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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.

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Der rechtliche Schutz der Laukunst

strafe bedroht hat. Einigermaßen brauchbare Bestimmungen sind aber auch
für Preußen erst 1837 in der Gestalt eines besondern Gesetzes über den Schutz
des Eigentums an Werken der Wissenschaft und Kunst gegen Nachdruck und
Nachbildung erschienen und haben dann nicht nur zu mehrfachen Vnndes-
beschlüssen Anlaß gegeben, sondern auch eine Anzahl von deutschen Einzel¬
staaten, z.B. in den Jahren 1844 und 1865 Sachsen und Baiern bewogen,
den einschlägigen Stoff ausführlich in gesetzlicher Weise zu ordnen.

Mit der Auffassung, daß der Genuß einer Erfindung vor allem dem Er¬
finder gebühre, gleichviel, ob er durch wissenschaftliche Forschung oder plötzliche
Eingebung zu ihr gelangt sei, hat man sich in England schon vor mehr als
dreihundert Jahren vertraut gemacht und einzelne Patente erteilt, 1623 aber
durch ein allgemeines Statut den Erfindern überhaupt ein zeitlich begrenztes
Vorrecht auf die Verwertung ihrer Erfindung gesichert. War aber ein solcher
Vorteil einmal den Erfindern, also denen bewilligt worden, die ein neues oder
bekanntes Ergebnis durch ein bis dahin nicht ermitteltes Verfahren erreichten,
so lag es nahe, dieselbe Vergünstigung den Verfertigern neuer Vorbilder für
die Form von gewerblichen Erzeugnissen zu gewähren; daher sind einzelne
Maßregeln zum Schutz gewerblicher Muster und Modelle in Frankreich und
England schon von 1787 an anzutreffen, die später mannichfach ergänzt
worden sind.

Die deutsche Gesetzgebung, der es zu danken ist, daß uns sichere Kunde
über Nachdrucksprozesse erhalten ist, die sich im sechzehnten Jahrhundert ab¬
gespielt haben, hat ihre Fürsorge dem Urheberrechte auf dem Gebiete des
Gewerbfleißes nur zögernd angedeihen lassen. Die ersten Versuche zum Schutz
des sogenannten Eigentums an Erfindungen lassen sich nicht weiter als bis
zum Ende des vorigen Jahrhunderts zurückverfolgen, und das in Bezug auf
Muster und Modelle jetzt geltende Recht hat sein einziges deutsches Vorbild
in Österreich zu suchen.

Was den gegenwärtigen Zustand betrifft, so ist auf Grund der in den
Jahren 1870 bis 1877 ergangnen Gesetze der Urheber eines Schriftwerkes
allein berechtigt, sein Arbeitserzeugnis mechanisch oder, wenn es eine musi¬
kalische Komposition ist, auf irgend eine Weise zu vervielfältigen; dieselbe
Regel erleidet Anwendung auf geographische, topographische, naturwissenschaft¬
liche, architektonische, technische und ähnliche Zeichnungen und Abbildungen.
Dramatische, musikalische oder dramatisch-musikalische Werke dürfen ohne Ge¬
nehmigung des Urhebers nicht einmal öffentlich aufgeführt werden, und Ver¬
fasser und Komponisten genießen sogar Schutz gegen die Ausnutzung der Vor¬
gänge ihres innern Lebens, ehe sie noch von ihnen in Buchstaben- oder Noten¬
schrift festgelegt sind; denn Vorträge, die zu Erbauungs-, Belehrungs- oder
Unterhaltungszwecken in Worten oder Tönen veranstaltet worden sind, dürfen
nur gedruckt werden, wenn es der Urheber erlaubt hat. Ebenso ruht die


Der rechtliche Schutz der Laukunst

strafe bedroht hat. Einigermaßen brauchbare Bestimmungen sind aber auch
für Preußen erst 1837 in der Gestalt eines besondern Gesetzes über den Schutz
des Eigentums an Werken der Wissenschaft und Kunst gegen Nachdruck und
Nachbildung erschienen und haben dann nicht nur zu mehrfachen Vnndes-
beschlüssen Anlaß gegeben, sondern auch eine Anzahl von deutschen Einzel¬
staaten, z.B. in den Jahren 1844 und 1865 Sachsen und Baiern bewogen,
den einschlägigen Stoff ausführlich in gesetzlicher Weise zu ordnen.

Mit der Auffassung, daß der Genuß einer Erfindung vor allem dem Er¬
finder gebühre, gleichviel, ob er durch wissenschaftliche Forschung oder plötzliche
Eingebung zu ihr gelangt sei, hat man sich in England schon vor mehr als
dreihundert Jahren vertraut gemacht und einzelne Patente erteilt, 1623 aber
durch ein allgemeines Statut den Erfindern überhaupt ein zeitlich begrenztes
Vorrecht auf die Verwertung ihrer Erfindung gesichert. War aber ein solcher
Vorteil einmal den Erfindern, also denen bewilligt worden, die ein neues oder
bekanntes Ergebnis durch ein bis dahin nicht ermitteltes Verfahren erreichten,
so lag es nahe, dieselbe Vergünstigung den Verfertigern neuer Vorbilder für
die Form von gewerblichen Erzeugnissen zu gewähren; daher sind einzelne
Maßregeln zum Schutz gewerblicher Muster und Modelle in Frankreich und
England schon von 1787 an anzutreffen, die später mannichfach ergänzt
worden sind.

Die deutsche Gesetzgebung, der es zu danken ist, daß uns sichere Kunde
über Nachdrucksprozesse erhalten ist, die sich im sechzehnten Jahrhundert ab¬
gespielt haben, hat ihre Fürsorge dem Urheberrechte auf dem Gebiete des
Gewerbfleißes nur zögernd angedeihen lassen. Die ersten Versuche zum Schutz
des sogenannten Eigentums an Erfindungen lassen sich nicht weiter als bis
zum Ende des vorigen Jahrhunderts zurückverfolgen, und das in Bezug auf
Muster und Modelle jetzt geltende Recht hat sein einziges deutsches Vorbild
in Österreich zu suchen.

Was den gegenwärtigen Zustand betrifft, so ist auf Grund der in den
Jahren 1870 bis 1877 ergangnen Gesetze der Urheber eines Schriftwerkes
allein berechtigt, sein Arbeitserzeugnis mechanisch oder, wenn es eine musi¬
kalische Komposition ist, auf irgend eine Weise zu vervielfältigen; dieselbe
Regel erleidet Anwendung auf geographische, topographische, naturwissenschaft¬
liche, architektonische, technische und ähnliche Zeichnungen und Abbildungen.
Dramatische, musikalische oder dramatisch-musikalische Werke dürfen ohne Ge¬
nehmigung des Urhebers nicht einmal öffentlich aufgeführt werden, und Ver¬
fasser und Komponisten genießen sogar Schutz gegen die Ausnutzung der Vor¬
gänge ihres innern Lebens, ehe sie noch von ihnen in Buchstaben- oder Noten¬
schrift festgelegt sind; denn Vorträge, die zu Erbauungs-, Belehrungs- oder
Unterhaltungszwecken in Worten oder Tönen veranstaltet worden sind, dürfen
nur gedruckt werden, wenn es der Urheber erlaubt hat. Ebenso ruht die


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[0036] Der rechtliche Schutz der Laukunst strafe bedroht hat. Einigermaßen brauchbare Bestimmungen sind aber auch für Preußen erst 1837 in der Gestalt eines besondern Gesetzes über den Schutz des Eigentums an Werken der Wissenschaft und Kunst gegen Nachdruck und Nachbildung erschienen und haben dann nicht nur zu mehrfachen Vnndes- beschlüssen Anlaß gegeben, sondern auch eine Anzahl von deutschen Einzel¬ staaten, z.B. in den Jahren 1844 und 1865 Sachsen und Baiern bewogen, den einschlägigen Stoff ausführlich in gesetzlicher Weise zu ordnen. Mit der Auffassung, daß der Genuß einer Erfindung vor allem dem Er¬ finder gebühre, gleichviel, ob er durch wissenschaftliche Forschung oder plötzliche Eingebung zu ihr gelangt sei, hat man sich in England schon vor mehr als dreihundert Jahren vertraut gemacht und einzelne Patente erteilt, 1623 aber durch ein allgemeines Statut den Erfindern überhaupt ein zeitlich begrenztes Vorrecht auf die Verwertung ihrer Erfindung gesichert. War aber ein solcher Vorteil einmal den Erfindern, also denen bewilligt worden, die ein neues oder bekanntes Ergebnis durch ein bis dahin nicht ermitteltes Verfahren erreichten, so lag es nahe, dieselbe Vergünstigung den Verfertigern neuer Vorbilder für die Form von gewerblichen Erzeugnissen zu gewähren; daher sind einzelne Maßregeln zum Schutz gewerblicher Muster und Modelle in Frankreich und England schon von 1787 an anzutreffen, die später mannichfach ergänzt worden sind. Die deutsche Gesetzgebung, der es zu danken ist, daß uns sichere Kunde über Nachdrucksprozesse erhalten ist, die sich im sechzehnten Jahrhundert ab¬ gespielt haben, hat ihre Fürsorge dem Urheberrechte auf dem Gebiete des Gewerbfleißes nur zögernd angedeihen lassen. Die ersten Versuche zum Schutz des sogenannten Eigentums an Erfindungen lassen sich nicht weiter als bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts zurückverfolgen, und das in Bezug auf Muster und Modelle jetzt geltende Recht hat sein einziges deutsches Vorbild in Österreich zu suchen. Was den gegenwärtigen Zustand betrifft, so ist auf Grund der in den Jahren 1870 bis 1877 ergangnen Gesetze der Urheber eines Schriftwerkes allein berechtigt, sein Arbeitserzeugnis mechanisch oder, wenn es eine musi¬ kalische Komposition ist, auf irgend eine Weise zu vervielfältigen; dieselbe Regel erleidet Anwendung auf geographische, topographische, naturwissenschaft¬ liche, architektonische, technische und ähnliche Zeichnungen und Abbildungen. Dramatische, musikalische oder dramatisch-musikalische Werke dürfen ohne Ge¬ nehmigung des Urhebers nicht einmal öffentlich aufgeführt werden, und Ver¬ fasser und Komponisten genießen sogar Schutz gegen die Ausnutzung der Vor¬ gänge ihres innern Lebens, ehe sie noch von ihnen in Buchstaben- oder Noten¬ schrift festgelegt sind; denn Vorträge, die zu Erbauungs-, Belehrungs- oder Unterhaltungszwecken in Worten oder Tönen veranstaltet worden sind, dürfen nur gedruckt werden, wenn es der Urheber erlaubt hat. Ebenso ruht die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303/36>, abgerufen am 13.05.2024.