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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Der Gonverneurrvechsel in der Aapkolonie

für gewisse Schäden solcher Kapitalistenpolitik ab. Dazu kommt, daß gerade
jetzt einige neue Sünden der de Beersgesellschaft zu Tage getreten sind. Man
will trotz der Ableugnung der Herren Rhodes und Robinson wissen, daß eine
den Gouverneuren der Gesellschaft zur Verfügung stehende beträchtliche Geheim¬
summe in ausgiebigster Weise zur Wahlmache benutzt wird, und ferner ist die
Gesellschaft durch Verkauf gewisser Waren an ihre Minenarbeiter in einen
gesetzwidrigen Wettbewerb zu den Kaufleuten Kimberleys getreten.

In ähnlich abfälliger Weise wird in weiten Kreisen die Charteredpvlitik
beurteilt, nur macht sich hier ein schädlicher Einfluß in noch höherm Maße
geltend, und dabei werden auch die südafrikanischen Länder in Mitleidenschaft
gezogen. Von der Abziehung eines großen Teils der ohnehin spärlichen weißen
Bevölkerung nach dem Norden befürchtet man mit Recht einen dauernden
Verlust der südlichen Staaten. Obgleich die Berichte aus Rhodesia (Charter¬
land) von fortdauernden Goldentdeckungen fabeln, hat man doch bis jetzt noch
keine Funde gemacht, die auf größere abbauwürdige Goldlager schließen lassen.
Von Leuten, die das Land besucht haben, wird im Gegensatz zu den amtlichen
Berichten die dortige Lage als ziemlich trostlos geschildert, und viele, die sich
seinerzeit durch die Anpreisungen der Charteredgesellschaft zur Auswandrung
haben bestimmen lassen, kommen jetzt, ärmer als zuvor, wieder nach dem Süden
zurück. Von den gepriesenen Vorteilen, die der Kapkolonie aus der Erschließung
der Sambesiländer erwachsen sollten, ist bis jetzt jedenfalls noch nicht das
geringste eingetreten.

Es ist kein Wunder, daß die Ernennung Sir Hercules Robinsons, von
dem man nur eine weitere Verstärkung der de Beers- und Charteredpolitik
erwartet, auch bei solchen, die im übrigen der Rhodesschen Regierungsform
bisher nicht abhold waren, eine gewisse Verstimmung hervorgerufen hat. Sir
Hereules hat zwar vor seiner Abreise von London seine finanziellen Ämter
niedergelegt, und er soll auch seine Anteilscheine an südafrikanischen Unter¬
nehmungen veräußert haben, man wird aber kaum fehlgehen, wenn man sich
sagt, daß damit noch nicht die Teilnahme an den früher begünstigten Gesell¬
schaften geschwunden sei. Alles in allem herrschte bisher in der Kolonie eine
allgemeine Mißbilligung der Wahl, die das Londoner Ministerium getroffen
hat. Wenn einige Stimmen eine Ausnahme davon machten, so waren es nur
solche, die mittelbar oder unmittelbar unter Nhodesschem Einfluß stehen; zu
ihnen muß man auch den Afrikanderbond und die Blätter rechnen, die seine
Bestrebungen vertreten. Bei dem Einfluß, dessen sich Herr Rhodes durch seine
großenglische Politik in London erfreut, konnte allerdings von vornherein
kaum erwartet werden, daß die dortige Regierung den abfälligen Urteilen in
der Kolonie Gehör schenken würde, und nach und nach hat man sich in die
unvermeidliche Lage gefügt. Der anfänglich gehegte Wunsch nach einer Zurück¬
nahme der Ernennung läßt sich aber sehr wohl rechtfertigen, denn bis jetzt ist


Der Gonverneurrvechsel in der Aapkolonie

für gewisse Schäden solcher Kapitalistenpolitik ab. Dazu kommt, daß gerade
jetzt einige neue Sünden der de Beersgesellschaft zu Tage getreten sind. Man
will trotz der Ableugnung der Herren Rhodes und Robinson wissen, daß eine
den Gouverneuren der Gesellschaft zur Verfügung stehende beträchtliche Geheim¬
summe in ausgiebigster Weise zur Wahlmache benutzt wird, und ferner ist die
Gesellschaft durch Verkauf gewisser Waren an ihre Minenarbeiter in einen
gesetzwidrigen Wettbewerb zu den Kaufleuten Kimberleys getreten.

In ähnlich abfälliger Weise wird in weiten Kreisen die Charteredpvlitik
beurteilt, nur macht sich hier ein schädlicher Einfluß in noch höherm Maße
geltend, und dabei werden auch die südafrikanischen Länder in Mitleidenschaft
gezogen. Von der Abziehung eines großen Teils der ohnehin spärlichen weißen
Bevölkerung nach dem Norden befürchtet man mit Recht einen dauernden
Verlust der südlichen Staaten. Obgleich die Berichte aus Rhodesia (Charter¬
land) von fortdauernden Goldentdeckungen fabeln, hat man doch bis jetzt noch
keine Funde gemacht, die auf größere abbauwürdige Goldlager schließen lassen.
Von Leuten, die das Land besucht haben, wird im Gegensatz zu den amtlichen
Berichten die dortige Lage als ziemlich trostlos geschildert, und viele, die sich
seinerzeit durch die Anpreisungen der Charteredgesellschaft zur Auswandrung
haben bestimmen lassen, kommen jetzt, ärmer als zuvor, wieder nach dem Süden
zurück. Von den gepriesenen Vorteilen, die der Kapkolonie aus der Erschließung
der Sambesiländer erwachsen sollten, ist bis jetzt jedenfalls noch nicht das
geringste eingetreten.

Es ist kein Wunder, daß die Ernennung Sir Hercules Robinsons, von
dem man nur eine weitere Verstärkung der de Beers- und Charteredpolitik
erwartet, auch bei solchen, die im übrigen der Rhodesschen Regierungsform
bisher nicht abhold waren, eine gewisse Verstimmung hervorgerufen hat. Sir
Hereules hat zwar vor seiner Abreise von London seine finanziellen Ämter
niedergelegt, und er soll auch seine Anteilscheine an südafrikanischen Unter¬
nehmungen veräußert haben, man wird aber kaum fehlgehen, wenn man sich
sagt, daß damit noch nicht die Teilnahme an den früher begünstigten Gesell¬
schaften geschwunden sei. Alles in allem herrschte bisher in der Kolonie eine
allgemeine Mißbilligung der Wahl, die das Londoner Ministerium getroffen
hat. Wenn einige Stimmen eine Ausnahme davon machten, so waren es nur
solche, die mittelbar oder unmittelbar unter Nhodesschem Einfluß stehen; zu
ihnen muß man auch den Afrikanderbond und die Blätter rechnen, die seine
Bestrebungen vertreten. Bei dem Einfluß, dessen sich Herr Rhodes durch seine
großenglische Politik in London erfreut, konnte allerdings von vornherein
kaum erwartet werden, daß die dortige Regierung den abfälligen Urteilen in
der Kolonie Gehör schenken würde, und nach und nach hat man sich in die
unvermeidliche Lage gefügt. Der anfänglich gehegte Wunsch nach einer Zurück¬
nahme der Ernennung läßt sich aber sehr wohl rechtfertigen, denn bis jetzt ist


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[0167] Der Gonverneurrvechsel in der Aapkolonie für gewisse Schäden solcher Kapitalistenpolitik ab. Dazu kommt, daß gerade jetzt einige neue Sünden der de Beersgesellschaft zu Tage getreten sind. Man will trotz der Ableugnung der Herren Rhodes und Robinson wissen, daß eine den Gouverneuren der Gesellschaft zur Verfügung stehende beträchtliche Geheim¬ summe in ausgiebigster Weise zur Wahlmache benutzt wird, und ferner ist die Gesellschaft durch Verkauf gewisser Waren an ihre Minenarbeiter in einen gesetzwidrigen Wettbewerb zu den Kaufleuten Kimberleys getreten. In ähnlich abfälliger Weise wird in weiten Kreisen die Charteredpvlitik beurteilt, nur macht sich hier ein schädlicher Einfluß in noch höherm Maße geltend, und dabei werden auch die südafrikanischen Länder in Mitleidenschaft gezogen. Von der Abziehung eines großen Teils der ohnehin spärlichen weißen Bevölkerung nach dem Norden befürchtet man mit Recht einen dauernden Verlust der südlichen Staaten. Obgleich die Berichte aus Rhodesia (Charter¬ land) von fortdauernden Goldentdeckungen fabeln, hat man doch bis jetzt noch keine Funde gemacht, die auf größere abbauwürdige Goldlager schließen lassen. Von Leuten, die das Land besucht haben, wird im Gegensatz zu den amtlichen Berichten die dortige Lage als ziemlich trostlos geschildert, und viele, die sich seinerzeit durch die Anpreisungen der Charteredgesellschaft zur Auswandrung haben bestimmen lassen, kommen jetzt, ärmer als zuvor, wieder nach dem Süden zurück. Von den gepriesenen Vorteilen, die der Kapkolonie aus der Erschließung der Sambesiländer erwachsen sollten, ist bis jetzt jedenfalls noch nicht das geringste eingetreten. Es ist kein Wunder, daß die Ernennung Sir Hercules Robinsons, von dem man nur eine weitere Verstärkung der de Beers- und Charteredpolitik erwartet, auch bei solchen, die im übrigen der Rhodesschen Regierungsform bisher nicht abhold waren, eine gewisse Verstimmung hervorgerufen hat. Sir Hereules hat zwar vor seiner Abreise von London seine finanziellen Ämter niedergelegt, und er soll auch seine Anteilscheine an südafrikanischen Unter¬ nehmungen veräußert haben, man wird aber kaum fehlgehen, wenn man sich sagt, daß damit noch nicht die Teilnahme an den früher begünstigten Gesell¬ schaften geschwunden sei. Alles in allem herrschte bisher in der Kolonie eine allgemeine Mißbilligung der Wahl, die das Londoner Ministerium getroffen hat. Wenn einige Stimmen eine Ausnahme davon machten, so waren es nur solche, die mittelbar oder unmittelbar unter Nhodesschem Einfluß stehen; zu ihnen muß man auch den Afrikanderbond und die Blätter rechnen, die seine Bestrebungen vertreten. Bei dem Einfluß, dessen sich Herr Rhodes durch seine großenglische Politik in London erfreut, konnte allerdings von vornherein kaum erwartet werden, daß die dortige Regierung den abfälligen Urteilen in der Kolonie Gehör schenken würde, und nach und nach hat man sich in die unvermeidliche Lage gefügt. Der anfänglich gehegte Wunsch nach einer Zurück¬ nahme der Ernennung läßt sich aber sehr wohl rechtfertigen, denn bis jetzt ist

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/167>, abgerufen am 05.06.2024.