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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Die industriellen Monopole in den vereinigten Staaten

Manche von diesen Nachteilen treffen allerdings nur einzelne Personen-
1. Leute, die ihr Kapital in gewerblichen Unternehmungen anlegen wollen,
werden oft schwer geschädigt durch gewisse Praktiken der Gründer, Dahin
gehört namentlich das sogenannte Ltocck ^ickörinA (Verwässern des Aktien¬
kapitals) -- eine Praxis, die ohne Verheimlichung und Täuschung über den
wirklichen Wert des Gründuugsobjekts nicht anwendbar ist, (Es soll z. B,
eine Brauerei in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Ihr Inventar-
wert beträgt - sagen wir 100000 Dollars. Statt dessen aber werden Aktien
im Betrag von 200000 oder 300000 Dollars und vielleicht noch mehr aus¬
gegeben. Man begründet dies mit der sgrinnA c-ÄvaeitF des Objekts, d. h. mit
seiner Fähigkeit, Geldwerte zu schaffen, die doch auch berücksichtigt werden müsse.)
2. Die Aktionäre einer Gesellschaft, bei deren Gründung es ganz solid,
namentlich ohne "taok vaterinA, zugegangen ist, können trotzdem schwer be¬
nachteiligt werden, weil es in Amerika den Direktoren solcher Unternehmungen
nicht verboten ist, in den Aktien ihrer eignen Gesellschaft an der Börse zu
spekulieren. (Das Rezept ist folgendes: Man verbreite Ungünstiges über den
Geschäftsstand - die Aktien sinken -- der Direktor kaufe davon soviel er
kaun --, dann veröffentliche man einen glänzenden Geschäftsbericht, der die
Aktien in die Höhe treibt, und das Geschäft ist gemacht.)

Eine Benachteiligung weiterer Kreise ergiebt sich mis folgenden Um¬
ständen! 1. Die Produzenten des Rohstoffs werden oft geschädigt durch die
niedrigen Preise, die der Ring als größter, vielleicht sogar als einziger Käufer
seinen Lieferanten aufzuzwingen vermag. 2. Der Ring kann seine Macht¬
stellung auch dazu mißbrauchen, die Lohne der Arbeiter zu drücken oder ihnen
ungünstigere Arbeitsbedingungen aufzuerlegen, als sie bei freier Konkurrenz
erreichen würden. Auch darin liegt eine Benachteiligung der Arbeiter, daß
der Ring, um einen Streik abzuwenden, oder much bloß um einen Druck auf
den Aktienmarkt auszuüben, zuweilen einige seiner Fabriken schließt.

Die Allgemeinheit endlich wird in Mitleidenschaft gezogen, wenn der
Ring, gestützt auf seine Monopolstellung, die Preise dauernd höher zu halten
vermag, als sie bei freiem Wettbewerb sein würden. Die größte Gefahr für
die Allgemeinheit liegt jedoch unzweifelhaft darin, daß die größern Ringe auch
"uf die politischen Körperschaften des Landes einen so mächtigen und -- wie
wir z. V. beim Zuckerring gesehen haben - - einen so schädlichen Einfluß aus¬
üben können.

An Versuchen, die geschilderten Übelstände aus dem Wege der Gesetz¬
gebung zu bekämpfen, haben es weder die Einzelstaaten noch die Bundes¬
regierung fehlen lassen.

1- Eine gewisse Handhabe bot hierzu schon das Allgemeine Landrecht.
Nach dem ('ommon I,i>,v mußte allerdings die Einschränkung des Handels
"unvernünftig" (ultro^sonsblö) sein, wenn sie strafbar werden sollte. Einige
Staaten haben jedoch durch besondern Akt der Gesetzgebung das rs8ti-"int c>f
kranke überhaupt für unzulässig erklärt, ohne zu bedenken, daß sie damit viel


Die industriellen Monopole in den vereinigten Staaten

Manche von diesen Nachteilen treffen allerdings nur einzelne Personen-
1. Leute, die ihr Kapital in gewerblichen Unternehmungen anlegen wollen,
werden oft schwer geschädigt durch gewisse Praktiken der Gründer, Dahin
gehört namentlich das sogenannte Ltocck ^ickörinA (Verwässern des Aktien¬
kapitals) — eine Praxis, die ohne Verheimlichung und Täuschung über den
wirklichen Wert des Gründuugsobjekts nicht anwendbar ist, (Es soll z. B,
eine Brauerei in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Ihr Inventar-
wert beträgt - sagen wir 100000 Dollars. Statt dessen aber werden Aktien
im Betrag von 200000 oder 300000 Dollars und vielleicht noch mehr aus¬
gegeben. Man begründet dies mit der sgrinnA c-ÄvaeitF des Objekts, d. h. mit
seiner Fähigkeit, Geldwerte zu schaffen, die doch auch berücksichtigt werden müsse.)
2. Die Aktionäre einer Gesellschaft, bei deren Gründung es ganz solid,
namentlich ohne «taok vaterinA, zugegangen ist, können trotzdem schwer be¬
nachteiligt werden, weil es in Amerika den Direktoren solcher Unternehmungen
nicht verboten ist, in den Aktien ihrer eignen Gesellschaft an der Börse zu
spekulieren. (Das Rezept ist folgendes: Man verbreite Ungünstiges über den
Geschäftsstand - die Aktien sinken — der Direktor kaufe davon soviel er
kaun —, dann veröffentliche man einen glänzenden Geschäftsbericht, der die
Aktien in die Höhe treibt, und das Geschäft ist gemacht.)

Eine Benachteiligung weiterer Kreise ergiebt sich mis folgenden Um¬
ständen! 1. Die Produzenten des Rohstoffs werden oft geschädigt durch die
niedrigen Preise, die der Ring als größter, vielleicht sogar als einziger Käufer
seinen Lieferanten aufzuzwingen vermag. 2. Der Ring kann seine Macht¬
stellung auch dazu mißbrauchen, die Lohne der Arbeiter zu drücken oder ihnen
ungünstigere Arbeitsbedingungen aufzuerlegen, als sie bei freier Konkurrenz
erreichen würden. Auch darin liegt eine Benachteiligung der Arbeiter, daß
der Ring, um einen Streik abzuwenden, oder much bloß um einen Druck auf
den Aktienmarkt auszuüben, zuweilen einige seiner Fabriken schließt.

Die Allgemeinheit endlich wird in Mitleidenschaft gezogen, wenn der
Ring, gestützt auf seine Monopolstellung, die Preise dauernd höher zu halten
vermag, als sie bei freiem Wettbewerb sein würden. Die größte Gefahr für
die Allgemeinheit liegt jedoch unzweifelhaft darin, daß die größern Ringe auch
"uf die politischen Körperschaften des Landes einen so mächtigen und — wie
wir z. V. beim Zuckerring gesehen haben - - einen so schädlichen Einfluß aus¬
üben können.

An Versuchen, die geschilderten Übelstände aus dem Wege der Gesetz¬
gebung zu bekämpfen, haben es weder die Einzelstaaten noch die Bundes¬
regierung fehlen lassen.

1- Eine gewisse Handhabe bot hierzu schon das Allgemeine Landrecht.
Nach dem ('ommon I,i>,v mußte allerdings die Einschränkung des Handels
„unvernünftig" (ultro^sonsblö) sein, wenn sie strafbar werden sollte. Einige
Staaten haben jedoch durch besondern Akt der Gesetzgebung das rs8ti-»int c>f
kranke überhaupt für unzulässig erklärt, ohne zu bedenken, daß sie damit viel


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/635>, abgerufen am 15.06.2024.