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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Ronrad Fiedler

Daß er im mündlichen Verkehr mit Künstlern oft in der Lage war, seine
Ansichten über Kunst und Kmistschaffen im allgemeinen auszusprechen und so
dem, der hören wollte, sür das eigne Denken und Schaffen Fingerzeige zu
geben, versteht sich ja von selbst. Und er zögerte auch nicht, wenn er gefragt
wurde, sein Urteil über Ansichten und Leistungen seiner Freunde auszusprechen.
Aber er that es stets in der zurückhaltendsten und, wenn das Urteil kein ganz
billigendes sein konnte, in der schonendsten Art, schon deshalb nicht verletzend,
weil er stets streng sachlich und -- richtig urteilte. Richtig, indem er immer
nur auf das drang, was der Künstler selbst wollte. Fiedler führte den Freund
immer wieder zu dem zurück, was dieser selbst erstrebte, wenn er, was ja so
oft geschieht, verleitet von Ehrgeiz, von Not, von den vielen falschen An¬
forderungen, die an die Kunst und an die Künstler gestellt werden, etwas
unternommen und gethan hatte, was gegen seine eigne bessere und wahre
Natur gerichtet war.

War Fiedlers Wirken für seine Schützlinge nach dieser innerlichen Seite
hin einzig in seiner Art und nur einer so hochbegabten Persönlichkeit möglich,
so zeugt das, was er äußerlich that, um die Künstlerlaufbahn seiner Freunde
zu ebnen, von einer unendlichen Herzensgüte und wird auch von denen be¬
wundert werden, die für seine hohen geistigen Absichten weniger Verständnis
haben. Er setzte seine Freunde nicht nur zeitweilig -- und manchmal viele
Jahre hindurch -- in den Stand, ohne jede Rücksicht auf den materiellen Ge¬
winn zu arbeiten, und zwar so, daß dabei auf ihre Wünsche und Bedürfnisse
in jeder Weise Rücksicht genommen wurde -- seinem Freunde Marves z. B.
ließ er nach dessen Angaben ein eignes Atelier bauen, um das jeder Maler
den Glücklichen hätte beneiden können --; er kaufte ihnen nicht nur von ihren
Werken ab, so viel als ihm seine Mittel erlaubten, und machte diese Werke
dem Publikum zugänglich; er war auch unablässig bemüht, daß ihre künstle¬
rischen Persönlichkeiten und die Ergebnisse ihres Schaffens überhaupt in allen
maßgebenden Kreisen bekannt und anerkannt würden. Er veranstaltete oft mit
sehr bedeutenden Kosten und großen Bemühungen öffentliche Ausstellungen
ihrer Werke, schrieb selbst Zeitungsartikel über sie und suchte auch andre Kunst¬
verständige zu Kundgebungen über sie zu veranlassen. Auch wandte er seine
weitreichenden Verbindungen an, um den Ankauf ihrer Werke in Museen und
Galerien zu befürworten, nötigenfalls mit sanfter Gewalt durchzusetzen. Ja
seine Fürsorge für das Streben und die Lebensarbeit seiner Freunde erstreckte
sich noch über ihr Grab hinaus. Wenigstens war das der Fall bei dem ein¬
zigen, dessen Name hier als einer der Schützlinge Fiedlers genannt sein soll
-- eben weil er schon verstorben ist --, bei Hans von Mnröes. Fiedler schuf
dem Freunde ein dauerndes äußeres Erinnerungszeichen, indem er seine Grab¬
stätte zu Rom durch ein Marmordenkmal schmücken ließ: ein in antiker Weise
gearbeitetes Relief nach einem Entwurf von Adolf Hildebrand, ausgeführt


Ronrad Fiedler

Daß er im mündlichen Verkehr mit Künstlern oft in der Lage war, seine
Ansichten über Kunst und Kmistschaffen im allgemeinen auszusprechen und so
dem, der hören wollte, sür das eigne Denken und Schaffen Fingerzeige zu
geben, versteht sich ja von selbst. Und er zögerte auch nicht, wenn er gefragt
wurde, sein Urteil über Ansichten und Leistungen seiner Freunde auszusprechen.
Aber er that es stets in der zurückhaltendsten und, wenn das Urteil kein ganz
billigendes sein konnte, in der schonendsten Art, schon deshalb nicht verletzend,
weil er stets streng sachlich und — richtig urteilte. Richtig, indem er immer
nur auf das drang, was der Künstler selbst wollte. Fiedler führte den Freund
immer wieder zu dem zurück, was dieser selbst erstrebte, wenn er, was ja so
oft geschieht, verleitet von Ehrgeiz, von Not, von den vielen falschen An¬
forderungen, die an die Kunst und an die Künstler gestellt werden, etwas
unternommen und gethan hatte, was gegen seine eigne bessere und wahre
Natur gerichtet war.

War Fiedlers Wirken für seine Schützlinge nach dieser innerlichen Seite
hin einzig in seiner Art und nur einer so hochbegabten Persönlichkeit möglich,
so zeugt das, was er äußerlich that, um die Künstlerlaufbahn seiner Freunde
zu ebnen, von einer unendlichen Herzensgüte und wird auch von denen be¬
wundert werden, die für seine hohen geistigen Absichten weniger Verständnis
haben. Er setzte seine Freunde nicht nur zeitweilig — und manchmal viele
Jahre hindurch — in den Stand, ohne jede Rücksicht auf den materiellen Ge¬
winn zu arbeiten, und zwar so, daß dabei auf ihre Wünsche und Bedürfnisse
in jeder Weise Rücksicht genommen wurde — seinem Freunde Marves z. B.
ließ er nach dessen Angaben ein eignes Atelier bauen, um das jeder Maler
den Glücklichen hätte beneiden können —; er kaufte ihnen nicht nur von ihren
Werken ab, so viel als ihm seine Mittel erlaubten, und machte diese Werke
dem Publikum zugänglich; er war auch unablässig bemüht, daß ihre künstle¬
rischen Persönlichkeiten und die Ergebnisse ihres Schaffens überhaupt in allen
maßgebenden Kreisen bekannt und anerkannt würden. Er veranstaltete oft mit
sehr bedeutenden Kosten und großen Bemühungen öffentliche Ausstellungen
ihrer Werke, schrieb selbst Zeitungsartikel über sie und suchte auch andre Kunst¬
verständige zu Kundgebungen über sie zu veranlassen. Auch wandte er seine
weitreichenden Verbindungen an, um den Ankauf ihrer Werke in Museen und
Galerien zu befürworten, nötigenfalls mit sanfter Gewalt durchzusetzen. Ja
seine Fürsorge für das Streben und die Lebensarbeit seiner Freunde erstreckte
sich noch über ihr Grab hinaus. Wenigstens war das der Fall bei dem ein¬
zigen, dessen Name hier als einer der Schützlinge Fiedlers genannt sein soll
— eben weil er schon verstorben ist —, bei Hans von Mnröes. Fiedler schuf
dem Freunde ein dauerndes äußeres Erinnerungszeichen, indem er seine Grab¬
stätte zu Rom durch ein Marmordenkmal schmücken ließ: ein in antiker Weise
gearbeitetes Relief nach einem Entwurf von Adolf Hildebrand, ausgeführt


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[0284] Ronrad Fiedler Daß er im mündlichen Verkehr mit Künstlern oft in der Lage war, seine Ansichten über Kunst und Kmistschaffen im allgemeinen auszusprechen und so dem, der hören wollte, sür das eigne Denken und Schaffen Fingerzeige zu geben, versteht sich ja von selbst. Und er zögerte auch nicht, wenn er gefragt wurde, sein Urteil über Ansichten und Leistungen seiner Freunde auszusprechen. Aber er that es stets in der zurückhaltendsten und, wenn das Urteil kein ganz billigendes sein konnte, in der schonendsten Art, schon deshalb nicht verletzend, weil er stets streng sachlich und — richtig urteilte. Richtig, indem er immer nur auf das drang, was der Künstler selbst wollte. Fiedler führte den Freund immer wieder zu dem zurück, was dieser selbst erstrebte, wenn er, was ja so oft geschieht, verleitet von Ehrgeiz, von Not, von den vielen falschen An¬ forderungen, die an die Kunst und an die Künstler gestellt werden, etwas unternommen und gethan hatte, was gegen seine eigne bessere und wahre Natur gerichtet war. War Fiedlers Wirken für seine Schützlinge nach dieser innerlichen Seite hin einzig in seiner Art und nur einer so hochbegabten Persönlichkeit möglich, so zeugt das, was er äußerlich that, um die Künstlerlaufbahn seiner Freunde zu ebnen, von einer unendlichen Herzensgüte und wird auch von denen be¬ wundert werden, die für seine hohen geistigen Absichten weniger Verständnis haben. Er setzte seine Freunde nicht nur zeitweilig — und manchmal viele Jahre hindurch — in den Stand, ohne jede Rücksicht auf den materiellen Ge¬ winn zu arbeiten, und zwar so, daß dabei auf ihre Wünsche und Bedürfnisse in jeder Weise Rücksicht genommen wurde — seinem Freunde Marves z. B. ließ er nach dessen Angaben ein eignes Atelier bauen, um das jeder Maler den Glücklichen hätte beneiden können —; er kaufte ihnen nicht nur von ihren Werken ab, so viel als ihm seine Mittel erlaubten, und machte diese Werke dem Publikum zugänglich; er war auch unablässig bemüht, daß ihre künstle¬ rischen Persönlichkeiten und die Ergebnisse ihres Schaffens überhaupt in allen maßgebenden Kreisen bekannt und anerkannt würden. Er veranstaltete oft mit sehr bedeutenden Kosten und großen Bemühungen öffentliche Ausstellungen ihrer Werke, schrieb selbst Zeitungsartikel über sie und suchte auch andre Kunst¬ verständige zu Kundgebungen über sie zu veranlassen. Auch wandte er seine weitreichenden Verbindungen an, um den Ankauf ihrer Werke in Museen und Galerien zu befürworten, nötigenfalls mit sanfter Gewalt durchzusetzen. Ja seine Fürsorge für das Streben und die Lebensarbeit seiner Freunde erstreckte sich noch über ihr Grab hinaus. Wenigstens war das der Fall bei dem ein¬ zigen, dessen Name hier als einer der Schützlinge Fiedlers genannt sein soll — eben weil er schon verstorben ist —, bei Hans von Mnröes. Fiedler schuf dem Freunde ein dauerndes äußeres Erinnerungszeichen, indem er seine Grab¬ stätte zu Rom durch ein Marmordenkmal schmücken ließ: ein in antiker Weise gearbeitetes Relief nach einem Entwurf von Adolf Hildebrand, ausgeführt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/284>, abgerufen am 16.06.2024.