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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wasser und trinken heimlich Wein; aber es ist doch immer belehrend, wenn wieder
einmal ein Weinkeller der Wassertrinker aufgedeckt wird." Die Zcntrnmsführer sind
bekanntlich ebenfalls grimmige Börsenfeinde, aber da sie auch ohne persönliches
Studium nach Ploetzischer Manier nicht umhin können, zu wissen, was die Börse
leistet und was sie nicht leisten kann, so bauen sie schon jetzt, ehe noch der Bundesrat
das neue Börsengesetz bestätigt hat, dem voraussichtlichen Unwillen ihrer großbäuer¬
lichen Wähler vor; man möge nicht etwa, so äußert sich eine Zentrumskorrespondenz,
von dem neuen Gesetz große Erwartungen hegen; die Abschaffung des Termin¬
handels werde das Getreide weder teurer uoch billiger machen; jn der Terminhandel
gewähre trotz der Auswüchse, die sich daran heften, so bedeutende Vorteile, daß
die Landwirte möglicherweise sehr bald seine Wiederherstellung fordern würden;
auch würden ontsiäors, die sich mit der Börse einlassen, in Zukunft nicht weniger
schonungslos gerupft werden als bisher. Höchst belehrend war auch die Reichs¬
tagssitzung vom 8. Juni; auf der Tagesordnung stand der Handelsvertrag mit
Japan, Graf Kcmitz aber sprach, wie immer bei solchen Gelegenheiten, über
die Schädigung der deutschen Landwirtschaft durch den russischen Handelsvertrag.
Der Staatssekretär von Marschall widerlegte seine Behauptungen Punkt sür Punkt:
das russische Getreide wird uicht zu enorm billigen Tarifsätzen nach Königsberg
und Danzig gefahren, im Gegenteil sind die russischen Tarifsätze zum Teil erheblich
höher als die deutschen und jetzt nicht niedriger als vor dem Vertrag; der Konsum
der Seestädte ist den heimischen Landwirten nicht verloren gegangen, im Gegenteil
verbrauchen jene jetzt mehr deutsches Getreide als vor dem Vertrag usw. Nachdem
sich aber der Staatssekretär gesetzt hat, steht Graf Kcmitz auf und fährt fort, über
die Schädigung der deutschen Landwirte durch den Handelsvertrag mit Rußland zu
jammern, als ob er die Widerlegung seiner Behauptungen gar nicht gehört
hätte. So wirds gemacht; nach diesem Rezept arbeitet der Bund der Landwirte;
unbequeme Thatsachen, auch wenn sie von ganz zuverlässiger amtlicher Stelle be¬
stätigt werden, behandelt man als nicht vorhanden oder verschleiert man dem Bauer
mit einem Schwall pathetischer Redensarten oder die Aufmerksamkeit abziehender
Witzeleien und wiederholt Tag für Tag mit eiserner Stirn die alten, längst wider¬
legten Behauptungen. Doch haben unsre Bauern zu viel gefunden Menschenverstand,
um sich auf die Dauer täuschen zu lassen, und zu ruhiges Blut, als daß sie durch
Exaltation um die Besinnung gebracht werden könnten; selbst die dem Bunde der
Landwirte zur Verfügung stehenden Machtmittel, z. B. der Beistand der ihnen be¬
freundeten Landräte, sangen an zu versagen, wie der Sieg des Freisinnigen in dem
Wahlkreise Ruppin-Templin beweist. Und wie stark muß der Widerwille gegen
das Agrariertum in dem Wahlkreise Ansbach-Schwabach sein, wenn dort ein Conrad
siegen konnte, ein Litterat von der "Moderne," gegen den selbstverständlich die
Geistlichkeit beider Konfessionen alles aufgeboten hatte, was in ihren Kräften stand!

Macht sich bei diesen wie bei mehreren vorhergegangnen Ersatzwahlen die
Gegenströmung gegen die im Reichstage herrschende Richtung, die sich gern konservativ
nennt, ganz deutlich bemerkbar, so beeilt sich dafür die "konservative" Reichstags¬
mehrheit desto mehr, solange sie noch das Heft in der Hand hat, alles, was ihr
am Herzen liegt, geschwind noch vollends unter Dach und Fach zu bringen. Die
Herren von der Negierung haben es nicht ebenso eilig. Der Reichskanzler hat
aus seiner Verwunderung über das Verbot des Detailreisens -- die Konservativen
sagen freilich, es sei gar kein Verbot -- kein Hehl gemacht und sein Sohn so ent¬
schieden dagegen gesprochen, daß der Antisemit Grase ausrief: Gott sei Dank, daß
der Reichstanzlerposten nicht erblich ist! Und der Staatssekretär von Bötticher gestand
ganz offen ein, daß er den Gesetzentwurf bloß vorgelegt habe, weil ihn hie Reichs-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wasser und trinken heimlich Wein; aber es ist doch immer belehrend, wenn wieder
einmal ein Weinkeller der Wassertrinker aufgedeckt wird." Die Zcntrnmsführer sind
bekanntlich ebenfalls grimmige Börsenfeinde, aber da sie auch ohne persönliches
Studium nach Ploetzischer Manier nicht umhin können, zu wissen, was die Börse
leistet und was sie nicht leisten kann, so bauen sie schon jetzt, ehe noch der Bundesrat
das neue Börsengesetz bestätigt hat, dem voraussichtlichen Unwillen ihrer großbäuer¬
lichen Wähler vor; man möge nicht etwa, so äußert sich eine Zentrumskorrespondenz,
von dem neuen Gesetz große Erwartungen hegen; die Abschaffung des Termin¬
handels werde das Getreide weder teurer uoch billiger machen; jn der Terminhandel
gewähre trotz der Auswüchse, die sich daran heften, so bedeutende Vorteile, daß
die Landwirte möglicherweise sehr bald seine Wiederherstellung fordern würden;
auch würden ontsiäors, die sich mit der Börse einlassen, in Zukunft nicht weniger
schonungslos gerupft werden als bisher. Höchst belehrend war auch die Reichs¬
tagssitzung vom 8. Juni; auf der Tagesordnung stand der Handelsvertrag mit
Japan, Graf Kcmitz aber sprach, wie immer bei solchen Gelegenheiten, über
die Schädigung der deutschen Landwirtschaft durch den russischen Handelsvertrag.
Der Staatssekretär von Marschall widerlegte seine Behauptungen Punkt sür Punkt:
das russische Getreide wird uicht zu enorm billigen Tarifsätzen nach Königsberg
und Danzig gefahren, im Gegenteil sind die russischen Tarifsätze zum Teil erheblich
höher als die deutschen und jetzt nicht niedriger als vor dem Vertrag; der Konsum
der Seestädte ist den heimischen Landwirten nicht verloren gegangen, im Gegenteil
verbrauchen jene jetzt mehr deutsches Getreide als vor dem Vertrag usw. Nachdem
sich aber der Staatssekretär gesetzt hat, steht Graf Kcmitz auf und fährt fort, über
die Schädigung der deutschen Landwirte durch den Handelsvertrag mit Rußland zu
jammern, als ob er die Widerlegung seiner Behauptungen gar nicht gehört
hätte. So wirds gemacht; nach diesem Rezept arbeitet der Bund der Landwirte;
unbequeme Thatsachen, auch wenn sie von ganz zuverlässiger amtlicher Stelle be¬
stätigt werden, behandelt man als nicht vorhanden oder verschleiert man dem Bauer
mit einem Schwall pathetischer Redensarten oder die Aufmerksamkeit abziehender
Witzeleien und wiederholt Tag für Tag mit eiserner Stirn die alten, längst wider¬
legten Behauptungen. Doch haben unsre Bauern zu viel gefunden Menschenverstand,
um sich auf die Dauer täuschen zu lassen, und zu ruhiges Blut, als daß sie durch
Exaltation um die Besinnung gebracht werden könnten; selbst die dem Bunde der
Landwirte zur Verfügung stehenden Machtmittel, z. B. der Beistand der ihnen be¬
freundeten Landräte, sangen an zu versagen, wie der Sieg des Freisinnigen in dem
Wahlkreise Ruppin-Templin beweist. Und wie stark muß der Widerwille gegen
das Agrariertum in dem Wahlkreise Ansbach-Schwabach sein, wenn dort ein Conrad
siegen konnte, ein Litterat von der „Moderne," gegen den selbstverständlich die
Geistlichkeit beider Konfessionen alles aufgeboten hatte, was in ihren Kräften stand!

Macht sich bei diesen wie bei mehreren vorhergegangnen Ersatzwahlen die
Gegenströmung gegen die im Reichstage herrschende Richtung, die sich gern konservativ
nennt, ganz deutlich bemerkbar, so beeilt sich dafür die „konservative" Reichstags¬
mehrheit desto mehr, solange sie noch das Heft in der Hand hat, alles, was ihr
am Herzen liegt, geschwind noch vollends unter Dach und Fach zu bringen. Die
Herren von der Negierung haben es nicht ebenso eilig. Der Reichskanzler hat
aus seiner Verwunderung über das Verbot des Detailreisens — die Konservativen
sagen freilich, es sei gar kein Verbot — kein Hehl gemacht und sein Sohn so ent¬
schieden dagegen gesprochen, daß der Antisemit Grase ausrief: Gott sei Dank, daß
der Reichstanzlerposten nicht erblich ist! Und der Staatssekretär von Bötticher gestand
ganz offen ein, daß er den Gesetzentwurf bloß vorgelegt habe, weil ihn hie Reichs-


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[0578] Maßgebliches und Unmaßgebliches Wasser und trinken heimlich Wein; aber es ist doch immer belehrend, wenn wieder einmal ein Weinkeller der Wassertrinker aufgedeckt wird." Die Zcntrnmsführer sind bekanntlich ebenfalls grimmige Börsenfeinde, aber da sie auch ohne persönliches Studium nach Ploetzischer Manier nicht umhin können, zu wissen, was die Börse leistet und was sie nicht leisten kann, so bauen sie schon jetzt, ehe noch der Bundesrat das neue Börsengesetz bestätigt hat, dem voraussichtlichen Unwillen ihrer großbäuer¬ lichen Wähler vor; man möge nicht etwa, so äußert sich eine Zentrumskorrespondenz, von dem neuen Gesetz große Erwartungen hegen; die Abschaffung des Termin¬ handels werde das Getreide weder teurer uoch billiger machen; jn der Terminhandel gewähre trotz der Auswüchse, die sich daran heften, so bedeutende Vorteile, daß die Landwirte möglicherweise sehr bald seine Wiederherstellung fordern würden; auch würden ontsiäors, die sich mit der Börse einlassen, in Zukunft nicht weniger schonungslos gerupft werden als bisher. Höchst belehrend war auch die Reichs¬ tagssitzung vom 8. Juni; auf der Tagesordnung stand der Handelsvertrag mit Japan, Graf Kcmitz aber sprach, wie immer bei solchen Gelegenheiten, über die Schädigung der deutschen Landwirtschaft durch den russischen Handelsvertrag. Der Staatssekretär von Marschall widerlegte seine Behauptungen Punkt sür Punkt: das russische Getreide wird uicht zu enorm billigen Tarifsätzen nach Königsberg und Danzig gefahren, im Gegenteil sind die russischen Tarifsätze zum Teil erheblich höher als die deutschen und jetzt nicht niedriger als vor dem Vertrag; der Konsum der Seestädte ist den heimischen Landwirten nicht verloren gegangen, im Gegenteil verbrauchen jene jetzt mehr deutsches Getreide als vor dem Vertrag usw. Nachdem sich aber der Staatssekretär gesetzt hat, steht Graf Kcmitz auf und fährt fort, über die Schädigung der deutschen Landwirte durch den Handelsvertrag mit Rußland zu jammern, als ob er die Widerlegung seiner Behauptungen gar nicht gehört hätte. So wirds gemacht; nach diesem Rezept arbeitet der Bund der Landwirte; unbequeme Thatsachen, auch wenn sie von ganz zuverlässiger amtlicher Stelle be¬ stätigt werden, behandelt man als nicht vorhanden oder verschleiert man dem Bauer mit einem Schwall pathetischer Redensarten oder die Aufmerksamkeit abziehender Witzeleien und wiederholt Tag für Tag mit eiserner Stirn die alten, längst wider¬ legten Behauptungen. Doch haben unsre Bauern zu viel gefunden Menschenverstand, um sich auf die Dauer täuschen zu lassen, und zu ruhiges Blut, als daß sie durch Exaltation um die Besinnung gebracht werden könnten; selbst die dem Bunde der Landwirte zur Verfügung stehenden Machtmittel, z. B. der Beistand der ihnen be¬ freundeten Landräte, sangen an zu versagen, wie der Sieg des Freisinnigen in dem Wahlkreise Ruppin-Templin beweist. Und wie stark muß der Widerwille gegen das Agrariertum in dem Wahlkreise Ansbach-Schwabach sein, wenn dort ein Conrad siegen konnte, ein Litterat von der „Moderne," gegen den selbstverständlich die Geistlichkeit beider Konfessionen alles aufgeboten hatte, was in ihren Kräften stand! Macht sich bei diesen wie bei mehreren vorhergegangnen Ersatzwahlen die Gegenströmung gegen die im Reichstage herrschende Richtung, die sich gern konservativ nennt, ganz deutlich bemerkbar, so beeilt sich dafür die „konservative" Reichstags¬ mehrheit desto mehr, solange sie noch das Heft in der Hand hat, alles, was ihr am Herzen liegt, geschwind noch vollends unter Dach und Fach zu bringen. Die Herren von der Negierung haben es nicht ebenso eilig. Der Reichskanzler hat aus seiner Verwunderung über das Verbot des Detailreisens — die Konservativen sagen freilich, es sei gar kein Verbot — kein Hehl gemacht und sein Sohn so ent¬ schieden dagegen gesprochen, daß der Antisemit Grase ausrief: Gott sei Dank, daß der Reichstanzlerposten nicht erblich ist! Und der Staatssekretär von Bötticher gestand ganz offen ein, daß er den Gesetzentwurf bloß vorgelegt habe, weil ihn hie Reichs-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303/578>, abgerufen am 13.05.2024.