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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Diese Sätze sind ans dein Gesetz vom 24. März 1873 unverändert in die
Regierungsvorlage übernommen worden und demnächst, da sie vom Abge¬
ordnetenhause nicht beanstandet wurden, mich für das neue Gesetz maßgebend
geblieben.

Die Bndgetkommission billigte in der Sitzung vom 26. März die von der
Regierung vorgeschlagne Erhöhung der Tagegelder und nahm auch die Ver-
gütungssätze für den Kilometer bei Reisen auf Eisenbahnen und Dampfschiffen
für die Tarifklassen I bis IV und VI und VIII unverändert an, dagegen er¬
mäßigte sie die Sätze der Vorlage für die Tarifklasse V von 10 ans 8 und
für die Tarifklasse VII von 8 anf "i Pfennige. Der Beschluß der Kommission
muß in hohem Grade befremden. Er verursacht zunächst eine ganz ungerecht¬
fertigte Schädigung der Tnrifklasse V, die in den Vergütnngssätzen bei Reisen
auf Eisenbahnen seit jeher mit den Klassen I bis IV zu einer Gemeinschaft
gehört hatte. Diese Gemeinschaft war auch in der Regiernngsvvrlage fest¬
gehalten worden, die die Kilometergelder zwar für sämtliche Beamtenklassen
etwas ermäßigt hatte, dabei aber nach einem gerechten Grundsatz Verfahren
war, indem die Ermäßigung für die höhern Beamten 3 Pfennige, für die
mittlern 2 Pfennige und für die Unterbeamten nnr 1 Pfennig betragen sollte.
Die Kommission dagegen griff, um doch etwas zu ändern, zwei ganz beliebige
Bcamtengrnppen aus der bisherigen Abstufung heraus und ermäßigte die für
sie vorgeschlagnen Vergütnngssätze noch um je weitere 2 Pfennige. Betroffen
werden von dieser Maßregel vornehmlich die Kataster- und Obersteuerkoutrolleurc,
die einen großen Teil ihrer Dienstgeschäfte außerhalb ihres Wohnorts erledigen
müssen, sowie die Regierungs-, Kreis- undObcrlnndesgerichtssekretärc. DieGründe,
die die Kommission veranlaßt haben, die Kilometergelder gerade für die Klaffen
'V und VII so stark herabzusetzen, sind nicht in die Öffentlichkeit gedrungen.
Um so mehr wird die Ungerechtigkeit empfunden, die der Beschluß nach sich
zieht. Daß die Kommission die Ansätze der Vorlage herabsetzte, war ja ganz
in der Ordnung, nnr hätte sie dabei gerecht verfahren und dieselbe Ermäßigung
auch für die Tnrifklafsen I bis IV, die die hohen und die höchsten Beamten
einschließen, durchführen müssen. Ein derartiger Beschluß Hütte alle Beamten
gleichmäßig getroffen und überhaupt den Anfordrnngen entsprochen, die die
Volksvertretungen bei der Abändrung des bisherigen Gesetzes verlangt hatten,
nämlich eine Verringerung der zu hohen Vergiltungen bis zur Höhe der wirk¬
lichen Auslagen.

In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 3. April war zunächst der
Entwurf einer Laudgemeindeordnung für die Provinz Hessen-Nassau beraten
worden. Als dann zu dem folgenden Gegenstand der Tagesordnung, der
zweiten Beratung des Gesetzentwurfs über die Reisekosten und Tagegelder der
Staatsbeamten, übergegangen werden sollte, erschollen die Rufe: Vertagen!
Doch der Präsident beruhigte die Abgeordneten mit den Worten: "Meine
Herren, das Gesetz können wir noch sehr gut fertig machen" (Heiterkeit).
Hierzu kam es nun allerdings nicht, vielmehr wurde der Gesetzentwurf, dn


Diese Sätze sind ans dein Gesetz vom 24. März 1873 unverändert in die
Regierungsvorlage übernommen worden und demnächst, da sie vom Abge¬
ordnetenhause nicht beanstandet wurden, mich für das neue Gesetz maßgebend
geblieben.

Die Bndgetkommission billigte in der Sitzung vom 26. März die von der
Regierung vorgeschlagne Erhöhung der Tagegelder und nahm auch die Ver-
gütungssätze für den Kilometer bei Reisen auf Eisenbahnen und Dampfschiffen
für die Tarifklassen I bis IV und VI und VIII unverändert an, dagegen er¬
mäßigte sie die Sätze der Vorlage für die Tarifklasse V von 10 ans 8 und
für die Tarifklasse VII von 8 anf «i Pfennige. Der Beschluß der Kommission
muß in hohem Grade befremden. Er verursacht zunächst eine ganz ungerecht¬
fertigte Schädigung der Tnrifklasse V, die in den Vergütnngssätzen bei Reisen
auf Eisenbahnen seit jeher mit den Klassen I bis IV zu einer Gemeinschaft
gehört hatte. Diese Gemeinschaft war auch in der Regiernngsvvrlage fest¬
gehalten worden, die die Kilometergelder zwar für sämtliche Beamtenklassen
etwas ermäßigt hatte, dabei aber nach einem gerechten Grundsatz Verfahren
war, indem die Ermäßigung für die höhern Beamten 3 Pfennige, für die
mittlern 2 Pfennige und für die Unterbeamten nnr 1 Pfennig betragen sollte.
Die Kommission dagegen griff, um doch etwas zu ändern, zwei ganz beliebige
Bcamtengrnppen aus der bisherigen Abstufung heraus und ermäßigte die für
sie vorgeschlagnen Vergütnngssätze noch um je weitere 2 Pfennige. Betroffen
werden von dieser Maßregel vornehmlich die Kataster- und Obersteuerkoutrolleurc,
die einen großen Teil ihrer Dienstgeschäfte außerhalb ihres Wohnorts erledigen
müssen, sowie die Regierungs-, Kreis- undObcrlnndesgerichtssekretärc. DieGründe,
die die Kommission veranlaßt haben, die Kilometergelder gerade für die Klaffen
'V und VII so stark herabzusetzen, sind nicht in die Öffentlichkeit gedrungen.
Um so mehr wird die Ungerechtigkeit empfunden, die der Beschluß nach sich
zieht. Daß die Kommission die Ansätze der Vorlage herabsetzte, war ja ganz
in der Ordnung, nnr hätte sie dabei gerecht verfahren und dieselbe Ermäßigung
auch für die Tnrifklafsen I bis IV, die die hohen und die höchsten Beamten
einschließen, durchführen müssen. Ein derartiger Beschluß Hütte alle Beamten
gleichmäßig getroffen und überhaupt den Anfordrnngen entsprochen, die die
Volksvertretungen bei der Abändrung des bisherigen Gesetzes verlangt hatten,
nämlich eine Verringerung der zu hohen Vergiltungen bis zur Höhe der wirk¬
lichen Auslagen.

In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 3. April war zunächst der
Entwurf einer Laudgemeindeordnung für die Provinz Hessen-Nassau beraten
worden. Als dann zu dem folgenden Gegenstand der Tagesordnung, der
zweiten Beratung des Gesetzentwurfs über die Reisekosten und Tagegelder der
Staatsbeamten, übergegangen werden sollte, erschollen die Rufe: Vertagen!
Doch der Präsident beruhigte die Abgeordneten mit den Worten: „Meine
Herren, das Gesetz können wir noch sehr gut fertig machen" (Heiterkeit).
Hierzu kam es nun allerdings nicht, vielmehr wurde der Gesetzentwurf, dn


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[0605] Diese Sätze sind ans dein Gesetz vom 24. März 1873 unverändert in die Regierungsvorlage übernommen worden und demnächst, da sie vom Abge¬ ordnetenhause nicht beanstandet wurden, mich für das neue Gesetz maßgebend geblieben. Die Bndgetkommission billigte in der Sitzung vom 26. März die von der Regierung vorgeschlagne Erhöhung der Tagegelder und nahm auch die Ver- gütungssätze für den Kilometer bei Reisen auf Eisenbahnen und Dampfschiffen für die Tarifklassen I bis IV und VI und VIII unverändert an, dagegen er¬ mäßigte sie die Sätze der Vorlage für die Tarifklasse V von 10 ans 8 und für die Tarifklasse VII von 8 anf «i Pfennige. Der Beschluß der Kommission muß in hohem Grade befremden. Er verursacht zunächst eine ganz ungerecht¬ fertigte Schädigung der Tnrifklasse V, die in den Vergütnngssätzen bei Reisen auf Eisenbahnen seit jeher mit den Klassen I bis IV zu einer Gemeinschaft gehört hatte. Diese Gemeinschaft war auch in der Regiernngsvvrlage fest¬ gehalten worden, die die Kilometergelder zwar für sämtliche Beamtenklassen etwas ermäßigt hatte, dabei aber nach einem gerechten Grundsatz Verfahren war, indem die Ermäßigung für die höhern Beamten 3 Pfennige, für die mittlern 2 Pfennige und für die Unterbeamten nnr 1 Pfennig betragen sollte. Die Kommission dagegen griff, um doch etwas zu ändern, zwei ganz beliebige Bcamtengrnppen aus der bisherigen Abstufung heraus und ermäßigte die für sie vorgeschlagnen Vergütnngssätze noch um je weitere 2 Pfennige. Betroffen werden von dieser Maßregel vornehmlich die Kataster- und Obersteuerkoutrolleurc, die einen großen Teil ihrer Dienstgeschäfte außerhalb ihres Wohnorts erledigen müssen, sowie die Regierungs-, Kreis- undObcrlnndesgerichtssekretärc. DieGründe, die die Kommission veranlaßt haben, die Kilometergelder gerade für die Klaffen 'V und VII so stark herabzusetzen, sind nicht in die Öffentlichkeit gedrungen. Um so mehr wird die Ungerechtigkeit empfunden, die der Beschluß nach sich zieht. Daß die Kommission die Ansätze der Vorlage herabsetzte, war ja ganz in der Ordnung, nnr hätte sie dabei gerecht verfahren und dieselbe Ermäßigung auch für die Tnrifklafsen I bis IV, die die hohen und die höchsten Beamten einschließen, durchführen müssen. Ein derartiger Beschluß Hütte alle Beamten gleichmäßig getroffen und überhaupt den Anfordrnngen entsprochen, die die Volksvertretungen bei der Abändrung des bisherigen Gesetzes verlangt hatten, nämlich eine Verringerung der zu hohen Vergiltungen bis zur Höhe der wirk¬ lichen Auslagen. In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 3. April war zunächst der Entwurf einer Laudgemeindeordnung für die Provinz Hessen-Nassau beraten worden. Als dann zu dem folgenden Gegenstand der Tagesordnung, der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs über die Reisekosten und Tagegelder der Staatsbeamten, übergegangen werden sollte, erschollen die Rufe: Vertagen! Doch der Präsident beruhigte die Abgeordneten mit den Worten: „Meine Herren, das Gesetz können wir noch sehr gut fertig machen" (Heiterkeit). Hierzu kam es nun allerdings nicht, vielmehr wurde der Gesetzentwurf, dn

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/605>, abgerufen am 10.06.2024.