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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.

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Der rechtliche Schutz der Baukunst

Befugnis, ein Werk der bildenden Kunst überhaupt oder ein durch Photographie
hergestelltes Werk auf mechanischem Wege ganz oder teilweise nachzubilden,
mir in der Hand des Urhebers oder des Verfertigers der photographischen
Aufnahme, und weiter steht das Recht der Nachahmung von gewerblichen
Mustern oder Modellen ausschließlich dem Erzeuger zu, während der Er¬
finder (der übrigens gleich dem Verfasser eines Musters oder Modells den
Anspruch auf gesetzlichen Schutz durch Anmeldung seines Vorrechts geltend machen
muß) verhindern kann, daß der Gegenstand seiner Erfindung gewerbsmäßig
gearbeitet, in Verkehr gebracht oder feilgehalten werde. Endlich mag der
Vollständigkeit halber noch erwähnt sein, daß Kaufleute über die Handelsfirma,
die sie sich beigelegt, und Gewerbtreibende über das Zeichen, daß sie zur
Unterscheidung ihrer Waren gewählt haben, eine dem Urheberrecht ähnliche
Verfügungsgewalt besitzen und jeden andern zwingen können, die Führung
der Firma oder der Marke, die sie für sich ausgesucht und angemeldet haben,
zu unterlassen.

Ich will hier nicht die rechtliche Natur des Urheberrechts erörtern. Die
Lehre von der ausschließlichen Herrschaft des Urhebers über sein Werk ist so
umstritten, wie wenige andre, und zwischen den äußersten Richtungen, deren
Verteidiger das Urheberrecht sich entweder in seinem wirtschaftlichen Werte er¬
schöpfen lassen oder es zu einer ganz unbestimmten Klasse von allgemein mensch¬
lichen Rechten zählen, bei denen auch Rechte der Gemeinschaft in Frage
kämen, das Werk als eine Offenbarung des persönlichen Geistes ansehen
und mittels eines dunkeln Rechts auf geistige Erzeugungsfähigkeit nach eiuer
Erklärung suchen, giebt es zahlreiche Vermittler, die von monopolisirten Ge¬
werberechten handeln und die irreleitende Bezeichnung des geistigen Eigentums
eingeführt haben. Nach bestehenden Rechte ist das Urheberrecht zweifellos
nicht mehr ein bloßes Vermögensrecht, da der Verfasser von Schriftwerken
und musikalischen Kompositionen, der Verfertiger von Photographien, Mustern
und Modellen, der Erfinder, sowie der Inhaber einer Firma oder Marke ein
Verbietnngsrecht haben und geschützt werden ohne Rücksicht darauf, ob sie eine
Vermögenseinbuße erlitten haben oder ihnen eine droht; insbesondre sind Fälle,
wo der Urheber eines geistigen Erzeugnisses, z. B. eines Vortrags, nur die
Genugthuung haben will, erhebend und bildend auf andre einzuwirken, nicht
allzu selten, und es sind recht gut Verhältnisse denkbar, wo der ihm durch
Nachdruck oder Nachahmung zugefügte Schaden in Geld gar nicht schätzbar ist,
weil er vielleicht sein Wer! vor der Veröffentlichung zu verändern oder zu ver¬
bessern wünschte und durch sein Bekanntwerden in der ursprünglichen Form
nun in seinem Rufe beeinträchtigt ist. Man darf sich deshalb mit der Gewi߬
heit begnügen, daß die Ausgestaltung der unbeschränkten Verfügungsmacht des
Urhebers über die von ihm in irgend einer Weise geäußerten Vorstellungen
nach der Anschauung des deutschen Volks und der Überzeugung seines Gesetz-


Der rechtliche Schutz der Baukunst

Befugnis, ein Werk der bildenden Kunst überhaupt oder ein durch Photographie
hergestelltes Werk auf mechanischem Wege ganz oder teilweise nachzubilden,
mir in der Hand des Urhebers oder des Verfertigers der photographischen
Aufnahme, und weiter steht das Recht der Nachahmung von gewerblichen
Mustern oder Modellen ausschließlich dem Erzeuger zu, während der Er¬
finder (der übrigens gleich dem Verfasser eines Musters oder Modells den
Anspruch auf gesetzlichen Schutz durch Anmeldung seines Vorrechts geltend machen
muß) verhindern kann, daß der Gegenstand seiner Erfindung gewerbsmäßig
gearbeitet, in Verkehr gebracht oder feilgehalten werde. Endlich mag der
Vollständigkeit halber noch erwähnt sein, daß Kaufleute über die Handelsfirma,
die sie sich beigelegt, und Gewerbtreibende über das Zeichen, daß sie zur
Unterscheidung ihrer Waren gewählt haben, eine dem Urheberrecht ähnliche
Verfügungsgewalt besitzen und jeden andern zwingen können, die Führung
der Firma oder der Marke, die sie für sich ausgesucht und angemeldet haben,
zu unterlassen.

Ich will hier nicht die rechtliche Natur des Urheberrechts erörtern. Die
Lehre von der ausschließlichen Herrschaft des Urhebers über sein Werk ist so
umstritten, wie wenige andre, und zwischen den äußersten Richtungen, deren
Verteidiger das Urheberrecht sich entweder in seinem wirtschaftlichen Werte er¬
schöpfen lassen oder es zu einer ganz unbestimmten Klasse von allgemein mensch¬
lichen Rechten zählen, bei denen auch Rechte der Gemeinschaft in Frage
kämen, das Werk als eine Offenbarung des persönlichen Geistes ansehen
und mittels eines dunkeln Rechts auf geistige Erzeugungsfähigkeit nach eiuer
Erklärung suchen, giebt es zahlreiche Vermittler, die von monopolisirten Ge¬
werberechten handeln und die irreleitende Bezeichnung des geistigen Eigentums
eingeführt haben. Nach bestehenden Rechte ist das Urheberrecht zweifellos
nicht mehr ein bloßes Vermögensrecht, da der Verfasser von Schriftwerken
und musikalischen Kompositionen, der Verfertiger von Photographien, Mustern
und Modellen, der Erfinder, sowie der Inhaber einer Firma oder Marke ein
Verbietnngsrecht haben und geschützt werden ohne Rücksicht darauf, ob sie eine
Vermögenseinbuße erlitten haben oder ihnen eine droht; insbesondre sind Fälle,
wo der Urheber eines geistigen Erzeugnisses, z. B. eines Vortrags, nur die
Genugthuung haben will, erhebend und bildend auf andre einzuwirken, nicht
allzu selten, und es sind recht gut Verhältnisse denkbar, wo der ihm durch
Nachdruck oder Nachahmung zugefügte Schaden in Geld gar nicht schätzbar ist,
weil er vielleicht sein Wer! vor der Veröffentlichung zu verändern oder zu ver¬
bessern wünschte und durch sein Bekanntwerden in der ursprünglichen Form
nun in seinem Rufe beeinträchtigt ist. Man darf sich deshalb mit der Gewi߬
heit begnügen, daß die Ausgestaltung der unbeschränkten Verfügungsmacht des
Urhebers über die von ihm in irgend einer Weise geäußerten Vorstellungen
nach der Anschauung des deutschen Volks und der Überzeugung seines Gesetz-


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[0037] Der rechtliche Schutz der Baukunst Befugnis, ein Werk der bildenden Kunst überhaupt oder ein durch Photographie hergestelltes Werk auf mechanischem Wege ganz oder teilweise nachzubilden, mir in der Hand des Urhebers oder des Verfertigers der photographischen Aufnahme, und weiter steht das Recht der Nachahmung von gewerblichen Mustern oder Modellen ausschließlich dem Erzeuger zu, während der Er¬ finder (der übrigens gleich dem Verfasser eines Musters oder Modells den Anspruch auf gesetzlichen Schutz durch Anmeldung seines Vorrechts geltend machen muß) verhindern kann, daß der Gegenstand seiner Erfindung gewerbsmäßig gearbeitet, in Verkehr gebracht oder feilgehalten werde. Endlich mag der Vollständigkeit halber noch erwähnt sein, daß Kaufleute über die Handelsfirma, die sie sich beigelegt, und Gewerbtreibende über das Zeichen, daß sie zur Unterscheidung ihrer Waren gewählt haben, eine dem Urheberrecht ähnliche Verfügungsgewalt besitzen und jeden andern zwingen können, die Führung der Firma oder der Marke, die sie für sich ausgesucht und angemeldet haben, zu unterlassen. Ich will hier nicht die rechtliche Natur des Urheberrechts erörtern. Die Lehre von der ausschließlichen Herrschaft des Urhebers über sein Werk ist so umstritten, wie wenige andre, und zwischen den äußersten Richtungen, deren Verteidiger das Urheberrecht sich entweder in seinem wirtschaftlichen Werte er¬ schöpfen lassen oder es zu einer ganz unbestimmten Klasse von allgemein mensch¬ lichen Rechten zählen, bei denen auch Rechte der Gemeinschaft in Frage kämen, das Werk als eine Offenbarung des persönlichen Geistes ansehen und mittels eines dunkeln Rechts auf geistige Erzeugungsfähigkeit nach eiuer Erklärung suchen, giebt es zahlreiche Vermittler, die von monopolisirten Ge¬ werberechten handeln und die irreleitende Bezeichnung des geistigen Eigentums eingeführt haben. Nach bestehenden Rechte ist das Urheberrecht zweifellos nicht mehr ein bloßes Vermögensrecht, da der Verfasser von Schriftwerken und musikalischen Kompositionen, der Verfertiger von Photographien, Mustern und Modellen, der Erfinder, sowie der Inhaber einer Firma oder Marke ein Verbietnngsrecht haben und geschützt werden ohne Rücksicht darauf, ob sie eine Vermögenseinbuße erlitten haben oder ihnen eine droht; insbesondre sind Fälle, wo der Urheber eines geistigen Erzeugnisses, z. B. eines Vortrags, nur die Genugthuung haben will, erhebend und bildend auf andre einzuwirken, nicht allzu selten, und es sind recht gut Verhältnisse denkbar, wo der ihm durch Nachdruck oder Nachahmung zugefügte Schaden in Geld gar nicht schätzbar ist, weil er vielleicht sein Wer! vor der Veröffentlichung zu verändern oder zu ver¬ bessern wünschte und durch sein Bekanntwerden in der ursprünglichen Form nun in seinem Rufe beeinträchtigt ist. Man darf sich deshalb mit der Gewi߬ heit begnügen, daß die Ausgestaltung der unbeschränkten Verfügungsmacht des Urhebers über die von ihm in irgend einer Weise geäußerten Vorstellungen nach der Anschauung des deutschen Volks und der Überzeugung seines Gesetz-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303/37>, abgerufen am 13.05.2024.