Malers enthält, das einzige litterarische Denkmal, das sich in
Bezug auf das Verhältnis des greisen Dichters zu dem weit jüngern Maler
erhalten hat. Darnach hatte sich dei jener Anwesenheit Herneisens in Alders¬
bach der Abt nach Hans Sachs erkundigt: ob er noch am Leben oder, wie
er, der Abt, gehört habe, vor etlichen Jahren gestorben sei.

Hans Sachs übergab demgemäß dem Maler das "Valete," seine bekannte



*) E. Wetter, Der Volksdichter H, Sachs und seine Dichtungen, S. 106. Ur. 236.
Rausch teilt in seiner Historischkritischen Lebensbeschreibung Hans Sachsens (S. 272 bis 275)
den Wortlaut von dessen Spruchgedicht und die Antwort des Malers nach einem in Gott¬
scheds Besitze befindlichen Exemplare mit.
Grenzboten I 1895 22
Hans Sachs und sein Kätzchen

bestimmung trägt auch die von Jobst Amman entweder nach dem Nürnberger
oder nach dem Nciglerschen Bilde hergestellte bekannte Radirung. Dennoch
muß, wie sich noch ergeben wird, der Maler dieser Bilder Hans Sachs schon
einmal, und zwar im Jahre 1574 abkonterfeit haben. Dieser Maler war
Andreas (Enders) Herneisen (Herneyssen, Herreisen, auch wohl Horneiser
genannt), ein Nürnberger von Geburt und mit Hans Sachs, seinem Lands¬
mann, eng befreundet.

Soweit man seine künstlerische Thätigkeit verfolgen kann, erstreckt sie sich
über die Zeit von 1570 bis 1613. Ein Bild von ihm, das einen Gegenstand
aus der Leidensgeschichte Christi darstellt, wird von Nagler erwähnt. Sonst
wissen wir von ihm, daß seine Kunst hauptsächlich zum Schmuck von Kirchen
und andern Baudenkmälern in Anspruch genommen worden ist. Im Jahre
1576 war er mit der Ausmalung der Klosterkirche von Aldersbach bei Vils-
hvfen in Niederbaiern beschäftigt, 1580 beauftragte ihn das Domkapitel zu
Würzburg mit der Herstellung der Deckengemälde im dortigen Dom, und im
Jahre 1587, als die Erneuerung des „schönen Brunnens" in Nürnberg statt¬
fand, hat er im Auftrage seiner Vaterstadt diesen und die ihn schmückenden
Schonhoferschen Figuren bemalt. Die letzte Arbeit, die von ihm bekannt ge¬
worden ist, war die Erneuerung der Malerei des großen Altars in der Se. Se-
balduskirche zu Nürnberg, die er im Jahre 1613 im Auftrage der Stadt aus¬
geführt hat.

Als Porträtmaler ist Herneisen mir durch die Bildnisse von Hans Sachs
bekannt geworden. Wie er dazu kam, den Dichter noch kurz vor dessen Tode,
nachdem er ihn bereits 1574 gemalt hatte, noch einmal abzukonterfeien, darüber
giebt ein Einblattdruck in Folioformat aus dem Jahre 1576*) Auskunft, der
ein Spruchgedicht von Hans Sachs an Herneisen und die gleichfalls gereimte
Antwort des Malers enthält, das einzige litterarische Denkmal, das sich in
Bezug auf das Verhältnis des greisen Dichters zu dem weit jüngern Maler
erhalten hat. Darnach hatte sich dei jener Anwesenheit Herneisens in Alders¬
bach der Abt nach Hans Sachs erkundigt: ob er noch am Leben oder, wie
er, der Abt, gehört habe, vor etlichen Jahren gestorben sei.

Hans Sachs übergab demgemäß dem Maler das „Valete," seine bekannte



*) E. Wetter, Der Volksdichter H, Sachs und seine Dichtungen, S. 106. Ur. 236.
Rausch teilt in seiner Historischkritischen Lebensbeschreibung Hans Sachsens (S. 272 bis 275)
den Wortlaut von dessen Spruchgedicht und die Antwort des Malers nach einem in Gott¬
scheds Besitze befindlichen Exemplare mit.
Grenzboten I 1895 22
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[0177] Hans Sachs und sein Kätzchen bestimmung trägt auch die von Jobst Amman entweder nach dem Nürnberger oder nach dem Nciglerschen Bilde hergestellte bekannte Radirung. Dennoch muß, wie sich noch ergeben wird, der Maler dieser Bilder Hans Sachs schon einmal, und zwar im Jahre 1574 abkonterfeit haben. Dieser Maler war Andreas (Enders) Herneisen (Herneyssen, Herreisen, auch wohl Horneiser genannt), ein Nürnberger von Geburt und mit Hans Sachs, seinem Lands¬ mann, eng befreundet. Soweit man seine künstlerische Thätigkeit verfolgen kann, erstreckt sie sich über die Zeit von 1570 bis 1613. Ein Bild von ihm, das einen Gegenstand aus der Leidensgeschichte Christi darstellt, wird von Nagler erwähnt. Sonst wissen wir von ihm, daß seine Kunst hauptsächlich zum Schmuck von Kirchen und andern Baudenkmälern in Anspruch genommen worden ist. Im Jahre 1576 war er mit der Ausmalung der Klosterkirche von Aldersbach bei Vils- hvfen in Niederbaiern beschäftigt, 1580 beauftragte ihn das Domkapitel zu Würzburg mit der Herstellung der Deckengemälde im dortigen Dom, und im Jahre 1587, als die Erneuerung des „schönen Brunnens" in Nürnberg statt¬ fand, hat er im Auftrage seiner Vaterstadt diesen und die ihn schmückenden Schonhoferschen Figuren bemalt. Die letzte Arbeit, die von ihm bekannt ge¬ worden ist, war die Erneuerung der Malerei des großen Altars in der Se. Se- balduskirche zu Nürnberg, die er im Jahre 1613 im Auftrage der Stadt aus¬ geführt hat. Als Porträtmaler ist Herneisen mir durch die Bildnisse von Hans Sachs bekannt geworden. Wie er dazu kam, den Dichter noch kurz vor dessen Tode, nachdem er ihn bereits 1574 gemalt hatte, noch einmal abzukonterfeien, darüber giebt ein Einblattdruck in Folioformat aus dem Jahre 1576*) Auskunft, der ein Spruchgedicht von Hans Sachs an Herneisen und die gleichfalls gereimte Antwort des Malers enthält, das einzige litterarische Denkmal, das sich in Bezug auf das Verhältnis des greisen Dichters zu dem weit jüngern Maler erhalten hat. Darnach hatte sich dei jener Anwesenheit Herneisens in Alders¬ bach der Abt nach Hans Sachs erkundigt: ob er noch am Leben oder, wie er, der Abt, gehört habe, vor etlichen Jahren gestorben sei. Hans Sachs übergab demgemäß dem Maler das „Valete," seine bekannte *) E. Wetter, Der Volksdichter H, Sachs und seine Dichtungen, S. 106. Ur. 236. Rausch teilt in seiner Historischkritischen Lebensbeschreibung Hans Sachsens (S. 272 bis 275) den Wortlaut von dessen Spruchgedicht und die Antwort des Malers nach einem in Gott¬ scheds Besitze befindlichen Exemplare mit. Grenzboten I 1895 22

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219001/177>, abgerufen am 13.05.2024.