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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik

Führung, der weiß, was diese Phrasen bedeuten. Cecil Rhodes und der Ad¬
ministrator Jameson, gegen die sich die Anklagen gerichtet hatten, haben sich
durch ihre eigne Aussage entlastet, d. h. sie haben geleugnet, was im Parlament
gegen sie vorgebracht worden ist, und die öffentliche Meinung, sonst felle Dirne,
jetzt Richterin, hat sie freigesprochen, d. h. man hat die unangenehmen Dinge
beiseite geschoben. Auch wir brauche" nicht weiter dabei zu verweilen. Die
Grenzboten haben in den Aufsätzen "Die Maske ab" (1894 II, S. 337) und
"Nochmals die englische Heuchelei" (III, S. 472) die Angelegenheit eingehend
besprochen. Rhodes, der neben vielen unsympathischen Eigenschaften die sym¬
pathische hat, keinen Orden anzunehmen, wurde Nsindor ok dör U^oft^'s ?rio^
Loupen, und Jameson bekam den Vathorden. Jetzt, wo die armenischen Greuel
zu ganz durchsichtig politischen Zwecken von englischen Staatsmännern aus¬
gebeutet werden, muß die Auszeichnung der Urheber der Mcitabelegreuel be¬
sonders betont werden.

Bon welchen Grundsätzen auch die Eingebornenpolitik in Südafrika ge¬
leitet sein mag, darüber, daß die jetzige Hrsatör-Lritaw-Politik mit ihrem rück¬
sichtslosen Vordrängen dort notwendig auf einen Rasfenkampf hinsteuert, kann
keiner von ihren Förderern im Zweifel sein. Die traditionelle Politik freund¬
schaftlicher Beziehungen zu den Eingebornen ist nicht vereinbar mit der Weg¬
nahme ihres Bodens und der Einführung von Tausenden von zuchtlosen
Minenarbeitern. Humanität und englische Kolonisationsmethode gehen eben nur
in Worten zusammen.

Die Britisch-Südafrikanische Gesellschaft giebt als ihren Ruhmestitel an.
daß sie ein Land "so groß wie Mitteleuropa" für England gewonnen habe.
Für sich hat sie zugleich den Landverkauf und die Minenrechte nicht bloß in
diesem Gebiet, sondern auch im nördlichen Betschucmenland (Khamaland) und
in einem kleinen Teil von Nyasfaland gesichert. Das entspricht einem der
geflügelten Worte von Rhodes: Die Engländer sind praktisch, sie lieben die
Expansion, aber in Verbindung mit dem Geschüft. Es liegt aber doch etwas
bedenkliches in dieser sehr engen Verbindung von Politik und Geschäft, die
den leitenden Minister einer wichtigen Kolonie zugleich zum Gründer und
Vorstand einer auf Expansion und Geschäft bedachten Gesellschaft macht. Als
dem Aufruf zum Matabelefeldzug auch zugleich die Versprechungen von Land¬
anteilen beigefügt waren, empfanden altmodische Politiker diese Verbindung
als recht unbehaglich. In der großen, begeisterten Generalversammlung der
Britisch-südafrikanischen Gesellschaft, die im Februar d. I. in London ge¬
halten wurde, pries Rhodes wie ein Landagent sein Rhodesia an, dessen Boden
ein Paradies für Bauern sei, noch wichtiger aber durch seine NmoriM^lion:
"Für Ihre zwei Millionen Pfund haben Sie alles Gold zwischen Mafeking
und dem Tcinganyika." Auf Rhodes Empfehlung ist im verflossenen Mürz
derselbe Hercules Robinson zum Gouverneur der Kapkolonie und High Coa-


Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik

Führung, der weiß, was diese Phrasen bedeuten. Cecil Rhodes und der Ad¬
ministrator Jameson, gegen die sich die Anklagen gerichtet hatten, haben sich
durch ihre eigne Aussage entlastet, d. h. sie haben geleugnet, was im Parlament
gegen sie vorgebracht worden ist, und die öffentliche Meinung, sonst felle Dirne,
jetzt Richterin, hat sie freigesprochen, d. h. man hat die unangenehmen Dinge
beiseite geschoben. Auch wir brauche« nicht weiter dabei zu verweilen. Die
Grenzboten haben in den Aufsätzen „Die Maske ab" (1894 II, S. 337) und
„Nochmals die englische Heuchelei" (III, S. 472) die Angelegenheit eingehend
besprochen. Rhodes, der neben vielen unsympathischen Eigenschaften die sym¬
pathische hat, keinen Orden anzunehmen, wurde Nsindor ok dör U^oft^'s ?rio^
Loupen, und Jameson bekam den Vathorden. Jetzt, wo die armenischen Greuel
zu ganz durchsichtig politischen Zwecken von englischen Staatsmännern aus¬
gebeutet werden, muß die Auszeichnung der Urheber der Mcitabelegreuel be¬
sonders betont werden.

Bon welchen Grundsätzen auch die Eingebornenpolitik in Südafrika ge¬
leitet sein mag, darüber, daß die jetzige Hrsatör-Lritaw-Politik mit ihrem rück¬
sichtslosen Vordrängen dort notwendig auf einen Rasfenkampf hinsteuert, kann
keiner von ihren Förderern im Zweifel sein. Die traditionelle Politik freund¬
schaftlicher Beziehungen zu den Eingebornen ist nicht vereinbar mit der Weg¬
nahme ihres Bodens und der Einführung von Tausenden von zuchtlosen
Minenarbeitern. Humanität und englische Kolonisationsmethode gehen eben nur
in Worten zusammen.

Die Britisch-Südafrikanische Gesellschaft giebt als ihren Ruhmestitel an.
daß sie ein Land „so groß wie Mitteleuropa" für England gewonnen habe.
Für sich hat sie zugleich den Landverkauf und die Minenrechte nicht bloß in
diesem Gebiet, sondern auch im nördlichen Betschucmenland (Khamaland) und
in einem kleinen Teil von Nyasfaland gesichert. Das entspricht einem der
geflügelten Worte von Rhodes: Die Engländer sind praktisch, sie lieben die
Expansion, aber in Verbindung mit dem Geschüft. Es liegt aber doch etwas
bedenkliches in dieser sehr engen Verbindung von Politik und Geschäft, die
den leitenden Minister einer wichtigen Kolonie zugleich zum Gründer und
Vorstand einer auf Expansion und Geschäft bedachten Gesellschaft macht. Als
dem Aufruf zum Matabelefeldzug auch zugleich die Versprechungen von Land¬
anteilen beigefügt waren, empfanden altmodische Politiker diese Verbindung
als recht unbehaglich. In der großen, begeisterten Generalversammlung der
Britisch-südafrikanischen Gesellschaft, die im Februar d. I. in London ge¬
halten wurde, pries Rhodes wie ein Landagent sein Rhodesia an, dessen Boden
ein Paradies für Bauern sei, noch wichtiger aber durch seine NmoriM^lion:
„Für Ihre zwei Millionen Pfund haben Sie alles Gold zwischen Mafeking
und dem Tcinganyika." Auf Rhodes Empfehlung ist im verflossenen Mürz
derselbe Hercules Robinson zum Gouverneur der Kapkolonie und High Coa-


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[0023] Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik Führung, der weiß, was diese Phrasen bedeuten. Cecil Rhodes und der Ad¬ ministrator Jameson, gegen die sich die Anklagen gerichtet hatten, haben sich durch ihre eigne Aussage entlastet, d. h. sie haben geleugnet, was im Parlament gegen sie vorgebracht worden ist, und die öffentliche Meinung, sonst felle Dirne, jetzt Richterin, hat sie freigesprochen, d. h. man hat die unangenehmen Dinge beiseite geschoben. Auch wir brauche« nicht weiter dabei zu verweilen. Die Grenzboten haben in den Aufsätzen „Die Maske ab" (1894 II, S. 337) und „Nochmals die englische Heuchelei" (III, S. 472) die Angelegenheit eingehend besprochen. Rhodes, der neben vielen unsympathischen Eigenschaften die sym¬ pathische hat, keinen Orden anzunehmen, wurde Nsindor ok dör U^oft^'s ?rio^ Loupen, und Jameson bekam den Vathorden. Jetzt, wo die armenischen Greuel zu ganz durchsichtig politischen Zwecken von englischen Staatsmännern aus¬ gebeutet werden, muß die Auszeichnung der Urheber der Mcitabelegreuel be¬ sonders betont werden. Bon welchen Grundsätzen auch die Eingebornenpolitik in Südafrika ge¬ leitet sein mag, darüber, daß die jetzige Hrsatör-Lritaw-Politik mit ihrem rück¬ sichtslosen Vordrängen dort notwendig auf einen Rasfenkampf hinsteuert, kann keiner von ihren Förderern im Zweifel sein. Die traditionelle Politik freund¬ schaftlicher Beziehungen zu den Eingebornen ist nicht vereinbar mit der Weg¬ nahme ihres Bodens und der Einführung von Tausenden von zuchtlosen Minenarbeitern. Humanität und englische Kolonisationsmethode gehen eben nur in Worten zusammen. Die Britisch-Südafrikanische Gesellschaft giebt als ihren Ruhmestitel an. daß sie ein Land „so groß wie Mitteleuropa" für England gewonnen habe. Für sich hat sie zugleich den Landverkauf und die Minenrechte nicht bloß in diesem Gebiet, sondern auch im nördlichen Betschucmenland (Khamaland) und in einem kleinen Teil von Nyasfaland gesichert. Das entspricht einem der geflügelten Worte von Rhodes: Die Engländer sind praktisch, sie lieben die Expansion, aber in Verbindung mit dem Geschüft. Es liegt aber doch etwas bedenkliches in dieser sehr engen Verbindung von Politik und Geschäft, die den leitenden Minister einer wichtigen Kolonie zugleich zum Gründer und Vorstand einer auf Expansion und Geschäft bedachten Gesellschaft macht. Als dem Aufruf zum Matabelefeldzug auch zugleich die Versprechungen von Land¬ anteilen beigefügt waren, empfanden altmodische Politiker diese Verbindung als recht unbehaglich. In der großen, begeisterten Generalversammlung der Britisch-südafrikanischen Gesellschaft, die im Februar d. I. in London ge¬ halten wurde, pries Rhodes wie ein Landagent sein Rhodesia an, dessen Boden ein Paradies für Bauern sei, noch wichtiger aber durch seine NmoriM^lion: „Für Ihre zwei Millionen Pfund haben Sie alles Gold zwischen Mafeking und dem Tcinganyika." Auf Rhodes Empfehlung ist im verflossenen Mürz derselbe Hercules Robinson zum Gouverneur der Kapkolonie und High Coa-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/23>, abgerufen am 11.05.2024.