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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

wollen gleich allen andern Genuszmitteln mit Maß genossen werden, wenn man sie
nicht überdrüssig bekommen soll; auch mochten wir nicht ganz ohne die Natur leben,
die neben den Glasdächern der Treibhäuser und Frühbeeten, in denen die zwei¬
hundert Milliarden ihre Lebensmittel ziehn würden, nicht mehr Platz hätte. Und
dann: daß Oppeuheimer in seiner Polemik gegen die Uuheilpropheten dem Malthu¬
sianismus ein unbewußtes Zugeständnis macht. Er wendet nämlich gegen ihre
Berechnungen unter andern: ein, was auch die Sozialdemokraten hervorzuheben
Pflegen, daß die Volksvermehrung nicht mehr lange im gegenwärtigen Tempo fort¬
schreiten, sondern durch die zunehmende Bildung und den wachsenden Reichtum
verlangsamt werden werde. Woher kommt es denn, daß die Reichen und Ge¬
bildeten meist weniger Kinder bekommen als die Proletarier, die eben vom Kinder¬
reichtum ihren Namen haben? Nicht von den Schmalznudeln, wie Bebel sagt,
wo er davon redet, daß in Bayern -- auch anderwärts! -- die Bauern weniger
Kinder haben als die Arbeiter, sondern davon, daß die Wohlhabenden ihren Besitz
nicht gern in gar zu viel Teile teilen, daß sich die Gebildeten wegen der Ver¬
sorgung der Kinder Gewissensbedenken machen, und daß dadurch beide -- leicht
praktische Malthusianer werden.

Was dann die andre Klasse der Propheten anlangt, so leugnet Oppenheimer
nicht, daß bei starker Volksvermehrung oft Übelstände eintreten, aber er stellt sich
deren Beseitigung durch zweckmäßigere Einrichtungen oder durch Abschaffung der
bestehenden unzweckmäßigen viel zu leicht vor, weil er, wie wir im 45. Heft des
Jahrgangs 1898 der Grenzboten unter der Überschrift "Verbesserter Smithianismus"
gezeigt haben, die Gesellschaft als reine Tauschgesellschaft auffaßt, was sie nicht ist,
den Staat als yuantito nöFlixssdlö behandelt und nicht den wirklichen Menschen
mit seinen Gemütsbedürfnisseu, Neigungen, Leidenschaften und Vorurteilen vor
Augen hat, sondern einen nicht existierenden abstrakten Menschen, der nichts will,
als gegen seine Waren und Leistungen andrer Leute Waren und Leistungen ein¬
tauschen. Wir können das an andern Orten gesagte hier nicht noch einmal wieder¬
holen und erwähnen nur eine interessante Anwendung, die er in der vorliegenden
Schrift von seinem Lehrsatz macht, daß die Menschen immer und überall gleich
Wassertropfen nach dem Orte des geringsten Drucks abfließen. Er sucht zu be¬
weisen, daß es gar kein Unglück für England sein würde, wenn ihm durch einen
Krieg die Lebensmittelzufuhr und die Absatzmärkte abgeschnitten würden. Zunächst
produzierten die Vereinigten Königreiche an Lebensmitteln auch heute so viel, daß
bei gleichmäßiger Verteilung ans jeden Einwohner sogar noch etwas mehr komme,
als der Italiener durchschnittlich zu verzehren hat, nur werde jetzt ein bedeutender
Teil der mehlhaltigen Früchte in Bier und Branntwein umgewandelt. Dann aber,
meint er, würde natürlich sofort das Brotkorn enorm im Preise steigen, der lockende
Gewinn würde zusammen mit dem stockenden Absatz viele Industriellen bestimmen,
ihr Kapital in der Landwirtschaft anzulegen, die immer wohlhabender werdende
landwirtschaftliche Bevölkerung würde in steigendem Maße Jndustrieerzeugnisse
kaufen, und so würde das Gleichgewicht rasch wiederhergestellt werden. Wir wollen
nicht untersuchen, ob die Statistik der Nahrungsmittelproduktion, die er giebt,
richtig ist, und den Nachweis, den er bei dieser Gelegenheit führt, daß demi Jn-
landsmarkte gegenüber der Exportmarkt selbst für das heutige England nicht gar
viel zu bedeuten hat, erklären wir sogar für verdienstlich. Das Phantastische liegt
in der Ansicht, daß ein solcher Umbilduugsprozeß, wie er ihn beschreibt, leicht und
rasch von statten gehn könne. Ein paar hunderttausend Menschen verhungern im
günstigsten Falle, und im ungünstiger", der der wahrscheinlichere ist, mißlingt der
Versuch der Umbildung. England hat es ja erlebt, daß seine hohen Kornpreise
das Kapital in die Landwirtschaft lockten, in der ersten Hälfte des vorigen Jahr¬
hunderts, aber der Prozeß verlief nicht nach Oppenheimers Schema, sondern der


Maßgebliches und Unmaßgebliches

wollen gleich allen andern Genuszmitteln mit Maß genossen werden, wenn man sie
nicht überdrüssig bekommen soll; auch mochten wir nicht ganz ohne die Natur leben,
die neben den Glasdächern der Treibhäuser und Frühbeeten, in denen die zwei¬
hundert Milliarden ihre Lebensmittel ziehn würden, nicht mehr Platz hätte. Und
dann: daß Oppeuheimer in seiner Polemik gegen die Uuheilpropheten dem Malthu¬
sianismus ein unbewußtes Zugeständnis macht. Er wendet nämlich gegen ihre
Berechnungen unter andern: ein, was auch die Sozialdemokraten hervorzuheben
Pflegen, daß die Volksvermehrung nicht mehr lange im gegenwärtigen Tempo fort¬
schreiten, sondern durch die zunehmende Bildung und den wachsenden Reichtum
verlangsamt werden werde. Woher kommt es denn, daß die Reichen und Ge¬
bildeten meist weniger Kinder bekommen als die Proletarier, die eben vom Kinder¬
reichtum ihren Namen haben? Nicht von den Schmalznudeln, wie Bebel sagt,
wo er davon redet, daß in Bayern — auch anderwärts! — die Bauern weniger
Kinder haben als die Arbeiter, sondern davon, daß die Wohlhabenden ihren Besitz
nicht gern in gar zu viel Teile teilen, daß sich die Gebildeten wegen der Ver¬
sorgung der Kinder Gewissensbedenken machen, und daß dadurch beide — leicht
praktische Malthusianer werden.

Was dann die andre Klasse der Propheten anlangt, so leugnet Oppenheimer
nicht, daß bei starker Volksvermehrung oft Übelstände eintreten, aber er stellt sich
deren Beseitigung durch zweckmäßigere Einrichtungen oder durch Abschaffung der
bestehenden unzweckmäßigen viel zu leicht vor, weil er, wie wir im 45. Heft des
Jahrgangs 1898 der Grenzboten unter der Überschrift „Verbesserter Smithianismus"
gezeigt haben, die Gesellschaft als reine Tauschgesellschaft auffaßt, was sie nicht ist,
den Staat als yuantito nöFlixssdlö behandelt und nicht den wirklichen Menschen
mit seinen Gemütsbedürfnisseu, Neigungen, Leidenschaften und Vorurteilen vor
Augen hat, sondern einen nicht existierenden abstrakten Menschen, der nichts will,
als gegen seine Waren und Leistungen andrer Leute Waren und Leistungen ein¬
tauschen. Wir können das an andern Orten gesagte hier nicht noch einmal wieder¬
holen und erwähnen nur eine interessante Anwendung, die er in der vorliegenden
Schrift von seinem Lehrsatz macht, daß die Menschen immer und überall gleich
Wassertropfen nach dem Orte des geringsten Drucks abfließen. Er sucht zu be¬
weisen, daß es gar kein Unglück für England sein würde, wenn ihm durch einen
Krieg die Lebensmittelzufuhr und die Absatzmärkte abgeschnitten würden. Zunächst
produzierten die Vereinigten Königreiche an Lebensmitteln auch heute so viel, daß
bei gleichmäßiger Verteilung ans jeden Einwohner sogar noch etwas mehr komme,
als der Italiener durchschnittlich zu verzehren hat, nur werde jetzt ein bedeutender
Teil der mehlhaltigen Früchte in Bier und Branntwein umgewandelt. Dann aber,
meint er, würde natürlich sofort das Brotkorn enorm im Preise steigen, der lockende
Gewinn würde zusammen mit dem stockenden Absatz viele Industriellen bestimmen,
ihr Kapital in der Landwirtschaft anzulegen, die immer wohlhabender werdende
landwirtschaftliche Bevölkerung würde in steigendem Maße Jndustrieerzeugnisse
kaufen, und so würde das Gleichgewicht rasch wiederhergestellt werden. Wir wollen
nicht untersuchen, ob die Statistik der Nahrungsmittelproduktion, die er giebt,
richtig ist, und den Nachweis, den er bei dieser Gelegenheit führt, daß demi Jn-
landsmarkte gegenüber der Exportmarkt selbst für das heutige England nicht gar
viel zu bedeuten hat, erklären wir sogar für verdienstlich. Das Phantastische liegt
in der Ansicht, daß ein solcher Umbilduugsprozeß, wie er ihn beschreibt, leicht und
rasch von statten gehn könne. Ein paar hunderttausend Menschen verhungern im
günstigsten Falle, und im ungünstiger», der der wahrscheinlichere ist, mißlingt der
Versuch der Umbildung. England hat es ja erlebt, daß seine hohen Kornpreise
das Kapital in die Landwirtschaft lockten, in der ersten Hälfte des vorigen Jahr¬
hunderts, aber der Prozeß verlief nicht nach Oppenheimers Schema, sondern der


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[0583] Maßgebliches und Unmaßgebliches wollen gleich allen andern Genuszmitteln mit Maß genossen werden, wenn man sie nicht überdrüssig bekommen soll; auch mochten wir nicht ganz ohne die Natur leben, die neben den Glasdächern der Treibhäuser und Frühbeeten, in denen die zwei¬ hundert Milliarden ihre Lebensmittel ziehn würden, nicht mehr Platz hätte. Und dann: daß Oppeuheimer in seiner Polemik gegen die Uuheilpropheten dem Malthu¬ sianismus ein unbewußtes Zugeständnis macht. Er wendet nämlich gegen ihre Berechnungen unter andern: ein, was auch die Sozialdemokraten hervorzuheben Pflegen, daß die Volksvermehrung nicht mehr lange im gegenwärtigen Tempo fort¬ schreiten, sondern durch die zunehmende Bildung und den wachsenden Reichtum verlangsamt werden werde. Woher kommt es denn, daß die Reichen und Ge¬ bildeten meist weniger Kinder bekommen als die Proletarier, die eben vom Kinder¬ reichtum ihren Namen haben? Nicht von den Schmalznudeln, wie Bebel sagt, wo er davon redet, daß in Bayern — auch anderwärts! — die Bauern weniger Kinder haben als die Arbeiter, sondern davon, daß die Wohlhabenden ihren Besitz nicht gern in gar zu viel Teile teilen, daß sich die Gebildeten wegen der Ver¬ sorgung der Kinder Gewissensbedenken machen, und daß dadurch beide — leicht praktische Malthusianer werden. Was dann die andre Klasse der Propheten anlangt, so leugnet Oppenheimer nicht, daß bei starker Volksvermehrung oft Übelstände eintreten, aber er stellt sich deren Beseitigung durch zweckmäßigere Einrichtungen oder durch Abschaffung der bestehenden unzweckmäßigen viel zu leicht vor, weil er, wie wir im 45. Heft des Jahrgangs 1898 der Grenzboten unter der Überschrift „Verbesserter Smithianismus" gezeigt haben, die Gesellschaft als reine Tauschgesellschaft auffaßt, was sie nicht ist, den Staat als yuantito nöFlixssdlö behandelt und nicht den wirklichen Menschen mit seinen Gemütsbedürfnisseu, Neigungen, Leidenschaften und Vorurteilen vor Augen hat, sondern einen nicht existierenden abstrakten Menschen, der nichts will, als gegen seine Waren und Leistungen andrer Leute Waren und Leistungen ein¬ tauschen. Wir können das an andern Orten gesagte hier nicht noch einmal wieder¬ holen und erwähnen nur eine interessante Anwendung, die er in der vorliegenden Schrift von seinem Lehrsatz macht, daß die Menschen immer und überall gleich Wassertropfen nach dem Orte des geringsten Drucks abfließen. Er sucht zu be¬ weisen, daß es gar kein Unglück für England sein würde, wenn ihm durch einen Krieg die Lebensmittelzufuhr und die Absatzmärkte abgeschnitten würden. Zunächst produzierten die Vereinigten Königreiche an Lebensmitteln auch heute so viel, daß bei gleichmäßiger Verteilung ans jeden Einwohner sogar noch etwas mehr komme, als der Italiener durchschnittlich zu verzehren hat, nur werde jetzt ein bedeutender Teil der mehlhaltigen Früchte in Bier und Branntwein umgewandelt. Dann aber, meint er, würde natürlich sofort das Brotkorn enorm im Preise steigen, der lockende Gewinn würde zusammen mit dem stockenden Absatz viele Industriellen bestimmen, ihr Kapital in der Landwirtschaft anzulegen, die immer wohlhabender werdende landwirtschaftliche Bevölkerung würde in steigendem Maße Jndustrieerzeugnisse kaufen, und so würde das Gleichgewicht rasch wiederhergestellt werden. Wir wollen nicht untersuchen, ob die Statistik der Nahrungsmittelproduktion, die er giebt, richtig ist, und den Nachweis, den er bei dieser Gelegenheit führt, daß demi Jn- landsmarkte gegenüber der Exportmarkt selbst für das heutige England nicht gar viel zu bedeuten hat, erklären wir sogar für verdienstlich. Das Phantastische liegt in der Ansicht, daß ein solcher Umbilduugsprozeß, wie er ihn beschreibt, leicht und rasch von statten gehn könne. Ein paar hunderttausend Menschen verhungern im günstigsten Falle, und im ungünstiger», der der wahrscheinlichere ist, mißlingt der Versuch der Umbildung. England hat es ja erlebt, daß seine hohen Kornpreise das Kapital in die Landwirtschaft lockten, in der ersten Hälfte des vorigen Jahr¬ hunderts, aber der Prozeß verlief nicht nach Oppenheimers Schema, sondern der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/583>, abgerufen am 17.06.2024.