Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Englands Flottenrüstnngen

der achtziger Jahre begonnen hatte, nachdem die Torpedobootsgefahr durch
Einführung neuer Schutz- und Trutzwaffen in engere Grenzen zurückgewiesen
und die großen Schiffe in ihr altes natürliches Recht als Trüger der Ent¬
scheidung wieder eingesetzt waren. Diese Erscheinungen des lebhaftern Tempos
im Flottenbau aller Nationen gaben der englischen Admiralität die Ver¬
anlassung, schon vor Ablauf der Ausführungsperiode der 70 Schiffsbauten
des Mval Dtztvnoe ^ot mit neuen Forderungen an die Volksvertretung heran¬
zutreten.

Nach einem neuen Programm (kurzweg als ruf N^v Programm oder das
Programm des Lord Spencer bezeichnet), verlangte die Regierung in den Jahren
1893, 1894 und 1895 zusammen noch 85 Neubauten, nämlich 10 Panzer¬
schiffe, 25 Kreuzer und 43 Torpedobootsjäger, und sie erhielt sie alle bewilligt.
Auch bei der Begründung dieser Forderungen wurde auf die Fortschritte der
russischen und der französischen Flotte hingewiesen, deren Vereinigung die britische
gewachsen bleiben müßte.

Dann folgte als letzte Stufe die Eingangs erwähnte Neufordernng vom
März 1896, die unter dem Eindruck der jüngsten politischen Vorgänge eben¬
falls vollständig von der Volksvertretung gebilligt worden ist. Diese neue
Rüstung wurde, amtlich zwar nur verblümt, in allen unamtlichen Reden aber
ganz unverhohlen damit begründet, daß heutzutage die englische Seemacht nicht
allein der französisch-russischen gewachsen sein müsse, sondern auch dem Bündnis
Mer dritten Seemacht mit beiden, wobei sehr offen auf Deutschland hin¬
gewiesen wurde.

Sonach bestehen die britischen Flottenrüstungen seit 1889 in folgenden
Schiffsneubauten:

1- Am 1. April 1889 im Bau: S Panzerschlachtschiffe, 18 Kreuzer, !> Torpedobootsjnger,
2- Schiffe des Nao-a vslsnoo ^ot: 10 " 4L " 18
6- Schiffe des Rsv Programm: 10 ,. 25 " 4"
4- Im Mnrz 1896 bewilligt: ^6_^_^ - 28_"_
Summa: 80 Pnnzerschlnchtschiffe, !)8 Kreuzer, 100 Torpedobootsjnger.

Außerdem: 1 Torpedodepotschiff, 9 Kanonenboote, 1 Schulschiff. Von diesen
Schiffen sind die unter 1 und 2 aufgezählten sämtlich, die unter 3 genannten
großenteils fertig, die übrigen, zusammen mit den unter 4 ausgeführten, werden
bis spätestens zum Juli 1899 vollendet sein, sodaß sich die englische Marine
in dem Jahrzehnt von 1889 bis 1899 über 230 Neubauten beschafft haben
wird.") Daß diese alle vor der festgesetzten Zeit fertig sein werden, daran
ist bei dem fieberhaften Eifer, mit dem die englischen Rüstungen betrieben
werden, lind bei der bewundernswerter Schnelligkeit des englischen Kriegs-



*) Außerdem besitzt die englische Marine noch gegen 00 früher gebaute Panzerschiffe,
70 Kreuzer, eine große Torpedobootsflottille und zahlreiche Transportschiffe, Jachten, Kanonen¬
boote und Arbeitsfahrzeuge.
Englands Flottenrüstnngen

der achtziger Jahre begonnen hatte, nachdem die Torpedobootsgefahr durch
Einführung neuer Schutz- und Trutzwaffen in engere Grenzen zurückgewiesen
und die großen Schiffe in ihr altes natürliches Recht als Trüger der Ent¬
scheidung wieder eingesetzt waren. Diese Erscheinungen des lebhaftern Tempos
im Flottenbau aller Nationen gaben der englischen Admiralität die Ver¬
anlassung, schon vor Ablauf der Ausführungsperiode der 70 Schiffsbauten
des Mval Dtztvnoe ^ot mit neuen Forderungen an die Volksvertretung heran¬
zutreten.

Nach einem neuen Programm (kurzweg als ruf N^v Programm oder das
Programm des Lord Spencer bezeichnet), verlangte die Regierung in den Jahren
1893, 1894 und 1895 zusammen noch 85 Neubauten, nämlich 10 Panzer¬
schiffe, 25 Kreuzer und 43 Torpedobootsjäger, und sie erhielt sie alle bewilligt.
Auch bei der Begründung dieser Forderungen wurde auf die Fortschritte der
russischen und der französischen Flotte hingewiesen, deren Vereinigung die britische
gewachsen bleiben müßte.

Dann folgte als letzte Stufe die Eingangs erwähnte Neufordernng vom
März 1896, die unter dem Eindruck der jüngsten politischen Vorgänge eben¬
falls vollständig von der Volksvertretung gebilligt worden ist. Diese neue
Rüstung wurde, amtlich zwar nur verblümt, in allen unamtlichen Reden aber
ganz unverhohlen damit begründet, daß heutzutage die englische Seemacht nicht
allein der französisch-russischen gewachsen sein müsse, sondern auch dem Bündnis
Mer dritten Seemacht mit beiden, wobei sehr offen auf Deutschland hin¬
gewiesen wurde.

Sonach bestehen die britischen Flottenrüstungen seit 1889 in folgenden
Schiffsneubauten:

1- Am 1. April 1889 im Bau: S Panzerschlachtschiffe, 18 Kreuzer, !> Torpedobootsjnger,
2- Schiffe des Nao-a vslsnoo ^ot: 10 „ 4L „ 18
6- Schiffe des Rsv Programm: 10 ,. 25 „ 4»
4- Im Mnrz 1896 bewilligt: ^6_^_^ - 28_„_
Summa: 80 Pnnzerschlnchtschiffe, !)8 Kreuzer, 100 Torpedobootsjnger.

Außerdem: 1 Torpedodepotschiff, 9 Kanonenboote, 1 Schulschiff. Von diesen
Schiffen sind die unter 1 und 2 aufgezählten sämtlich, die unter 3 genannten
großenteils fertig, die übrigen, zusammen mit den unter 4 ausgeführten, werden
bis spätestens zum Juli 1899 vollendet sein, sodaß sich die englische Marine
in dem Jahrzehnt von 1889 bis 1899 über 230 Neubauten beschafft haben
wird.") Daß diese alle vor der festgesetzten Zeit fertig sein werden, daran
ist bei dem fieberhaften Eifer, mit dem die englischen Rüstungen betrieben
werden, lind bei der bewundernswerter Schnelligkeit des englischen Kriegs-



*) Außerdem besitzt die englische Marine noch gegen 00 früher gebaute Panzerschiffe,
70 Kreuzer, eine große Torpedobootsflottille und zahlreiche Transportschiffe, Jachten, Kanonen¬
boote und Arbeitsfahrzeuge.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0395" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/222699"/>
          <fw type="header" place="top"> Englands Flottenrüstnngen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1147" prev="#ID_1146"> der achtziger Jahre begonnen hatte, nachdem die Torpedobootsgefahr durch<lb/>
Einführung neuer Schutz- und Trutzwaffen in engere Grenzen zurückgewiesen<lb/>
und die großen Schiffe in ihr altes natürliches Recht als Trüger der Ent¬<lb/>
scheidung wieder eingesetzt waren. Diese Erscheinungen des lebhaftern Tempos<lb/>
im Flottenbau aller Nationen gaben der englischen Admiralität die Ver¬<lb/>
anlassung, schon vor Ablauf der Ausführungsperiode der 70 Schiffsbauten<lb/>
des Mval Dtztvnoe ^ot mit neuen Forderungen an die Volksvertretung heran¬<lb/>
zutreten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1148"> Nach einem neuen Programm (kurzweg als ruf N^v Programm oder das<lb/>
Programm des Lord Spencer bezeichnet), verlangte die Regierung in den Jahren<lb/>
1893, 1894 und 1895 zusammen noch 85 Neubauten, nämlich 10 Panzer¬<lb/>
schiffe, 25 Kreuzer und 43 Torpedobootsjäger, und sie erhielt sie alle bewilligt.<lb/>
Auch bei der Begründung dieser Forderungen wurde auf die Fortschritte der<lb/>
russischen und der französischen Flotte hingewiesen, deren Vereinigung die britische<lb/>
gewachsen bleiben müßte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1149"> Dann folgte als letzte Stufe die Eingangs erwähnte Neufordernng vom<lb/>
März 1896, die unter dem Eindruck der jüngsten politischen Vorgänge eben¬<lb/>
falls vollständig von der Volksvertretung gebilligt worden ist. Diese neue<lb/>
Rüstung wurde, amtlich zwar nur verblümt, in allen unamtlichen Reden aber<lb/>
ganz unverhohlen damit begründet, daß heutzutage die englische Seemacht nicht<lb/>
allein der französisch-russischen gewachsen sein müsse, sondern auch dem Bündnis<lb/>
Mer dritten Seemacht mit beiden, wobei sehr offen auf Deutschland hin¬<lb/>
gewiesen wurde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1150"> Sonach bestehen die britischen Flottenrüstungen seit 1889 in folgenden<lb/>
Schiffsneubauten:</p><lb/>
          <list>
            <item> 1- Am 1. April 1889 im Bau:   S Panzerschlachtschiffe, 18 Kreuzer,  !&gt; Torpedobootsjnger,</item>
            <item> 2- Schiffe des Nao-a vslsnoo ^ot: 10 &#x201E; 4L &#x201E; 18</item>
            <item> 6- Schiffe des Rsv Programm:  10      ,. 25   &#x201E;</item>
            <item> 4- Im Mnrz 1896 bewilligt:   ^6_^_^   -   28_&#x201E;_</item>
            <item> Summa: 80 Pnnzerschlnchtschiffe, !)8 Kreuzer, 100 Torpedobootsjnger.</item>
          </list><lb/>
          <p xml:id="ID_1151" next="#ID_1152"> Außerdem: 1 Torpedodepotschiff, 9 Kanonenboote, 1 Schulschiff. Von diesen<lb/>
Schiffen sind die unter 1 und 2 aufgezählten sämtlich, die unter 3 genannten<lb/>
großenteils fertig, die übrigen, zusammen mit den unter 4 ausgeführten, werden<lb/>
bis spätestens zum Juli 1899 vollendet sein, sodaß sich die englische Marine<lb/>
in dem Jahrzehnt von 1889 bis 1899 über 230 Neubauten beschafft haben<lb/>
wird.") Daß diese alle vor der festgesetzten Zeit fertig sein werden, daran<lb/>
ist bei dem fieberhaften Eifer, mit dem die englischen Rüstungen betrieben<lb/>
werden, lind bei der bewundernswerter Schnelligkeit des englischen Kriegs-</p><lb/>
          <note xml:id="FID_52" place="foot"> *) Außerdem besitzt die englische Marine noch gegen 00 früher gebaute Panzerschiffe,<lb/>
70 Kreuzer, eine große Torpedobootsflottille und zahlreiche Transportschiffe, Jachten, Kanonen¬<lb/>
boote und Arbeitsfahrzeuge.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0395] Englands Flottenrüstnngen der achtziger Jahre begonnen hatte, nachdem die Torpedobootsgefahr durch Einführung neuer Schutz- und Trutzwaffen in engere Grenzen zurückgewiesen und die großen Schiffe in ihr altes natürliches Recht als Trüger der Ent¬ scheidung wieder eingesetzt waren. Diese Erscheinungen des lebhaftern Tempos im Flottenbau aller Nationen gaben der englischen Admiralität die Ver¬ anlassung, schon vor Ablauf der Ausführungsperiode der 70 Schiffsbauten des Mval Dtztvnoe ^ot mit neuen Forderungen an die Volksvertretung heran¬ zutreten. Nach einem neuen Programm (kurzweg als ruf N^v Programm oder das Programm des Lord Spencer bezeichnet), verlangte die Regierung in den Jahren 1893, 1894 und 1895 zusammen noch 85 Neubauten, nämlich 10 Panzer¬ schiffe, 25 Kreuzer und 43 Torpedobootsjäger, und sie erhielt sie alle bewilligt. Auch bei der Begründung dieser Forderungen wurde auf die Fortschritte der russischen und der französischen Flotte hingewiesen, deren Vereinigung die britische gewachsen bleiben müßte. Dann folgte als letzte Stufe die Eingangs erwähnte Neufordernng vom März 1896, die unter dem Eindruck der jüngsten politischen Vorgänge eben¬ falls vollständig von der Volksvertretung gebilligt worden ist. Diese neue Rüstung wurde, amtlich zwar nur verblümt, in allen unamtlichen Reden aber ganz unverhohlen damit begründet, daß heutzutage die englische Seemacht nicht allein der französisch-russischen gewachsen sein müsse, sondern auch dem Bündnis Mer dritten Seemacht mit beiden, wobei sehr offen auf Deutschland hin¬ gewiesen wurde. Sonach bestehen die britischen Flottenrüstungen seit 1889 in folgenden Schiffsneubauten: 1- Am 1. April 1889 im Bau: S Panzerschlachtschiffe, 18 Kreuzer, !> Torpedobootsjnger, 2- Schiffe des Nao-a vslsnoo ^ot: 10 „ 4L „ 18 6- Schiffe des Rsv Programm: 10 ,. 25 „ 4» 4- Im Mnrz 1896 bewilligt: ^6_^_^ - 28_„_ Summa: 80 Pnnzerschlnchtschiffe, !)8 Kreuzer, 100 Torpedobootsjnger. Außerdem: 1 Torpedodepotschiff, 9 Kanonenboote, 1 Schulschiff. Von diesen Schiffen sind die unter 1 und 2 aufgezählten sämtlich, die unter 3 genannten großenteils fertig, die übrigen, zusammen mit den unter 4 ausgeführten, werden bis spätestens zum Juli 1899 vollendet sein, sodaß sich die englische Marine in dem Jahrzehnt von 1889 bis 1899 über 230 Neubauten beschafft haben wird.") Daß diese alle vor der festgesetzten Zeit fertig sein werden, daran ist bei dem fieberhaften Eifer, mit dem die englischen Rüstungen betrieben werden, lind bei der bewundernswerter Schnelligkeit des englischen Kriegs- *) Außerdem besitzt die englische Marine noch gegen 00 früher gebaute Panzerschiffe, 70 Kreuzer, eine große Torpedobootsflottille und zahlreiche Transportschiffe, Jachten, Kanonen¬ boote und Arbeitsfahrzeuge.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303/395
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303/395>, abgerufen am 17.06.2024.