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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

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Berlin ihre ganz besondre Bedeutung hat. Den dortigen Arbeitern nützt keine
Lohnerhöhung, den Fabrikanten (die ja auch meist zur Miete wohnen) keine Ge-
winnsteigernng, den Ladeninhabern und den Gastwirten keine Mehreinnahme, weil
das Raubgesindel der Bodenwucherer, Grundstückspekulauteu und Bauschwindler
jeden Mehrverdienst frißt. Im letzten Abschnitt seiner Schrift stellt Freese diese
haarsträubenden Zustände, die sich das Volk -- und zum Volke gehören in diesem
Falle alle Nichthmisbcsitzer -- mit unglaublicher Geduld gefallen läßt, noch einmal
sehr wirksam zusammen.

So unendlich dick Gutes nnn gewirkt, und so unsägliches Unheil abgewendet
werden könnte, wenn alle Unternehmer von dem Geiste Freches beseelt wären -- eine
Lösung der sozialen Frage wäre das immer noch nicht. In Freches Fabrikations¬
zweige -- er ist bekanntlich Jalousienfabrikant -- mag es nicht so gnr schwierig
sein, Eintracht und überhaupt erträgliche, sogar erfreuliche Zustände herzustellen,
weil die Arbeit darin weder gesundheitsschädlich, uoch lebensgefährlich, noch sonst
widerwärtig ist. Dasselbe gilt von Möbelfabriken, Maschinenbananstalten und
noch manchen andern industriellen Unternehmungen. Aber daß es psychologisch
möglich sein sollte, daß die Arbeiter in einer Gifthütte, wo sie im zwanzigsten
Lebensjahre schon alle ihre Zähne verlieren, oder die in irgend einer unterirdischen
Hölle, an ihren Brodherrn anders als mit Ingrimm denken, das bezweifeln wir
ganz entschieden. Arbeitsscheu bedeutet in sehr vielen Fällen weiter nichts, als daß
sich die Natur des Menschen gegen eine solche Arbeit sträubt, oder gegen eine
Arbeit, der seine Kräfte nicht gewachsen sind. Daß es aber eines viele giebt, die
beim besten Willen nicht einmal solche Arbeit bekommen können, und daß die Zahl
dieser wirklich Arbeitslosen bei zunehmender Bevölkerung stetig wachsen muß, wenn
wir keine Kolonien haben, davon wird sich jeder nicht absichtlich und freiwillig
Blinde aufs neue überzeugen, wenn er das Buch des königlich preußischen Majors
c>. D. Hans von Meherinck liest: Praktische Maßregeln zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit. Eine kurze Darstellung der bisher angewandten Mittel und
Neformvorschliige für Deutschland. (Jena, Gustav Fischer, 1896.) Der erste Teil,
der die bestehenden Einrichtungen wie Herbergen zur Heimat, Naturalverpflegungs-
stativnen, Arbeiterkolonien, Heimatkvlonieu, Arbeitsnachweise, Arbeits- oder Korri-
gendenhänser geschichtlich und statistisch behandelt, umfaßt auch die wichtigsten Staaten
des Auslands. Daß es an Arbeitsgelegenheit fehlt, wird schon allein durch zwei
Umstände schlagend bewiesen. Erstens: mit Ausnahme einer einzigen derartigen
Anstalt vermag in keiner die Arbeit der Pfleglinge ihren Unterhalt zu decken; sie
erfordern alle Zuschüsse, und zwar recht bedeutende. Freilich sind die Arbeiter
größtenteils minderwertig, aber da sie unter hartem Zwange so viel arbeiten müssen,
als sie vermögen, müßten sie doch, wenn genügend Nachfrage nach ihren Erzeug¬
nissen vorhanden wäre, wenigstens ihren Unterhalt und die Kosten der Betriebs¬
leitung verdienen, da jn doch bei gesunden Zuständen ein vollwertiger Arbeiter
nicht bloß sich, sonder" anch eine Familie erhalten, dazu die Wohnnngsmiete auf¬
bringen muß, die bei jenen Anstalten wegfällt. Zweitens wird das Fehlen der
Arbeitsgelegenheit dadurch bewiesen, daß jene Anstalten, ausgenommen die Moor¬
kolonien und die Ackerbaustationcn, keine Arbeit leisten können, ohne dnrch ihre
Konkurrenz Handwerker "ud freie Lohnarbeiter zu schädigen. Man kann keinen
Vagabunden oder Bettler beschäftige", ohne einem beschäftigten Arbeiter entweder
die Arbeit zu nehme" oder ihn wenigstens durch Lohn- und Preisdrnck elend zu
machen. Der Verfasser zieht daher aus dem Ergebnis seiner Untersuchungen die
Folgerung, daß der Staat verpflichtet sei, Arbeitsgelegenheit zu schaffen, und daß
das auf keine andre Weise geschehen könne, als daß man Heimatskvlonien nach dem


Berlin ihre ganz besondre Bedeutung hat. Den dortigen Arbeitern nützt keine
Lohnerhöhung, den Fabrikanten (die ja auch meist zur Miete wohnen) keine Ge-
winnsteigernng, den Ladeninhabern und den Gastwirten keine Mehreinnahme, weil
das Raubgesindel der Bodenwucherer, Grundstückspekulauteu und Bauschwindler
jeden Mehrverdienst frißt. Im letzten Abschnitt seiner Schrift stellt Freese diese
haarsträubenden Zustände, die sich das Volk — und zum Volke gehören in diesem
Falle alle Nichthmisbcsitzer — mit unglaublicher Geduld gefallen läßt, noch einmal
sehr wirksam zusammen.

So unendlich dick Gutes nnn gewirkt, und so unsägliches Unheil abgewendet
werden könnte, wenn alle Unternehmer von dem Geiste Freches beseelt wären — eine
Lösung der sozialen Frage wäre das immer noch nicht. In Freches Fabrikations¬
zweige — er ist bekanntlich Jalousienfabrikant — mag es nicht so gnr schwierig
sein, Eintracht und überhaupt erträgliche, sogar erfreuliche Zustände herzustellen,
weil die Arbeit darin weder gesundheitsschädlich, uoch lebensgefährlich, noch sonst
widerwärtig ist. Dasselbe gilt von Möbelfabriken, Maschinenbananstalten und
noch manchen andern industriellen Unternehmungen. Aber daß es psychologisch
möglich sein sollte, daß die Arbeiter in einer Gifthütte, wo sie im zwanzigsten
Lebensjahre schon alle ihre Zähne verlieren, oder die in irgend einer unterirdischen
Hölle, an ihren Brodherrn anders als mit Ingrimm denken, das bezweifeln wir
ganz entschieden. Arbeitsscheu bedeutet in sehr vielen Fällen weiter nichts, als daß
sich die Natur des Menschen gegen eine solche Arbeit sträubt, oder gegen eine
Arbeit, der seine Kräfte nicht gewachsen sind. Daß es aber eines viele giebt, die
beim besten Willen nicht einmal solche Arbeit bekommen können, und daß die Zahl
dieser wirklich Arbeitslosen bei zunehmender Bevölkerung stetig wachsen muß, wenn
wir keine Kolonien haben, davon wird sich jeder nicht absichtlich und freiwillig
Blinde aufs neue überzeugen, wenn er das Buch des königlich preußischen Majors
c>. D. Hans von Meherinck liest: Praktische Maßregeln zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit. Eine kurze Darstellung der bisher angewandten Mittel und
Neformvorschliige für Deutschland. (Jena, Gustav Fischer, 1896.) Der erste Teil,
der die bestehenden Einrichtungen wie Herbergen zur Heimat, Naturalverpflegungs-
stativnen, Arbeiterkolonien, Heimatkvlonieu, Arbeitsnachweise, Arbeits- oder Korri-
gendenhänser geschichtlich und statistisch behandelt, umfaßt auch die wichtigsten Staaten
des Auslands. Daß es an Arbeitsgelegenheit fehlt, wird schon allein durch zwei
Umstände schlagend bewiesen. Erstens: mit Ausnahme einer einzigen derartigen
Anstalt vermag in keiner die Arbeit der Pfleglinge ihren Unterhalt zu decken; sie
erfordern alle Zuschüsse, und zwar recht bedeutende. Freilich sind die Arbeiter
größtenteils minderwertig, aber da sie unter hartem Zwange so viel arbeiten müssen,
als sie vermögen, müßten sie doch, wenn genügend Nachfrage nach ihren Erzeug¬
nissen vorhanden wäre, wenigstens ihren Unterhalt und die Kosten der Betriebs¬
leitung verdienen, da jn doch bei gesunden Zuständen ein vollwertiger Arbeiter
nicht bloß sich, sonder» anch eine Familie erhalten, dazu die Wohnnngsmiete auf¬
bringen muß, die bei jenen Anstalten wegfällt. Zweitens wird das Fehlen der
Arbeitsgelegenheit dadurch bewiesen, daß jene Anstalten, ausgenommen die Moor¬
kolonien und die Ackerbaustationcn, keine Arbeit leisten können, ohne dnrch ihre
Konkurrenz Handwerker »ud freie Lohnarbeiter zu schädigen. Man kann keinen
Vagabunden oder Bettler beschäftige», ohne einem beschäftigten Arbeiter entweder
die Arbeit zu nehme» oder ihn wenigstens durch Lohn- und Preisdrnck elend zu
machen. Der Verfasser zieht daher aus dem Ergebnis seiner Untersuchungen die
Folgerung, daß der Staat verpflichtet sei, Arbeitsgelegenheit zu schaffen, und daß
das auf keine andre Weise geschehen könne, als daß man Heimatskvlonien nach dem


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[0423] Berlin ihre ganz besondre Bedeutung hat. Den dortigen Arbeitern nützt keine Lohnerhöhung, den Fabrikanten (die ja auch meist zur Miete wohnen) keine Ge- winnsteigernng, den Ladeninhabern und den Gastwirten keine Mehreinnahme, weil das Raubgesindel der Bodenwucherer, Grundstückspekulauteu und Bauschwindler jeden Mehrverdienst frißt. Im letzten Abschnitt seiner Schrift stellt Freese diese haarsträubenden Zustände, die sich das Volk — und zum Volke gehören in diesem Falle alle Nichthmisbcsitzer — mit unglaublicher Geduld gefallen läßt, noch einmal sehr wirksam zusammen. So unendlich dick Gutes nnn gewirkt, und so unsägliches Unheil abgewendet werden könnte, wenn alle Unternehmer von dem Geiste Freches beseelt wären — eine Lösung der sozialen Frage wäre das immer noch nicht. In Freches Fabrikations¬ zweige — er ist bekanntlich Jalousienfabrikant — mag es nicht so gnr schwierig sein, Eintracht und überhaupt erträgliche, sogar erfreuliche Zustände herzustellen, weil die Arbeit darin weder gesundheitsschädlich, uoch lebensgefährlich, noch sonst widerwärtig ist. Dasselbe gilt von Möbelfabriken, Maschinenbananstalten und noch manchen andern industriellen Unternehmungen. Aber daß es psychologisch möglich sein sollte, daß die Arbeiter in einer Gifthütte, wo sie im zwanzigsten Lebensjahre schon alle ihre Zähne verlieren, oder die in irgend einer unterirdischen Hölle, an ihren Brodherrn anders als mit Ingrimm denken, das bezweifeln wir ganz entschieden. Arbeitsscheu bedeutet in sehr vielen Fällen weiter nichts, als daß sich die Natur des Menschen gegen eine solche Arbeit sträubt, oder gegen eine Arbeit, der seine Kräfte nicht gewachsen sind. Daß es aber eines viele giebt, die beim besten Willen nicht einmal solche Arbeit bekommen können, und daß die Zahl dieser wirklich Arbeitslosen bei zunehmender Bevölkerung stetig wachsen muß, wenn wir keine Kolonien haben, davon wird sich jeder nicht absichtlich und freiwillig Blinde aufs neue überzeugen, wenn er das Buch des königlich preußischen Majors c>. D. Hans von Meherinck liest: Praktische Maßregeln zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Eine kurze Darstellung der bisher angewandten Mittel und Neformvorschliige für Deutschland. (Jena, Gustav Fischer, 1896.) Der erste Teil, der die bestehenden Einrichtungen wie Herbergen zur Heimat, Naturalverpflegungs- stativnen, Arbeiterkolonien, Heimatkvlonieu, Arbeitsnachweise, Arbeits- oder Korri- gendenhänser geschichtlich und statistisch behandelt, umfaßt auch die wichtigsten Staaten des Auslands. Daß es an Arbeitsgelegenheit fehlt, wird schon allein durch zwei Umstände schlagend bewiesen. Erstens: mit Ausnahme einer einzigen derartigen Anstalt vermag in keiner die Arbeit der Pfleglinge ihren Unterhalt zu decken; sie erfordern alle Zuschüsse, und zwar recht bedeutende. Freilich sind die Arbeiter größtenteils minderwertig, aber da sie unter hartem Zwange so viel arbeiten müssen, als sie vermögen, müßten sie doch, wenn genügend Nachfrage nach ihren Erzeug¬ nissen vorhanden wäre, wenigstens ihren Unterhalt und die Kosten der Betriebs¬ leitung verdienen, da jn doch bei gesunden Zuständen ein vollwertiger Arbeiter nicht bloß sich, sonder» anch eine Familie erhalten, dazu die Wohnnngsmiete auf¬ bringen muß, die bei jenen Anstalten wegfällt. Zweitens wird das Fehlen der Arbeitsgelegenheit dadurch bewiesen, daß jene Anstalten, ausgenommen die Moor¬ kolonien und die Ackerbaustationcn, keine Arbeit leisten können, ohne dnrch ihre Konkurrenz Handwerker »ud freie Lohnarbeiter zu schädigen. Man kann keinen Vagabunden oder Bettler beschäftige», ohne einem beschäftigten Arbeiter entweder die Arbeit zu nehme» oder ihn wenigstens durch Lohn- und Preisdrnck elend zu machen. Der Verfasser zieht daher aus dem Ergebnis seiner Untersuchungen die Folgerung, daß der Staat verpflichtet sei, Arbeitsgelegenheit zu schaffen, und daß das auf keine andre Weise geschehen könne, als daß man Heimatskvlonien nach dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/423>, abgerufen am 21.05.2024.