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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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das Kapland nur das Stiefkind des Herrn Rhodes gewesen, während die
jüngern Geschwister im Norden die ganze Fürsorge des Premierministers der
Kolonie in Anspruch nahmen.

Wenn der neue englische High Commissioner in Zukunft durch Begün¬
stigung der Nhodesschen Gesellschaften die alten Kolonien schädigt, so kann das
nur insoweit unsre Teilnahme erwecken, als dadurch unsre Landsleute,
die in den englischen Besitzungen Südafrikas leben, benachteiligt werden.
Auf die Entwicklung unsers südwestafrikanischen Schutzgebiets wird die Er¬
schließung der Sambesiländer kaum einen schädlichen Einfluß üben. Im Gegen¬
teil, sie könnte für die deutschen Ansiedlungen vielleicht vorteilhaft sein. Deutsch¬
land hat sich vertragsmüßig einen Gebietsstreifen als Zugang zu ihnen gesichert,
und der Verkehr, der in nicht allzu ferner Zeit eintreten wird, kann für Süd¬
westafrika möglicherweise Vorteile bringen. Es sind andre Gründe, die uns
zu einer äußerst mißtrauischen Haltung gegen die Politik Robinsons veranlassen
müssen.

Im allgemeinen entsteht der Argwohn, den seine Ernennung hervorruft,
dadurch, daß es den Anschein hat, als habe sich Großbritannien noch immer
nicht von jener politischen Haltung losgesagt, die es seit dem Eintritt Deutsch¬
lands in die koloniale Bewegung einnahm, und die darauf beruhte, der neuen
Kolonialmacht überall Steine in den Weg zu werfen. Sir Hereules hat schon
bei der Vorenthaltung der Walfischbai seinen Einfluß gegen Deutschland geltend
gemacht, und eine gleiche Stellung gegen uns können wir auch in Zukunft
von ihm erwarten.

Ferner hat aber Sir Hercules Robinson schon das siebzigste Lebensjahr
überschritten. Wie seine Geldanlagen beweisen, hatte er sich schon dauernd ins
außeramtliche Leben zurückgezogen. Wenn er jetzt, trotz seines hohen Alters
und trotz seiner Unbeliebtheit in zahlreichen kolonialen Kreisen, abermals nach
Südafrika hinausgesandt worden ist, wenn er selbst diese Sendung angenommen
hat, trotz der für ihn sicherlich damit verbundnen Geldverluste, abgesehen von
sonstigen Unannehmlichkeiten, so kann das nur zu einem ganz bestimmten,
wichtigen Zwecke geschehen sein. Einen Anhalt zur Ergründung dieses Zwecks
gewährt uns die Thatsache, daß schon unter der ersten Nobinsonschcn Statt¬
halterschaft der englische Geschichtschreiber Fronde von Lord Carnarvon nach
Südafrika gesandt wurde, um eine Zollvereinigung der südafrikanischen Staaten
zu stände zu bringen. Der Versuch, der damals hauptsächlich an dem Wider¬
stände Natals scheiterte, konnte von der heimischen Regierung nur unternommen
werden, wenn er die Befürwortung oder mindestens die Billigung ihres High
Commissioners hatte, ja es ist anzunehmen, daß ihn dieser selbst veranlaßt
hatte. Es liegt auf der Hand, daß jetzt Sir Hereules eigens deswegen ent¬
sandt worden ist, um bei ähnlichen Plänen seines Freundes Rhodes Vorschub
zu leisten. Wäre dem nicht so, so Hütte Lord Ripon leicht eine andre Per-


das Kapland nur das Stiefkind des Herrn Rhodes gewesen, während die
jüngern Geschwister im Norden die ganze Fürsorge des Premierministers der
Kolonie in Anspruch nahmen.

Wenn der neue englische High Commissioner in Zukunft durch Begün¬
stigung der Nhodesschen Gesellschaften die alten Kolonien schädigt, so kann das
nur insoweit unsre Teilnahme erwecken, als dadurch unsre Landsleute,
die in den englischen Besitzungen Südafrikas leben, benachteiligt werden.
Auf die Entwicklung unsers südwestafrikanischen Schutzgebiets wird die Er¬
schließung der Sambesiländer kaum einen schädlichen Einfluß üben. Im Gegen¬
teil, sie könnte für die deutschen Ansiedlungen vielleicht vorteilhaft sein. Deutsch¬
land hat sich vertragsmüßig einen Gebietsstreifen als Zugang zu ihnen gesichert,
und der Verkehr, der in nicht allzu ferner Zeit eintreten wird, kann für Süd¬
westafrika möglicherweise Vorteile bringen. Es sind andre Gründe, die uns
zu einer äußerst mißtrauischen Haltung gegen die Politik Robinsons veranlassen
müssen.

Im allgemeinen entsteht der Argwohn, den seine Ernennung hervorruft,
dadurch, daß es den Anschein hat, als habe sich Großbritannien noch immer
nicht von jener politischen Haltung losgesagt, die es seit dem Eintritt Deutsch¬
lands in die koloniale Bewegung einnahm, und die darauf beruhte, der neuen
Kolonialmacht überall Steine in den Weg zu werfen. Sir Hereules hat schon
bei der Vorenthaltung der Walfischbai seinen Einfluß gegen Deutschland geltend
gemacht, und eine gleiche Stellung gegen uns können wir auch in Zukunft
von ihm erwarten.

Ferner hat aber Sir Hercules Robinson schon das siebzigste Lebensjahr
überschritten. Wie seine Geldanlagen beweisen, hatte er sich schon dauernd ins
außeramtliche Leben zurückgezogen. Wenn er jetzt, trotz seines hohen Alters
und trotz seiner Unbeliebtheit in zahlreichen kolonialen Kreisen, abermals nach
Südafrika hinausgesandt worden ist, wenn er selbst diese Sendung angenommen
hat, trotz der für ihn sicherlich damit verbundnen Geldverluste, abgesehen von
sonstigen Unannehmlichkeiten, so kann das nur zu einem ganz bestimmten,
wichtigen Zwecke geschehen sein. Einen Anhalt zur Ergründung dieses Zwecks
gewährt uns die Thatsache, daß schon unter der ersten Nobinsonschcn Statt¬
halterschaft der englische Geschichtschreiber Fronde von Lord Carnarvon nach
Südafrika gesandt wurde, um eine Zollvereinigung der südafrikanischen Staaten
zu stände zu bringen. Der Versuch, der damals hauptsächlich an dem Wider¬
stände Natals scheiterte, konnte von der heimischen Regierung nur unternommen
werden, wenn er die Befürwortung oder mindestens die Billigung ihres High
Commissioners hatte, ja es ist anzunehmen, daß ihn dieser selbst veranlaßt
hatte. Es liegt auf der Hand, daß jetzt Sir Hereules eigens deswegen ent¬
sandt worden ist, um bei ähnlichen Plänen seines Freundes Rhodes Vorschub
zu leisten. Wäre dem nicht so, so Hütte Lord Ripon leicht eine andre Per-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/168>, abgerufen am 05.06.2024.