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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Die kunsthistorische Gesellschaft

Weg, und den hat schon eine beträchtliche Zahl von Kunstfreunden und In¬
stituten eingeschlagen.

Im Oktober 1893 ist auf dem kunsthistorischen Kongreß in Nürnberg die
Begründung einer "Kunsthistorischen Gesellschaft für photographische Publi¬
kationen" beschlossen und alsbald auch ins Werk gesetzt worden. Diese Ge¬
sellschaft bezweckt, überall da ergänzend einzutreten, wo von andern Unter¬
nehmern zunächst nichts zu erwarten ist. Sie geht von der Voraussetzung
aus, daß der feste Wille einer großen Vereinigung Vorurteile und Umständ¬
lichkeiten aller Art leichter überwindet als der bescheidne Wunsch eines Ein¬
zelnen. Sie kann auch kostspielige Ausnahmen wagen, weil die gemeinsame
Nachfrage vieler den nötigen Absatz sichert. Überdies arbeitet eine Gesellschaft
mit beträchtlichem Vorteil, da sie durch günstige Zufälle (gelegentliche Reisen
eines Mitglieds oder eines Fachphotographen) die Unkosten schwierigerer Auf¬
nahmen mit bestreikn kann. Endlich wird auf diese Weise -- und das sei
noch besonders hervorgehoben -- der glückliche Fund einzelner rasch und muster-
giltig allen mitgeteilt.

Über die Organisation der Gesellschaft ist folgendes zu berichten. Die
Leitung ist einem Ausschuß anvertraut, der "zur Wahrung aller berechtigten
Interessen immer aus einem Professor der Kunstgeschichte an Universitäten,
einem Lehrer an technischen Hochschulen oder Kunstakademien und einem Mu¬
seumsbeamten bestehen soll. Weitere Mitglieder, sowie technischer und finan¬
zieller Beirat, können von dieser Dreizahl kooptirt werden." Die Namen
Bayersdorfer, v. Lützow und Schmarsow bürgen dafür, daß die Gesellschaft
von ihrer Leitung das beste erwarten darf.

Beabsichtigt ist zunächst eine doppelte Reihe von Veröffentlichungen;
erstens "Jahrespublikationen, die gegen den festen Jahresbeitrag allen Mit¬
gliedern zugesandt werden, zweitens außerordentliche Publikationen, die gegen
einen ermäßigten Preis von den Mitgliedern erworben werden können. Die
Jahrespublikationen bringen in erster Linie Denkmäler von anerkannten Wert
und allgemeiner Bedeutung; die außerordentlichen Publikationen wollen vor¬
wiegend der Einzelforschung dienen." Das kunsthistorische Institut der Uni¬
versität Leipzig führt eine Desideratenliste für den Verwaltungsausschuß der
Gesellschaft und nimmt Winke und Wünsche an, die bei der Thätigkeit des
Ausschusses Berücksichtigung beanspruchen. Auch erteilt dieses Institut über
alle Fragen, die die Gesellschaft betreffen, bereitwillig Auskunft.

Es bleibt noch ein Bedenken zu zerstreuen, das etwa gegen die Gesellschaft
erhoben werden könnte. Da das Unternehmen von Kunstgelehrten ausgeht,
auch von solchen geleitet wird, so liegt der Gedanke nähe, es möchten vor¬
wiegend einseitige Fachinteressen bei der Thätigkeit der Gesellschaft ihre Rech¬
nung finden, die Publikationen seien nur dazu da, die großen Phvtographien-
sammlungen der Kunstinstitute zu ergänzen u. dergl. Das ist eine überflüssige


Die kunsthistorische Gesellschaft

Weg, und den hat schon eine beträchtliche Zahl von Kunstfreunden und In¬
stituten eingeschlagen.

Im Oktober 1893 ist auf dem kunsthistorischen Kongreß in Nürnberg die
Begründung einer „Kunsthistorischen Gesellschaft für photographische Publi¬
kationen" beschlossen und alsbald auch ins Werk gesetzt worden. Diese Ge¬
sellschaft bezweckt, überall da ergänzend einzutreten, wo von andern Unter¬
nehmern zunächst nichts zu erwarten ist. Sie geht von der Voraussetzung
aus, daß der feste Wille einer großen Vereinigung Vorurteile und Umständ¬
lichkeiten aller Art leichter überwindet als der bescheidne Wunsch eines Ein¬
zelnen. Sie kann auch kostspielige Ausnahmen wagen, weil die gemeinsame
Nachfrage vieler den nötigen Absatz sichert. Überdies arbeitet eine Gesellschaft
mit beträchtlichem Vorteil, da sie durch günstige Zufälle (gelegentliche Reisen
eines Mitglieds oder eines Fachphotographen) die Unkosten schwierigerer Auf¬
nahmen mit bestreikn kann. Endlich wird auf diese Weise — und das sei
noch besonders hervorgehoben — der glückliche Fund einzelner rasch und muster-
giltig allen mitgeteilt.

Über die Organisation der Gesellschaft ist folgendes zu berichten. Die
Leitung ist einem Ausschuß anvertraut, der „zur Wahrung aller berechtigten
Interessen immer aus einem Professor der Kunstgeschichte an Universitäten,
einem Lehrer an technischen Hochschulen oder Kunstakademien und einem Mu¬
seumsbeamten bestehen soll. Weitere Mitglieder, sowie technischer und finan¬
zieller Beirat, können von dieser Dreizahl kooptirt werden." Die Namen
Bayersdorfer, v. Lützow und Schmarsow bürgen dafür, daß die Gesellschaft
von ihrer Leitung das beste erwarten darf.

Beabsichtigt ist zunächst eine doppelte Reihe von Veröffentlichungen;
erstens „Jahrespublikationen, die gegen den festen Jahresbeitrag allen Mit¬
gliedern zugesandt werden, zweitens außerordentliche Publikationen, die gegen
einen ermäßigten Preis von den Mitgliedern erworben werden können. Die
Jahrespublikationen bringen in erster Linie Denkmäler von anerkannten Wert
und allgemeiner Bedeutung; die außerordentlichen Publikationen wollen vor¬
wiegend der Einzelforschung dienen." Das kunsthistorische Institut der Uni¬
versität Leipzig führt eine Desideratenliste für den Verwaltungsausschuß der
Gesellschaft und nimmt Winke und Wünsche an, die bei der Thätigkeit des
Ausschusses Berücksichtigung beanspruchen. Auch erteilt dieses Institut über
alle Fragen, die die Gesellschaft betreffen, bereitwillig Auskunft.

Es bleibt noch ein Bedenken zu zerstreuen, das etwa gegen die Gesellschaft
erhoben werden könnte. Da das Unternehmen von Kunstgelehrten ausgeht,
auch von solchen geleitet wird, so liegt der Gedanke nähe, es möchten vor¬
wiegend einseitige Fachinteressen bei der Thätigkeit der Gesellschaft ihre Rech¬
nung finden, die Publikationen seien nur dazu da, die großen Phvtographien-
sammlungen der Kunstinstitute zu ergänzen u. dergl. Das ist eine überflüssige


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[0094] Die kunsthistorische Gesellschaft Weg, und den hat schon eine beträchtliche Zahl von Kunstfreunden und In¬ stituten eingeschlagen. Im Oktober 1893 ist auf dem kunsthistorischen Kongreß in Nürnberg die Begründung einer „Kunsthistorischen Gesellschaft für photographische Publi¬ kationen" beschlossen und alsbald auch ins Werk gesetzt worden. Diese Ge¬ sellschaft bezweckt, überall da ergänzend einzutreten, wo von andern Unter¬ nehmern zunächst nichts zu erwarten ist. Sie geht von der Voraussetzung aus, daß der feste Wille einer großen Vereinigung Vorurteile und Umständ¬ lichkeiten aller Art leichter überwindet als der bescheidne Wunsch eines Ein¬ zelnen. Sie kann auch kostspielige Ausnahmen wagen, weil die gemeinsame Nachfrage vieler den nötigen Absatz sichert. Überdies arbeitet eine Gesellschaft mit beträchtlichem Vorteil, da sie durch günstige Zufälle (gelegentliche Reisen eines Mitglieds oder eines Fachphotographen) die Unkosten schwierigerer Auf¬ nahmen mit bestreikn kann. Endlich wird auf diese Weise — und das sei noch besonders hervorgehoben — der glückliche Fund einzelner rasch und muster- giltig allen mitgeteilt. Über die Organisation der Gesellschaft ist folgendes zu berichten. Die Leitung ist einem Ausschuß anvertraut, der „zur Wahrung aller berechtigten Interessen immer aus einem Professor der Kunstgeschichte an Universitäten, einem Lehrer an technischen Hochschulen oder Kunstakademien und einem Mu¬ seumsbeamten bestehen soll. Weitere Mitglieder, sowie technischer und finan¬ zieller Beirat, können von dieser Dreizahl kooptirt werden." Die Namen Bayersdorfer, v. Lützow und Schmarsow bürgen dafür, daß die Gesellschaft von ihrer Leitung das beste erwarten darf. Beabsichtigt ist zunächst eine doppelte Reihe von Veröffentlichungen; erstens „Jahrespublikationen, die gegen den festen Jahresbeitrag allen Mit¬ gliedern zugesandt werden, zweitens außerordentliche Publikationen, die gegen einen ermäßigten Preis von den Mitgliedern erworben werden können. Die Jahrespublikationen bringen in erster Linie Denkmäler von anerkannten Wert und allgemeiner Bedeutung; die außerordentlichen Publikationen wollen vor¬ wiegend der Einzelforschung dienen." Das kunsthistorische Institut der Uni¬ versität Leipzig führt eine Desideratenliste für den Verwaltungsausschuß der Gesellschaft und nimmt Winke und Wünsche an, die bei der Thätigkeit des Ausschusses Berücksichtigung beanspruchen. Auch erteilt dieses Institut über alle Fragen, die die Gesellschaft betreffen, bereitwillig Auskunft. Es bleibt noch ein Bedenken zu zerstreuen, das etwa gegen die Gesellschaft erhoben werden könnte. Da das Unternehmen von Kunstgelehrten ausgeht, auch von solchen geleitet wird, so liegt der Gedanke nähe, es möchten vor¬ wiegend einseitige Fachinteressen bei der Thätigkeit der Gesellschaft ihre Rech¬ nung finden, die Publikationen seien nur dazu da, die großen Phvtographien- sammlungen der Kunstinstitute zu ergänzen u. dergl. Das ist eine überflüssige

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/94>, abgerufen am 26.05.2024.